Ins Land der Skipetaren

Reisezeit: Mai 2018  |  von Herbert S.

Apollonia - UNESCO

Frühstück und Aufbruch wie gehabt, selbst die Abholung aus zwei Hotels geht problemlos. Zunächst haben wir ein recht lange Fahrt vor uns, denn wir müssen von Permet wieder an die Küste, d.h. wir fahren wieder nach Nordwesten zurück und müssen auch den Pass, den wir gestern überquert haben, nehmen um dann durch das Vjosa-Tal bis nach Fier zu gelangen.

schneebedeckte Berge in den Tälern

schneebedeckte Berge in den Tälern

landwirtschaftlich intensiv genutzte Myzeqe-Ebene

landwirtschaftlich intensiv genutzte Myzeqe-Ebene

Von dort führt eine abenteuerliche Straße durch die Myzeqe-Ebene bis wir an einen kleinen Hügel kommen, auf dem die Ausgrabungsstätte Apollonia liegt, von der angeblich nur 5% ausgegraben wurden.

Die Stadt wurde auf zwei rund 100 Meter hohen Hügeln angelegt. Auf dem einen befindet sich das Apollo-Heiligtum, genannt Temenos, auf dem zweiten die Akropolis mit den Militärlagern, die zur Zeit Caesars >Arx< genannt wurde.
Damals lag der Fluss Vjosa nur knapp zwei Kilometer vom offenen Meer entfernt und die Stadt prosperierte mit Handel der Landwirtschaft aus der großen Myzeqe-Ebene und den Produkten der Handwerker, Keramik, Werkzeuge, Bronze, Silber- und Goldschmuck sowie Waffen produzierten.
Zur Römerzeit lag die Stadt an der Via Egnatia, die als Fortsetzung der Via Appia (über die Adria) über Ohrid (Mazedonien) nach Konstantinopel führte.
Gegrpndet wurde die Stadt Apollonia jedoch bereits im 6. Jahrhundert vor Christus von griechischen Kolonisten. In der käuflichen Ausgrabungsbroschüre ist sogar von der ersten illyrischen Stadt die Rede, daher vermutet man heute durch noch früher zu datierende Funde, dass sie auf illyrischem Grund erbaut wurde.

Während die zahlreichen Damen ein bestimmtes Örtchen aufsuchen, renne ich schon mal zu den beiden am besten aussehenden Ruinen und fotografiere sie nahezu menschenleer. Es bleibt sogar noch Zeit die Schautafeln, die nur auf albanisch und Englisch beschriftet sind, festzuhalten. danach macht Ivi eine interessante Führung, die ich nur teilweise mitbekomme, da nun eine ganze Jugendhorde um uns rumwuselt.

Das auffälligste Bauwerk ist der Buleterion (Stadtrat), Er hat die Form eines Rechteckes von 19 m mal 15 m.

Die restaurierte Vorderseite mit einer Höhe von 15 m ist auf die Ostseite des Stadtzentrums gerichtet. Die Eingangsstufen führen direkt in den Portikus (Vorhalle) mit sechs Säulen korinthischen Stils. Der Versammlungssaal des Stadtrates hat die Form eines kleinen Theaters. Auf der Vorderseite des Epistyl (tragender Hauptbalken) ist eine Inschrift in Altgriechisch eingemeißelt, die besagt, dass dies das Gebäude des Stadtrats sei und von einem Einwohner Apolloniens, Mitglied des Stadtrates und Agonothet (Organisator der sportlichen Spiele, was dem Gebäude auch den Namen gab), gestiftet wurde. Das Monument wurde während der römischen Periode im 1. Jh. n. Chr. gebaut. Dass jedoch die Inschrift in altgriechischer Sprache verfasst worden ist, bezieht sich auf die Autonomie, welche der Stadt von Oktavian Augustus verliehen worden war.

Obwohl bereits 1926 entdeckt, wurde das Gebäude erst 1976 rekonstruiert. Die Säulen bestehen aus Marmor und tragen z.T. gut erhaltene korinthische Akanthuskapitelle. Um das Portal wieder aufbauen zu können, sind allerdings einige Säulen in Beton ausgeführt.

Neben dem Buleterion gehören weitere Gebäuden zur Agora, auf der alle wichtigen Feste, politischen Reden und Handelsgeschäfte stattfanden:

rechts vorne Reste der Fundamente des Triumphbogens

rechts vorne Reste der Fundamente des Triumphbogens

Vom Triumphbogen sind lediglich die vier Fundamente übriggeblieben Die Kalksteinfundamente mit dem Grundriss in Form eines Kreuzes sind mit hellenistischen Ziegeln bedeckt. Die Säulen über der steinernen Grundbasis sind mit dem typisch römischen Beton (Kalkmörtel mit Sand und kleinen Fragmenten aus Steinen und Ziegeln) gebaut.
Diese Betonmasse ist mit 4 cm dicken römischen Ziegeln verkleidet. Die Spuren von Steinplatten beweisen, dass der ganze Bogen mit Kalksteinplatten verkleidet gewesen war. Es gilt die Vermutung, dass der Triumphbogen Kaiser Caracalla gewidmet sein könnte, der im Jahr 217 n. Chr. nach einem Sieg im östlichen Gebiet des Reiches Apollonia besuchte. Wahrscheinlicher ist, dass die Apollonier diesen Triumphbogen zur Erinnerung an den ersten römischen Kaiser Oktavian Augustus gebaut haben, der in Apollonia studiert hat und der Stadt das "Civitur Libera et Imunis" verlieh.

hier vorne links  - dahinter die Bibliothek und das Odeon

hier vorne links - dahinter die Bibliothek und das Odeon

2 Buleterion - 3 Fundamente des Triumphbogens 4 Bibliothek - 6 Odeon

2 Buleterion - 3 Fundamente des Triumphbogens 4 Bibliothek - 6 Odeon

Die Blibliothek hat einen quadratischem Grundriss von 11,50 m mal 11,05 m. Über dem Kalksteinfundament richtet sich eine bis zu 1,5 m hohe, noch erhaltene Mauer aus römischen Ziegeln auf.

Viel anschaulicher ist das Odeon mit den ansteigenden Sitzreihen, die in die Temenosmauer übergehen. Auch dieses Gebäude hat eine quadratische Form von 17 m mal 17m. Seine Mauern wurden mit römischer "Beton'-Technik gebaut und mit römischen Ziegeln verkleidet. An der Fassade der Seite zum Hauptplatz ist ein Podium aus Steinblöcken auf das man über zwei Stufen gelangte. Das war auch der Eingang für die Schauspieler zur Bühne und zur Orchestra (Arenabühne). Für die Zuschauer gab es zwei andere Eingänge an der Seite des Theaters, das 16 Zuschauerränge mit einer berechneten Kapazität für 500 bis 600 Zuschauer besitzt. Am Hang und im Bühnengraben sind Spuren von Marmor erhalten, mit dem die ganze Bühnenoberfläche und die Zuschauerränge des Odeon verkleidet waren.

In den ersten archäologischen Ausgrabungen wurden zwei Portikus im Stadtzentrum (Agora) freigelegt. Während der letzten archäologischen Ausgrabungen in Apollonia wurde noch ein dritter Portikus endeckt.

Im Norden des Odeon befindet der Portikus mit 17 Nischen. Er wurde Ende des 4. Jh. v. Chr. gebaut, zwei Jahrhunderte später als der Süd-Portikus. Dieser Portikus mit 75 m Länge und 12 m Breite liegt in nord-südlicher Richtung. Auf der östlichen Seite des Portikus gibt es, um dem Druck der Erde des Olivenhügels standzuhalten, eine Terrassenmauer mit 17 Nischen. Gegenüber den Nischen stehen zwei Reihen schwerer, achteckiger Säulen übereinander. Für den Bau der Mauer und der Säulen wurden Kalksteine mit Fossilienschalen verwendet.

Vorstellungshilfen auf den Schautafeln

Vorstellungshilfen auf den Schautafeln

Nördlich des Portikus mit den 17 Nischen wurde ein Wasserspeicher, eine so genannte Zisterne, entdeckt. Es war für Apollonia nicht möglich Wasserleitungen zu bauen. Das Wasser der Stadt für den Alltagsgebrauch wurde aus unterirdischen Wasserquellen in etwa 12 m Tiefe an die Oberfläche gepumpt. Auch Regenwasser wurde in Wasserbehältern aufgefangen. Jedes Haus hatte im Garten einen Brunnen und oft auch eine Zisterne.

Zisterne

Zisterne

Da die Überreste Apollonias auf der Akropolis kaum ausgegraben sind, sind sie für den Laien viel weniger anschaulich. Wir laufen noch ein wenig weiter, kehren jedoch bald zum Ausgangspunkt zurück.

Selbst im anschließenden Klosterbesuch meint er: wir gehen dorthin, wo sie nicht hingehen. Daher ist zuerst das Museum an der Reihe. Am Eingang sieht man, dass das illyrische Ruinenfeld als Steinbruch benutzt wurde. Eine ganze Reihe von Spolien sind in die Mauern eingearbeitet worden. Sogar ein auf dem. Kopf eingesetzter Steinblock zeigt ein Minarett, man vermutet, dass dieser von einem Bauarbeiter in Pausen bearbeitet worden ist. Darüber ist das Thema des Steinblock – Jesu Einritt nach Jerusalem – noch zu erkennen.

© Herbert S., 2018
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ein Artikel in der Welt 'Albanien und die unentdeckten Traumstrände Europas' bot mit 34 Fotos der Autorin interessante Aspekte in bezug auf Architektur und Kultur. Die Strände interessieren uns zwar weniger, waren aber auch nicht Schwerpunkt des Artikels. Lange in Vergessenheit geraten, wurden wir durch einen Prospekt eines bekannten Discounters auf eine preiswerte Variante für Albanienreise aufmerksam und zögerten nicht lange zu buchen.
Details:
Aufbruch: 08.05.2018
Dauer: 8 Tage
Heimkehr: 15.05.2018
Reiseziele: Albanien
Mazedonien
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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