Trekking-Tour durch Nordindien

Reisezeit: März / April 2009  |  von Antonia Bäder

Reisebericht: Kapitel 4: Bhopal bis Varanasi

27.03.09 Bhopal

In der Nacht von gestern zu heute haben wir unsere dritte Zugfahrt hinter uns gebracht. Entweder sind wir inzwischen abgehaertet oder die Zuege werden wirklich von Mal zu Mal sauberer...

Weil wir wussten, dass wir um 03.50 Uhr morgens ankommen wuerden, buchten wir natuerlich schon vor Tagen ein Hotel. Dementsprechend selbstsicher schlugen wir dort auch auf. Wir begegneten einem schlecht gelaunten und (verstaendlicherweise) voellig uebermuedeten Hotelportier. Was uns dann allerdings schockierte, war die Tatsache, dass wir ein bereits benutztes Zimmer beziehen sollten, dessen Vormieter uns 2 Minuten vorher am Hoteleingang begegnet waren...auf unseren Protest wurde mit einem gelangweilten "No, Ma'am" reagiert, woraufhin wir sauer und muede das Hotel verliessen. Im naechsten und uebernaechsten Hotel war alles ausgebucht und im letzten wollte man uns noch die komplette Nacht berechnen. Das liess unser Stolz natuerlich nicht zu und so warteten wir noch drei weitere Stunden, bis die Nacht vorbei war und man uns ins Zimmer liess. Das war dann uebrigens auch benutzt (arrgh!). Diese Erfahrung hat Bhopal noch nicht zu unserem Lieblingsort gemacht, aber wir sind ja noch zwei Tage hier...

29.03.09 immer noch Bhopal
Ok, wir haben uns echt Muehe gegeben, aber wir finden Bhopal immer noch - ja, wie sagen wir's - furchtbar, abstossend, widerlich, laut, stinkend und, wie fast alle indischen Staedte, voellig ueberfuellt. Daher unser Tipp: hoechstens dran vorbei fahren. Hoechstens!
Altstadt und Upper Lake (beides in Reisefuehrern gelobt) haben uns nicht umgehauen. Ausserdem haben uns die Menschen hier ziemlich oft gezeigt, dass sie uns nicht moegen. Das kann damit zu tun haben, dass der Islam hier ziemlich grossen Einfluss hat und sich viele Frauen verhuellen, wir aber natuerlich nicht. Ob das der Grund fuer unsere Auffaelligkeit ist, wissen wir nicht genau, aber Tatsache ist, dass uns hier JEDER anstarrt, und nicht selten sehr veraechtlich. Man will uns photographieren wie Kuriositaeten und wenn wir ablehnend reagieren, wird das ignoriert. Ob diese Respektlosigkeit uns als Europaeern oder uns als Frauen gilt, ist nicht klar, aber ebenso wie wir (gemaess Lonely Planet) hiesige Kulturen respektieren wuenschen wir uns auch ein wenig Respekt, selbst wenn wir hier nur Gaeste sind.

Respektlosigkeit - zu diesem Thema haben wir noch etwas zu erzaehlen, was wir in Aurangabad erlebten. Wir wollten im Restaurant unseres Hotels zu Abend essen und suchten uns dafuer ein huebsches Plaetzchen. Nach dem Bestellen wurden wir auf einmal vom Restaurantpersonal angewiesen, den Platz zu wechseln. Auf die Frage nach dem Grund erklaerte man uns, wir saessen in der "Gents' Section" und Frauen duerften nur in der "Family Section" sitzen.
Haetten wir nicht so einen grossen Hunger gehabt und allen anderen Restaurants in der Gegend misstraut, waeren wir natuerlich auf der Stelle gegangen. Aber so blieben wir und wie wir uns dabei gefuehlt haben, koennt ihr euch sicher denken.

Heute geht es weiter Richtung Khajuraho (diesmal mit einem Tageszug . Schade, dass wir aus Bhopal und Aurangabad diese negativen Eindruecke mitnehmen, denn sie verstaerken unser jetzt zur Halbzeit der Reise langsam auftretendes Heimweh doch ganz schoen... Schnueff!
Drueckt uns mal die Daumen, dass Khajuraho ganz ganz toll ist!

01.04.09 Khajuraho
Tja, heute sitze ich (Jessi) allein in so 'nem Internet-Cafe... ganz schoen einsam hier, so ohne Toni. Wo sie ist? Nun, eigentlich ging alles ganz schnell. Nach Besichtigung der Tempelanlagen (mit erstaunlich knapp bekleideten, tantrischen Skulpturen in eindeutigen Posen) liess sich Toni in einem Restaurant von so 'nem selbsternannten Ich-Findungsesotheriker begeistern und abschleppen. Toll! Eigentlich sollte es nur ein kostenloser Informationsabend werden, aber sie kam voellig veraendert zurueck. Jetzt will sie erstmal bei dem Guru bleiben, weil sie denkt, dort Erleuchtung zu finden. Ich konnte sie nicht davon abhalten...
Jetzt geht die Reise fuer mich allein weiter, aber zurueck zu den Tempeln in Khajuraho: sie waren wirklich toll und haben uns fuer die vorherige Stadt (wie hiess die gleich noch mal? Hab ich wohl verdraengt!) mehr als entschaedigt. Die mehr als 1000 Jahre alten, bemerkenswert gut erhaltenen, filigran gearbeiteten Figurenreliefs an den Waenden der verschiedenen Tempel haben uns echt verzaubert. Gelegentlich wurden wir auch ganz schoen rot (naja, Toni nicht ganz so !)

Bei uns wuerden solche Darstellungen wohl unter das Jugendschutzgesetz fallen. Aber Erotik gehoerte im alten Indien zum alltaeglichen Leben dazu. Komisch, dass Teile der indischen Bevoelkerung heute so pruede sind, zumal man hier ja immer noch stolz auf die Traditionen ist.
Die groessten Tempel sind den Goetterpaaren Vishnu & Lakshmi sowie Shiva & Parvati geweiht. Muss man gesehen haben!!

Nun geht es fuer mich heute weiter nach Varanasi. Jessi allein im Nachtzug. Das kann ja was werden!

Na los, gebt zu, dass ihr unseren Aprilscherz anfangs fuer einen kurzen Moment geglaubt und euch ein bissl erschrocken habt. APRIL, APRIL!!!
Natuerlich steigen wir gleich zusammen zu unseren Kakerlakenfreunden in den Nachtzug.

04.04.09 Varanasi
Als Reiseziel koennen wir Varanasi nur empfehlen: Es hat uns sehr gefallen! Im Gegensatz zu Pushkar oder Orcha, die ebenfalls als "heilige" Orte gelten, versprueht Varanasi eine besondere Atmosphaere. Man merkt sehr schnell, dass man an einer der heiligsten Staetten Indiens ist.
Diese Atmosphaere geht vor allem vom Ganges aus. Man kann alle moeglichen Zeremonien und Rituale beobachten, die in der Oeffentlichkeit vollzogen werden (z.B. Waschungen, Gebete, Meditation, Yoga und heilige Prozessionen, die regelmaessig stattfinden). Besonders beeindruckend war fuer uns die allabendliche Danksagung an die Goettin Ganga. Diese Danksagung wird begleitet von Tanz, Musik und Feuer. Ort des "Spektakels" ist das Daswasamedh-Ghat (Hauptghat). Hier haben auch wir ein kleines Ritual vollzogen: Man kauft ein Bananenblattschaelchen mit Blumen und einer Kerze drauf, laesst sie im Ganges zu Wasser und darf sich etwas wuenschen.
Im Gegensatz zu diesen huebschen Braeuchen steht allerdings auch einer, den wir ziemlich gruselig finden. An den sogenannten "brennenden" Ghats werden rund um die Uhr Leichen auf Scheiterhaufen gebettet und oeffentlich verbrannt. Als wir am Morgen nach der Ganga-Zeremonie den Sonnenaufgang ueber dem Fluss beobachteten, brannte dort schon die 47. Leiche des Tages. Viele Inder wuenschen sich diese (uebrigens sehr teure) Art der Beerdingung, weil sie glauben mit der Verteilung der Asche ueber dem Ganges wuerden sie direkt ins Nirvana eingehen.
Die Asche ist allerdings nicht das Einzige, was im Ganges landet. Dass dort Muell entsorgt wird (wie an jedem anderen Ort Indiens auch) ueberrascht eigentlich nicht (mehr). Die Menschen verrichten ausserdem ihre Notdurft, baden aber auch dort. Waesche wird gewaschen und Abwasser eingeleitet. Und dieses Flusswasser, von dem wir nicht mal einen Spritzer abbekommen moechten, trinken andere. Dabei glauben sie sogar nohan die heilenden Kraefte des Ganges!
Dennoch ist es ein Erlebnis entlang der Ghats spazieren zu gehen und die Atmosphaere dieses unglaublichen Flusses auf sich wirken zu lassen.
Beeindruckend ist auch die Innenstadt Varanasis mit ihrem Bazar-Flair.

@ Amrit: Yes, we did go and saw Benares University, as you suggested! Nice place.

Am letzten Tag unseres Aufenthaltes hier fuhren wir per Autoriksha nach Sarnath, wo Buddha seine erste Predigt gehalten und seine ersten Anhaenger gefunden haben soll. Obwohl dies der heisseste Tag (gefuehlte 50 Grad) war, hat sich der Abstecher dennoch gelohnt.

© Antonia Bäder, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es ist tatsächlich so weit: Jessi und ich fahren nach Indien, genauer nach Nordindien. Wir wissen, dass wir beide die Kultur, die Menschen, das Land in all seinen Facetten kennen lernen wollen. Wir wissen, dass auf uns ein völlig anderes Leben als in Deutschland wartet. Und darauf sind wir gespannt und neugierig. Na ja und ein bissl Angst vor dem Ungewissen ist auch dabei. Aber Jessi und ich, wir passen schon auf einander auf...
Details:
Aufbruch: 03.03.2009
Dauer: 8 Wochen
Heimkehr: 28.04.2009
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
Antonia Bäder berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.