Mal kurz nach Indien

Reisezeit: Januar - April 2013  |  von Manfred L.

Indische Großstädte

Der Basar einer Millionenstadt ohne Touristen und daher in ursprünglicher Form. Auch der Großmarkt hier in Hamburg ist eher keine Touristenattraktion ...

Der Basar einer Millionenstadt ohne Touristen und daher in ursprünglicher Form. Auch der Großmarkt hier in Hamburg ist eher keine Touristenattraktion ...

Langsam wurde es aber auch für mich Zeit, an die Heimreise zu denken und mir graut es vor allzu langer Zugfahrt. Von Gaya, der nächsten Bahnstation, geht zwar ein Zug direkt nach Mumbai. Der benötigt für die 1.700 km lange Strecke aber an die 30 Stunden ... und fährt zudem noch in aller Hergottsfrühe um 5:22 Uhr los! (Die Minutenangabe der Abfahrt schon mal ein toller Witz!)

Ich suchte mir also eine Verbindung, bei der ich am Abend abfahre und am Vormittag ankomme - und solche finde ich ab Patna nach Jabalpur. Die ca. 100 Kilometer von Gaya nach Patna, dort übernachten und am nächsten Abend dann nach Jabalpur, so mein Plan.

Ich kaufe meinem kleinen Guide noch Hemd und Hose zum Abschied und steige in ein Sammeltaxi nach Gaya, bezahle unter Protest 5mal soviel für die Fahrt wie ein Einheimischer und kaufe mir dann am Bahnhof Gaya für 20 Rupies ein Ticket nach Patna. Irgendwie will die Ticketverkauferin mich wohl auch warnen und redet andauernd was von Expresszug, der eine Stunde später fahren soll. Ich steige aber trotzdem in den überfüllten Personenzug ein - und erlebe auf diese Weise, was Bahnfahren in Indien wirklich bedeutet.

Teilweise kann ich sitzen - in der offenen Wagontür. Die meiste Zeit, muss ich aber bewegungslos auf der Stelle verharren und kann nicht mal den Fuß bewegen, um mein Standbein zu wechseln. Eine Stunde vor Ankunft in Patna dann eine Situation, bei der selbst ich nun in Stress gerate.

Da kommen Leute im Sprechgesang - ein Bambusgeflecht auf den Schulter - angerannt, vorweg etliche junge, kräftige Männer, die den Weg frei machen und wollen ausgerechnet mit ihrer Leiche in die Tür rein, in der ich stehe und wo ohnehin schon Jugendliche außen an den Holmen hängend reisen. So eine Leiche gehört doch wohl nicht in den Einstiegsbereich eines "normalen" Waggons, sondern eher in den Gepäckwagen, oder sollte als "Behinderter" reisen, was sie ja auch in gewisser Weise ist!?

Ich stand jedenfalls die letzte Stunde mit den Waden an der Bahre hinter mir und gegen meine Brust stupsten mich andere Leute. Ein paar Male war ich drauf und dran, das Gleichgewicht zu verlieren und mich auf die Leiche zu setzen oder mit einem Ausfallschritt nach hinten auf die drauf zu treten. Na, jedenfalls war ich heilfroh, als der Zug endlich in Patna einlief, ich aussteigen konnte und mich erst einmal auf dem Bahnsteig ausruhen und erholen konnte.

War auch dringend erforderlich, denn in Bahnhofsnähe fand ich kein Hotel, das einen Raum für mich gehabt hätte. Selbst mit dem netten Fahrradrikshawmann haben wir über eine Stunde gebraucht, bis ich endlich ein Zimmer für die nächste Nacht hatte - und das zu einem absolute unverschämten Preis für Indische Verhältnisse.
Nach einer Dusche und einem kurzen Abendspaziergang durch die verkommene City bin ich dann auch früh zu Bett. Das Abendessen davor war aber mit das Leckerste was ich bisher hier in Indien hatte.
Am nächsten Tag war die Stadt immer noch elendig verdreckt, ohrenbetäubender Straßenlärm von allen Seiten, die Einwohner unfreundlich und nicht in der Lage, meine Fragen ansatzweise zu verstehen oder beantworten zu wollen. Dazu die Hitze, Husten und Kopfschmerzen ...

An der Hotelrezeption fragte ich, ob sie mir ein Ticket für den Abendzug nach Jabalpur beschaffen könnten, denn immerhin hatten die mir neben dem Preis und Steuer für die Unterkunft auch eine gepfefferte "service-charge" in Rechnung gestellt. Letztendlich habe ich dann für das Ticket 450 Rupees und für den Service, es zu beschaffen, nochmals 500 Rupees bezahlen müssen!!!

Im Zug dann hatte ich zwar meine reservierte Liege in dem Abteil, das für 8 Leute insgesamt gedacht ist. Dort lagen aber auch mehrere Männer auf einer Liege und auch der Fußboden war belegt. Wirklich kein Platz, auch nur die Schuhe abzustellen. Fast schon froh war ich, als die Fahrscheine kontrolliert wurden und ich dachte, dass nun doch irgendwie Platz geschafft würde. Aber für den Schaffner war die Situation wohl ganz in Ordnung, so wie sie war. An der Schlafkonstellation hat die Kontrolle jedenfalls nichts geändert.

An Schlaf war auch nicht zu denken. Die meisten meiner Mitreisenden hatten natürlich ein Handy, mit dem sie sich die Zeit vertrieben und so kamen krächsende Laute aus den Minilautsprechern oder es wurde lautstark telefoniert.
Inder kennen weder Rücksichtnahme, noch haben sie irgendwelche Berührungsängste oder Respekt vor der Privatsphäre. So wie sich Leute an meinem Arm festhalten, um nicht aus dem Zug zu fallen, schieben sie auch einfach meine Beine beiseite, wenn sie da sitzen wollen, wo sich nun mal gerade meine Beine befinden oder stellen mir ihre Tasche auf den Bauch, wenn sie darin was suchen wollen. Auch die Tatsache, dass womöglich mehr Leute in einen Zug passen, wenn vorher ein paar Leute aussteigen, hindert keinen, sich in den Zug zu drängeln, sobald der in den Bahnhof einläuft ...

Um 11:20 Uhr sollte der Zug dann in Jabalpur ankommen und erreichte auch einen großen Bahnhof.. Bevor ich ausgestiegen bin, habe ich mich aber sicherheitshalber noch mehrmals erkundigt, welche Stadt das hier ist bzw. ob wir in Jabalpur sind (soviel habe ich inzwischen gelernt - niemals einer einzelnen Aussage vertrauen!).

Wir waren aber erst in Satna - 3 Fahrstunden Verspätung von Jabalpur entfernt.

In Jabalpur angekommen und sofort auf Hotelsuche mit einer Fahrradrikshaw begeben, habe ich dann doch einen Schreck bekommen. Die ersten Hotels, in denen ich fragte, waren alle ausgebucht. Mein Fahrer radelte auch an etlichen Hotels vorbei und machte nur eine abwehrende Handbewegung, wenn ich ihn bat, anzuhalten.
Letztendlich hatte er mich dann vor einem Hotelportal abgesetzt, das mir viel zu teuer für meinen schmalen Geldbeutel erschien. Ich habe aber trotzdem gefragt und nachdem ich das Zimmer gesehen und den Preis von 650 Rupien für die Nacht in Erfahrung gebracht hatte, bin ich da für die nächsten Nächte dann zu Hause gewesen. Hier müssen aber auch schon Deutsche gewesen sein, denn das Erste, was mich der Hotelboy fragte, nachdem er meinen Rucksack hoch geschleppt hatte war, ob ich sofort ein Bier haben wolle.

Ich habe mir Jabalpur bei einem Rundgang von 3 Stunden angesehen. Etwas weniger Dreck, etwas weniger Straßenlärm und nicht ganz so verkommen wie Patna, aber auch hier sieht eine Straße aus, wie die andere, überall kleine und kleinste Handwerks- und Krämerläden, ab und an ein kleiner, bescheidener Tempel für religiöse Zwecke und alles mit Werbung - vor allem für Schulen (?!), Unterwäsche und Zement - zugepflastert.
Die Mittagszeit verbringe ich in Cybershops oder bleibe im Hotelzimmer.
Um im Internet zu surfen werden nach meiner Erfahrung in ganz Indien die Nutzerdaten erfaßt, meist mußte ich mich ausweisen und die Daten wurden in ein Buch eingetragen.
Schilder an den Wänden weisen auf das Verbot hin, terroristische oder etwa gar Pornoseiten aufzurufen ... und ich bin davon überzeugt, dass die Einhaltung der Verbote auch kontrolliert und Verstöße verfolgt werden.

Bin ich im Hotelzimmer, schaue ich mir Filme auf HBO oder anderen Spielfilmsendern an (2/3el Film 1/3el Werbung). Unterbrechungen für Werbung erfolgen oft und die Werbung dauert lange und ist noch verlogener als das, wir es so kennen. Das Bild von Indien, das in der Werbung vermittelt wird, könnte nicht extremer von der Realität abweichen, die ich sehe, sobald ich das Hotel verlasse.

Bhopal

Mein Zug erreicht Bhopal fast pünktlich. Ich hatte mir noch einmal die entsprechenden Seiten im Reiseführer durchgelesen und wandere gen Süd-West, nahe der im Reiseführer empfohlenen Hotels nach einer Unterkunft zu suchen. Zeit habe ich genug, denn es ist noch früh am Morgen. Verlaufen kann ich mich nicht, denn Im Süden liegen große Seen, die die Stadt teilen.
Es braucht schon eine ganze Weile, bis ich erkenne, dass Bhopal mehrere Bahnhöfe hat und ich mich vom Stadtkern wegbewege, weil ich zu früh und am falschen Bahnhof ausgestiegen bin.

Im Geschäftsviertel von Bhopal schaue ich mir mehrere Zimmer an, die mir aber sowohl von der Unterbringung als auch vom Preis her nicht gefallen.
Ein Tuk Tuk fährt mich dann durch die Stadt zum Gebiet, wo ich die für Touristen interessanten Unterkünfte finde - keine 5 Minuten vom Bahnhof entfernt, der ursprünglich mein Ziel war.

Ein gutes und günstiges Zimmer ist schnell gefunden ... die Umbauarbeiten im Haus beginnen erst 2 Tage danach ...
Auch über Bhopal, der Hauptstadt von Madhya Pradesh kann ich nicht viel berichten. Die Unterschiede der letzten besuchten indischen Metropolen sind einfach nicht erwähnenswert. In keiner dieser Städte habe ich mich heimisch gefühlt, keine hat mich "mental berührt" und die Kontakte zu den Bewohnern waren nur oberflächlich. Nach nunmehr 3 Monaten im Bundesstaat Indien ist die Flut des Ungewöhnlichen und Neuen auch abgeflaut. Ich freue mich auf ein paar Tage in Deutschland und auf neue Abenteuer in fremden Ländern.

Mädchen ... natürliche, erfrischende Anmut und Grazie. Fehlendes Geld für den Zahnarzt oder doch nur Eitelkeit, die Zahnspange zu präsentieren?

Mädchen ... natürliche, erfrischende Anmut und Grazie. Fehlendes Geld für den Zahnarzt oder doch nur Eitelkeit, die Zahnspange zu präsentieren?

... und Jungen. Da habe ich doch glatt eine Zahnlücke erwischt!

... und Jungen. Da habe ich doch glatt eine Zahnlücke erwischt!

© Manfred L., 2013
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Was war schuldig daran? War es das Djungelbuch, das Märchen vom kleinen Muck oder ein Bild des Taj Mahal? Irgedwas muss es doch gewesen sein, das in mir den Traum von einer Reise durch Indien in sehr frühen Jahren erweckte! Ein wenig "gegoogelt", ein Visum beantragt und dann bin ich einfach mal so los ...
Details:
Aufbruch: 18.01.2013
Dauer: 13 Wochen
Heimkehr: 17.04.2013
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
Manfred L. berichtet seit 11 Jahren auf umdiewelt.
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