pura schildkröte!

Reisezeit: Mai - August 2007  |  von Sabine Sch

don´t scratch!

Das heisst soviel wie: Kratz dich nicht! Das ist zur Zeit der meistgesagte Satz in ganz Gandoca. Die Moskitos grad sind fuerchterlich. Zurueck in Deutschland werd ich mich niiiie wieder beschweren ueber einzelne Moskitostiche. Nie! Am 3. Tag als ich hier war, hab ich angefangen, Stiche zu zaehlen und allein am linken Fuss bis zum Knoechel hatte ich 39. Aber ich glaub, seit 2 Wochen fang ich langsam an, eine gewisse Immunitaet zu entwickeln. Aber halt auch nur eine gewisse. Ich hab ueberall dicke rote Flecken und Narben ueberall. Und blaue Flecken, wenn ich nachts auf Patrouille ueber Baumstaemme falle. Wir haben grad Neumond und dann sieht man nicht wirklich viel. Aber da die Voluntaere noch weniger sehen, muss immer der Leiter vorne gehen und sich die Beulen abholen. Aber ich liebe es immernoch.
Ach ja und in den letzten 2 Wochen ungefaehr haben wir so fuerchterlich viel Regen, dass einige letzte Woche auf der einzigen Strasse, die aus Gandoca rausfuehrt, geschwommen sind, als alle fuer einen Kilometer aus dem Taxi rausmussten, weil es das mehr als knietiefe Wasser sonst nicht haette durchqueren koennen. Nur ich durfte drin bleiben, weil ich Fieber hatte. Ich hatte eine Woche lang nur gearbeitet, weil ich als Research Assistant alleine war. Michelle ist ja eher abgereist und Wing war fuer eine Woche zum Visum-Erneuern in Nicaragua. Dann bin ich halt krank geworden. Und was ist nach dem ganzen Regen passiert? (Das heisst nicht, dass der Regen aufgehoert hat!) Wir haben uns alle erkaeltet! In der Karibik! Ich hab ja gegen alles was mit, aber nicht gegen Erkaeltungen. Hab mir grad im Supermarkt was dagegen gekauft. Und ausserdem wurde ich doch tatsaechlich beklaut. Aus meinem Geldbeutel raus, der in meinem Zimmer war. Ungefaehr 240 Dollar und kein Schwein weiss, wer es war! Na klasse! Ich werd jetzt mein Geld, dass ich mir heute beschafft hab und meine Kamera in die Station bringen, da ist es glaub ich sicherer.

Aber ansonsten gibt es nur gutes zu berichten. Ab morgen koennten meine ersten Babies schluepfen. Wing hat schon ein geschluepftes Nest. Wir haben also Unmassen von Babies, genannt Tortugitas, zur Zeit. Aber kaum noch grosse Schildkroeten. Meine letzte habe ich vor 11 Tagen gesehen. Ich hoffe, ich werde nochmal eine haben.
Mein Spanisch wird besser und besser, gestern habe ich mein erstes Hatchery Training in spanisch gegeben. Hatcherys sind die Stationen, wo wir viele Nester auf einem Fleck haben und die werden rund um die Uhr bewacht. Wir hatten 2, aber vor einer halben Woche hat das Meer eine gefressen. Die 8 bis 12 Uhr Patrouillen in dieser Nacht haben um die 20 Nester woanders hingebracht und vorher haben wir auch schon so einige relokalisiert. Insgesamt mussten wir das mit so ungefaehr 50 Nestern machen, wuerd ich sagen. Das ist nicht gut fuer die Nester, ich hoff, sie schluepfen trotzdem. Als ich hergekommen bin vor 2 Monaten war das Meer so um die 20 bis 25 Meter entfernt von der Hatchery. Jetzt gibt es dort keinen Strand mehr. Die andere ist aber sicher.
Heut war ich zum ersten Mal in Manzanillo, das ist das Nachbardorf. Ist aber nur mit 2,5 Stunden Taxi-Bus-Bus-Verbindung oder mit dem Boot zu erreichen. Wir haben das Boot genommen. Die Boottour war gut, ich habe einmal kurz Delfine gesehen. Spaeter werde ich dann noch ne Pizza essen gehen. Wenn wir unsere freien Tage haben, gehen immer alle gut essen irgendwo in einem anderen Ort. Hey aber ich liebe Reis und Bohnen! Das hier sind Bohnen, die man moegen kann. Nicht so wie das eklige Zeug zuhause.
Und fuer den kleinen Jens, der mehr Tierabenteuer hoeren wollte: Am Tag meines letzten Berichts, zurueck in der Station, haben wir eine grosse Boa constrictor in der Station gehabt. Noch nicht so gross, dass sie einen erwuergen kann, aber gross genug, um fuer infizierte Wunden zu sorgen und unseren kleinen Stationswelpen Selva zu essen. Ach ja und dann war da noch eine Vogelspinne in dem Raum, wo ich manchmal schlafe. Und letzte Nacht auf Patrouille - ich wusste, dass es genau in diesen 50 Metern Krokodile und Kaimane gibt, aber ich hatte es nicht vor den Voluntaeren erwaehnt - haben wir was ins Meer rennen gehoert. Sehr schnell und definitiv mit 4 Beinen. Der Schatten, den ich gesehen habe, war nicht sehr gross, aber es war ein erwachsener Kaiman. Und einer von den Locals hat mir erzaehlt, dass er die Nacht davor dort unterwegs war und 2 oder 3 Meter von ihm weg ein Kaiman mit offenem Maul gesessen hat. Hui! Ach und dann war da noch ein grosses Stinktier, dass 3 Meter vor mir ausm Dschungel gekrochen kam, als ich grad ein Nest gebuddelt hab, um Eier zu relokalisieren. Lecker, was fuer ein Duft!

Von heute an laeuft das Projekt noch genau einen Monat. Nur! Und es wird so schnell vorbeigehen... Aber das heisst auch, dass es in genau einem Monat ne Riesenparty mit viel Essen und viel Alkohol gibt. Und danach gehts ab durch´s Land fuer ne Woche. Und dann nach Hause Ich glaub, ich werde jede Nacht den Elbstrand langpatrouillieren fuer 10 Kilometer auf der Suche nach irgendwas, was ich wohl nicht finden werde. Aber ich muss laufen, laufen, laufen. Das ist schon zu einem Zwang geworden. An freien Tagen werde ich ganz hibbelig. Vielleicht koennte ja jemand ein paar Tausend Tonnen Sand in Dresden aufschuetten und Schildkroeten aussetzen, bitte? Und vielleicht ueberall Heizstrahler aufstellen (selbst an Regentagen haben wir 29 Grad)? Ach ja und Conny, wenn ich wieder da bin, muessen wir shoppen gehen, alle meine Klamotten werden nicht mehr sauber und alles ist moderig.
So, da ich euch jetzt wieder auf den neuesten Stand gebracht habe und eingedeckt bin mit Schokolade und Keksen fuer die naechsten Tage, verbleibe ich mit regenzeitnassen Gruessen, Sabina

© Sabine Sch, 2007
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ich werde bis Anfang August als Research Assistant in einem Meeresschildkrötenprojekt arbeiten. Danach schließt sich noch eine Tour durchs Land an.
Details:
Aufbruch: 06.05.2007
Dauer: 4 Monate
Heimkehr: 24.08.2007
Reiseziele: Costa Rica
Der Autor
 
Sabine Sch berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.