Peloponnes 2005

Reisezeit: Juli / August 2005  |  von Achim Baehrend

6. Etappe: Koroni - Stoupa

Highlight der Etappe: Kind lernt schwimmen!


Auf dem Weg Richtung Süden folgten wir der Landstraße, an Pirgos vorbei Richtung Zaharo, Kiparissia, quer über den westlichen Finger des Peloponnes, hin nach Koroni. Auf der Karte sieht dieser Abschnitt relativ harmlos aus, in der Realität aber braucht man viele Stunden für die paar Kilometer. Ständige Ortsdurchfahrten, viele LKW und unendlich kurvige Straßen ziehen sich wie Gummi.
Diese Erfahrung haben wir auf dem Peloponnes bei vielen Etappen gemacht. Besser, man richtet sich von vornherein darauf ein, definiert die Fahrt als Besichtigungstour und nimmt sich eben die Zeit, auch mal anzuhalten, die Aussicht oder ein leckeres Essen (für die Kinder lieber Eis) zu genießen.
"Liebenswert" sei dieses Koroni, sagt der Reiseführer, "gemütlich-verschlafen, voller steil ansteigender, schmaler Gassen".
Der Campingplatz Koroni ist als "sehr schöner, empfehlenswerter Platz am Dorfeingang" beschrieben, "in einem Olivenhain gelegen, 2 Minuten zum Strand, mit Pool, Liegewiese und Poolbar, die ihren Namen wirklich verdient".
Als die Kinder Pool hörten, war die Entscheidung für den Platz gefallen und gegen die Poolbar hatten die Eltern auch nichts einzuwenden.

Die Tage und Abende mit 4 Erwachsenen und fünf Kindern waren ausgefüllt mit Pool, Strand, Grillen, Erzählen, Ausflügen, Rotwein und Aufenthalten an der Poolbar, die ihren Namen wirklich zu Recht trägt.
Sehr gemütlich, Bücher liegen aus, unaufdringliche Mitarbeiter, zivile Preise, nie voll und mit freier Sicht auf die Aussicht und die Kinder im Pool (sehr beruhigend für die Eltern, wenn die Kinder noch nicht schwimmen können).
An den in Griechenland sehr beliebten, überall angebotenen und häufig bestellten NESCAFE FRAPPE, mit Eis, Nescafe und was weiß ich sonst noch, konnten wir uns leider nicht gewöhnen, er schmeckte einfach nicht so gut. Aber es gab ja noch anderes.

Und eines Tages ergab es sich dann, dass unsere Mittlere das Schwimmen lernte. Ein wichtiger Moment im Leben eines Kindes, aber auch im Leben der Eltern, etwa so wie der erste Zahn, der erste Schritt, der erste Zahn der ausgeht, die erste trockene Nacht ohne Windel, usw.
Mit einer Schwimmweste konnte sie es schon seit einiger Zeit, Angst vor dem Wasser hatte sie noch nie gehabt und sie konnte im Pool stehen. Es fehlte ihr "nur" der alles entscheidende Schritt, es einmal ohne Weste zu versuchen. Diesen Schritt zu gehen ermöglichte ihr eines Tages die Mutter mit der klassischen Variante: Bestechung.
"Wenn du einmal ohne Weste durch das Becken schwimmst, darfst du dir irgendein riesiges Eis aussuchen." Diese Variante hatte bei unserer Größten mit einem Wickelrock geklappt, sie sollte auch hier klappen. Allerdings lag der Teufel im Detail.
"Wann, Mama, jetzt?"
Der Unterton dieser Frage zeigte deutliche Anzeichen von Entsetzen!

"Außerdem kann ich schon schwimmen!"
"Dann lass doch die Weste weg!"
"Nö, wieso denn?"
"Weil so schwimmen geht!"
"Außerdem habe ich heute schon ein Eis gehabt!"
"Du könntest noch eins bekommen"
"Mama, habe ich noch Taschgengeld?"
"Kind, viele in deinem Alter können ohne Weste schwimmen"
"Na und?"
"Was willst du denn machen, wenn ihr in der Schule mal schwimmen geht?"
"Wo soll ich denn überhaupt herschwimmen, da (kurz) oder da (lang)?"
"Na, einmal den langen Weg."
"Kann ich da noch stehen?"
"Am Anfang ja, hinten nicht mehr."
"Ich will doch kein Eis!"
"Ich könnte neben dir hergehen."
"Kannst du denn da noch stehen?"
"Ja."
"Und wenn ich den kurzen Weg schwimme? Vielleicht für ein kleines Eis?"
"Hauptsache du schwimmst ohne Weste."

Dies ist nur ein kurzer Ausschnitt des Dialogs! Er führte dazu, dass schließlich jedes Detail der Aktion gründlich besprochen war und das Kind mutig die Weste auszog. Andere Poolbesucher waren mittlerweile aufmerksam geworden und verfolgten alles ganz genau. Und ich glaube, irgendwo am Rande wurden auch Wetten abgeschlossen.
Nach mehreren Anläufen schwamm sie dann einmal die kurze Bahn! Ohne Weste!
Als sie unter dem tosenden Applaus der Zuschauer aus dem Wasser stieg erschien sie den stolzen Eltern irgendwie reifer, erwachsener und 10 cm größer. Sie zog sich schnell die Weste wieder an, wir hatten Tränen der Rührung in den Augen und der Eisverkäufer ein großes Eis weniger.
In diesem Urlaub ist sie dann noch oft schwimmen gegangen, mal mit, mal ohne Weste. Und im Laufe der Zeit wurde die Weste überflüssig.
Heute schwimmt sie wie ein Fisch und die Erinnerung an diese Aktion im Pool von Koroni ist allen Beteiligten auch nach Jahren noch sehr lebendig.

Der im Führer erwähnte Strand (2 Minuten Fußweg) ist tatsächlich in 2 Minuten zu erreichen, aber nicht wirklich schön. Er ist klein, ungepflegt und liegt ab Mittag im Schatten. Eine zerfallende Strandbar vervollständigt das Bild. Das Wasser ist zwar schön klar, aber das reicht nicht. Also besucht man Strände in der Umgebung.
Ein Ausflug führte uns natürlich auch in den Ort Koroni, downtown, sozusagen. Die Hauptverkehrsstraße lief mitten durch den Ort. An ihr lagen Geschäfte, Restaurants, Imbissbuden und Cafes. Abends gingen Menschen spazieren, alle in ziemlicher Gelassenheit. Trafen sich 2 Autos auf der Straße, so kam es zu einem Engpass, zumal Tische und Stühle auch auf der Straße standen. Aber das war nie ein Grund zur Aufregung, irgendwie kam man klar. In der Bäckerei konnte man sich für den Bummel ein paar griechische Kekse kaufen, ein paar bekam man geschenkt. Man konnte sich auf die Hauptverkehrsstraße setzen und Giros Pitta / Pommes / Cola genießen, alles kein Problem. Die Stadt, die Menschen wirkten sehr entspannt und wir Urlauber ließen uns von dieser Stimmung gern anstecken.
Von der Hauptstraße ab ging es in der einen Richtung zum Hafen, in der anderen Richtung hinauf zur Zitadelle.

Ein sehr schöner Spaziergang durch das mittagsschlafende Koroni führte uns hinauf zur Zitadelle. Wie immer war es schön warm, die Straßen leer und die Zitadelle ausgestorben, fast zumindest.

Während im Laufe der letzten Jahrhunderte eigentlich alle hier gewesen sind (Byzantiner, Franken, Venezianer, Türken, Genueser, Spanier, Russen und Franzosen), war es an diesem Tag quasi menschenleer.
Die ehemalige Zitadelle ist heute im Innenhof mit Häusern bebaut, eine Kirche und ein Kloster gibt es und einen kleinen Friedhof. Dort hatte sich eine kleine Familie zusammengefunden, um die Gebeine eines Angehörigen umzubetten. Uns wurde erzählt, dass nach einer gewissen Zeit die Knochen der Verstorbenen aus der Erde geholt, und in einem kleineren Behältniss neu beigesetzt werden. Dieser Brauch stammt angeblich aus der Zeit, als Begräbnissraum knapp war. Ob das so stimmt? Wir jedenfalls sahen aus respektvollem Abstand nur kurz zu und gingen weiter.

Auch der Aufenthalt in Koroni neigte sich seinem Ende zu. Am letzten Abend sind wir mit der deutsch-italienischen Familie noch einmal am Hafen in ein Restaurant gegangen, haben auf einer überdachten Terasse - im Regen übrigens - lecker gegessen, viel getrunken und gelacht und uns den Abschied ein wenig schön geredet.
Bei der Rückkehr auf den Campingplatz allerdings sahen wir, dass unser Entschluß völlig richtig war. Auf der Terasse unter uns hatte sich eine französische Großfamilie mit ihrem Zelt aufgebaut. Eher mit einem Circuszelt! Es gab 3 Schlafkabinen im Anbau, eine saalartigen Kuppel in der Mitte, Räume für das Gesinde, eine Kellerbar und einen Dachboden.
Ungelogen war es uns nicht mehr möglich, aus unserem Zelt hinaus zu gelangen, ohne über Abspannleinen der Neuankömmlinge zu klettern. Beim Blick aus unserem Zelt sahen wir nur noch Wände!
Aber für eine Nacht war das erträglich, morgen sollte es ja weiter gehen. Unsere deutsch - italienischen Freunde zog es nach Ägina, und für uns hieß das neue Ziel Stoupa. Wie? Na: S T O U P A!. Nie gehört? Macht nichts, wir vorher auch nicht, aber gut, dass wir da waren!!

© Achim Baehrend, 2009
Du bist hier : Startseite Europa Griechenland 6. Etappe: Koroni - Stoupa
Die Reise
 
Worum geht's?:
Familienurlaub mit Zelt und Land Rover! 5 Wochen Zeit, davon vier Wochen Rundreise auf dem Peloponnes.
Details:
Aufbruch: Juli 2005
Dauer: circa 5 Wochen
Heimkehr: August 2005
Reiseziele: Italien
Griechenland
Der Autor
 
Achim Baehrend berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors