L'autentica Sardegna - Tour durch das eher unbekannte Sardinien

Reisezeit: August - Oktober 2017  |  von Uschi Agboka

Teil 4 - Streckenverlauf 22.09.-02.10.2017: Freitag, 29.09.2017 - 30. Tag

Freitag, 29.09.2017 30. Tag

Freitag, 29.09.2017 30. Tag
Villamassargia, B & B Il Castello di Gioiosa Guardia di Betty Mascia
Besuch Monte Sirai / Sant’Antioco: Maladroxia / Torre Canai /
Tratalis: Cattedrale di Santa Maria di Montserrato
6 Stunden 75 Meilen = 121 km

Heute ist auch wieder ein herrlicher Tag. Wir wollen auf den Monte Sirei, nehmen die SP 2.

Als wir ankommen, sind keine Besucher zu sehen. Wir bekommen eine deutsche Broschüre und machen uns auf den Weg, den geschichtsträchtigen Ort zu erkunden. Da wir hier allein sind, können wir gut fotografieren.

Etwa 4 km nordwestlich von Carbonia nahe der SS 126 bei Dorf Sirai ragt ein 190 m hoher vulkanischer Tafelberg aus der Landschaft, der Monte Sirai.

Der natürliche Wachposten war schon zur Nuraghenzeit besiedelt. Um 650 v. Chr. errichteten die Phönizier auf dem Berg eine Festung zur Überwachung ihrer wichtigen Erzminen im Sulcis. Ihnen folgten die Karthager, die die Festung zu ihrem wichtigsten militärischen Posten im Südwesten Sardiniens ausbauten. Sie wurden schließlich von den Römern verdrängt, die die Anlage in einen zivilen Ort umwandelten. Aufgegeben wurde die römische Stadt während des Krieges zwischen Sextus Pompeius und Octavian 38 v. Chr.

Obwohl die Römer seit 238 v. Chr. Herren der Insel waren, bewohnten zunächst weiter Karthager den Monte Sirai. Ihre Häuser weisen verblüffende Ähnlichkeit mit den „furriadroxius“, den traditionellen Einödhöfen des Sulcis und der Iglesiente auf. Sie waren nach punischer Sitte mit Balken und Holzschindeln gedeckt, denn man fand keine Dachziegel.
Da diese Stadt nicht überbaut wurde, kann man anhand der laufenden Grabungen und der freigelegten Grundmauern ihren Plan, die Form der Häuser und die Bauweise Opus africanum gut erkennen. Die Stadt besitzt eine Aktropolis, eine Nekropole und einen Tophet.

Nach der Entdeckung der antiken Stätte begannen 1963 umfangreiche Ausgrabungsarbeiten aus dem Berg, bei denen die Fundamente der großen Anlage freigelegt wurden.

Akropolis. Der Hauptturm der nur kurzzeitig kompletten Akropolis, wurde in einen zweigeteilten punischen Tempel umgebaut. In einem Raum fanden die Opfer statt, im anderen fand man die Steinplastik einer Göttin. Es handelt sich bei dem rudimentären Torso um eine Darstellung der Astarte. Betont sind Augenbrauen, Lippen, Nase, die übergroßen Ohren und das in strenge Locken gelegte Haar. Ähnliche Darstellungen kennt man von Reliefs des 7. Jh. v. Chr. aus dem Vorderen Orient. Eine männliche
Terrakotta-Maske vereint frühgriechische und ägyptische Einflüsse. Ähnliche Masken fand man in Karthago und Utica.

Nekropole: Die Nekropole liegt in einer Senke unterhalb der Akropolis, wo unter dem Trachyt (vulkanisches Gestein) Mergelschichten (Sedimentgestein) zu Tage treten. In diesem weichen Gestein wurden im 7. Jh. v. Chr. etwa 50 phönizische Brandgräber und ab etwa 500 v. Chr. ein Dutzend punische Kammergräber angelegt.

Da die Kammergräber für Kollektiv- oder Mehrfachbestattungen angelegt waren, sind ihre Eingänge über bis zu drei Meter tiefe Dromoi (Gänge/Korridore) mit Treppen zu erreichen. Vereinzelt sind noch die Verschlussplatten des Zugangs vorhanden. Die Beziehung zur Stadt Sulki wird durch die Bauweise und Ausgestaltung der Gräber deutlich, vor allem durch die Sitte, aus dem Fels gearbeitete Skulpturen über die Totenruhe wachen zu lassen. Das Relief einer kopfstehenden Tanit, in Grab 5, ist nur durch sardische Einflüsse auf die letzten Punier Sardiniens zu erklären. Die Grabbeigaben auf dem Monte Sirai sind deutlich anspruchsloser als diejenigen in Sulki.

Tanit ist die punische Göttin der Fruchtbarkeit, eine Apotheose der phönizhischen Göttin Astarte und Schutzgöttin von Karthago. Ihr Beiname ist „Klagende im Angesicht des Baal“. Sie war die weibliche Hauptgottheit Karthagos und löste in dieser Rolle Astarte ab. Tanit gilt als Jungfrau, aber auch als Mutter des Baal. Als Spenderin der Fruchtbarkeit hat sie den Namen Nutrix (Amme, Ernährerin). Sie erweckt den Fruchtbarkeitsgott Baal jedes Jahr zu neuem Leben. Ihre Attribute sind Granatapfel, Feige, Ähre und die Taube. Ihr Symbol ist das Tanit-Zeichen: ein Dreieck mit waagrechtem Balken darüber, auf dem eine Scheibe liegt. Sie dürfte auch die dargestellte Frau auf den karthagischen Münzen ab dem 3. Jh. v. Chr. sein.

Ursprünglich eine niedere Erdgottheit, lösten Tanit und Baal-Hammon im 5. Jh. v. Chr. Astarte und Melkart als Hauptgötter der Punier ab.

Tanit sollen auch Kinder im Feuer geopfert worden sein. Nach neueren Erkenntnissen könnte dies jedoch römische Kriegspropaganda sein. Unter Steinstelen fanden sich tatsächlich Urnen mit verkohlten Kinder-Knochen, für viele Forscher ein Beweis für Kinderopfer.
Der Archäologe Fethi Chelbi sieht dies anders: "Heute glauben wir, dass es sich beim Tophet eher um eine Art Friedhof für Kinder handelt.“

Die Analyse der Asche aus den Urnen ergab, dass sie hauptsächlich von Föten und Totgeburten stammte. Es herrschte damals eine hohe Kindersterblichkeit - dennoch sind Kindergräber auf den Friedhöfen Karthagos sehr selten. Daraus schließen wir, dass es sich beim Tophet um einen ganz besonderen Friedhof handelt. An diesem Ort gab man die verstorbenen Kinder den Göttern Baal-Hammon und Tanit zurück

Die phönizischen Brandgräber sind flache Gruben in denen ein breites Spektrum an Sepulkral-Riten angezeigt ist. Einige Gräber enthielten eine Bestattungsurne, in anderen fanden sich die Reste des Toten, der über der Grabgrube auf einem Scheiterhaufen verbrannt worden war, unter einer Abdeckung aus Steinen und Erdreich. Ungewöhnlich für die Phönizier sind einige Körperbestattungen.

Leichenbrand (cremation) ist die Bezeichnung für die Asche von Toten nach einer Brandbestattung. Im engeren Sinne bezieht sich der Ausdruck Leichenbrand meist auf die verbrannten und kalzinierten Knochen der Verstorbenen.

Unter Feuerbestattung / Brandbestattung / Kremation / Einäscherung, früher Leichenverbrennung versteht man die Veraschung einer Leiche. In vielen Ländern wird dieser Vorgang in Krematorien durchgeführt.

Tophet: Als Tophet bezeichnen Forscher eine Feuerstelle oder einen geheiligten Ort der Phönizier, in dem sie den Göttern Kinder und kleinere Tiere opferten. Auf dem Monte Sirai steht ein grobschlächtiger Tempel, von dem die Grundmauern erhalten sind. Erkennbar ist die Einteilung phönizischer Tempel unter besonderer Bezugnahme auf die Nordrichtung.

Untersuchungen zeigten, dass das Tophet im Wesentlichen erst in punischer Zeit entstand. Die meisten der rund 300 Urnen und über 100 Stelen wurden von der Mitte des 4. bis ins 2. Jh. v. Chr., also bis weit in die römische Zeit, deponiert. Die auf den Stelen dargestellten Motive entsprechen den Vorbildern der Mutterstadt Sulki, sind jedoch anspruchsloser gestaltet. Viele Stelen zeigen naive Darstellungen, die nur durch den Einfluss der sardischen Bevölkerung zu erklären sind.

Bei unserem Rundgang begegnen uns einige Schlangen, die sich auf den Wegen sonnen. Es sind Gelb-Grüne Zornnattern, wie mir eine ältere Dame namens Teresa verrät. Auch einige Echsen genießen die Wärme des heutigen Tages.

Teresa leistet mir, als ich mich auf einer Bank im Schatten ausruhe, Gesellschaft und erzählt mir alte Geschichten. Ich bin natürlich begeistert über solche Begegnungen. Zum Abschied schenkt sie mir einige schöne Bücher über den Monte Sirai. Wir sind immer wieder sehr berührt, über die Freundlichkeit und Herzlichkeit, mit der uns die Sarden begegnen.

Gegen 11.30 Uhr verlassen wir den Monte Sirai, nicht ohne vorher einige Bilder der Hunde und Katzen, die sich dort tummeln, gemacht zu haben. Wie uns Peter Schmidt später erzählt, kümmern sie sich auch um diese verlassenen Tiere.

Über die SS 126 fahren wir nach Sant’Antioco. Dann über die Via della Rinacita, Strada Comunale Maladroxia an der langen Spiaggia Conisoni entlang, wobei wir immer wieder schöne Ausblicke auf das Meer erhaschen können. So kommen wir zur kleinen Feriensiedlung Maladroxia. Leider will Rolf nicht überall halten.

Von Maladroxia steigt die Straße – Strada Comunale Coaquaddus - steil an und klettert kurvig hinauf zum Sarazenenturm Torre Canai.

Der Turm, der unter der Herrschaft des Grafen Lorenzo Bogino erbaut wurde, ist von weitem zu sehen. Der Graf reorganisierte die Verwaltung der Küstentürme, die unter der spanischen Herrschaft von König Philipp II. errichtet wurden.

Im Jahr 1757 wurde der vom Militäringenieur Vallin entworfene Turm gebaut. Er erhebt sich auf dem Kopf "su moru", südliches Vorgebirge der Insel Sant'Antioco, heute "Turri" genannt. In diesem Meeresabschnitt waren die türkischen Flottillen bis in die ersten Jahrzehnte des 19. Jh. vor Anker gegangen.

Der Torre spielte eine wichtige Rolle bei der Sichtung und Übermittlung von Informationen an die militärischen Abteilungen, die für die Verteidigung der Insel Sant’Antioco während der französischen Invasion zuständig waren. Der Torre Canai blieb bis 1867 aktiv.

Einige Zeit wurde der Turm von einer Privatperson als Sommer-Touristenresidenz genutzt, die ihn zu diesem Zweck auf fragwürdige Weise "enteignet" hat und tiefgreifende Veränderungen an dem Turm vornahm. Dies, obwohl der Turm als Monument geschützt und staatliches Eigentum war.

Im Jahr 1985 beantragte die Associazione Italia Nostra eine Konzession für den Turm. Die Restaurierung und Wiederherstellung des Turmes wurde von dem Architekten Luciano Rossetti durchgeführt.
Die Bauten, die illegal angebracht wurden, wurden entfernt, die ursprünglichen Zinnen wieder hergestellt. Das Gewölbe und die Zisterne wurden wieder in den Originalzustand gebracht. Seit 1994 ist der Turm dank Italia Nostra wieder für die Öffentlichkeit zugänglich.

Heute finden hier Konzerte, Ausstellungen, Theaterausführungen und Konferenzen statt.

Der Torre Canai ist von einem botanischen Garten umgeben, entworfen von dem Naturforscher Sergio Todde.

Weiter Richtung Capo Sperone. Leider ist an einem Kreisverkehr mal wieder nicht zu erkennen, wie man fahren muss. Schon bald endet die asphaltierte Straße und man kommt zu einer katastrophalen Holperpiste. Einige Autofahrer drehen wie wir um. Das muss man sich nicht antun.

Wir entdecken eine wohl verlassene Feriensiedlung – La Fazenda. Zumindest sieht es alles sehr herunter gekommen und verlassen aus.

Weiter Peonia Rosa – auch diese Feriensiedlung sieht nicht sehr einladend aus. Hotel, Bar – alles geschlossen und verlassen.

Wir entschließen uns, nicht weiter zu fahren und drehen um. Zurück zum Porto Sant’Antioco. Dort am Hafen machen wir in einer Bar Pause. 2 Wasser, 1 Wein = 3,40 Euro.

Weiter SS 126, SS 195 bis Tratalis Vecchia. Funde belegen, dass die Gegend seit urgeschichtlichen Zeiten besiedelt war.

Wir sind ganz allein in dem farbenfrohen Dorf unterwegs. Die Häuser und Künstlerwerkstätten sind alle geschlossen. Da bedaure ich sehr, denn ich mag diese Orte sehr. Oft kann man den Künstlern bei der Arbeit zuschauen und fast immer werde ich fündig mit einem Teil, was Zuhause dann Erinnerung ist. Doch heute muss ich verzichten. Niemand da.

Nur in dem Restaurant Locanda Montserrat sieht man einen Mann geschäftig umher eilen. Tische werden eingedeckt, Blumen gegossen.

Wir verlassen den schönen Ort und fahren heim, SP 78, SP 107 SP 85, SP 2. Unterwegs begegnen uns auf diesen Straßen immer wieder die gleichen Ziegenherden. Beim ersten Mal, als wir vorbei kamen, hat der Wachhund – Cane Fonnese - uns wie verrückt angebellt und ist dem Motorrad hinterher gelaufen, so dass ich schon Angst bekam. Inzwischen kennt er uns und schenkt uns kaum noch einen Blick.

Bei einer neuen Herde, die wir nicht kennen, geht der Hütehund auch mal wieder gleich auf uns los. Rolf lässt sich nicht beirren und fährt langsam vorbei. Ich bin immer heilfroh, wenn ich ein paar Bilder von den Ziegen machen kann.

Ein Kreuz an der Straße in einer Kurve, immer mit Blumen geschmückt, erinnert an Gianni, der hier wohl ums Leben kam. Eine schöne Inschrift ist dort zu sehen: Il tempo non anullerai il tuo respiro. Tu sei sempre nella nostra anima – Die Zeit raubt Dir nicht den Atem – Du bist immer in unserer Seele.
Mich machen diese Orte immer ein bisschen traurig.

Gegen 15.30 Uhr sind wir zurück, nach 75 Meilen = 121 km. Es ist heute wieder sehr warm.

Zum Abendessen gibt es Rindersteak, Zucchini, Brot, Salat, Trauben, Wein und Käse. Wir sitzen nach dem Essen lange draußen und lassen den schönen Tag ausklingen.

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© Uschi Agboka, 2018
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Die Reise
 
Worum geht's?:
2017 - Italien - Tour durch das eher unbekannte Sardinien - L'autentica Sardegna Teil 1 - Anreise 31.08. bis 06.09.2017 Teil 2 - Sorgono 7. 15.09.2017 Teil 3 - Arbus 16. bis 21.09.2017 Teil 4 - Villamassargia - 22.09. bis 2.10.2017 Teil 5 - Heimreise 3. bis 5.10.2017
Details:
Aufbruch: 31.08.2017
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 05.10.2017
Reiseziele: Italien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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