Fahrradtour von Venedig nach Bremen

Reisezeit: Mai 2012  |  von Thomas Eggers

......über die gnadenllose Rhön..

---über die gnadenlose Rhön

22.05.2012
Als ich morgens im Waschraum war nutzte ich die Steckdosen um nochmal mein Handy, den MP3 Player und die Kamera zu laden. Leider vergaß ich hier meinen Stecker in der Dose oder verlor ihn als ich über den Platz zu meinem Zelt ging. Dieses sollte ich aber erst abends am nächsten Campingplatz feststellen.

---langeweile im Waschraum..

---langeweile im Waschraum..

Nachdem ich meine Wasserflasche aufgefüllt hatte war ich um kurz nach 6 schon wieder auf dem Rad. Ich fuhr weiter auf der Mainseite auf der ich auch schon die Nacht verbrachte nach Gemünden am Main. Der Weg dorthin war sehr schön und so früh morgens natürlich wieder menschenleer. In Gemünden am Main angekommen holte ich mir zunächst Geld am Automaten und ging zu einen Cafe auf dem Marktplatz um zu frühstücken.

....auf dem Mainradweg

....auf dem Mainradweg

Draußen im Cafe war ich zunächst der einzige Gast. Irgendwann kam ein Mann mit zwei großen Hunden. Er sprach mich an und erzählte mir davon, dass er im Wachdienst arbeitete und seine beiden Hunde seine Lebensversicherungen seien.
Nun gut, Ich fuhr weiter. Heute lag die Rhön vor mir. Hatte bisher nichts Schlechtes und nichts Gutes von der Rhön gehört. Das einzige was ich mit der Rhön bisher in Verbindung gebracht hatte war ein Sprudelname. Der Rhönsprudel. Mehr nicht. Dass aber die Rhönüberquerung mit dem Fahrrad recht ansträngend sein könnte wusste ich so jedoch noch nicht.
Ziel war es über die Rhön zu meinen nächsten Flussradweg dem Werraradweg zu kommen. Ich hatte eine Karte: Die 17. Radtourenkarte über den Thüringer Wald/Rhön vom Bielefelder Verlag im Maßstab 1:150000.
Folgende Strecke über die Rhön war geplant:
- Radweg Saaletal Radwanderweg (Fränkische Saale) von Gemünden am Main bis nach Gräfendorf
- Danach eine Strecke querfeldein von Gräfendorf über Wartmannsroth, Schwärzelbach, Neuwirtshaus, Schönderling, Schondra, Riedenberg, Oberweißenbrunn, Rotes Moor, B278 bis nach Ehrenberg.
- Radweg "Rhön Radweg" von Ehrenberg bis nach Philippsthal
Ziel des Tages war es in Ehrenberg/ Wüstensachsen auf dem Campingplatz anzukommen.
Bis nach Wolfsmünster fuhr ich auf der Straße. An mir preschten die Autos schnell vorbei. Nachdem ich in Wolfsmünster über eine kleine schöne Brücke komme treffe ich auf einmal wie aus den Nichts auf dem Typen aus dem Kaffee, mit Frau und seinen beiden "Lebensversicherungen" im Schlepptau. Er wohnte hier und sagte ich soll doch auf jeden Fall den Radweg nehmen. Dieser führe weit abseits der Bundesstraße. Auf der Bundesstraße fahren Sie dich über! O.k. ich wusste gar nichts von einem eigenständigen Radweg. Gut zu wissen.
Der Radweg war super und führte über grüne Wiesen. Ich näherte mich immer mehr dem geographischen Ende von Bayern und befand mich im Dreiländereck Bayern-Hessen-Thüringen.

....kleine Pause

....kleine Pause

Ich fuhr über Wartmannsroth über Schwärzelbach nach Neuwirtshaus. Es wurde so richtig bergig und so richtig warm. Ich fuhr teilweise auf Kreisstraßen auf denen es keine Autos zu geben schien. Ich überquerte die Baustelle einer Ferngasleitung und machte Rast an uralten Straßensteinen mit alten Gedenkschriften "Erinnerung an den jähen Tod des Herrn Johann Adrio Bauer von Dittlofsroda erdrückt durch Umsturz eines Wagens am 4. November 1904". In Neuwirtshaus verfuhr ich mich leicht und ein Bauer schickte mich über einen Feldweg über Stock und Stein.

--Feldwege,Feldwege,Feldwege...

--Feldwege,Feldwege,Feldwege...

Danach kommt ein ganz langer Weg durch ein Waldgebiet bis nach Schondra. Kurz vor Schönderling wurde ich mitten im Wald fast von einen Riesigen LKW mit Baumstämmen überfahren. Er knallte eng an mir vorbei und ich sah vor lauter Staub meinen Lenker nicht mehr. Dann ging es zunächst in einen der homöopathisch verteilten Einkaufsmöglichkeiten dieser Gegend. Ein kleiner Tante Emma Getränkeladen kreuzte meinen Weg. Das war auch bitter nötig.
Der weitere Wegesverlauf ist schnell beschrieben. Es ging bergauf. Aber sowas von!!! Ich musste lange, lange schieben. Zu diesem Zeitpunkt merkte ich, dass dieses heute kein Kindergeburtstag werden sollte. Hier stellte sich die Rhön das erste Mal so richtig bei mir vor!! Ich schob und hielt immer wieder an um zu fluchen. Dieses konnte man auch ruhig laut machen. Keine Menschenseele weit und breit. Schweiß floss, die Zeit verging, die Kilometer wurden nicht weniger und ich bekam ganz starke Zweifel ob ich bei diesen Wegen den noch extrem in der Ferne liegenden Campingplatz erreichen konnte. Ich fuhr durch einen Wald immer höher. Der Weg war eher ein Wanderweg und ich schob und schob. Ich durfte nicht darüber nachdenken ob ich auf dem richtigen Weg war. Es war hier einfach deutlich zu einsam um sich verfahren zu dürfen. Zwischen den Bäumen sah ich irgendwann wie hoch ich eigentlich schon gekommen war. In der Ferne konnte man die Autobahn sehen wie sie über eine Brücke eine Kurve machte. Es kam Riedenberg und ich war total froh dass es zivilisierter wurde. Man kam an echten Häusern vorbei!!!

.....A7 aus der Ferne...

.....A7 aus der Ferne...

In Oberbach meldete sich mein Magen und kam dabei sehr fordernd rüber und verfolgte zielstrebig sein Ziel mir klarzumachen, dass ich nicht ganz dicht bin. Ich hatte mal wieder völlig vergessen was zu essen. Was in dieser Gegend aber auch nicht schwer war. Man kam gar nicht zu einer Gelegenheit sich was zum Essen zu kaufen. Es gab hier nämlich keine Läden. Ich fuhr und fuhr.
In Oberbach fragte ich dann mal eine Frau ob es den hier irgendwo einen Bäcker oder so etwas gibt. Sie sagte in der nächsten Ortschaft.
Die nächste Ortschaft hieß Wildflecken. Hier kam ich an einen Dönerladen. Geschlossen! Uahhhhhh!!!!!
Dann kündigte er sich hinter einer Kurve an. Seine roten Dachpfannen glänzten in der Sonne. Er schien mich zu erwarten. Selbstbewusst stand er dort. Hinter Ihm Waldlandschaft. Oh Du mein REWE Supermarkt. Ich hielt tatsächlich an und machte tatsächlich ein Foto von Ihm.

.......Getränke und Essen naht !!!!

.......Getränke und Essen naht !!!!

Ich besorgte mir Frikadellen, eine Pizza beim Bäcker, Rei in der Tube und viele Getränke.
Ich machte ne kleine Pause und fuhr weiter. Es ging mal wieder bergauf. Die Kräfte waren weg das merkte ich total.
Kurz vor Oberweißenbrunn kam ich an einen Jogger vorbei und fuhr eine lange Zeit neben ihm. Wir unterhielten uns und er erzählte mir, dass das Rhöngebirge schon recht anspruchsvoll zum Joggen bzw. Fahrradfahren sei. Ja das konnte ich bestätigen.

...Pause nach endlosen hoch und runter !!!

...Pause nach endlosen hoch und runter !!!

Irgendwann trennten wir uns und ich fuhr in das Verderben. Ich nahm den falschen Weg und fuhr hoher und höher. Ich befand mich schnurrstracks auf dem direkten Weg hoch auf die "Hohe Hölle". Bitte an dieser Stelle nicht fragen warum man denn nicht ins Grübel kommt wenn man einen Weg hochschiebt der nicht nur zu steil zum Fahrradfahren sondern auch noch eigentlich zu steil zum Wandern ist. Bitte nicht fragen ob man denn nicht ins Grübeln kommen sollte wenn die Wegqualität auch noch die Qualität eines baumwurzeldurchkreuzten Trampelpfad gleicht. Ich drückte mein bepacktes Rad nach oben. Irgendwann ging nichts mehr. Ich schaute von einem riesigen Berg ins Tal. Ich studierte meine Karte und musste feststellen, dass ich auf dem Berg "Hohe Hölle" war.

--auf der "Hohen Hölle ". Blick zurück!!!! ;(

--auf der "Hohen Hölle ". Blick zurück!!!! ;(

Vielleicht noch nicht ganz oben aber viel fehlte nicht mehr. Die Höhe war mit 800 m angegeben. Ich musste umdrehen. Der Zeitverlust war mindestens eine Stunde eher noch mehr. Der Weg war so schlecht und steil das ich beim runterfahren Angst um mein Rad hatte. Aber ich schaffte es und kam unten im Dorf an. Auf dem Platz war ein Wasserbrunnen unter dem ich meinen Kopf hielt. Eine Frau rief mir zu, dass ich das Wasser trinken könnte. Es sein Quellwasser. So tat ich es auch.
Die Frau konnte mich dann auch darüber aufklären wie ich vom richtigen Weg abkam und schickte mich in die richtige Richtung. Es ging erst einmal an einer Straße weiter. Richtung Schwedenwall.
Falls ich es noch nicht erwähnt habe: Spätestens zu diesem Zeitpunkt war ich platt. Echt platt. Absolut platt. Ich wollte ankommen. Ich musste so langsam ankommen. Aber es war noch weit.
Es folgte wieder ein Waldgebiet. Vor dem Eingang in den Wald kamen mir zwei ältere Frauen entgegen die ich nochmal nach dem Weg nach Ehrenberg fragte. Sie bestätigten mir grob die Richtung in die ich fahren wollte. Es ging also wieder in den Wald. Es waren noch zirka 25 km. Es ging zunächst ganz untypisch für dieses Gebiet waagerecht voran. Das sollte aber nicht lange so bleiben. Was für eine Überraschung. Dann war der Wald zu Ende und ich kam an einen Brunnen des Wasserwerks Mosbach. Hier waren vereinzelt Wanderer zu sehen die aber scheinbar irgendwie zusammengehörten. Man verständigte sich über große Distanzen. Eine Frau mit einem E Bike gehörte dazu. Die Gruppe auf die ich zuerst stieß bestand aus drei Männer und der Frau mit dem E Bike. Der eine Mann hatte die Karte und schien einen Überblick zu haben. Die anderen beiden schienen einfach nur fertig zu sein. Total verschwitzt und die Brille auf halb acht. Sie wollten zu einem Parkplatz am Roten Moor. Ich schaute auf meine Karte und sah dass wir den gleichen Weg hatten. Es ging mal wieder steil nach oben. Es ging nur schieben. Oben traf ich dann wieder auf die Wanderer die sich hier zusammenfanden. Die meisten von denen sahen ziemlich fertig aus. Ich sagte nur kurz zu zweien von denen, mit denen ich mich vorher unterhalten hatte, dass es hier schon recht bergig zugehe. Daraufhin quatsche mich ein älterer Mann von der Seite an. Das ist ja lächerlich das ist gar nichts, gehen Sie mal in die Pfalz. Das ist bergig. Ich fragte mich ob dieser Typ hier mit dem Auto hochgekommen ist. Aber da ich ja von Hause ein sehr freundlicher Mensch bin fuhr ich weiter. So und dann war ich auch dann auf einer Höhe von 830 m angekommen. Dann ging es auf der Bundesstraße runter nach Ehrenberg/ Wüstensachsa. Es war eine geile kilometerlange Abfahrt. Hammer !!
Dann kam er. Der Campingplatz. Es waren 97 km und ich kam um 17:40 Uhr an. Ich feierte meinen Campingplatz. Ich hatte es geschafft. Es war der anstrengendste Tag der gesamten Tour.

......angekommen!

......angekommen!

Der Platz war super gepflegt. An der Rezeption mit kleinem Kaufmannsladen deckte ich mich mit Bier, Würstchen und Sprudel ein. Der Campingplatzbesitzer war total nett und ich erzählte ihm, dass ich vom Roten Moor rübergekommen bin und dass ich die Rhön unterschätzt hätte. Er lachte laut und beschrieb mir, dass ich die heftigste Strecke über die Rhön gewählt hätte aber dass es jetzt bis zur Werra nur noch bergab gehen würde. Er bat mich in meinem Reisebericht behutsam mit der Rhön umzugehen. Lustig war das ich nur nebenbei erwähnt hatte das ich über meine Tour einen Reisebericht schreiben wollte. Ich glaube aber er schätze die Sache völlig falsch ein und sah sich schon mit seinem Campingplatz in einem Reisemagazin. Nur so kann ich es mit erklären, dass er mein Rad zum Stellplatz meines Zelts schob. Der Stellplatz wurde von Ihm so ausgewählt dass ich morgens schon früh Sonne hatte.
Nein Quatsch der Mann war einfach nur total nett. Er schenkte mir noch eine Karte "Radwanderwege in der Rhön" vom Tourismusverband. So und nun nochmal zu der Campingplatzbewertung die ich hier einfach mal abgeben muss. Der Platz ist super. Vom Rasen über die Sanitäranlagen (mit Fussbodenheizung und bayrischer Musik im Hintergrund) bis zum ultrafreundlichen Besitzer. Dafür von mir 5 Sterne!!!!!!!. Dieses befand auch über Jahre der ADAC so und verlieh dem Platz jedes Jahr eine Urkunde. Diese Urkunden hängen am Eingang zum Platz. Wirklich Daumen hoch!!!!.

....Campingplatz in der Rhön...

....Campingplatz in der Rhön...

Als ich mein Zelt aufbaute merkte ich dann, dass ich den Stecker meines Ladegerätes verloren hatte. Oh Mann. Ich fragte ein Paar vom Chiemsee ob ich mein Handy an ihren PC aufladen durfte. Sie waren sehr nett und machten es. Ach ja so ganz nebenbei hatte ich heute das Bundesland Bayern verlassen und übernachtete in Hessen.
Campingplatz Rhön Camping Park
An der Ulster 1
36115 Ehrenberg/Wüstensachsa
Tagestour: 97 unendlich anstrengende Kilometer
Gesamt: 1134 km

© Thomas Eggers, 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Mit dem Fahrrad von Venedig nach Bremen. (Italien, Österreich, Schweiz, Österreich, Bayern, Hessen, Thüringen, Nordrhein Westfalen, Niedersachsen, Bremen) Über die via claudia augusta, die Romantische Straße, den Main Tauber Fränkischer Radachter, Main Radweg,Saaletal Radweg, Rhön Radweg, Werra Radweg, Weserradweg und unzähligen Querfeldeinwegen nach Hause.
Details:
Aufbruch: 11.05.2012
Dauer: 17 Tage
Heimkehr: 27.05.2012
Reiseziele: Italien
Österreich
Deutschland
Der Autor
 
Thomas Eggers berichtet seit 9 Jahren auf umdiewelt.
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