12 (?) Monate in Benin - ein Leben in einer anderen Welt

Reisezeit: Oktober 2007 - Oktober 2008  |  von Johanna Hoffmann

07.-16.01.08

Harmattan. Ich trage tatsächlich morgens wenn ich in die Arbeit gehen Pullover. Bei den 22°C ist es mir anders einfach zu kalt!! Unglaublich, aber wahr. Ab ca 11Uhr rum wird's dann aber wieder wärmer, meistens bis zum Abend hin sogar wieder gewohnt heiß. Allerdings bringt dieser von der Wüste kommende Wind trockene Luft mit. Die Leute hier Haben weiße Schlieren an den Händen und armen wenn sie sich nicht eincremen. Das sieht richtig komisch aus. Und natürlich der Staub. Ich müsste 5 Mal am Tag mein Zimmer kehren um es einigermaßen staubfrei zu halten. Mir ist das allerdings zu blöd, muss ich ganz ehrlich gestehen. Ansonsten merkt man nicht viel vom Harmattan, aber das liegt daran, dass wir im Süden des Landes sind. Im Norden, wo wurde mir gesagt und rein von der geographischen Lage her ergibt es eine Logik, soll er viel schlimmer sein. Das kann ich nun leider nicht beurteilen.

Am 07.01. ging die Arbeit wieder los. Rentrée, 2.Trimester. Die Kids sind die Schule nicht mehr gewohnt, das merkt man. Dabei werden jetzt andere Seiten aufgezogen. Englischunterricht fängt an; pünktlich um 14Uhr ist die Mittagspause vorbei und Langschläfer werden einfach geweckt; Man muss inzwischen in der Lage sein, sich selbst anzuziehen; etc etc Schließlich ist man ja schon groß, man geht ja schon in die Schule. Nur die kleinen Kinder beleiben zu Hause. 
Ich habe nebenbei eine Übersetzung für den Direktor von Kinderdörfer SOS in Benin gemacht. Er hat mich einfach so aus dem Unterricht rausgeholt, ich solle ihm das bitte machen. Da saßen wir dann beide in seinem Büro, er vor seinem PC, ich vor meinem, und wir haben gearbeitet. Und das ist etwas, was ich hier toll finde. Da fragt der Direktor die Praktikantin um Hilfe. Auch die Direktorin des JESOS fragt mich gelegentlich was für ihre Englischarbeiten. Da ziert man sich nicht, da unterscheidet man nicht, dass man ja eigentlich der Vorgesetzte ist. Nein. Da fragt man und ist dankbar für die Hilfe. Basta.

Am 10.Januar war dann die "fête nationale des Voodoos". V.a. in Ouidah, Abomey und dieses Jahr auch in Porto Novo werden Festlichkeiten organisiert und die Voodoo-Anhänger kommen zusammen. Klar, auch Touristen. Und dann kommen die Götter und Geister und tanzen und man muss ich vorsehen. Denn wenn sie dich beim tanzen berühren, dann wird ein Fluch auf dich gelegt usw. Naja, ich glaube da ja nicht dran, aber Voodoo ist (und wird wohl auch bleiben) hier weit verbreitet und die Leute glauben daran. Eine Bekannte der Direktorin z.B. darf die Meeresgöttin tanzen seit 2 Jahren. Jetzt glaubt sie ernsthaft, dass sie diese Göttin ist. Wenn man sie besuchen will muss man erst bestimmte Wächter passieren und die weisen einem dann den Weg zu ihr. Obwohl man eigentlich weiß wo sie wohnt. Das geht nicht anders. Und sie selbst glaubt auch daran, dass sie die Göttin in sich birgt. Schon irre irgendwie... Aber das ist eben eine Tradition. Das Schöne ist, das Christentum, Islam und Voodoo hier friedlich nebeneinander leben. Tagsüber ist Voodoofest und abends ist bei unserem Nachbarn eine Beerdigung, Christianisme Céleste (eine Art christliche Sekte). Die beerdigen mit Blaskapelle und Spektakel und Brimborium. Man sieht also, dass das Eine das Andere nicht beeinflusst.

Am Montag war in dann in Allada mit Maman Grace, einer Tante. Sie ist Direktorin eines selbstgegründeten Internats für taube Kinder. "Les Merveilles". Das ist ein aus 3 Räumen bestehendes Gebäude, die tagsüber als Klassenzimmer dienen und abends werden die Tische an die Wand geschoben, Strohmatten ausgebreitet und geschlafen. Es gibt dort momentan, nach 3jährigem Bestehen, 3 Lehrer und 2 Köchinnen und 42 Kinder im Alter von 5-17 Jahren. Das ist alles. Ach ja, ein paar Hühner. Das Leben ist dort trotzdem alles andere als ruhig, schließlich können taube Kinder trotzdem Lärm machen. Das war schon ein komisches Gefühl als ich in den Hof getreten bin und sie alle unkontrolliert durcheinander geschrieen haben (sie hören ja nicht was sie von sich geben) und auf mich eingeredet haben - mit ihren Händen. Leider habe ich kein Wort verstanden. Das wiederum haben sie nicht verstanden, denn für sie ist es normal, dass man ihre Sprache spricht. Das war wirklich ein eigenartiges Gefühl. Aber als ich dann nachmittags dem Unterricht beigewohnt habe hab ich gleich das eine oder andere gelernt. Ich kann jetzt sogar ein kleines Lied in Zeichensprache singen. 
Jedenfalls kann dieses Zentrum alle Unterstützung der Welt gebrauchen. Momentan wird die Miete für die Anlage von der Stadt getragen. Die Eltern zahlen auf dem Papier Schulgeld, in Realität bringen sie Kleinigkeiten mit, die sie sich leisten können, zur Unterstützung - bei den einen ist das ein 25kg Reis, bei den anderen 3 Rollen Klopapier. Insofern ist jeder Monat ein Abenteuer und das Bestehen fraglich. Aber ich war selten so berührt von etwas wie von diesen Kindern, die allesamt auf mich eingeredet haben und soviel gelacht und gequatscht haben untereinander.

© Johanna Hoffmann, 2007
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Endlich wird ein Traum wahr: Mama Africa, ich komme!! Für voraussichtlich 12 Monate werde ich in Abomey leben, davon 6 Monate in einem SOS Kinderdorf, die anderen 6 in einem Krankenhaus ein freiwilliges Praktikum machen.
Details:
Aufbruch: 07.10.2007
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: Oktober 2008
Reiseziele: Benin
Ghana
Der Autor
 
Johanna Hoffmann berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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