Auf dem Drahtesel durch den wilden Westen

Reisezeit: August / September 2013  |  von Jörn Tietje

Vom Zion NP zum Grand Canyon

Raus aus dem Zion National Park

Zwei Wochen ist es nun schon her, dass ich hier zuletzt von meinem Start in Utah berichtet habe. Inzwischen ist jede Menge geschehen und viele Kilometer und Hoehenmeter liegen hinter mir - einfach mal ebene Strecken mit Rueckenwind gibt es hier nicht. Mein Problem mit den Internetcafes besteht weiter. Heute bin ich in Moab angekommen, einer sehr touristischen Kleinstadt am Eingang zum Arches National Park, in der man wirklich alles bekommen kann, was der Tourist so braucht oder man ihm irgendwie nur andrehen kann - nur eben kein Internet. So bin ich jetzt im der oeffentlichen Bibliothek gelandet und werde mal sehen, wie viel Geduld sie hier mit mir haben.
Zuletzt berichtete ich von meiner Wanderung in den Narrows des Zion National Parks. Von hier sollte es in einem weiten Zickzackkurs erst einmal zum Grand Canyon, und zwar zum North Rim gehen. Leichter gesagt als getan, denn vor dem Parkausgang in diese Richtung liegt erst einmal eine lange Serpentinenstrecke, die mich ein paar hundert Meter nach oben zu einem ca. 1,5 km langen Tunnel bringt, der nur wechselseitig in je eine Richtung befahren werden darf - aber nicht von Radfahrern.

Immer wieder faellt der Blick in die Schlucht des Zion National Parks mit seinen gigantischen Aussichten

Immer wieder faellt der Blick in die Schlucht des Zion National Parks mit seinen gigantischen Aussichten

Von Parkrangern hatte ich den Tipp bekommen, Pickupfahrer zu fragen, ob sie mich mit durch den Tunnel nehmen. Das letzte Fahrzeug in der Schlange vor dem Tunnel ist ein Pickup. Auf der Ladeflaeche sitzen schon fuenf Passagiere und bevor sich die Kolonne wieder in Bewegung setzt, bin ich mit den Worten "Welcome to the party" mit an Bord. Gleich hinter dem Tunnel steigen alle ab - die anderen wollen Schluchteln ("Canyonning"), ich belade wieder mein Rad und setze meine Fahrt durch eine atemberaubend schoene Landschaft fort, die viel Zeit fuer Fotostopps kostet.

Immer noch Zion Natioal Park, allerdings mit voellig anderem Gesicht

Immer noch Zion Natioal Park, allerdings mit voellig anderem Gesicht

Und immer wieder andere Felsformationen

Und immer wieder andere Felsformationen

Die waagerechten und senkrechten Kerben in diesem Berg sind erklaerbar, ich verzichte drauf

Die waagerechten und senkrechten Kerben in diesem Berg sind erklaerbar, ich verzichte drauf

Ende des Parks, ein Imbiss und dann wird es erst einmal etwas eintoeniger. Aber auch solche Motive gehoeren wohl zum typischen Bild von Amerika

Ende des Parks, ein Imbiss und dann wird es erst einmal etwas eintoeniger. Aber auch solche Motive gehoeren wohl zum typischen Bild von Amerika

Ich setze meinen Weg in Richtung Sueden fort und kurz hinter Kanab ueberquere ich die Grenze nach Arizona. Ich hatte bis jetzt gedacht, dass der Grand Canyon eine tiefe Schlucht ist. Muss aber wohl ein Irrtum gewesen sein, denn um an den Rand dieser so genannten Schlucht zu kommen, muss man erst einmal gut 1000m nach oben fahren. Hinter dem Ortsausgang von Kanab geht es durch eine weite Ebene. Okay, bisschen viel Gruen, keine hohen Kakteen, aber immerhin weit und flach. So stellt man sich doch Arizona vor. Dass es dann schier endlos mit 5 - 10% bergauf geht und man sich schliesslich in Kiefern- und Pappelwaeldern wiederfindet, darauf war ich irgendwie nicht vorbereitet.

Arizona am North Rim des Grand Canyon entspricht nicht immer dem gaengigen Bild von Wuestenlandschaft

Arizona am North Rim des Grand Canyon entspricht nicht immer dem gaengigen Bild von Wuestenlandschaft

Von Bisons auf der Strasse und auf dem Teller

Hier an der Nordseite des Grand Canyon ist touristisch nicht viel los. Das ist auch gut so und die Aussicht soll von hier mindestens so gut sein, wie von der verkehrsguenstiger gelegenen Suedseite, die fuer mich aber viel zu weit vom Kurs ab liegt. Und so werde ich von einer nicht unbedingt ueberlasteteten, dafuer aber sehr gut aufgelegten Parkrangerin empfangen, als haette ich gerade eine Bergwertung bei der Tour de France gewonnen. Auch diese Ausgelassenheit wohl ein Zeichen des typisch amerikanischen Wesens - koennte mich mir bei uns nie vorstellen, dass ein "Offizieller" so einen Tanz auf der Strasse auffuehrt - motiviert aber nach dieser langen Anfahrt und einer Nacht im Wald ungemein.
Die Nacht im Wald wird mir im Nachhinein schon ein bisschen unheimlich, denn unmittelbar hinter dem Parkeingang grast auf den weiten Wiesen eine kleine Herde Bisons!

Das meinen die doch wohl nicht ernst?

Das meinen die doch wohl nicht ernst?

Doch! Das meinen die ernst!

Doch! Das meinen die ernst!

Hinter der Deckung eines Autos fahre ich durch die Herde, die die Strasse ueberquert und hoffe, ihnen gefaellt mein rotes Trikot nicht zu gut

Hinter der Deckung eines Autos fahre ich durch die Herde, die die Strasse ueberquert und hoffe, ihnen gefaellt mein rotes Trikot nicht zu gut

Bisons in Arizona am Grand Canyon? Richtig! Die gehoeren ueberhaupt nicht hier her. Wie der Info-Broschuere zu entnehmen ist, die man am Parkeingang gekommt, sind die Tiere hier von ca. 100 Jahren einmal angesiedelt worden, um sie zu Fleischproduktion mit anderen Rindern zu kreuzen. War ein wirtschaftlicher Reinfall, aber die Bisons sind geblieben und stellen inzwischen ein Problem fuer die Pflanzenwelt (und wild campende Radler) im Park dar, weil sie sich ziemlich stark vermehrt haben. Und so ist man dabei, die Herde behutsam zu dezimieren. Und wenn es um den Naturschutz geht, hilft man doch gern, wo man kann...

Ein Bison Burger (sprich:Beisonböögää) in der Lodge des Grand Canyon National Parks: Aktiver Naturschutz

Ein Bison Burger (sprich:Beisonböögää) in der Lodge des Grand Canyon National Parks: Aktiver Naturschutz

Der Grand Canyon

Endlich oben angekommen geht es natuerlich erst einmal an den Rand der Schlucht und zu den exponiertesten Aussichtspunkten. Leider bin ich genau zu Mittagszeit angekommen und bekanntlich ist das nicht gerade das beste Licht zum Fotografieren. zudem ist es ziemlich diesig - eine Folge der Umweltverschmutzung der westlich gelegenen Grossstaedte und Industriegebiete. Aber ich will ja hier auf dem Campingplatz uebernachten und so bleiben Abend- und Morgensonne.

Das Problem des Grand Canyon ist, dass sich die gigantische Groesse kaum erfassen laesst. Dazu muss man wohl hinabsteigen oder sich in ein Flugzeug setzen

Das Problem des Grand Canyon ist, dass sich die gigantische Groesse kaum erfassen laesst. Dazu muss man wohl hinabsteigen oder sich in ein Flugzeug setzen

Fuer Radfahrer und Wanderer sind die exklusivsten Stellplaetze direkt auf der Kante des Canyons reserviert - einziger Nachteil: der Weg zum Klo ist ziemlich weit

Fuer Radfahrer und Wanderer sind die exklusivsten Stellplaetze direkt auf der Kante des Canyons reserviert - einziger Nachteil: der Weg zum Klo ist ziemlich weit

Es bleibt diesig und so helfen auch die Abend- und Morgensonne nicht und die wirklich beeindruckenden Bilder von Grand Canyon muesst ihr euch anderswo ansehen

Es bleibt diesig und so helfen auch die Abend- und Morgensonne nicht und die wirklich beeindruckenden Bilder von Grand Canyon muesst ihr euch anderswo ansehen

Letzter Versuch...

Letzter Versuch...

Irgendwie hatte ich mir das Erleben des Grand Canyon anders vorgestellt. Ueberwaeltigender. Aber das mag im Wesentlichen wohl mit zwei Umstaenden zu tun haben. Einerseits das mehrfach erwaehnte schlechte Licht, andererseits bin ich nicht in den Canyon hinabgestiegen. Ca. 1600m hinauf und wieder herauf wollte ich meinen Knien nicht antun und es wird sogar davon abgeraten Ab- und Aufstieg bei hoeheren Temperaturen an einem Tag zu unternehmen. Aber erst bei einer solchen Wanderung der sich dabei staendig wandelnden Perspektive bekommt man wahrscheinlich eine lebhaftere Vorstellung der Groesse und Schoenheit. Also zurueck zu den anderen Parks in Utah, denn ich bin hier zwei Tage in eine Sackgasse gefahren. Allerdings geht es jetzt bergab und ich fahre die Strecke ganz entspannt an einem Tag und quartiere mich in dem selben RV Park in Kanab ein, wie bereits drei Naechte zuvor.

Uebrigens: Wenn man hier mit seinem Fahrzeuge auffallen will, gibt es ungefaehr diese beiden Arten. Alles andere ist irgendwie normal - alles nur eine Frage der Uebergroesse. Wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Vehikeln: Das rechte hat eine Klimaanlage (!) und natuerlich eine Kuehlbox im Anhaenger

Uebrigens: Wenn man hier mit seinem Fahrzeuge auffallen will, gibt es ungefaehr diese beiden Arten. Alles andere ist irgendwie normal - alles nur eine Frage der Uebergroesse. Wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Vehikeln: Das rechte hat eine Klimaanlage (!) und natuerlich eine Kuehlbox im Anhaenger

© Jörn Tietje, 2013
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Die Reise
 
Worum geht's?:
"Utah im September" war Bill's Empfehlung vor zwei Jahren als wir uns vor zwei Jahren in Patagonien trafen und eine Weile zusammen durch die Anden radelten. Also Utah im September! Vier Wochen geht's durch Halbwüsten des Südens und durch die Landschaften, die zahlreichen Edelwestern als Kulisse dienten - und wieder werde ich hier in Wort und Bild berichten. Ihr seid herzlich eingeladen mich zu begleiten und freue mich auf eure Kommentare und Anregungen.
Details:
Aufbruch: 30.08.2013
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 28.09.2013
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Jörn Tietje berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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