Intern in Lusaka, Zambia

Reisezeit: März / April 2009  |  von Tim Schmidt

Das Praktikum

Das Praktikum

Nach abenteuerlichen Auf- und Abstieg über eine überdimensionale Stahlbrücke, die den Fußgängern als Überführung über den Highway dient, haben wir auch schon die Gelände meiner Praktikumsstelle erreicht. Jedes der Grundstücke dieser Straßenfront gehört einer ausländischen Einrichtung und ist von außen fast identisch konzipiert. Vor weißgetünchten, massiven, mit Stacheldraht verstärkten und mit Glassplittern am oberen Ende besetzten, Mauern wachen private Sicherheitsdienste. Wir beiden werden freundlich gegrüßt und die eiserne Schiebetür öffnet sich einen Spalt. Drinnen erwartet uns ein sorgsam gepflegtes Grün, auf dem sich ein zweistöckiges, nach Kolonialstil erbautes Gebäude befindet. Auf dem auf der Rückseite des Hauses befindlichen Parkplatz befindet sich ein kleiner Fuhrpark. Wir werden in einem der Autos bereits erwartet und steigen ein.

Eine Mitarbeiterin der Stiftung klärt mich über den weiteren Tagesverlauf auf, während sich Chauffeur und Wagen mühsam durch das morgendliche Verkehrschaos zwängen. Die Stiftung hat in Down Town Lusaka ein Seminar für die kommenden beiden Tage organisiert. Thematisch geht es um die Auswirkung der Wirtschaftskrise auf Sambia. Das Ziel des Seminars ist es, Gewerkschaftsführer durch wissenschaftliche Vorträge weiterzubilden und ihnen die Basis geben, um eine gemeinsame Linie abzustimmen und gegen die Regierung durchzusetzen. Dabei sollen sich die Gewerkschaftler für eine sozioökonomische Abfederung der Folgen der bereits einsetzenden Massenentlassungen einsetzten und der Regierung Wege aus der Krise aufzeigen.

Während Ihres Vortrages ziehen an uns Szenen des städtischen Alltags vorbei. Direkt am Rand der Straße haben sich überwiegend Frauen postiert, die über provisorischen Feuerstellen Maiskolben zubereiten oder Bananen feilbieten. Sie sitzen direkt auf dem Boden, halbnackte Kinder vergraben sich in den Schoß der Mutter. Praktisch direkt daneben ziehen sich offene Straßengräben an den Highway entlang. Sie sind gefüllt von Kunststoffflaschen und verfaulenden Essensresten.

Bald haben wir Down Town Lusaka erreicht und die Szenerie verändert sich. Es herrscht geschäftiges Treiben und den weißgetünchten Mauern sind mehrstöckige Häuser gewichen. Wir erreichen das Tagungshotel. Das Interior ist modern und auch der Seminarraum verfügt über die europäischen Standards, Beamer und W-Lan. Der Saal ist von Menschen im Business Dress gefüllt: Neben der Gewerkschaftsspitze haben sich politische Eliten eingefunden, auch die Presse ist vertreten und hat mehrere Kameras aufgebaut. Die Konferenz wird in Radio und Fernsehen übertragen. Von den Referenten haben praktisch alle im europäischen Ausland studiert. Der Chef der Sambischen Zentralbank hat seinen Dr. der Volkswirtschaftslehre in Konstanz gemacht.

In dem gut klimatisierten, fast luxerioesen Raum wird deutlich, warum Sambia zu den ärmsten Ländern gehört. Trotz völligen Schuldenerlass durch die G8 im letzten Jahr werden immer noch 30% des Staatshaushalts durch Finanzhilfen der Industrienationen bereitgestellt. Arbeitsplätze und Einnahmen des Staates werden fast ausschließlich durch den Kupferabbau generiert. Die Finanzkrise hat den Preis für diesen Rohstoff kollabieren lassen. Investoren ziehen sich zurück und die ersten Minen sind bereits geschlossen worden. Der Vorsitzende der größten Oppositionspartei im Parlament macht in seinem Vortrag deutlich, warum die umfangreichen Entwicklungshilfen die Bedürftigen nur selten erreichen. Das Kabinett der Regierung Sambias setzt sich aus genau 68 Ministern zusammen, denen noch ein eigener Stab an Mitabeitern unterstellt wird. Trotz eines vor Jahren einerichteten Gerichtshof für Korruptionsbekämpfung ist in diesem Land noch nie ein Angeklagter für dieses Delikt verurteilt wurden.

Während wir uns zum Mittag aus dem reichhaltigen Büffet mit Rostbeef und Schweinebraten bedienen, schauen die Passanten durch die nicht vollständig verglasten Fensterscheiben des Hotels beim Essen zu. Die Situation scheint geradezu unwirklich. Die Stiftung wird fuer das zweiteagige Seminar mehrere tausend Euro ausgeben muessen,inbegriffen Catering und Hoteluebernachtung der Gewrkschaftler, da diese sonst von einer Teilnahme nicht zu ueberzeugen seien. Ein wesentliches Problem des Verhaeltnis der Einheimischen zur westlichen Entwicklungshilfe ist, das ueber Jahrzehnte bedingungslos Gelder geflossen sind und eine Gewoehnung an die Abheangigkeit stattgefunden hat. Das ploetzlich Eigenleistung von seiten der NGO's gefordert wird, bedarf der Umstellung

Am zweiten Tag, nachdem Medien und Presse verschwunden sind, wird nicht mehr mal die Healfte der Gewerkschaftsfunktionaere erscheinen. Ob es zu einen produktiven Ergebnis gekommen ist, bleibt abzuwarten.

© Tim Schmidt, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Fuer 7 Wochen bin ich Praktikant ein grossen deutschen Stiftung im suedlichen Afrika. Obwohl Sambia zu den aermsten Laendern der Welt gehoert, kann es im regionalen Vergleich als stabile Demokratie bezeichnet werden. Das Ziel des Engagement meiner Stiftung ist es, die politschen Institutionen auf dem Weg zu mehr Demokratie zu unterstuetzen. Ich moechte die Chance nutzen, um mein eigenes Bild von einer der "least developed countries" zu machen, abseits des "Crisesbroadcasting" von BBC und CNN.
Details:
Aufbruch: 01.03.2009
Dauer: 7 Wochen
Heimkehr: 20.04.2009
Reiseziele: Sambia
Der Autor
 
Tim Schmidt berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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