Patagonien - Auf der Straße nach Süden

Reisezeit: Januar / Februar 2018  |  von Diana & Pavla

Teil 8 - Grenzgänger

Bariloche bei Nacht

Bariloche bei Nacht

03.02.2018 - Zurück nach Chile.

Abfahrt 06.30 Uhr in Richtung Süden, das bedeutete für uns, 05.00 Uhr aufzustehen. Der Portier hatte uns freundlicherweise ein Taxi zum Busbahnhof bestellt. Auch die halsbrecherischen Stadtbusse brauchen offenbar mal eine Pause.

Unser heutiger Weg sollte uns nach Los Antiguos, wieder zurück an die chilenische Grenze führen. Eine Übernachtung hatten wir dort nicht gebucht, weil wir möglichst am Abend noch hinüber nach Chile und somit näher an unser nächstes Ziel gelangen wollten - die berühmten Marmorhöhlen bei Puerto Rio Tranquillo.


Doch bis dahin wars noch ein weiter Weg – rd. 900 km.
Entfernungen sind halt hier ein dehnbarer Begriff.

Die Ruta 40

zog sich den ganzen Tag durch karge, menschenleere Landschaften. Pampa, wie man sie sich vorstellt - hier ist NICHTS los.

Gegen Abend endlich Wasser in Sicht, der Lago General Carrera! Ein Highlight nach der trostlosen Strecke, riesig wie ein Meer, schon aus der Ferne waren beachtliche Wellen erkennbar.

Pampa

Pampa

Ankunft gegen 20 Uhr in Los Antiguos, der Grenzstadt.

Nun also nur noch kurz über die Grenze, und dann ...
… ja, aber, wo war die eigentlich?

Am Busbahnhof verstreuten sich die Mitreisenden schnell in alle Richtungen, es blieben außer uns nur noch zwei junge Belgier übrig, die wir im Bus bereits kurz „kennen“gelernt und bezüglich ihres nächsten Zieles befragt hatten. Genau wie wir wollten sie zu den Marmorhöhlen, und zu diesem Zwecke hatten sie sich bereits in einem Hostel in Chile Chico auf der anderen Grenzseite eingemietet.
Wie praktisch!

Nachdem wir ja bisher weder über Unterkunft noch Fahrtmöglichkeit verfügten, beschlossen wir kurzerhand, uns an die beiden „dranzuhängen“.

Bei den Jungs, beide keineswegs minder bepackt als wir, bedurfte es auch keiner großen Überredungskunst, uns zu viert ein Taxi zur Grenze und wenn möglich auch hinüber nach Chile zu teilen.

Die abendliche Grenze

präsentierte sich uns mit einem Riesenzirkus an Menschen und Fahrzeugen, ein schneller Grenzübertritt rückte augenblicklich in weite Ferne. Zumal uns der Taxifahrer unmissverständlich klarmachte, dass er uns nur BIS zur Grenze, aber nicht ÜBER diese bringen dürfe.
Also holten wir unser Gepäck und reihten uns gottergeben in die Menschentraube ein.
In Chile Chico, so brachten wir in Erfahrung, schien eine Art Festival stattzufinden, weshalb zu dieser Stunde noch so viele Menschen dorthin unterwegs waren.

Die Wartezeit gestaltete sich dank unserer neuen beiden Begleiter gar nicht so unangenehm. Thomas und Romeo, beide etwa Ende 20, Freunde seit Kindergartentagen, befanden sich gerade auf Weltreise mittels unbezahltem Urlaub, zusammen für 3 Monate bzw. Romeo sogar weiter für insgesamt 1 Jahr! Wow, was für eine tolle Idee! (seufz)
... Übrigens: „Kindergarten“ heißt im Flämischen auch so.

Ihre Unterkunft in Chile Chico war das Hostel „Nandu“ – die Anschrift notierten wir sogleich.

Nein, nicht, was Sie jetzt vielleicht denken …
Wir wussten aber von unserem letzten Grenzübertritt in die andere Richtung noch, dass man dort immer die geplante Aufenthaltsadresse angeben musste. Niemand sollte ziellos durchs Land irren! Somit hatten wir zumindest auf dem Papier etwas Greifbares vorzuweisen, und vielleicht gelänge es uns mit Glück am Ende sogar noch, dort tatsächlich auch selber Quartier zu beziehen!

Aber zunächst galt es natürlich, in der aufziehenden Dämmerung die Grenze mit ihren mittlerweile recht genervten Beamten zu bezwingen. Hierbei erwiesen sich Paulis Spanischkenntnisse für uns alle vier wieder einmal als ungemein hilfreich.
Die Jungs beherrschten das nämlich ungefähr genauso "gut" wie ich.

Doch nachdem wir das argentinische Tohuwabohu gegen 22 Uhr endlich erfolgreich hinter uns gelassen hatten, trennten uns vor uns leider noch etliche Kilometer von der anderen Grenzseite. Die nicht mit Taxis befahren werden durften.
Eine private Mitnahmemöglichkeit von hier aus erwies sich als ebenso aussichtslos.

Somit standen wir, bei völliger Dunkelheit, jeder mit rd. 14 kg Gepäck auf dem Rücken und mittlerweile auch müde, mitten im Niemandsland.

Was blieb uns übrig,
als uns in Marsch zu setzen.
Die chilenische Grenze blinkte mit ihren Lichtern freundlich zu uns herüber, die Straße dorthin verlief jedoch in einem ausgeprägten Bogen und dehnte die Strecke auf rd. 6 km aus. Den direkten Weg versperrte Dickicht und wohl auch etliches andere, in der Dunkelheit nicht auszumachende Hindernis, sodass der Gedanke, einfach „Luftlinie“ zu gehen, schnell begraben wurde.

Unsere anfangs noch angeregten deutsch-englischen Gespräche und Gesänge versiegten von Minute zu Minute, Erschöpfung machte sich unter uns Wanderern breit. Zudem blies uns ein ordentlich frischer Wind ins Gesicht!

Dann und wann überholte uns ein Pkw, hielt jedoch trotz unserer ehrlichen "Hitchhiking"-Bemühungen nicht an. Der ursprünglich sehr angenehme Umstand einer Vierergruppe erwies sich hier nun als echtes Hindernis: Kaum ein Fahrzeug hatte genügend Platz und wohl auch Mut, hier im Dunkeln vier vollbepackte ausländische Traveller mitzunehmen. Auch wieder nachvollziehbar.

Erst auf dem allerletzten Kilometer geschah es, das Wunder: Ein Pick-Up machte Halt und ließ uns alle auf seine Ladefläche springen!
Hach...
Die Lebensgeister kehrten umgehend zurück, und, nunmehr entspannt auf dem Rücken liegend, wurden wir zum ersten Male auch dieses prächtigen patagonischen Sternenhimmels so richtig gewahr.

Und wissen Sie was?
Der ist der Hammer!

* * * *

Nachdem die Grenze mit ihren mittlerweile wohlbekannten Formalitäten (Gastadresse? Verkehrsmittel? Dauer des Aufenthaltes?) passiert war, organisierte Pauli letztendlich telefonisch sogar noch ein Taxi für uns.

Etwa um Mitternacht kamen wir auf diese Weise erschöpft aber glücklich in der allerersten Unterkunft im allerersten Nest wieder auf chilenischem Boden, an.
Genau.
Dem Hostel „Nandu“ in Chile Chico.

Und, was soll ich Ihnen sagen:
Nach einigen forschenden Blicken der Herbergsmutter, ob das von den Jungs gebuchte Zimmer nun etwa auch uns beide mit beherbergen solle - nein, das hatten wir durchaus nicht vor! – besaß das Hostel tatsächlich auch noch ein weiteres freies Zimmer für uns beiden Mädels allein!!

Bissl Glück gehört halt immer dazu.

© Diana & Pavla, 2019
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Idee, zwei Frauen, drei Wochen, viertausend Kilometer - und wieder zurück. Ein kleines, feines Abenteuer zwischen Santiago und Feuerland.
Details:
Aufbruch: 28.01.2018
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 21.02.2018
Reiseziele: Chile
Argentinien
Der Autor
 
Diana & Pavla berichtet seit 5 Jahren auf umdiewelt.
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