12 (?) Monate in Benin - ein Leben in einer anderen Welt

Reisezeit: Oktober 2007 - Oktober 2008  |  von Johanna Hoffmann

Weihnachten 19.-27.12.07

Weihnachten bei ca. 30°C. Schon komisch... Aber ich habe es tatsächlich geschafft, in Weihnachtsstimmung zu kommen. Im Kindergarten haben wir nämlich abends nach Sonnenuntergang Weihnachtsdeko gebastelt und dabei Weihnachtskinderlieder angehört (und nebenbei wurden wir noch von Moskitos zerstochen). Und da war dann doch eine gewisse Atmosphäre vorhanden. Schön. Mein Ausflug zur Emigration in Cotonou für meine Visumsverlängerung hat das dann jedoch wieder zerstört, denn ich habe feststellen müssen dass Behörde in Deutschland oder Behörde in Benin - Hauptsache umständlich und zum finanziellen Vorteil des Amtes. Die Welt ist eben doch klein... Das Taxi, mit dem ich unterwegs war, hat meine Laune dann allerdings wieder gehoben, denn es war der absolute Abschuss. In meinen 3 Monaten hier habe ich ja schon viel gesehen, aber das... Schon beim Einsteigen fiel mir die Flüssigkeit am Boden auf. Ich habe während der Fahrt festgestellt, dass sie aus dem Lenkrad oder einem Gerät in der Lenkradgegend tropft. Dass es so angenehm kühl war im Auto, trotz der 7-Mann-Besetzung, lang daran, dass unter der Fußmatte des Beifahrers...... nichts war. Also, nichts, außer einem großen Loch. Und ohne Hilfe des Fahrers war keine einzige der Türen zu öffnen. Da musste ich einfach in mich hineingrinsen. Mir wurde ja erklärt, dass die Autos hier nicht mehr verwendete Autos aus v.a. Deutschland und der Schweiz sind, die hier halt wieder brauchbar gemacht werden und dann auf den Straßen rumkurven. Fehlende Scheiben oder nicht öffnende Türen schränken ja die Fahrbarkeit nicht ein, also warum nicht weiter benützen?! (Deswegen kleben auch auf einigen Autos noch die "D"s oder "CH"s für das jeweilige Land.)

Am Donnerstag war dann Tabaski, "da töten de Muslime Schafe". So wurde mir das erklärt. Grandma meinte noch, dass sei weil Abraham (glaub ich) opfern wollte aber keine Schaf hatte und dann seinen Sohn opfern wollte und im letzten Moment hat Gott doch noch einen Ziegenbock geschickt. Und von diesem Tag an werden Schafe getötet. Maitresse Lati ist ja Muslima. Sie hat mir noch erklärt, dass wenn man einmal angefangen hat, muss man es jedes Jahr machen. Wenn man jetzt kein Geld hat und sich das nicht leisten kann, das ist hors de question. Man MUSS es tun, wenn man einmal angefangen hat. Deswegen hat sie es noch nie getan, sondern feiert Tabaski bei ihren Verwandten, weil sie einfach nicht sicher sein kann, jedes Jahr das Geld für ein Schaf zu finden.

Freitag, 21.12.07, Weihnachtsfeier im Kindergarten. Es ist gar nicht so einfach, einen Freiwilligen zu finden, der sich bei einer Bullenhitze gerne in ein Nikolauskostüm zwängt. Komisch, oder?! Naja, da die Direktorin und die KiGärtnerinnen eher passiv in dieser Hinsicht waren, hab ich schließlich wen organisiert. Es hätte mir einfach das Herz gebrochen, meinen Kleinen, die seit Wochen von nichts anderem als Papa Noёl redeten, erklären zu müssen, dass dieser leider verhindert ist. NIEMALS! Naja, die Feier war dann mehr oder weniger weihnachtlich, aber trotzdem sehr gelungen. Ein paar Eltern sind gekommen, und dann wurden Gedichte aufgesagt und Lieder gesungen. Allerdings, wenn ich die Lieder nicht gekannt hätte, dann hätte ich wohl kein Wort verstanden. Hehe. Danach sind die Kinder in jeweils ihre Klasse gegangen, es wurde gegessen und dann kam der Weihnachtsmann und hat jedem einzeln sein Geschenk in die Hand gedrückt. Das war teilweise etwas problematisch, weil manche Kinder solche Angst hatten, dass sie, auf meinem Arm sich in mich verkrallten und plärrten und wirklich einen absoluten Horror hatten. Hier muss ich anmerken, dass ich das verstehen kann, denn der Papa Noёl trägt nicht einfach einen Bart, sondern eine Plastikmaske. Und die ist weiß, denn es ist eine von den Franzosen eingeführte Tradition, und die sind weiß, also ist die Maske, und somit der Weihnachtsmann, auch weiß. In diese Maske sind nun einfach 2 Löcher rein geschnitten für die Augen. Einer der Jungs meinte zu mir, dass dem Nikolaus die Augen fehlten, man hätte sie ihm raus genommen. Naja, und da sollen die Kleenen keine Angst haben?! Aber gut, alles ist eben ein bisschen anders. Abgesehen von diesen kleinen (aber lauten) Zwischenfällen war es eine gelungene Feier und die Kinder am Ende total erschöpft, aber glücklich. Schön.

Am Samstag sind wir dann mit dem collège von René nach Ouidah, ca 20km westlich von Cotonou an der Küste gelegen, gefahren. Ein Tag am Strand. Mit Musik und Essen und lauter Jugendlichen. Das war schön. Echt schön. Auch wenn am Anfang alle etwas genervt waren, weil es hieß Abfahr um 7Uhr. Dass daraus 8Uhr werden würde, war klar. Das wir jedoch tatsächlich erst um 10:20 abgefahren sind, das war selbst für einige Beniner zu viel. Aber Am Strand angekommen hatten wir dass alle wie durch ein Wunder vergessen.

23., 24.12. waren stressig. Putztage. Alles muss hergerichtet werden für die Feier am 25. Hier feiert man ja am 25.12. und nicht am 24. Weihnachten ist das Fest der Kinder, denn schließlich wurde das ChristusKIND geboren. Bei unserer Familie hier bedeutet das, ein Haus voll voll voll mit Kindern zu haben, den ganzen Tag über. Oben im Salle de fête wird Musik angemacht und getanzt, Spiele gespielt, gegessen und gefeiert. Man hat den Eindruck, auf einer rießigen Mittsommernachtsfeier irgendwo im Süden zu sein. Die Beniner stehen nämlich neben ihren traditionellen Liedern v.a. auf Salsa und Zouk. (Zouk wird voreinander getanzt, dabei mit dem Hintern und den Hüften gewackelt was nur geht, um seinen Tanzpartner noch mehr anzuheizen. Quasi. Rhythmus ist Salsaähnlich.) Generell ist man beim Tanzen nicht scheu, Hauptsache sexy und man könnte jeden um den Finger wickeln, den man will. Wobei es darum nicht geht, sondern einfach, dass es schön anzuschauen ist - warum also "sittlich" tanzen?
Zurück zum Weihnachtsfest. Ja, es war also alles recht laut und hektisch. Aber trotzdem schön und v.a. eine Bombenstimmung. Am Nachmittag wurde dann ein Tanzwettbewerb gemacht, nach Alter untergliedert. Zuerst die ganz Kleinen, dann bis 6 Jahre, etc etc. Und der Beste kriegt nen Preis. Da ist der Raum beinahe zerplatzt vor Jubelrufen und Anfeuern und Klatschen und ich glaube, sämtliche Sitzkissen können jetzt endgültig entsorgt werden, denn die nicht Tanzenden haben im Sitzen trotzdem getanzt. Man sieht also, trotz der Andersartigkeit war es irgendwie schön. Zwar keine Spur von Besinnlichkeit, aber das ist hier auch eher die Aufgabe des Neujahrs. Denn, so wurde mir das erklärt, man ist jedes Jahr froh, das Jahr überstanden zu haben, noch gesund zu sein, kein oder nur wenige Familienmitglieder verloren zu haben und einfach, das vergangene Jahr bestmöglich um die Runden gekriegt zu haben. Da geht jeder in die Kirche oder betet zu Hause, und am 01.01. geht man von Haus zu Haus und sagt den Leuten Glückwünsche. Das Leben ist einfach zu unsicher, als dass man ein überstandenes Jahr einfach so hinnehmen könnte.

© Johanna Hoffmann, 2007
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Endlich wird ein Traum wahr: Mama Africa, ich komme!! Für voraussichtlich 12 Monate werde ich in Abomey leben, davon 6 Monate in einem SOS Kinderdorf, die anderen 6 in einem Krankenhaus ein freiwilliges Praktikum machen.
Details:
Aufbruch: 07.10.2007
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: Oktober 2008
Reiseziele: Benin
Ghana
Der Autor
 
Johanna Hoffmann berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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