Indien? Ankunft und mittendrin!

Reisezeit: Dezember 2010 - Dezember 2011  |  von Florian Sebrich

Uttar Pradesh, Varanasi

12 Std. im Backofen auf Stahlrädern bis zum Ganges

Varanasi, die heiligste Stadt der Hindus am Ganges

Also hier baden sich alle Hindus, mindestens 1 Mal im Leben ihre Sünden weg. Wie anscheinend alle weltweit wissen, ist der Ganges einer der schmutzigsten Fluesse der Welt. Nur das hier eben die Zahlen des Verschmutzungsgrades von internationalen Forschungsteams bestaetigt worden sind. Das Maximum an Kolibakterien in einem Liter Wasser sollte nicht ueber 500 liegen. Am Ganges sind es nur 1,5 Millionen Kolis! Aber die Leute und Kinder baden trotzdem, denn wenn man an Gott Shiva glaubt, so kann einem in dessen Heimatresidenz nichts passieren.
Man muss ja nicht in dem Wasser baden, sondern man kann sich auch ein Boot mit Steuermann mieten und in der Frueh los paddeln, um die Stadt aufstehen zu sehen (sehr schoen, wenn man bei der naechtlichen Hitze schlafen konnte!). Oder am Abend um eine grosse Gebetsgesellschaft mit Feuer- Rauch- oder Musikeffektshow, eine 'Puja', am Dashaswamedh Ghat anzusehen.
Wenn einem die Menschenmasse dort noch nicht zu viel ist, der sollte dann am Tag in die alte Stadt eintreten und eine Ueberlebensuebung in den engen Strassen durchstehen. Man sollte auf so manches gefasst sein...

Denn die tausenden verwinkelten Gassen in dieser alten Stadt sind die Attraktion schlecht hin. Es gibt keine Wegweiser und die Sonne sieht man zwischen den Gebaeuden, die, ueber die durch verschiedenen Eroberer zerstoerte Stadt, einfach auf einen Schutthaufen wieder aufgebaut wurden, nicht. Dadurch ist es einfach leicht die Orientierung zu verlieren und immer weiter weg von den Hauptverkehrswege zu eiern. Sogar die paar uralten Baeume die noch in der Stadt ueberlebt haben, winden ihre Wurzeln ueber die Ueberreste der Jahrhundert alten Tonsteinfundamente. Und das inmitten der verworrenen Stadt. Oder noch einen der originalen indischen Eindruecke bekommt man nur in dieser Stadt in erhoehter Konzentration, mit:

Wenn mann umgerechnet mit durchschnittlichen 20 Atmungen pro Minute durch die Straßen Varanasis schlendert, wird einem unausweichlich viele Ladungen Indiens in die Nase gespült. Alle Meter riecht man einen anderen Geruch. Hier kommen 1,5 Geruchsminuten die ich leider nur mit einfachen Woertern beschreiben kann:
Es riecht nach Yasmin, Kuhfladen, Raeucherstaebchen, Urin, Gebratenem Teig, Abwasser, Betelnuss, menschl. Schweiss, Motorradabgase, Fruechte, Getreide, Waschmittel, Joghurt, Holzfeuer, neuen Textilien, Parfuem, Hund, Essen, entweichende Darmblaehungen, Weihrauch, Brot, Milch, Staub, Blumen, Chai, verschiedenste Faekialien, exotische Gewuerze, Zigarettenrauch oder Marihuana.
Das Kraut wird einem in Varanasi ueberall angeboten und von Sadhus oder den Buergern geraucht, weil die Hindus glauben, dass Shiva ein wilder blauer Gott war (er hat ja das von Brahma erschaffene Universum zerstoert und neu erschaffen) Dreadlocks gehabt hat, auf einer Kuh (Nandi) dahergeritten ist und immer schoen einen durchgezogen hat. Das ist die offizielle Antwort auf unsere Fragen an die Einheimischen. Irgendwie unbefriedigend... Meine Meinung ist aber, dass man es nur so als Buerger diese verrueckte Stadt, in der sich Armut, Ueberbevoelkerung, Religion oder Reichtum aufeinander treffen, aushalten. Besonders bei 45 bis 50 Grad Celsius ansteigend...

Und dann sind da noch die VERKAEUFER, Rikschawallas oder Schlepper! Wenn man als Tourist hier noch nicht qualitativ abgezockt wurde, dann war man nicht in Varanasi. Besonders mit Seidenprodukte, Fahrpreise, Hotelzimmer oder Spendenaufforderungen kann man so ziemlich reinfallen, wenn man die Stadt nur ein paar Tage kennt. Da hat man doch gerne jemanden, der sich damit auskennt...

Varanasi am Morgen um 5.30 Uhr. Aaah, da ist noch alles ruhig und  die Luft ist erst ueber 30 Grad kuehl...

Varanasi am Morgen um 5.30 Uhr. Aaah, da ist noch alles ruhig und die Luft ist erst ueber 30 Grad kuehl...

Hindus beim rituellen Morgenbad um 6 Uhr 30. Man soll sich mit dem Gangeswasser reinigen und es sogar trinken, um sich von den eigenen Suenden innen und aussen frei zu waschen.

Hindus beim rituellen Morgenbad um 6 Uhr 30. Man soll sich mit dem Gangeswasser reinigen und es sogar trinken, um sich von den eigenen Suenden innen und aussen frei zu waschen.

Ruderbootclub Varanasi

Ruderbootclub Varanasi

Burning Ghats, Manikarnika oder Harishchandra

Auf dem oberen Bild kann man im linken Hintergrund ein wenig die Feuerstellen erkennen.
Das eines der "Burning Ghats" an dem die in schoenen Tuechern geschmueckten Toten nach einer Prozession auf einer Barre durch die Gassen in Varanasi gebracht werden. Aus kulturellen und spirituellen Gruenden kann man bei einer Verbrennung nur direkt beiwohnen, aber nicht fotografieren. Das wird bei Haft und Geldbuse geahndet.
Am Ganges eingeaeschert und verstreut zu werden ist eine Moeglichkeit die Wiedergeburt zu verkuerzen und sofort in das himmlische Nirvana einzutreten (Kommt natuerlich auch darauf an wieviele Suenden man im Leben gemacht und wie oft man im Ganges gebadet hat..) Es werden durchschnittlich 300 Tote an einem Tag eingeaeschert! Und das meistens mit hergebrachten Holz, das teuer bezahlt werden muss, oder aber auch mit einer neuen elektrischen Version, die schneller und billiger ist.
Falls jemand nach der Verschmutzung durch das Ritual fraegt, kann ich ihn beruhigen. Denn durch Glaubensrituale, also reingeworfene tote Tiere, Menschen, Asche etc. im Fluss, machen nur 5 % der Gesamtverschmutzung aus. Die Hauptursache ist einfach das Fehlen von Klaeranlagen an den vielen Zuflussstellen bis hinauf zum Ursprung.

Die heilige Kuh hat immer Vorrecht und sogar manchmal einen kleinen Kuhstall inmitten der verwinkelten Stadt. Die Kuehe haben anscheinend einen sehr guten elektromagnetischen Orientierungssinn, denn sie finden immer verschiedene Nahrungsquellen und wieder zum versteckten Bauernhof zurueck. Wie machen die das?

Die heilige Kuh hat immer Vorrecht und sogar manchmal einen kleinen Kuhstall inmitten der verwinkelten Stadt. Die Kuehe haben anscheinend einen sehr guten elektromagnetischen Orientierungssinn, denn sie finden immer verschiedene Nahrungsquellen und wieder zum versteckten Bauernhof zurueck. Wie machen die das?

Und jetzt stellt man sich noch die hundert Motorraeder oder Fahrradrikschas vor, die durch die Menschenmassen durchdraengeln!

Und jetzt stellt man sich noch die hundert Motorraeder oder Fahrradrikschas vor, die durch die Menschenmassen durchdraengeln!

Und viele Tempel an den sogenannten Stufen zum Ganges, den "Ghats".

Und viele Tempel an den sogenannten Stufen zum Ganges, den "Ghats".

© Florian Sebrich, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es geht darum, woher der Pfeffer wächst und warum man aus einer Reise von sich mehr lernt wie bei einer Weiterbildung zum "Teppichpurzler" zu Hause. Achja, wer bisher noch keinen lowbudget-Irrweg hinter sich hat, sollte sich hauptsächlich auf den Rhytmus, also die Zeit des Landes konzentrieren Also locker machen und nicht wie ein Pauschaltourist herum rennen! Auszeit! Basta! Gruaß an alle meine Amigos/Amigas
Details:
Aufbruch: 07.12.2010
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: Dezember 2011
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
Florian Sebrich berichtet seit 13 Jahren auf umdiewelt.