Indien - ein Traum den ich nun lebe

Reisezeit: Dezember 2006 - Juni 2007  |  von helli l

Kollam - real india

18.04.2007

Als ich heute morgen von quitschenden Hupen aufgeweckt wurde war klar das die Oase der Ruhe von Varkala bereits hinter mir liegt. Egal dafuer kann man in Kollam wieder in das choatische und aufregende Flair einer typischen indischen Stadt eintauchen. Gestern Abend hab ich mich noch eine halbe Ewigkeit mit Santosh, Besitzer des Internetcafe's in dem ich meine Bericht tippe und seiner Frau zusammengesessen. Die beiden waren sehr neugierig und die Unterhaltung war ziemlich witzig, da die Andersartigkeit des Lebens in Europa besonders seine Frau in grosses Erstaunen versetzt hat.

Im Zug nach Kollam, man beachte die groesszuegige Ausstattung mit Ventilatoren, die auch bitter noetig ist

Im Zug nach Kollam, man beachte die groesszuegige Ausstattung mit Ventilatoren, die auch bitter noetig ist

Ziemlich spaet hab ich dann noch einen Anruf, warum hab ich nur meine Nummer herausgerueckt, von Alex (Schmugglerboss von Varkala) erhalten. Er wollt wissen ob ich es mir anders ueberlegt habe und als ich ihm erklaerte dass ich nicht der unwissende Bauer in einem dubiosen Schachspiel sein will hat er ziemlich schnell wieder aufgelegt.

Kollam, eine ziemlich grosse Handelsstadt in der man so gut wie alles, die mainroad wird von Geschaeften jedlicher Art belagert, kaeuflich erwerben kann. Der Supermarkt in der Mainroad war fuer mich wie eine Zeitreise, ca. 10 Jahre zurueck und ich war ganz schoen baff als an der unscheinbaren Kasse die Waren ploetlich ueber einen Leser gezogen wurden.

Im Gegensatz zum westlichen Alptraum in Varkala ist es aufregend durch den Wahnsinn in den Strassen von Kollam zu streifen. Indische Baeckereien versuessen den Weg und endlich wiedermal die volle Palette der suedinischen Kueche zum greifen nahe. In Kollam bin ich eigentlich nur abgestiegen um eine Kanufahrt durch die Back waters zu unternehmen. An der Boat jetty angekommen musste ich erstmal feststellen das ich auf die Dienste einer Touragentur angewiesen war.

Beachroad in Kollam

Beachroad in Kollam

Von der Jetty aus sind keine kleinen Boote losgeduest und man muss erst mit dem Auto in ein 30km weit entferntes Dorf fahren um von dort aus einen Boottrip zu unternehmen. Das andere Problem war das fuer diese Tour (300 rupies pro person) mind. 2 Leute erforderlich sind, womit ich offensichtlich nicht dienen konnte. Da ich nicht den doppelten Preis bezahlen wollte hab ich erstmal abgewartet und als kurz vor 14 Uhr (Start der Tour) nochmal im Buero vorbeigeschaut habe, haben sich tatsaechlich noch zwei weitere Fahrtgaeste angekuendigt.

Die Filmplakate sind einfach genial

Die Filmplakate sind einfach genial

Zusammen mit Natalie aus der Schweiz (franzoesicher Teil) und Lars aus Deutschland sind wir in einem Oldtimer in Richtung Backwaters gezischt.
Die Fahrt hat fast eine Stunde gedauert, doch spaetestens als wir das urige Boot betreten hatten, war alles auf Abenteuer eingestellt. Unser Ziel war dann eigentlich die Insel Monroe die streng genommen nicht wirklich zu den backwaters zu zaehlen ist. Nichts desto trotz, die engen verschlungenen Kanaele sind zwar nicht so schoen und eindrucksvoll wie jene vom Mekong Delta in Vietnam, doch der Ausblick auf das doerfliche Leben und eine ueppige Pflanzen und Tierwelt sind den Besuch auf alle Faelle wert.

Sangon, unser Guide und Niyan unser Steuermann haben uns herzlich empfangen und die wunderschoene Naturkulisse hat schon zu beginn so einiges vesprochen. Die engen Kanaele gaben herrliche Ausblicke auf ein Paradies aus Palmen, leuchtend bluehenden Blumen, wildwachsende Ananas, welche hier in 3 verschiedenen natuerlichen Farb- und Geschmacksorten (gelb, rot und braun) erhaeltlich sind. Dorfbewohner haben wir eigentlich nicht sehr viele gesehen, doch die einfachen Haeuser und Geraete lassen auf ein sehr traditonelles Leben ohne grossen Luxus schliessen. Jene, die man gesehen hat haben eigentlich ohne Ausnahme freundlich gewunken, wobei all die Kinder, auf der Jagd nach einem Kugelschreiber, ziemlich hartnaeckig hinter uns her waren.

unser Weg durch die Mangrowen

unser Weg durch die Mangrowen

Im Laufe unserer Fahrt haben wir auch jede Menge Tiere, hautnah beobachten koennen. Kuehe und Ziegen sind fuer einen Tiroler Buam weniger spektakulaer, doch ein waschechter Kingfisher aus ein paar Metern zu Gesicht zu bekommen ist hingegen erheblich aufregender. Man bekommt zu dem auch noch Komorane, Adler und etliches anderes Gefieder vor die Linse, doch um Voegel wirklich eindrucksvoll zu fotografieren braucht man eindeutig besseres technisches Equipment. So habe ich beschlossen das ganze ohne genknipse zu geniessen und mich nicht ueber verwackelte bilder zu aergern.

Der Kingfisher, ein bunter Zeitgenosse der ziemlich schnell durch die Gegend flitzt

Der Kingfisher, ein bunter Zeitgenosse der ziemlich schnell durch die Gegend flitzt

Vorbei an einer Garnelen Farm, ein rechteckiges Wasserbecken halt, sind wir dann auch mal an Land gegangen. Nach ein paar Schritten sind wir auf einer Farm gelandet, wo man hunderte genknackte Kokosnuesse zum Trocknen in die Sonne gelegt wurden. Aus der fassrigen auesseren Schale werden unter anderem Stricke gesponnen und der Rest wird als Oel, Kosmetikum oder zum Verzehr gebraucht. Der nette Farmer hat uns nicht ohne ein Kostprobe weiterziehen lassen, der Geschmack einer frischen Spalte ist mir persoenlich tausend mal lieber.

stop and try

stop and try

Sangon unser Guide hat uns irre viel ueber das Land, Leute und das Leben auf der 19 quadratkiolmeter grossen Insel erklaert. Unser zweiter Stop war dann eigentlich nicht geplant, doch die Gelegenheit der Herstellung eines kettu vallam bootes beizuwohnen konnten wir uns nicht entgehen lassen. Kettu vallam Boote sind ohne die Verwendung von Naegeln bei guter Pflege ein Leben lang hilfreiche Begleiter der einheimischen Bevoelkerung. Die verschiedenen Teile werden mit Kokusnussfaserstriken zusammengenaeht und um das ganze wasserdicht zu gestalten wird eine schwarze Paste, gewonnen aus Cashewnutoel(aehnliche Eigenschaften wie Teer), aufgepinselt. Fuer ein Boot schuften gleich mehrere Maenner ca. 1 Monat und die Konstruktion der witzigen Boote ist nun alles andere als gewoehnlich.

wenn man ganz genau schaut kann man die Naehte erkennen.

wenn man ganz genau schaut kann man die Naehte erkennen.

Von den Salzwasserkanaelen und dessen eindrucksvoller Umgebung sind wir dann auf einen riesigen See hinausgestossen worden um dann spaeter ueber einen Suesswasserfluss wieder zurueck in die kleinen Salwasserwege zu gelangen. Wir sind natuerlich auch in einem typisch keralischem kettu vallam gehockt und anstatt mit Rudern erfolgt die Fortbewegung durch das Abstossen, was besonders umweltfreundlich ist. mit einem ueberlangen Holzstock vom Grund des Gewaessers. Niyan der immer grinsende Steuerman musste hierfuer immer wieder die Positionen wechseln und wiedermal konnte ich eine neue Art der Fortbewegung am wasser erleben.

Ausblicke auf den See

Ausblicke auf den See

Sangon hatte nicht nur zahlreiche facts ueber das gebiet auf lager sondern hatt auch ziemlich offen auf seinem Leben erzaehlt. Als Opfer des strengen indischen Kastenssystems, welches in manchen Regionen und vor allem laendlichen Gebieten gnadenlos durchgezogen wird, stehen seine Chancen seine Freundin zu heiraten eigentlich nicht sehr gut. Eigentlich ist er Christ, doch auch innerhalb dieser Gemeinde gibt es 48 stufiges Kastensystem. Seine grosse Liebe ist arm und den Segen seiner Familie wird er daher nie im Leben bekommen. Wenn beide genug Geld zusammen haben um aus den Faengen der Eltern zu entkommen, werden sie es in Kauf nehmen nie wieder zurueck zu kommen und einfach durchzubrennnen um aus Liebe zu heiraten.

Besonders Natalie und ich waren sehr neugierig und wir haben eigentlich die ganze Fahrt ueber unzaehlige Fragen gestellte und viel neues, teilweise schockierendes von unserem redseligen Guide erfahren koennen. Leider fehlt mir die Zeit ins Detail zu gehen, vielleicht schreib ich ja doch noch ein Buch ueber meine Reise (kleiner Scherz)

Niyan unser verlaesslicher Bootsman

Niyan unser verlaesslicher Bootsman

Alles in allem war der mehrstuendige Ausflug ein tolles Erlebenis und vor allem wenn man mit den richtigen Menschen in einem Boot sitzt kann es ganz schoen lustig und interessant werden.

© helli l, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Die Welt ist wie ein Buch, wer nie reist, sieht nur eine Seite davon. Nach meiner 1monatigen Pause werd ich nun ins verrueckte Indien stolpern und freue mich schon auf neue und fazinierende Abenteuer in diesem facettenreichen Land. Auf der Suche nach mir selbst und auf der Jagd nach Inspiration und Erleuchtung werde ich hoffentlich fuendig. Soweit so gut, einen genauen Plan hab ich nicht, ich lass mich einfach treiben. gruesse in die heimat helliL
Details:
Aufbruch: 26.12.2006
Dauer: 5 Monate
Heimkehr: 02.06.2007
Reiseziele: Indien
Thailand
Myanmar
Trivandrum
Der Autor
 
helli l berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.