Radreise in Zeiten von Corona

Reisezeit: August 2020  |  von Klaus Lüttgen

15. Tag Wilhelmshöhe - Boiensdorf 43 km

Steilküste hinter Wilhelmshöhe

Steilküste hinter Wilhelmshöhe

Steilküste hinter Wilhelmshöhe

Steilküste hinter Wilhelmshöhe

Steilküste hinter Wilhelmshöhe

Steilküste hinter Wilhelmshöhe

Ein letzter Blick noch/ Steilküste hinter Wilhelmshöhe

Ein letzter Blick noch/ Steilküste hinter Wilhelmshöhe

Die Rostocker jedenfalls, stehen zu ihrem Verein. Find ich gut!

Die Rostocker jedenfalls, stehen zu ihrem Verein. Find ich gut!

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Riesenrad in Kühlungsborn

Riesenrad in Kühlungsborn

Riesenrad in Kühlungsborn

Riesenrad in Kühlungsborn

Srandpromenade in Kühlungsborn

Srandpromenade in Kühlungsborn

"Nachdem ich mich mit meinem Zug, den kleinen Hügel hinter dem Dorf hochgearbeitet habe, mache ich "oben" angekommen, eine Pause".

"Nachdem ich mich mit meinem Zug, den kleinen Hügel hinter dem Dorf hochgearbeitet habe, mache ich "oben" angekommen, eine Pause".

Die gebürtige Mecklenburgerin Birgit aus Kröslin, nahe der Insel Usedom.

Die gebürtige Mecklenburgerin Birgit aus Kröslin, nahe der Insel Usedom.

zu heiss zum Radfahren heute...

zu heiss zum Radfahren heute...

Erstmal ist fast zwei Stunden Wäsche waschen angesagt...

Erstmal ist fast zwei Stunden Wäsche waschen angesagt...

dann eine ausgiebige Körperpflege...

dann eine ausgiebige Körperpflege...

...und dann ausruhen...

...und dann ausruhen...

15.Tag Montag, Wilhelmshöhe - Boiensdorf 43 km 4. Übernachtung bei Frau Reedel 50 Euro

Geschlafen habe ich wie ein Stein. Sehr wahrscheinlich lag dies auch daran, weil ich selbige, noch weggeräumt hatte, bevor ich mich letzte Nacht auf dem Sandstrand niederließ. Trotzdem wache ich bereits um 5:24 Uhr auf. An der Zeltdecke hängen tausende kleiner Kondenswasser Tröpfchen, die drohen bei der kleinsten Erschütterung auf mich hernieder zu regnen. Gaaanz langsam drehe ich mich in meiner Hülle um und versuche aus der Zeltöffnung heraus, die ersten Bilder vom Sonnenaufgang - Guten Morgen allerseits!
Dann raffe ich ebenso behänd meine Sieben Sachen und stopfe diese in die Behältnisse. Bei dieser aufwändigen Aktion ist tunlichst darauf zu achten, möglichst nicht mit der Decke in Berührung zu kommen. Ein schwieriges Unterfangen, dieses mir nur unzureichend gelingt - immer wieder gehen nasskalte Tropfen gnadenlos auf mich hernieder...

Müde schiebe ich meinen Zug aus dem feuchten Sand den Zugang hinauf und steige in die Pedale. Schon nur einen Kilometer weiter, halte ich an einem schönen Ausguck auf die See wieder an "Hier will ich erst mal Frühstück machen"! Auf einer langen Mauer hinter dem Ausguck, lese ich in riesigen Lettern, FC HANSA. Angesichts dieser Größe lässt sich unschwer erkennen, wie Land und Leute und der Fußball miteinander verbunden sind. Die Rostocker jedenfalls, stehen zu ihrem Verein. Find ich gut!

Bevor ich wieder los fahre wasche ich mit Feuchttüchern über die unzähligen Mückenstiche hinweg, die mittlerweile meine Arme, Beine und auch mein Gesicht zieren - das hilft und verschafft zunächst etwas Erholung. Vor allem an den Unterschenkeln haben diese Biester ihre Markierungen hinterlassen.

Im Verlauf der darauffolgenden Ostseeradwegkilometer, nehmen die Pedaleure immer mehr zu und man bekommt unweigerlich den Eindruck als wäre Fahrradfahren auf einmal die einzige Möglichkeit der Fortbewegung. Umso näher ich den beliebten Orten Heiligendamm und Kühlungsborn jetzt komme, umso mehr verdichtet sich Fuß wie Radverkehr. Ausweichen ist eine schlechte Option denn zunehmend sind auch die Straßen in den beliebten Urlaubsorten längst belegt. Eine riesige Blechlawine besetzt mit Ausflüglern, müht sich trotz der Dichte zusätzlich durch die Straßen der Hot Spots. So wie es aussieht will ein jeder an den schönen Ostseestrand...

Kurz vor Mescherhof ist der Radweg gesperrt und ich werde umgeleitet. So richtig in Fahrt komme ich heute nicht - dazu ist es eindeutig zu schwül und zu heiß! Nachdem ich mich mit meinem Zug, den kleinen Hügel hinter dem Dorf hochgearbeitet habe, mache ich "oben" angekommen, eine Pause. Die überdachte Holzbank steht direkt neben dem Radweg und bietet sich mit ihrem Sonnenschutz geradezu an für eine Rast. Ich setze die Wasserflasche an den Mund und lasse es laufen...dann krame ich meine Tomaten und die Salami aus den Taschen und lasse es mir schmecken. Alle paar Minuten tauchen Radfahrer über dem Hügel auf und lächeln verschmitzt, wahrscheinlich auch wegen der saftigen Tomaten Brote die da vor mir liegen. Jetzt kommt eine Radlerin über den Zenit geschoben. Offensichtlich war sie mit ihrem vollbepackten Drahtesel den Hügel hinauf, etwas überfordert. Ihr Blick zeigte in Richtung Bank und schnell war klar, dass sie ebenso wie ich, den Sonnenschutz ansteuern wird.

Birgit ist seit vier Tagen unterwegs. Die gebürtige Mecklenburgerin aus Kröslin erscheint so ganz anders, nicht so unnahbar als die meisten ihrer Landsleute, jedenfalls, jenen diesen ich bislang begegnet war. Munter plaudert sie offen drauflos und erweckt den Eindruck, als säße da grad ein typischer Rheinländer vor mir. "Ja, das mit der Offenheit haben mir die Leute schon des Öfteren gesagt. Stimmt ja auch - ich mag tatsächlich die Rheinländer mit ihrer lockeren art" lacht sie. Diese Frau ist mir gleich symphytisch - und so schenke ich ihr dann auch ein kleines Andenken an meine Heimat - ein Festabzeichen vom Kölner Karneval aus den Achziger Jahren...Dies war eine Begegnung der erfrischenden Art - und wird mir lange noch in Erinnerung bleiben!

Nee, zum Radfahren ist die Hitze heute nun wirklich nicht geeignet - ich jedenfalls gebe heute eine recht Müde Nummer ab, find keinen Rhytmus, fühle mich schlapp - will Feierabend machen. In einem Nest mit dem Namen Oberdorf oder so, halte ich an der Werbewand, als mir ein Hinweis auf eine Ferienwohnung auffällt. Hm, das muss hier gleich um die Ecke sein. Ich mache ein Foto von dem Hinweis und bewege mich nur dreihundert Meter weiter durch's Dorf zu dem Haus und zücke mein Phone. Frau Reedel heißt die freundliche Dame und ja, die Wohnung ist Frei heute, sagt sie. Und schon kommt Frau Reedel mir bis zur Einfahrt entgegen und wir gehen rüber zu einem kleinen Häuschen, das ganz separat, gegenüber ihrem Wohnhaus steht. Welch ein Glück! Schnell sind wir uns einig und so fackel ich nicht lange und halte Frau Reedel den Fuffziger für eine Nacht in ihrem Ferienhaus entgegen. Minuten später bin ich allein. Klasse - so habe ich eine ganze Bude nur für mich. Mit Garten und Teich und Tisch und Bank, da draußen. Und vor allen Dingen - alles um mich herum ist ruhig! Eine kleine Küche, ein Duschbad - alles ist vorhanden und alles ist sehr sauber! Ja, ja - sogar ein Fernsehapparat steht hier. Und, ein Kamin mit Holz. Na denn - bin ich sehr zufrieden mit meiner Entscheidung trotz der nur 43 km heute. Es ist gerademal später Nachmittag - so bleibt mir genügend Zeit, alle meine Klamotten zu waschen , das Zelt im Garten auszubreiten und den Schlafsack ein paar Stunden in der Sonne durchzulüften und vor allem mal wieder etwas auszuruhen. Heute Abend dann, dann rühr ich mir ein Süppchen an! Ob ich da schon gespürt habe und mir intuitiv ein letztes Mal auf der Tour, den Luxus eins Betts gegönnt habe, werdet ihr morgen dann erfahren - ich muss mich jetzt erst einmal um meine Wäsche kümmern...

© Klaus Lüttgen, 2020
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Corona hat vieles bereits verändert - so auch das unterwegs sein. Ich habe versucht, mit möglichst wenig Berührungen, trotzdem auf Tuchfühlung mit den Menschen zu gehen und bin mit nur begrenzten finanziellen Mitteln, hauptsächlich durch die ehemaligen Ostgebiete gefahren. In Bleckede, etwa 75 Elbe-Kilometer von Hamburg entfernt, war Start und Zielpunkt meiner 1374 km langen Rad-Reise
Details:
Aufbruch: 02.08.2020
Dauer: 17 Tage
Heimkehr: 18.08.2020
Reiseziele: Deutschland
Der Autor
 
Klaus Lüttgen berichtet seit 4 Jahren auf umdiewelt.
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