Mit dem Wohnmobil auf dem Weg nach Marokko (2022)

Reisezeit: August - Dezember 2022  |  von Andreas Kirchner

7. Etappe: Südspanien

Sevilla

[25. Okt.]
Ich könnte behaupten, der Besuch von Sevilla habe sich schon allein dafür gelohnt, dass ich mich hier nochmal mit Darjeeling-Tee bevorraten konnte, bevor es in Marokko nur noch Pfefferminztee gibt. Schon in Portugal und Spanien ist schwarzer Tee eine Rarität – im Supermarkt nur als Teebeutel zu bekommen, wenn überhaupt. Selbst im ALDI nicht, in dem wir sonst immer wieder mal Sachen bekommen, die Portugiesen und Spaniern fremd sind. Knäckebrot zum Beispiel. Saure Gurken. Greyerzer. Lebkuchen (ja, auch hier hat die Weihnachtssaison begonnen). Und Flohsamen. Seitdem firmiert der Laden bei uns nur noch als "Feinkost-Aldi". Tatsächlich vermissen wir einiges schon schmerzlich, und fallen auf Fake-Produkte rein, die so ähnlich aussehen, sich aber als volle Pleite erweisen. Ganz oben auf der Liste: Brot! Schon ein stinknormales französisches Baguette ist manchmal die Erfüllung aller Sehnsüchte. Aber ein Sauerteigbrot? Keine Chance! Dann folgen auf der Liste noch herzhafter Hartkäse (ein Königreich für einen Appenzeller) und Esszet-Schnitten. Gut, bei Käse und Esszett-Schnitten gibt es Alternativen – eine dicke Scheibe Schokolade auf dem frischen Baguette kann da schon für zufriedenstellende Abhilfe sorgen. Damit ist die Was-wir-schmerzlich-vermissen-Liste zum Glück aber auch schon abgearbeitet. Die Versorgung mit Frischmilch gleicht allerdings eher einem Beutezug als einem Einkauf. Frischmilch ist hier offenbar nur irgendeine seltene Zutat für besondere Genüsse, vielleicht für dieses süße Brot, auf das ich hereingefallen bin, weil es eine so schöne Kruste hatte. Dafür gibt es immer und in unvorstellbaren Mengen Fisch. Supermärkte in Portugal und Spanien stinken bereits danach, wenn man reinkommt. Der Bacalhau liegt meterhoch gestapelt auf Paletten, die Muscheln und Krabben holt man sich mit einer Schütte aus großen Boxen, eine Frischfischtheke mit breiter Auswahl ist Standard in einem gut sortieren Supermarkt.

Nun gut, zurück zu Sevilla. Denn die Stadt hat sich nicht nur wegen des Darjeelings gelohnt. Sevilla ist ein beeindruckender Ort. Schon der Stellplatz mitten im Hafengelände, so abseits und heruntergekommen, dass wir an der Einfahrt erst einmal vorbeigefahren sind, weil wir uns nicht vorstellen konnten, dass es hier zu einem Stellplatz gehen soll. Und der Rest von Sevilla? Ich erspare mir Einzelheiten. Lest einen Reiseführer über die Stadt: jedes Wort stimmt. Großartig! Barock und Mauren, lebhafte Plätze und ruhige Parks, Kathedrale (ta ta, die drittgrößte der Welt) und Real Alcázar, Orangenbäume und darin herumturnende Sittiche, das Grab von Christoph Kolumbus (ehrlich ein ehrfurchtsvoller Moment, jemandem, der die Welt so sehr verändert hat, so nah zu sein – auch wenn es sich nur um 200 Gramm Knochenmasse handelt, die im Sarg übrig sind) und so weiter, und so weiter. Da stören auch die vielen Touristen nicht mehr – man ist ja selbst einer, mit ganzer Seele.

Plaza de España

Plaza de España

Real Alcázar

Real Alcázar

Real Alcázar

Real Alcázar

Die Gärten des Alcázar

Die Gärten des Alcázar

Das Grab von Christoph Kolumbus

Das Grab von Christoph Kolumbus

Am Ufer des Río Guadalquivir

Am Ufer des Río Guadalquivir

Metropol Parasol

Metropol Parasol

Ein Tourist in Sevilla

Ein Tourist in Sevilla

Marokko im Blick

[27. Okt.]
Tarifa, die südlichste Stadt des europäischen Festlands. Hier hängt der Himmel nicht voller Geigen, sondern voller Segel der unzähligen Kiter, die den Neun-Kilometer-Strand von Tarifa bis hoch zu unserem Campingplatz bevölkern. Jeder Meter von einem Kiter besetzt. Hunderte Segel im Himmel.

Vom Strand aus kann man bereits Marokko sehen, abends blinken die Lichter von Tanger herüber. Die Altstadt von Tarifa wirkt schon sehr nordafrikanisch mit ihren weiß getünchten Häusern. Wir erkundigen uns am Hafen nach den Tickets für die Überfahrt – Putin hat auch hier dafür gesorgt, dass die Preise ordentlich nach oben gingen. Anschließend schlendern wir durch den hübschen und nur mäßig touristischen Ort und trinken einen Cappuccino, der endlich mal richtig lecker schmeckt - selten genug, denn Spanien ist nun mal nicht Italien.

Zurück am Campingplatz gibt’s am Abend ein Überraschungsfestessen – es ist mein Geburtstag, und die Familie hat mich damit überrascht, via Zoom herzukommen, um gemeinsam miteinander zu feiern. Auf dem Bildschirm ist auch der traditionelle Süßigkeitenteller zu sehen - leider werde ich davon wohl nichts mehr vorfinden, wenn wir zurück sind. Ich habe schon darum gebeten, ihn vor Holger zu verstecken, aber da sind ja auch noch so viele andere...

Heute werden wir am Swimmingpool noch einen Ruhetag einlegen und für die Überfahrt alles vorbereiten, morgen um 11 Uhr stehen wir dann auf der Fähre und setzen über. Wir haben Marokko im Blick.

Die Straße von Gibraltar: links das Mittelmeer, rechts der Atlantik, dazwischen Marokko

Die Straße von Gibraltar: links das Mittelmeer, rechts der Atlantik, dazwischen Marokko

Altstadt von Tarifa

Altstadt von Tarifa

Der Hafen

Der Hafen

© Andreas Kirchner, 2023
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Berichte von unterwegs mit dem Wohnmobil nach Marokko - vier Monate "on the road": Luxemburg - Frankreich - Spanien - Portugal - Marokko und zurück
Details:
Aufbruch: 10.08.2022
Dauer: 4 Monate
Heimkehr: 12.12.2022
Reiseziele: Luxemburg
Frankreich
Spanien
Portugal
Marokko
Der Autor
 
Andreas Kirchner berichtet seit 8 Monaten auf umdiewelt.
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