Die Slowakei bei Regen kennenlernen

Reisezeit: August / September 2010  |  von Manfred Sürig

Ausspannen in Telgart

Das wäre uns bei Sonnenschein entgangen. Und nun steigen wir hinter dem Berg aus und - es regnet hier nicht!!
Dennoch haben wir für heute genug getan und mieten uns im u'Hanky ein, einer netten Familienpension, die wir schon von früheren Reisen her kennen. Heute abend gibt es Pilzgerichte von selbstgesuchten Waldpilzen, als Nachtisch Yoghurt mit selbstgemachter Marmelade und die Frühstückseier am nächsten Morgen stammen von glücklichen Hühnern! Hier wollen wir ein paar Tage ausspannen!
Für den 7.September verspricht der Wetterbericht sogar einen Sonnentag - aber, wie uns der Wirt sagt, nur einen einzigen Tag!
Das müssen wir nutzen und fahren ohne Gepäck auf den Rädern zur Ziganka, einer Burg hoch über Muran, zu der man größtenteils nur auf Fahrradwegen hinkommt.

Zunächst rollen wir bergab nach Cervena Skala, dort zweigt eine Straße nach Muran ab, die uns noch einmal auf die Meereshöhe von Telgart bringt, kurz danach zweigt ein gesperrter Schotterweg mit leichtem Gefälle rechts ab und führt uns in menschenleeres Gebiet und Natur pur. Dass das Ganze endlich einmal auch von der Sonne beschienen wird, macht diesen Tag zu einem Höhepunkt unserer Reise !
Muranska Planina - Hochebene von Muran heisst die Gegend, wir nutzen die ebenen Strecken, aber die Blicke rechts und links zeigen uns die Abgründe, in die die Wege auch führen können.

Das letzte Stück bis zur Burg legen wir zu Fuß zurück, ein steiniger Weg führt zunächst bergab und steigt dann steil zur Burg an. Die Burgschenke ist geschlossen und schon leicht verfallen, aber von der Burgruine blickt man hinab auf Muran.
Hier soll ein früherer Burgherr seine einstige Geliebte, ein Zigeunermädchen, wegen angeblicher Untreue hinabgestoßen haben, weshalb die Burg heute noch den Namen Ziganka trägt.

Als wir zu unseren Fahrrädern zurückkommen, entdecken wir einen malerischen Picknickplatz, sogar das Brennholz fürs Lagerfeuer liegt schon bereit.
Nur so viel Zeit haben wir nicht.

Mir ist nämlich die Sattelstütze bei dem schlechten Pflaster abgebrochen, eine notdürftige Reparatur mit Bändern und Riemen bringt nicht den gewünschten Erfolg, also werde ich wohl stehend auf den Pedalen den Rückweg antreten müssen.

Dieser Trip verläuft am Ende doch noch besser als erwartet, zumal ich gezwungen bin, öfter Pausen einzulegen. Dabei gelingt mir ein Foto des Berges Kra'hola Vola, dem östlichsten Gipfel der Niederen Tatra (fast 2000 m hoch). Die Besonderheit: Heute liegt da oben kein Schnee

Eigentlich hatte ich dort rauf ja eine Fußwanderung machen wollen. Aber selbst die Wirtsleute raten ab: Da ist es nur kalt, naß und stürmisch und Sicht wird man auch nicht haben.

Die abgebrochene Schraube meiner Sattelstütze hat einen Durchmesser von 7 Millimetern. Da wird man nirgends einen Ersatz bekommen! Unser Wirt weiß aber Rat: Eine 8 mm Schraube abfräsen und anschließend ein 7 mm-Gewinde draufschneiden. Aber wer soll das denn machen ? Auch da weiß unser Wirt jemanden, und zwar ein Verwandter im Dorf. Und der hat auch die Zeit dafür ? Und die Geräte ?

Ich mag es nicht glauben und, weil es am nächsten Tag ohnehin wieder regnet, machen wir per Bus und Bahn einen Ausflug nach Brezno, 42 km talabwärts, wo ich in einem Fahrradfachgeschäft eine komplette neue Sattelstütze bekomme, aber ob die passen wird, sehe ich erst abends am Fahrrad.
Am Abend habe ich die Auswahl zwischen 2 Sattelstützen: eine selbstgefräste und eine gekaufte. Wobei die gekaufte nicht passt !
Aber ich werde die Radreise sitzend fortsetzen können, ein höchstes Lob unseren Wirtsleuten!
Da wollen wir doch gleich morgen Richtung Kosice starten, zumal es dorthin fast nur bergab im Tal des Hlinec gehen wird.

© Manfred Sürig, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Zehn Jahre nach meiner ersten Radtour in die Slowakei wollte ich diese Tour möglichst exakt genauso noch einmal erleben. Dass sich das Land seitdem stark verändert hat, wusste ich, auch, dass mit deutlich mehr Verkehr zu rechnen sein würde, nur dass das Wetter auch mal nicht mitspielt, das hatte ich nicht einkalkuliert
Details:
Aufbruch: 30.08.2010
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 19.09.2010
Reiseziele: Polen
Slowakei
Ungarn
Der Autor
 
Manfred Sürig berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.