Irland im Herbst Teil II

Reisezeit: September / Oktober 2015  |  von Thomas B.

Nach Dublin

Unterwegs: Admiral bei Slane

Unterwegs: Admiral bei Slane

Glendelough in den Wicklow - Mountains

Glendelough in den Wicklow - Mountains

Glendelough in den Wicklow - Mountains

Glendelough in den Wicklow - Mountains

Noch einmal durch Nordirland und dann in der Hauptstadt

Fast etwas melancholisch sitzen wir in aller Frühe auf der kleinen, weißen Mauer vor der Terrasse und sehen die letzten Sterne, blicken noch einmal über die Bucht, See und Berge, ein karges Frühstück und dann nehmen wir Abschied von der „Wild Atlantic Coast“, es geht Richtung Südosten, nach Dublin, es geht vom menschenarmen Donegal in die Metropole Irlands.

Noch einmal fahren wir durch den Glenveagh – Nationalpark, wie zum Hohn zeigt sich der Mount Erigal ganz ohne Wolken. Dann rund um Letterkenny und wieder durch ein Stück U.K., durch Nordirland, wieder keine Andeutung von Grenzen, wären da nicht die Meilenschilder.

Dann wieder in der Republik. Bei Slane wollen wir einen Abstecher zu einem „Castle“ machen, finden aber den rechten Zugang nicht und belassen es bei einem Spaziergang zwischen dem River Boyne und einem kleinen Kanal, wo wir immerhin zwei Admirale (Schmetterlinge) an einem späten Sommerflieder entdecken und natürlich fotografieren. Das Schloss sehen wir immerhin aus der Ferne.

Dabei wäe Slane einen eigenen kleinen Urlaub wert. Alte Ruinen rundherum, Abbeys, das Castle und ein alter Schlachtort an dem James II, der Katholik, gegen William von Oranien, den Protestanten, verlor und so die anglikanische Herrschaft über England und auch Irland zementiert wurde, indirekt auch die englische Herrschaft über Irland. Ferner gibt es hier neolithische Anlagen mit Ringforts, Gang- und Hügelgräber (Newgrange), Castle Hill mit seinen Ruinen und die Old Mellifont Abbey.

Uns aber zieht es weiter nach Dublin, in den Verkehr-Moloch, vor dem wir gewarnt wurden. Stadtautobahn, äußerer und innerer Ring, die Quays entlang des Liffey. Unaufgeregt und fast unproblematisch lotst uns unser Navi auch noch durch die „one ways“ im Stadtzentrum. „Sie haben Ihr Ziel erreicht“, wir sind in der Liffey-Street und um die Ecke gibt es einen freien Parkplatz und dann stehen wir vor dem „Lotts“, wo wir Liam unseren Vermieter treffen sollen. Eine Stunde früher als geplant sind wir da.

Wir rufen Liam an, er kann in 15 Minuten da sein, wir bestellen uns zwei Capuccini. Es herrscht schon Leben im Lotts, über mehrere Bildschirme läuft englische Premier League, Tottenham Hotspurs gegen Manchester City. Das Lotts ist ein großes Café / Pub in mehrere Einheiten unterteilt und einem Kellergeschoss.

Dann kommt Liam, dank meines weiß-grauen Bartes, den ich ihm beschrieben hatte, findet er uns gleich. Wieder einmal irritierend, in Irland gibt man zuerst dem Herrn, dann der Dame die Hand.

Wir fahren mit ihm rund um die One-ways, bis wir wieder vor dem „Lotts“ stehen, vor dem großen Gittertor der Wohnanlage „Bachelors Walk“ in der Lotts, so heißt auch die Straße. In der Wohnanlage ist unser kleines Appartment, Parkplatz 223 ist für uns reserviert. Liam hat unsere Mobile-Nummern einprogrammiert und mit einer Code-Nummer können wir das große Gittertor öffnen, es klappt. Hoffentlich klappt es auch bei unserer geplanten frühen Abreise.

Wir wohnen im Innenhof einer riesigen Wohnanlage, die man raffiniert in die bestehenden Häuser integriert hat, durch eine ganz normale Türe kommen wir vom Liffey her in den Innenhof, die Zu- und Abgänge sind allerdings anfangs etwas verwirrend.

Gegenüber eine Wohnanlage für Priester und Theologiestudenten. „You can smell the candles“, sagt Liam und er warnt uns gleich: „Abends singen sie“. Er zeigt uns, wie man irische Türen verschließt (Klinke ganz nach oben ziehen und dann den Schlüssel drehen) aber das wissen wir nach drei Ferienhäusern bereits, in Valentia hatten wir die erste Lektion durch Antje bekommen....

Während all dieser Instruktionen natürlich noch das übliche „woher und wohin“, nachdem wir unsere bisherigen Aufenthalte erzählen, meint Liam, wir seinen wohl „Outdoor-Fans“. Valentia kennt er auch, er habe ein Ölgemälde „Valentia-Island“ in seinem Büro von einem einheimischen Künstler, aber der müsse jetzt wohl erst sterben, damit das Bild was wert werde. Falls es dem entspricht, mit dem Liam das Apartement „geschmückt“ hat, wird es wohl nie was wert werden....
Wir aber wollen raus, zumal die Sonne scheint. Fast vor unserer Tür die „halfpenny bridge“, eine metallene Bogenbrücke, die direkt ins „Temple Bar“-Viertel, dem Kneipenviertel Dublins führt.

Temple Bar

Samstag später Nachmittag. Leben, Trubel, Mädchen in heißen Outfits, High Heels, knappe Röckchen, manchmal allerdings nicht ganz figurgerecht, vor uns zeigt ein etwas pummeliges Mädchen so viel runden Po, dass man von „Ostern bis Pfingsten“ sieht. Eine schon etwas reifere Dame sollte mit XXXX-L auch keine leuchtend roten armfreien und (fast) schulterfreien Shirts mehr tragen...

Aber ein wenig kommen wir uns nach Donegal wie damals in Neuseeland beim Wechsel von der Südinsel zur „Cuba Street“ in Wellington vor, dem abrupten Wechsel von Gummistiefeln zu High-Heels.

Im Zegtrum von Temple-Bar preisen Guiness-seelige Pubs „Live Music“ an, aber es wirkt wie eine Mischung aus Oktoberfest, Musikantenstadl mit den Dubliners als Grundlage. Bands und – noch schlimmer – am frühen Abend schon ordentlich „Stout-schweres“ Publikum gröhlen abwechselnd „Whisky in the jar“ und „Wild Rover“, was anderes hören wir nirgends und die kurze raffinierte Pause bei „Whisky in the jar“ wird mit „one, two“ übergröhlt, damit auch der letzte Depp noch weiß, wie man den Zweier-Rhythmus zu klatschen hat.

Auf den Straßen Sightseeing-Busse, eine „Viking-Tour“ erinnert daran, dass Dublin von den Wikingern gegründet wurde, in offenen Doppeldeckern sitzen Menschen mit Plastik-Wikingerhelmen und reißen immer dann die Arme hoch und brüllen wie die Wikinger, wenn der Animateur es befiehlt. „Hägar der Schreckliche“ für Voll..., na ja, lassen wir das. Horden von Junggesellen und –sellinen (hen-day) Verabschiedungen ziehen durch die Stadt, in seltsamen Verkleidungen....

Ein kleiner Markt, wo wir Brot „auf französische Art“ kaufen können und Bio-Marmelade sowie einige Galerien und ein Film-Museum geben dann einen etwas anderen Touch, aber dass beim Tätowierer direkt hinter dem Schaufenster eine fette Frau mit entblöster Partie zwischen Po und Rücken liegt, um sich was immer auch einritzen zu lassen, finden wir nicht unbedingt apetittlich...

Dann aber finden wir doch am Rande des Trubels ein nettes Pub, wo wir an einem kleinen Tischchen draussen sitzen und jeweils ein Pint Stout trinken.
Die Bedienung ist erst wenige Tage hier und als ich mein Irland-erprobtes „two pints of stout“ sage, schaut sie mich groß an und sucht auf ihrer Getränkekarte, was das wohl sein mag. Ein anderer Gast erklärt ihr lachend, das sei halt Guiness, das dunkle. Und zu uns gewand erklärt er, das Mädchen sei nicht von hier, sie sei nicht irisch, sonst wüsst sie es. Dazwischen saust er immer wieder ins Lokal, um den Zwischenstand eines Rugby-Spieles zu erfahren und erklärt uns, dass es beim Rugby nur zwei Regeln gebe, immer den Ball nach hinten zu werfen und den Schiedsrichter nicht zu beleidigen, das scheint uns etwas zu sehr vereinfacht.

Dann kriegen wir unsere Stouts und das Mädchen kommt lachend zu uns, sie ist aus Brasilien, ihr Englisch ist drollig, sie ist erst ganz kurz hier, jetzt aber wisse sie, dass das „black beer“ Stout heiße, zuerst hätte sie gedacht, wir wollten etwas zu essen.... Dann erzählt sie uns, dass sie auch schon in „Börlin“ war, in „Prenzlau“ und sie versucht uns mit „Gudd’n Mogn“ zu begrüßen. Aber wir sollten nicht spotten, wer weiß, wie unser Englisch auf die Iren wirkt.

Zurück im Bachelors Walk schauen wir uns über euronews die deutschen Nachrichten an: VW-Skandal, Flüchtlinge, Papst in Amerika, dann ein wenig Rugby, England gegen Wales. Irgend so ein Charles-Sohn singt inbrünstig mit, dass Gott seine Oma schützen möge und dann aber auch die walissische Hymne, die sich wesentlich komplizierter anhört, schließlich ist sein Vater ja auch der „Prince of Wales“. Knapp gewinnt Wales, das sollte noch Folgen haben.

Gegen 9 Uhr fallen uns beiden die Augen zu und begleitet von den Theologen-Gesängen schlummern wir dem Sonntag entgegen. Nachts ein paar Spätheimkehrer in den umliegenden Apartments und von Ferne immer wieder Sirenen (Polizei? Krankenwagen?) aus Richtung Temple Bar.

O'Connor vor der Milleniums-Spitze

O'Connor vor der Milleniums-Spitze

James Joyce in der Abbey Street

James Joyce in der Abbey Street

James Joyce als Bieruntersetzer

James Joyce als Bieruntersetzer

auch mit der Kutsche kommt man nach "Temple Bar"

auch mit der Kutsche kommt man nach "Temple Bar"

© Thomas B., 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Fortsetzung von Teil I Wir waren im County Donegal angekommen, also fast ganz im Norden der "grünen Insel". Ein Abstecher führt uns nach Nordirland zum "giants causeway". Zurück über Dublin nach Roslare und per Schiff nach Cherbourg. Wieder gemütlich über Rouen und Nancy zurück nach Baden
Details:
Aufbruch: 01.09.2015
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 04.10.2015
Reiseziele: Irland
Frankreich
Der Autor
 
Thomas B. berichtet seit 10 Jahren auf umdiewelt.
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