Patagonien - Auf der Straße nach Süden

Reisezeit: Januar / Februar 2018  |  von Diana & Pavla

Teil 17 - Goldener Morgen

12.02.2018. Wer den Sonnenaufgang...

live oben in den Bergen erleben möchte, wie es für den Torres-del-Paine gerne empfohlen wird, steht früh auf. In unserem Falle 4:30 Uhr.
Gut eine Viertelstunde später waren wir auch schon auf dem Weg. Das Gewusel im Camp, trotz der nächtlichen Stunde, zeigte uns nämlich deutlich, dass wir keineswegs zu früh dran und auch nicht die einzigen mit diesem Ziele waren.

Finstere Nacht. Die Taschenlampen machten sich verdient. Es ging über Stock und Stein, die sonst gut beschilderten chilenischen Wanderwege waren in der Dunkelheit kaum auszumachen.

Dafür erstreckte sich über uns ein derart atemberaubender Sternenhimmel, so funkelnd, dass es einfach an Worten dafür fehlte. Vielleicht so viel: Hätten wir anhand entsprechender Kameraausrüstung die Möglichkeit gehabt, diese Pracht fotografisch einzufangen, wären wir wohl niemals rechtzeitig an unserem „Mirador Torres del Paine“ angekommen. Was auch wiederum schade gewesen wäre.

Nach rund einer Stunde unterwegs zog allmählich die Dämmerung herauf. Zaghaft zeichnete sich erste Landschaft grauschwarz vor uns ab. Wir hatten von den beschriebenen 3 km des Weges nach der ersten der beiden anberaumten Stunden bereits 2 km hinter uns, was aus unserer Erfahrung am Fitz Roy nur eines heißen konnte: Ab hier sollte es beschwerlich werden.

Und richtig, wie zwei Hobbits auf dem Weg zum Schicksalsberg kraxelten wir beiden auch schon zwischen dem Felsgestein umher, das Ziel verführerisch unmittelbar vor Augen, doch lag es noch in weiter Ferne. (Dabei trug keine von uns überhaupt nur einen Ring!! )
Gelegentlich verlief man sich auch, bis man wieder Wegweiser entdeckt hatte, der stürmische Wind tat sein Werk im Übrigen. Himmel und Berge ringsum waren mittlerweile in zartes Rosa getaucht, eines der Wölkchen erinnerte täuschend echt an ein fluffiges Sahnebaiser! Oder halluzinierten wir gar schon?!

6.50 Uhr – nach 2 Stunden hatten wir den Mirador erreicht.

Exakt 3 Minuten später schoben sich auch schon die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne in diesen stürmisch-kalten Morgen.
Zentimeter für Zentimeter tauchten sie die Torres in feuerrotes Licht.
Ein Anblick, eine Stimmung, einfach zum Niederknien.
Was auch aus Stabilitätsgründen, in diesem Sturm, nicht unbedingt von Nachteil war.

Binnen weiterer Minuten verwandelte sich dann ein Gipfel nach dem anderen vor unseren Augen in pures Gold.

Ringsum auf den Felsen bemerkten wir nun auch ein Räkeln und Rühren. Ich vermeinte ein paar Kollegen von gestern aus dem Camp, dick eingemummelt, wiederzuerkennen. Hatten die tatsächlich hier oben übernachtet? Es war eiskalt! Unsere vom Aufstieg schweißnassen Klamotten (von wegen atmungsaktiv!) machten allmählich Anstalten, an uns festzufrieren.

Dennoch konnten wir uns nicht sattsehen an dem prachtvollen Schauspiel ringsum, als die langsam aufgehende Sonne nacheinander Berg für Berg, Fels für Fels, allmählich erleuchtete.

Hinreißend!

Der Abstieg

gestaltete sich natürlich etwas flotter. Die drei Granitfelsen sahen dabei mit einem Male wieder „ganz normal“ aus. Wir kamen nicht umhin, die Wanderer, die uns jetzt noch in Richtung des Miradors entgegenkamen, ein wenig zu bemitleiden.

Zum krönenden Abschluss wurden wir, kurz vor 9 wieder am Camp, mit einem Frühstück für Helden empfangen - frischem Kaffee, Toast, Käse, Müsli, Eier. Endlich Eier!
Pauli hatte während der bisherigen Reise bereits derart schmerzlich ihre Frühstückseier vermisst, dass sie umgehend 4 Stück davon verputzte.

Breakfast for Champions eben!

Nun stand, bei strahlendem Sonnenschein, auch dem Abstieg vom Camp nichts mehr im Wege. Für den kompletten Rundweg, dem "W-Track", hätten wir fünf Tage gebraucht, wir wollten doch aber noch weiter.
Immerhin bot sich auch so ausreichend Gelegenheit, die zauberhafte Seenlandschaft des Nationalparks von oben gebührend zu bewundern. Die Torres in unserem Rücken zogen gegen Mittag schon wieder zu, Pech für die jetzt gerade erst ankommenden Wanderer. Am Rückweg kamen uns gefühlt Hunderte entgegen. Was wollten die nur alle zum Rosenmontag hier?

Auf den letzten Kilometern gesellte sich eine junge Weißrussin zu uns, der wir bereits im Camp begegnet waren. Wenn nicht gerade auf Wandertour, so erzählte sie, war sie dabei, gemeinsam mit ihrem aus London stammenden Ehemann in Hamburg Fuß zu fassen. Es ergab sich ein interessantes englisch-deutsch-russisches Kauderwelsch.

Bekanntermaßen solle man in einem Nationalpark ja nichts außer Fußtritten hinterlassen. Leider musste ich kurze Zeit später feststellen, hier irgendwo auf dem Rückweg meine Brille verloren zu haben. Nun, ich wünsche ihr, falls sie nicht von irgendjemandem aufgehoben wurde, stets einen wundervollen Blick hinauf zu den Torres.
Andere haben noch einen Koffer in Berlin. Ich habe eine Brille am Fuße der Torres del Paine. Kann auch nicht jeder von sich behaupten.

Etliche Zeit vor Abfahrt unseres Busses erschöpft, von Moskitos zerstochen, aber sehr glücklich nach den heutigen rund 22 km Marsch wieder am Parkeingang, warfen wir uns ins Gras und überließen unsere Körper der Sonne und den hungrigen Mücken.

Ausgezeichneter Laune

… kamen wir gegen 16.00 Uhr nach Puerto Natales zurück. Und unser Gepäck war auch noch vollständig vorhanden. Huuhh!

Die Wandersachen etwas gewaschen, genossen wir Abendessen aus dem Besten des Supermarktes – reichlich Käse, Wein, Avocados – gut beschallt von dem nach wie vor flimmernden Fernsehprogramm.

© Diana & Pavla, 2019
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Idee, zwei Frauen, drei Wochen, viertausend Kilometer - und wieder zurück. Ein kleines, feines Abenteuer zwischen Santiago und Feuerland.
Details:
Aufbruch: 28.01.2018
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 21.02.2018
Reiseziele: Chile
Argentinien
Der Autor
 
Diana & Pavla berichtet seit 5 Jahren auf umdiewelt.
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