Freeride to Asia

Reisezeit: Juli 2007 - Oktober 2008  |  von Lucia Dettli / Berny Ackermann

Indien: 5.1.08: Badami-Hampi-Chennai

Km 20289

Namaste zum Letzten

Unser Superbus hat den Hafen Chennai's und somit Indien heute morgen auf einem Containerschiff verlassen. Wir werden ihm in 2 Tagen mit dem Flugzeug folgen.

Wir sitzen momentan gerade im Trendquartier Nungambakka der Stadt Chennai im Subway. Hier gibt's gratis Wifi, die "Besseren" der Stadt treffen sich hier (alle auf Westen getrimmt / hier traegt Frau Mini anstelle von Sari), ein Sandwich kostet aber 250 Rupees (knappe 3 Tagesloehne eines Arbeiters / wir bezahlen sonst in einfacheren Orten fuer zwei volle Mahlzeiten mit Cola 60 Rupees)...

Es ist unglaublich wie schroff die Unterschiede der sozialen Klassen in diesem Riesenland sind. Die hier versammelte Szene unterhaelt sich natuerlich auf englisch (die Sprache der Oberschicht) ueber Shoppintrips nach Bangkok, waehrenddem der Grossteil der Bevoelkerung nicht weiss, dass es ausser Indien und Amerika noch weitere Laender auf diesem Planeten gibt. Besage, dass man per Auto ueber eine Strasse aus der Schweiz nach Indien fahren kann, oder dass man in Europa keine indische Sprache spricht.

Doch wir waren im letzten Bericht ja noch an der Westkueste in Agonda stationiert und wollten den viel gelobten Staat Kerala mit Ziel Cochin (ganz im Suedwesten von Indien) queren, um von dort aus die Verschiffung zu organisieren.

Spontan haben wir dann unsere Routenplaene am Abend vor der Abreise in Agonda geaendert, und uns fuer Silvester in Bangalore und Verschiffung ab Chennai (Ostkueste) entschieden - dafuer sprachen in unserem spannenden Spiel mit dem Namen: "wie verschiffen wir unseren Superbus von Indien nach Malaysia?" die Nebeninformation, dass es ab Chennai Direktschiffe nach Kuala Lumpur geben soll (die nur gerade 4 Tage unterwegs sind, waehrenddem die Verschiffung ab Cochin 18 Tage dauert). Somit sparen wir uns nebst den tieferen Frachtkosten 14 Hotelnaechte in der malayischen Hauptsaison.... was den Entscheid gegen das anscheinend wunderschoene Kerala vereinfachte.

Mit Agonda haben wir dann auch den "Kanton" Goa verlassen und alsbald waren wir "back to real incredible India", mit Destination Badami im Norden des Staates Karnataka.

Rush-Hour à la countryside

Rush-Hour à la countryside

Die Reise durch's Landesinnere brachte uns in ein sehr laendliches und touristisch voellig unerschlossenes Gebiet von Indien. Das "Ausdemfensterschauenfahren" war wie lesen in einem Geschichtsbuch...

Waschen (fuer die Damen natuerlich immer mit angezogenem Sari), im nicht wirklich quellfrischen Fluss..

Waschen (fuer die Damen natuerlich immer mit angezogenem Sari), im nicht wirklich quellfrischen Fluss..

Da war die Erntesaison fuer Mais und Chilli.

Viel viel Arbeit fuer diese Maisauspackerinnen, links und rechts vom Bild ging's noch viel weiter.

Typisch fuer Indien, dass viele manuelle Arbeiten auf dem Bau oder Landwirtschaft von den Frauen erledigt werden.

Grosse Maislieferung

Grosse Maislieferung

Chillitrocknen und Verpacken...Sergio...da denken wir gerne an die leckere Chillisauce deiner Mamma..brauchen langsam Nachschub!

Chillitrocknen und Verpacken...Sergio...da denken wir gerne an die leckere Chillisauce deiner Mamma..brauchen langsam Nachschub!

Auf wirklich sehr holperigen Strassen erreichten wir als naechste Destination Badami. Badami war zwischen dem 4. und 8. Jh Hauptort des Chalukya Empiriums, welches sich ueber ganz Zentralindien erstreckte (wir gehen schwer davon aus, dass in der Bluetezeit die Strassen einiges besser haben sein muessen...).

Interessant ist dort insbesondere, dass die damaligen Architekten und Kuenstler an ueber 150 Tempeln den Grundstein zur spaeteren Hindi-Bauweise legten. Dementsprechend gibt's hier jenste Bauwerke sowie spezielle Hoehlentempel zu Besuchen.

Wie ueberall im ueberbevoelkerten Indien: Wenn irgendwo was Sehenswertes steht, dann wollen das auch sehr viele Leute sehen....

Wenn man aber als nichtsahnender Tourist so ne Ecke unbewusst waehrend der offiziellen Bildungswoche aller Staatsschulen des Bezirks Karnatka (alleine der Staat Karnatka hat knapp so viele Einwohner wie Deutschland - in Indien sind aber 50 % der Bevoelkerung unter 18 Jahren) besucht - dann kann man schon mal ziemlich lange Schlange stehen.

Andrang am Gang

Andrang am Gang

Da fragt sich der wache Leser sicherlich, wie man es anstellt in der Haupthoehle bei solchem Andrang ein Bild ohne Leute zu knipsen.

Die "Ablenkungs-Animatorin" mit der Sonnenbrille ist uebrigens - fuer alle, die schon nicht mehr genau wissen wie wir aussehen - Lucy.

Die "Ablenkungs-Animatorin" mit der Sonnenbrille ist uebrigens - fuer alle, die schon nicht mehr genau wissen wie wir aussehen - Lucy.

Indem Kindernaerrin Lucy draussen die Meute unterhaelt. Wir schuetteln hier so an die 500 Kinderhaende pro Tag und erklaeren etwa 400 mal dass wir aus der Schweiz sind. Viva India.

Weil wir mittlerweilen schon 3 Monate in Indien sind haben wir uns an diese fuer Indienfrischlinge häufig muehsamen Situationen der "Non-Stop-Dauerbelagerung" adaptiert und nehmens mit nem indischen Kopfrollen.

Die offizielle Abzockerei fuer die Eintrittstickets moegen wir hingegen immer noch nicht... Auch wenn die Betraege angenehm klein sind (100 Rupees sind ca. 3 CHF) stoert das Verhaeltnis trotz allem. 100 Rupees entsprechen in etwa einem einfacheren Tageslohn in Indien.

Hampi war die naechste Destination in unserem Karnatakatrip. Unterwegs hatten wir die Moeglichkeit noch einige weitere Tempel zu besuchen. So zum Beispiel denjenigen in Pattadakal, wo wir den Tempel um dem Wucher auszuweichen von Aussen betrachteten. Die anwohnenden Locals hatten riesige Freude, dass die Touristen endlich mal hinten an der Anlage (in ihrem Dorf) vorbei schauten und setzten sich lautstark in Szene.

Wie meistens in den abgelgeneren Gebieten war auch das Lesen der Strassenschilder ein spannender - um nicht zu sagen unmoeglicher - Challenge. Hilfreich, dass die Inder wenigstens die Kilometerangaben von den Englaendern uebernommen haben.

Irgendwie fanden wir auch dieses Mal den richtigen Weg und fuhren noch am selben Abend in Hampi ein. Zu unserem Erschrecken wurden hier nicht nur Carweise Schulklassen angeliefert (wie wirs ja schon aus Badami kannten), sondern auch Lastwagen- und Traktorenweise "normale" Erwachsene.

Denn zu unserem grossen Glueck war aus spiritueller Sicht gerade der wichtigste Tag des ganzen Jahres angesagt, weshalb der Grossraum Hampi wohl sogar fuer indische Verhaeltnisse komplett ueberstellt war.

nein, hier handelt es sich nicht um eine indische Suessspeise, sondern um den Farbstoff fuer den Tikka (Stirnpunkt)--> ihr seht, da wird mit einigem an Publikum gerechnet.

nein, hier handelt es sich nicht um eine indische Suessspeise, sondern um den Farbstoff fuer den Tikka (Stirnpunkt)--> ihr seht, da wird mit einigem an Publikum gerechnet.

So wurde typisch indisch voellig unkompliziert der ganze Parkplatz kurzerhand zum oeffentlichen Campingplatz (natuerlich ohne Matten, Schlafsaecke, Zelte oder gar TOI-TOI-Toiletten) umfunktioniert.

Um nicht gerade mitten drin zu sein haben wir unseren Bus am Parkplatzrand positioniert. Typisch indisch wurde dann aber auch die ganze Nacht neben unserem Auto geschis.... und gepin.... und nach erledigtem Geschaeft noch kurz unsere Tuerfalle gedrueckt.

Nicht etwa um etwas zu entwenden (fuer den Fall dass sie offen waere), nein einfach aus Interesse um zu schauen, wie's denn Innen ausschauen wuerde, so ein komisches rotes Spacemobil.

Die Inder haben im Gegensatz zu uns Europäern wirklich kein Kontaktproblem.

Campingkueche à la India

Campingkueche à la India

3-Rad Cabrio-buessli

3-Rad Cabrio-buessli

Nach 2 doch sehr indischen Naechten (insbesondere die intensiven Gerueche...es wohnten sicher an die 1000 Personen auf diesem Parkplatz) sind wir dann in eine gemuetliche Bananenplantage umgezogen.

Viruphksha-Tempel mit Boulders

Viruphksha-Tempel mit Boulders

Hampi liegt mitten in einem riesigen Boulderparadies (ca. 25km2), besticht durch eine wunderschoenen Landschaft und hat zusaetzlich auch noch jenste Tempel (ca. 1000 !!!) zu bieten. Ein echtes Eldorado ..welches wir, nachdem die Riesenmeute das Gelaende wieder dem Alltag ueberlassen hat, gemuetlich erkundeten.

Weil es hier so viel zu geniessen gibt und es sich sehr entspannt lebenlaesst mit bouldern, biken, wandern, essen, etc... sind wir gleich ne Woche geblieben

Vittala-Tempel

Vittala-Tempel

tierischer Badeplausch

tierischer Badeplausch

textiler Badeplausch

textiler Badeplausch

indische Bootsvermietung...die kleinen runden Nussschalen.. vorne Saritrocknung

indische Bootsvermietung...die kleinen runden Nussschalen.. vorne Saritrocknung

Typisch indisch unkompliziert...hauptsache Trocken...frische Waesche und Kuhscheisse

Typisch indisch unkompliziert...hauptsache Trocken...frische Waesche und Kuhscheisse

Zum Abschied vom tollen Hampi hat uns der Tempelelefant persoenlich eine Ruesselsegnung verabreicht, sodass die Weiterreise und im Speziellen die Verschiffung reibungslos verlaufen wuerde.

Ueber viel bessere Strassen reisten wir weiter oestlich in Richtung Bangalore.

Autobahnverpflegungsstaette auf indisch..

Autobahnverpflegungsstaette auf indisch..

Wir fuehlen uns in Indien ueberall aeusserst willkommen - die Leute sind unglaublich freundlich, und nachdem wir mittlerweilen die Passion entwickelt haben, um uns nach indischen Verhaeltnissen Zeit fuer die kleinen zwischenmenschlichen Freundlichkeiten zu nehmen (wat iur Kauntri, wat iur neim, ...) auch entspannend zum Bereisen.

Puenktlich zum Eindunkeln der Silvesternacht parkten wir dann mitten in Bangalore unser Haus. Das finden dieses Superparkplatzes in unmittelbarer Naehe der Haupteinkaufsmeile war wiedereinmal verursacht durch "incredible India"... wir fahren ohne Stadtplan in die 6 Millionen Metropole des indischen Silicon Valleys ein. Nachdem wir so voellig den Plan verloren haben, in welcher Richtung das Zentrum sein koennte (wir fahren viel mit Kompass in den Staedten), fragen wir einen jungen Motorradfahrer nach dem Weg. Kurzerhand chauffiert er uns waehrend einer halben Stunde quer durch die City und weist uns den besten Parkplatz der ganzen Stadt zu. So was haben wir weder in Basel noch Luzern jemals erlebt - gehoert in Indien einfach mit dazu!

Puenktlich zum Silvester haben wir in Downtown Bangalore uebrigens den 20'000 sten Kilometer seit Sursee auf unseren Superbus gedreht. Ohne irgendwelche Panne, nicht mal einen platten Pneu!! Bitte an alle Leser: "Holz alaenge"!!!

Bangalore unterscheidet sich von den anderen indischen Staedten insbesondere dadurch, dass es keine Kuehe und ihre leidigen Kuchen in der City gibt. Dementsprechend ist das Spazieren viel entspannter, da die Gefahr des Fehltritts nicht in diesem Sinne besteht.
Des weiteren sind alle grossen Weltmarkten mit Flagshipstores vertreten und die sonst in den meisten indischen Gebieten nicht praesenten Einkaufshoefe im Sinne von Migros oder Coop gibt es hier en masse.

Unser Aufenthalt war trotzdem von kurzer Dauer, denn wir wollten die Wirkung der Elefantensegnung fuer unsere Verschiffung nicht verstreichen lassen. Deshalb gings bereits am naechsten Tag weiter nach Chennai (4 groesste Stadt Indiens, 7 mio).

Ueber Email haben wir im Vorfeld bereits mit einigen Forwardern (so nennen sich die Verschiffungsagenturen im Fachjargon - wir sind mittlerweilen Semiprofis in Sachen Verschiffung) aufgenommen. Die einzige Erkenntnis daraus war, dass man das in Indien nicht ueber Email erledigen kann.

Dementsprechend starteten wir alsbald in Chennai angekommen zu einem kleineren Forwarderbesuchsmarathon.

Der Spruch "Incredible India" hat sich dann auch in dieser Situation wieder voll bewahrheitet...die Offerten der einzelnen Forwarders unterschieden sich um bis zu 100%!!

Einige Forwarders sind fuer unsere Verhaeltnisse echt oldschool ausgeruestet:

Wir haben uns dann fuer Winstar (guenstig, sehr freundlich und sogar mit Computer) entschieden.
Gluecklicherweise wie sich bald herausstellte, denn die gesamte Angelegenheit lief bis heute nach indischer Bewertung voellig reibungslos von statten - das Anliefern unseres Containers, Zollinspektion, Verpacken im Container, Blombierung dauerte aber einen ganzen Tag. Sprich es waren waehrend 8 Stunden konstant 3 Leute der Agentur im Einsatz (in Europa einfach unbezahlbar), wenn sich auch der Einsatz zu 95% auf das Warten beschraenkte.

In der Loading Station generierten wir wohl ein wenig ueberdurchschnittliche Aufmerksamkeit... uns zu sehen war fuer die anwesenden Inder wie immer ein Riesengaudi:

Nein das sind nicht alles Zollinspekteure, sondern Zuschauer waehrend der Custom Clearance

Nein das sind nicht alles Zollinspekteure, sondern Zuschauer waehrend der Custom Clearance

Wertvolle Fracht wird im Nestchen parkiert und gut angebunden.

Aus dem legendaeren Foto vom Abtransport auf dem LKW in Richtung Hafen wurde leider in Folge Dunkelheit und Regenstum nix gscheites. Wir hoffen, dass das mit dem Regen (immerhin der erste seit wir vor 10 Wochen im Himalaya waren) kein schlechtes Ohmen ist.

Wenn man all den Negativgeschichten im Internet zum Thema Autoverschiffung glaubt, dann waren wir bis heute mit Winstar extrem erfolgreich. Hier haben wohl die 6 Jahre Fernosterfahrung bei Mammut einiges beigetragen. Bezahlten wir doch schlussendlich inklusive verguenstigter Flugtickets mit rund 1000 CHF wesentlich weniger als erwartet!

Und keine Angst....so lange Berichte werden im 08 schon nicht zur Regel werden...aber s ist einfach soviel spannendes passiert die letzten 2 Wochen...

In diesem Sinne viel Spass im frischen Jahr.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Aus Interesse für Natur, Kultur, Religion, Unplanbarem und vor allem unserer Selbst, sind wir mit unserem kleinen 4x4 Camper über den Iran, Pakistan und Indien nach Südostasien gereist. Weil wir noch nicht zurück wollen freuen wir uns jetzt riesig über den spontanen Versuch, quer durch Russland, die Mongolei und Kasachstan zurück nach Europa zu cruisen...hoppla hoffentlich hält das unser Bus aus.
Details:
Aufbruch: 15.07.2007
Dauer: 15 Monate
Heimkehr: 10.10.2008
Reiseziele: Schweiz
Kambodscha
Bulgarien
Griechenland
Türkei
Iran
Pakistan
Indien
Malaysia
Thailand
Laos
Japan
Russland / Russische Föderation
Mongolei
Kasachstan
Ukraine
Italien
Der Autor
 
Lucia Dettli / Berny Ackermann berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Lucia Dettli / sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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