Mit dem Wohnmobil auf dem Weg nach Marokko (2022)

Reisezeit: August - Dezember 2022  |  von Andreas Kirchner

8. Etappe: Marokko

Persil

[29. Okt.]
"Sicher, das ist Petersilie!" - "Quatsch, das ist Koriander!" bekomme ich zurück, nachdem sie probiert hat. Ich zupfe ein weiteres Blatt von dem Strauß Grünzeug, der vor der betagten Marokkanerin auf dem Boden liegt. "Natürlich ist das Petersilie! Ich frage mal." Ich suche im Wörterbuch nach dem französischen Wort für Petersilie. "Persil?" frage ich. Sie guckt mich nur verdattert an, dann zur Nachbarin, die ein wenig Obst verkauft. Beide zucken mit den Schultern. Aber ich werde doch wohl noch wissen, wie Petersilie schmeckt. Also kaufe ich den Strauß Grünzeug für 1 Dirham. Kein großer Verlust, wenn ich schief liegen sollte: 10 Cent.

Wir verbringen unseren ersten "richtigen" Tag in Marokko. Gestern sind wir angekommen und waren eigentlich den ganzen Tag damit beschäftigt, eine Grenze zu überschreiten. Was für ein großer Gewinn für uns und die Menschheit ist die EU – die ganzen Nationalisten, die raus aus der Union wollen, scheinen nicht gerne ins Ausland zu reisen. Kein Anhalten, keine Passkontrollen, keine Zollkontrollen, kein Devisen-Umtausch. Nur so ein blaues Schild mit vielen gelben Sternen im Kreis, und schon ist man in einem anderen Land. So war es bisher, seit wir losgefahren sind. Jetzt dreimal Passkontrolle, zweimal Zoll, einmal Busbesichtigung. Geld umtauschen. Eine Kfz-Versicherung abschließen, denn die, die man schon hat, hat man nicht in Marokko. Dann hat die Fähre noch eineinhalb Stunden Verspätung und der Verkehr durch Tanger ist auch nicht so flüssig. So kommen wir erst gegen Spätnachmittag in Asilah an, 40 Kilometer südlich von Tanger. Ein kurzer Rundgang in die Umgebung, dann war Feierabend.

Bei Gruppenreisen heißt das, was wir heute gemacht haben, "Tag zur freien Verfügung". Wir bummeln einfach nur herum, zuerst in der Medina, dann in der Stadt außerhalb. Die Medina wird in Führern hochgelobt, nicht zuletzt wegen der Streetart – schon wieder! Ist auch toll, ansonsten wirkt die Medina eher wie ein marokkanisches Wehrtheim-Village: aufgehübscht und mit Läden garniert, die touristische Begehrlichkeiten abdecken sollen: Ledertäschchen, Ketten, Henna-Tatoos, T-Shirts, Batik-Stoffe, frisch gemalte Aquarelle hiesiger Künstler.

Außerhalb der Medina aber pulsiert das Leben. Wir suchen uns ein Café, und in Ermangelung von Torten und Kuchen bestellen wir Crêpes – einmal mit Honig, einmal mit Käse. Unser Fazit: das nächste Mal bestellen wir ein Crêpe für uns beide und lassen uns am Ende die Hälfte einpacken. Puh!, was für ein Kraftakt, bis alles aufgegessen war, man will ja nicht unhöflich sein und die Hälfte stehen lassen. Aber danach war klar, dass wir auf das Abendessen verzichten können. Für die nächsten vierzehn Tage.

Wir bummeln durch den Seltersweg von Asilah und überlegen, was wir für morgen zum Kochen einkaufen können. Morgen ist Reisetag, es geht Richtung Rabat. Aber wenn man so satt ist wie wir, dann fällt einem nichts ein, worauf man Hunger haben könnte. Einfach nichts. Schließlich kommen wir, nachdem wir die lebenden Hühner, die uns zum Kauf angeboten wurden, ausgeschlagen haben, an deren Eier vorbei und die Entscheidung fällt auf Omelett – dafür braucht man nicht viel: Eier, Zwiebeln, Pepperoni, Salz, Pfeffer und – Petersilie, dieses frische, grüne Bündel in meiner Hand, das diesen Disput zwischen uns ausgelöst hat.

Es geht noch eine Weile hin und her: Petersilie versus Koriander. Am Campingplatz wird das Bund Grünes aus dem Rucksack geholt und genauer inspiziert. Petersilie. Chaka! Und – Koriander. Eine Hälfte links, eine Hälfte rechts. Zu einem einzigen Strauß gebunden. Hier in Marokko geht es offenbar nicht um entweder–oder, sondern um sowohl–als auch. Damit können wir gut leben.

Grenze

Grenze

Adiós Europa...

Adiós Europa...

...Afrika, wir kommen.

...Afrika, wir kommen.

Streetart in Asilah (I)

Streetart in Asilah (I)

Streetart in Asilah (II)

Streetart in Asilah (II)

Streetart in Asilah (III)

Streetart in Asilah (III)

Kunst, oder?

Kunst, oder?

So einfach kann es sein

So einfach kann es sein

Marracache

[5. Nov.]
Wir bestellen einen marokkanischen grünen Tee und einen Virgin Mojito, dazu einen fluffigen Gateau Chocolat und eine einzigartige Pastille du lait. Der Blick von der Dachterrasse über die Dächer von Marrakesch ist schon beeindruckend. Schöner noch ist die leichte Brise hier oben und der nur noch gedämpfte Straßenlärm, der von unten heraufdringt. Zusammen mit der Bestellung frage ich die Kellnerin, ob ich mich in den Innenräumen des Cafés, in dem wir sitzen, ein wenig umschauen darf. Und ob ich auch das eine oder andere in die Hand nehmen, es vielleicht auch öffnen dürfe? Selbstverständlich, sagt sie. Denn sie weiß genau, dass ich zu diesen bescheuerten Europäern gehöre, die mit einem GPS-Gerät irgendwo irgendwelche Tupadosen, Filmdöschen, Plastiktütchen oder ähnliches suchen, ihren Namen reinschreiben und alles mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht wieder dorthin zurücklegen, wo sie es gefunden haben. Diesmal aber benötigt man überhaupt kein GPS, denn der Ort des Caches, um den es hier geht, ist recht konkret bereits angegeben: in den Innenräumen des Via Via Cafés in Marrakesch. Tatsächlich dauert es auch nicht lange, bis die ***SPOILERALARM*** entdeckt ist und ich meinen Fund in dem kleinen Buch, das sie beinhaltet, geloggt habe. Mein erster Cache in Marrakesch, in Marrokko, in Afrika! Ein richtiger Marracache!

Hier irgendwo in diesem Raum ist er.

Hier irgendwo in diesem Raum ist er.

Länder-Souvenir für Marokko

Länder-Souvenir für Marokko

Das liegt nun auch schon wieder ein paar Tage hinter uns. Seit zehn Tagen sind wir nun in Marokko, und seit gut einer Woche haben wir nichts von uns hören lassen. Etwa nix los in dem Land? Alles nicht viel anders als sonst? - Von wegen. Hier tobt der Bär. Darum ist es auch gar nicht möglich, darüber zu berichten. Eine Beschreibung dessen, was wir hier sehen, riechen, hören, schmecken, würde immer viel zu kurz und ungenau ausfallen und könnte gar nicht wiedergeben, wie es wirklich ist. Die Küstengegend: laut und dreckig, nach Katzenpisse stinkend. Der Verkehr: ein einziges Gewimmel aus Autos, Menschen, Mopeds, streunende Hunde, Eselfuhrwerke, Fahrräder, überladene Lastwagen, Schrottkarre neben blitzendem Mercedes. Alle Naselang Polizeiposten mit Geschwindigkeitskontrollen, wobei vielfach gar keine Schilder vorhanden sind, die angeben, wie schnell man hätte fahren dürfen. Das Essen: Marokko gefährdet Usbekistan als Topfavorit für den Preis als kulinarische Hölle zwar nicht, kratzt aber schon ein wenig an seiner Stellung. Die Menschen: freundlich, nett, rücksichtsvoll – und zum Glück nicht aufdringlich. Die Campingplätze: mal grüne Oase am Rande der Großstadt, mal Schuttabladeplatz mit Dusche im Hotel über der Straße. In allem findet sich eine Spannbreite wie zwischen Eselskarren und Tesla – in Marokko gibt es beides nebeneinander. So ist es eben auch mit den Straßen, Häusern, Supermärkten, Restaurants und so weiter. Wie soll man das beschreiben?

Marrakesch: Djemaa el Fna

Marrakesch: Djemaa el Fna

Hier gibt es Geschichtenerzähler, Wahrsager, Akrobaten, Gnoua-Musiker...

Hier gibt es Geschichtenerzähler, Wahrsager, Akrobaten, Gnoua-Musiker...

Schlangenbeschwörer...

Schlangenbeschwörer...

Fressbuden...

Fressbuden...

... und heute sind gebrauchte Gebisse im Angebot.

... und heute sind gebrauchte Gebisse im Angebot.

Leichter zu beschreiben ist unser Ausflug in den ANIMA-Garten von André Heller, etwa 35 Kilometer südlich von Marrakesch. Es genügt dafür ein einziges Wort: wunderschön!

30.926821, -6.889846

[6. Nov.]
Quarzazate - wir haben den südlichsten Punkt unserer Reise erreicht. Hat sich einfach so ergeben. Angedacht waren ja zunächst noch Ziele weiter im Süden: Agadir, Taourirt, Tafraroute. Aber Marokko ist ein verflixt großes Land. Von Tanger bis hierhin waren es schon mehr Kilometer, als wir von Nord- bis Südportugal gefahren sind. Und jeder Kilometer in den Süden zählt doppelt, weil wir ihn ja wieder zurück fahren müssen. Bis jetzt: 6814 km. Agadir (und das davon noch im Norden liegende Essaouira) hatten wir bereits nach unseren Aufenthalten in Asilah, Mehdya, Rabat und Mohammedia (allesamt an der Atlantikküste) sofort gestrichen. Einfach alles zu dreckig, das Meer nur reizvoll für Surfer – wenn überhaupt. Also sind wir ins Inland geflohen. Auch wenn man uns zwischendrin davon abgeraten hatte, Marrakesch zu besuchen, fanden wir es hier vergleichsweise angenehm und haben uns dort wohlgefühlt, nicht zuletzt des Campingplatzes wegen, der eine grüne und ruhige Oase war im Großstadttrubel und den wir zwei von den vier Tagen unseres Aufenthalts ganz für uns allein haben konnten.

Ourika-Camp, Marrakesch

Ourika-Camp, Marrakesch

Nach Marrakesch führt unsere Route nun durch den Hohen Atlas über besagtes Quarzazate in die Wüste. Quarzazate ist nur eine Durchgangsstation, Tagesziel ist die östlich davon gelegene Kasbah Amridil. Kasbah ist eine etwas abseits gelegene Festung, vergleichbar mit unseren kleinen Burgen. Die Kasbah Amridil gehört zu den schönsten des Landes und zierte einst den 50-Dirham-Schein. Von hier soll es in das Dadestal zum Wandern gehen, um dann endlich über Errachidia den Schwenk zu machen nach Norden: heimwärts!

Dadestal

[8. Nov.]
Jetzt sind wir so weit gefahren, dass nichts mehr kommt. Mist. Hier ist nur noch Wüste. Nix anderes als Steine, Steine, Steine. Mal flach gebettet, mal als Berg aufgetürmt. Und alles ist staubig, selbst die Palmen der Oasen, die wir durchfahren, sind mit Staub bedeckt. Alles hat den gleichen lehmbraunen Farbton. Wir fühlen uns an Arizona erinnern, nichts als Einöde mit einer Straße mittendrin, die ewig nur geradeaus führt.

Wir fahren 30 Kilometer rauf ins Dadestal, eine langgezogene Oase und laut Reiseführer eines der schönsten Täler Marokkos. Schnell wird klar, dass man hier eigentlich im Frühjahr herkommen muss, wenn es Wasser gibt und alles grün ist und blüht. Jetzt ist alles trocken und staubig. Hat aber den Vorteil, dass wir durch die Dadesschlucht wandern können, ohne nasse Füße zu bekommen.

Nach einer eindrucksvollen Wanderung – vier Stunden nichts als Wüste - gehen wir zum Duschen ins Hotel, das den Parkplatz vorm Haus zum Campingplatz umgewidmet hat, und später dort zum Essen. Liebevoll hat man uns den Tisch gedeckt. Ganz marokkanisch. Also sitzen wir auf einer nicht ganz kniehohen Bank vor einem ebenso niedrigen Tisch. Die Beine unterm Tisch ausstrecken geht mitnichten, beim Essen also die angewinkelten Beine spreizen oder die Knie unters Kinn stemmen. Das Essen ist – zum ersten Mal – richtig gut. Statt der üblichen Chicken- oder Kefta-Tajine, auf die wir keine Lust mehr hatten, haben wir ein Omelette geordert. Prompt kommt der Kellner wieder mit einer Tajine um die Ecke und wir denken schon, dass die Vorbestellung auf Englisch doch nicht so verständlich gewesen sein wird. Was uns serviert wird, ist dann aber die Berber-Variante eines Omelettes: angebratenes Gemüse, das mit Ei auf dem Herd in einer Tajine-Form stocken gelassen wird. Lecker! Und dazu – unglaublich! - ein Bier! Dieses Hotel verfügt über eine Alkohollizenz und kann Bier und Wein verkaufen. So gut wurden wir bislang nicht verwöhnt in Marokko.

Zum Schluss unterhalten wir uns noch ein wenig mit dem sympathischen jungen Kellner, der sogar ein wenig Deutsch spricht, sich zu uns setzt und die Gelegenheit nutzt, sich darin zu üben. Langsam und bedächtig sagt er uns in deutsch, wie viel wir zu bezahlen haben, was ihm sichtlich Spaß macht. Er habe sich Deutsch per YouTube beigebracht, deutsche Touristen kämen aber eher weniger hierher. Ob wir irgendein kleines, leicht verständliches Buch dabei hätten, damit er noch mehr lernen könne? Haben wir eBook-Leser natürlich nicht, und die Zeit, dass wir Kinderbücher mit im Auto haben, ist auch längst vorbei. Am nächsten Morgen, als wir weiterfahren und er nochmal zu uns an den Wagen kommt, um uns zu verabschieden, lassen wir uns aber seine Adresse geben und versprechen ihm, etwas zu schicken, wenn wir wieder zurück in Deutschland sind. Wir vermuten, dass Deutsch sicher nicht bloß sein Hobby ist, sondern er sich die Möglichkeit schaffen will, als deutschsprachiger Guide Wandertouren im Dadestal anbieten zu können, um ein besseres Einkommen zu haben. Warum sollten wir ihn dabei nicht tatkräftig unterstützen?

Blick auf das Dadestal

Blick auf das Dadestal

Begrüßung am Beginn der Wanderung: mehr als Hundert Zwergadler ziehen über uns hinweg

Begrüßung am Beginn der Wanderung: mehr als Hundert Zwergadler ziehen über uns hinweg

Eingang in die Dadesschlucht

Eingang in die Dadesschlucht

Ein Blick zurück auf unseren Weg

Ein Blick zurück auf unseren Weg

Hier oben: nix!

Hier oben: nix!

Am Ende der Wanderung der Blick hinunter in die Oase

Am Ende der Wanderung der Blick hinunter in die Oase

Meknès oder Fes

[10. Nov.]
Man kann im Leben nicht immer alles haben. Manchmal muss man sich entscheiden. In diesem Fall zwischen Meknès oder Fes. Auf zwei wuselige marokkanische Städte haben wir keine Lust, eine muss reichen. Die Wahl fällt auf Meknès, sie ist die weniger touristische Stadt von beiden. Von unserem letzten Übernachtungsort bis dorthin sind es rund 300 Kilometer, ein Tour de Force angesichts der streckenweise katastrophalen Straßenzustände. Nirgendwo auf der Welt haben wir bislang solch verbogene und verbeulte Asphaltdecken befahren, gespickt mit den brutalsten, kindskopfgroßen Schlaglöchern, die sich erst im allerletzten Moment auftun, als ob sie sich versteckt hätten und dann erst hochgeploppt sind, sobald wir nah genug waren.

15 Kilometer hinter Meknès ist ein Campingplatz, von dem aus wir mit dem Bus in die Stadt fahren und auf diese Weise schon in den marokkanischen Alltag eintauchen – mit all seinen Gerüchen, die sich in so einem Bus komprimieren. An der Endstation wechseln wir die Straßenseite und sind sofort im Souk. Alles, was wir bislang an Souks in Marokko gesehen haben, ist Theater gehen diesen Basar. Hier gehen die Marokkaner und Marokkanerinnen hin, kaufen, verkaufen, handeln, schimpfen, hämmern, sägen und schweißen, schwätzen, sitzen auf ihren Plastikhöckerchen und spielen gelangweilt am Handy. Nichts zielt auf Touristen ab. Überall ein Gedränge wie am Stadionausgang beim Spiel Frankfurt gegen Bayern. Und es gibt alles zu haben, von der Socke über die Pepperoni (2½ Dirham die 250-Gramm-Tüte, wir nehmen einen Beutel) zum Goldkettchen und Eisennagel (einzeln). Oft sind die Dinge uralt, verbeult, verrostet und nicht mehr zu gebrauchen, aber hier finden sie offenbar noch ihre Käufer. Aber wer Körperkontakt mit fremden Menschen nicht so toll findet, sollte diesen Ort auf jeden Fall meiden.

Streetart am Eingang des Souk

Streetart am Eingang des Souk

Schaufensterauslage im Souk

Schaufensterauslage im Souk

Jedi-Ritter in Meknès

Jedi-Ritter in Meknès

Reminiszenz an die Pandemie

Reminiszenz an die Pandemie

Der Rest über Meknès ist schnell erzählt. Denn momentan befindet sich die Stadt in einer Art Ganzkörperreinigung. Alle Sehenswürdigkeiten – und Meknès trägt immerhin das Zertifikat "Versailles von Marokko" – befinden sich in Renovierung. Das heißt: Bauzaun rundherum. Lediglich das Mausoleum von Mouley Ismail ist bereits erneuert und kann, wenn nicht im Umfang so doch in seiner Pracht, mit dem Alcázar von Sevilla mithalten. Ansonsten gilt das gleiche, was wir schon von Porto sagen mussten: in ein paar Jahrzehnten, wenn alles fertig ist, muss es hier richtig schön sein.

Pompeji

[12. Nov.]
Pompeji heißt in Marokko Oualili. Ist zwar nicht in Asche versunken, aber viel übrig ist auch hier nicht von der römischen Siedlung, in der einst zwischen zehn- und zwanzigtausend Einwohner lebten. Römische Siedlungen und andere antike, spätantike und vielzuspätantike Überbleibsel erinnern mich immer an den Eintrag eines Amerikaners im Gästebuch von Edzell Castle, Schottland: "Zu spät gekommen. Nur noch Ruinen."

Wir wollen von Meknès nach Chefchaouen, die blaue Stadt, und kommen zwangsläufig an Oualili vorbei. Man kann ja mal einen Blick werfen und die 70 Dirham pro Person für den Eintritt als Entwicklungshilfe für die archäologische Forschung Marokkos verstehen – "was für eine kolonialistische Einstellung!" könnte man denken, in Wirklichkeit ist es nur ein halbherziger Versuch, die Entscheidung, dort Halt zu machen, irgendwie zu rationalisieren - römische Siedlungen besuchen fällt nicht unter meinen Premium-Hobbys.

Wie gut, dass wir uns Oualili nicht haben entgehen lassen, und niemand sollte das tun. Es ist groß, und es ist großartig. Noch viel großartiger hätte es heute aussehen können, wenn man in den vergangenen Jahrhunderten nicht nach und nach die Siedlung geplündert, immer mehr Steine abgetragen und durch Moulay Ismail auch die letzten Säulen noch wegtransportiert hätte, damit er in Meknès seine Villa Imperial hat bauen können. Ein Erdbeben im 18. Jahrhundert hat dann noch ein Übriges getan und es ist erstaunlich, dass noch so viel übrig geblieben ist, dass es sogar solche Antikbanausen wie uns noch begeistern kann.

Römisches Theater vor authentischer Kulisse

Römisches Theater vor authentischer Kulisse

Chefchaouen ist unsere letzte Station in Marokko. Der Campingplatz ist der grottigste von allen und wir sind mal wieder froh, unsere eigene Nasszelle bei uns zu haben. Auch die Stadt macht es uns nicht schwer, Afrika wieder zu verlassen. Es ist mal wieder so eine überlaufene Must-see-Location, wo alle sich treffen. Nach einem Nachmittag Sightseeing werden wir uns morgen aufmachen nach Tanger, um die Fähre um 14 Uhr zu kriegen Richtung Europa. Nächste Station: Gibraltar.

Touristen in der blauen Stadt...

Touristen in der blauen Stadt...

...und das Objekt der Begierde

...und das Objekt der Begierde

© Andreas Kirchner, 2023
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Berichte von unterwegs mit dem Wohnmobil nach Marokko - vier Monate "on the road": Luxemburg - Frankreich - Spanien - Portugal - Marokko und zurück
Details:
Aufbruch: 10.08.2022
Dauer: 4 Monate
Heimkehr: 12.12.2022
Reiseziele: Luxemburg
Frankreich
Spanien
Portugal
Marokko
Der Autor
 
Andreas Kirchner berichtet seit 8 Monaten auf umdiewelt.
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