Nach Costa Rica und weiter...

Reisezeit: Februar - September 2007  |  von Stefania Wunderli

COSTA RICA: Esskultur

Dieses Kapitel werde ich den kulinarischen Gewohnheiten der Ticos widmen. Denn die costaricanische Kueche spielt in meinem jetzigen Leben doch eine ziemlich entscheidende Rolle. Ich hab mich neamlich ein bisschen in sie verliebt .
Die Hauptbestandteile einer Mahlzeit ist in Costa Rica Trockenreis. Schwarzen Bohnen, Frijoles genannt, fehlen auch selten. Ein typisches Gericht nennt sich Casado, was soviel heisst wie "Verheiratetes". Ein Casado besteht grundsaetzlich aus Fleisch, Fisch oder Eiern mit Reis und schwarzen Bohnen als Beilage. Je nach Restaurat bzw. Koch/Koechin wird das Casado meist mit einer Auswahl aus Weisskohlsalat, Gemuese, Pastasalat, Randen (rote Beete ) und Eiern an Mayosauce, gekochtem Kuerbis und frittierten Bananen serviert. Das ganze kann mit Chilisauce, Curtido (scharfe Mischung aus Peperoncino und Gemuese) und/oder Salsa Lizano (Tico-Version einer Worcestershire-Sauce) gewuerzt werden. Diese drei Saucen stehen hier (aehnlich wie bei uns Salz und Pfeffer) sozusagen auf jedem Esstisch und mindestens einer dieser Saucen verleiht dem Tico-Gericht das gewisse Etwas. Pure Wuerze auf dem Teller ist jedoch eher weniger mein Ding. Aber Geschmaecker sind ja bekanntlich verschieden...

Mischt man nun die Grundzutaten der costaricanischen Kueche Reis, Frijoles und Wuerze zusammen, ist man schon in der Lage, das Nationalgericht "Gallo Pinto" hinzuzaubern. Der Name "Gallo Pinto" bedeutet wortwoertlich uebersetzt bemalter Hahn.

Das Gericht erhielt seinen Namen gemaess einer Legende in San Sebastian, suedlich von San Jose.

Don Barnabe, ein reicher Bauer aus San Sebastian, lud einige Dorfbewohner dazu ein, in seinem Hause den 20. Januar, Tag des Heiligen Sebastians (Dorfpatron), zu feiern. Er kuendigte an, einen grossen gefleckten Hahn (Gallo Pinto) zu schlachten, der schon waehrend einigen Monaten gemaestet worden war. Da widererwarten so viele Leute die Einladung annahmen, stellte sich heraus, dass der dicke Hahn nicht ausreichte, um jedem Gast auch nur ein kleines Stueck Fleisch geben zu koennen. Die Koechinnen von Don Barnabe jedoch, fanden eine Notloesung. Sie bereiteten eine Mischung aus Reis und schwarzen Bohnen vor, um wenigstens den Hunger aller geladenen Gaeste zu stillen.
Die geladenen Dorfbewohner fuehlten sich hintergangen und der peinliche Vorfall im Hause Don Barnabe verbreitete sich in der ganzen Region wie ein Lauffeuer. Die Leute machten sich lustig ueber den reichen Bauern. Sie fragten sich gegenseitig, ob sie schon den "Gallo Pinto" von Don Barnabe probiert haetten, obwohl alle wussten, dass Don Barnabe ihnen nur Reis und Bohnen serviert hatte. Seither wird die Mischung aus Reis und Bohnen "Gallo Pinto" genannt.
Huebsche Geschichte, nicht wahr? Ob's stimmt, das wissen die Ticos auch nicht!

Gallo Pinto ist erstaunlicherweise ein Fruehstuecks Menue und wird meist mit Toast und Ruehrei kombiniert. Das fand ich ziemlich komisch, bis zum Zeitpunkt, als ich eines Morgens ganz verschlafen an den Fruehstuckstisch sass und eine Galbel voll Gallo Pinto in meinen Mund schaufelte. Ich hatte noch nicht einmal meine Augen ganz geoeffnet, als auch schon der erste Bissen meine Geschmacksnerven anregte. Da war ich aber blitzartig wach! Was bleibt da mehr zu sagen als "Hoch lebe Gallo Pinto!" . Aber nicht nur der Hahn ist in Costa Rica besonders Kult sondern Huehnervoegel im Allgemeinen. Nebst Gallo Pinto schmeckt auch "Pollo Frito" (frittiertes Haehnchen) ausgezeichnet. Zusammen mit Tortilla Chips ist Pollo Frito Fast-Food Nummer 1 des Landes. Pouletfleisch ist guenstig und ueberall erhaeltlich. Zum Beispiel auch beim Nachbarn . Ich staunte nicht schlecht, als mein Tico-Vater an einem Sonntag Morgen mit dem Fleischmesser einem Nachbarhuhn nachjagte um es einzufangen. Schliesslich toetete er es, nahm es hinter dem Haus aus und praeparierte es fein saeuberlich. Das toent nun alles ein wenig makaber, aber es war wirklich spannend einmal das "Innenleben" eines Huehnchens zu sehen (z.B. das Organ, in dem die Eier produziert werden). Am Abend fand ich das Huhn selbstverstaendlich auf meinem Teller wieder. Und es war koestlich wie immer! Ein Bio-Huhn à la Costa Rica, das bestimmt ein schoenes Leben gefuehrt hat.

Mehr noch als Huehnerfleisch mag ich jedoch die Fruechte (ich kanns nicht genuegend erwaehnen...). An Stelle von Gallo Pinto steht fuer mich jeden Morgen ein Teller mit frischen, "exotischen" Fruechten bereit. Auf diese werde ich in Zukunft nur noch schlecht verzichten koennen. Die Fruechte sind hier nicht nur suesser, sondern auch mindestens doppelt so gross. Die durchschnittliche Papayalaenge zum Beispiel liegt bei ca. 30cm! Mangos keonnen auf der Strasse gesammelt werden und mit ein bisschen Mut und Kraft ist es moeglich Kokosnuesse von den Palmen zu ernten. Kokosnuesse so zu oeffnen, dass die Milch in der Nuss bleibt, das ist wieder eine Kunst fuer sich .

Dank den woechentlich angebotenen Kochkursen an der Schule bekam ich einen Einblick in die Gerichte Costa Ricas, die weniger alltaeglich, trotzdem typisch und genauso geschmacksvoll sind, wie Casado und Konsorte. (Ich hab alle Rezepte der bisherigen Lektionen aufgeschrieben... Wer kochfreudig und neugierig ist, kann sich gerne bei mit melden )!
Mag mir auch die costaricanische Kueche noch so ausgezeichnet schmecken, da gibt es doch einige Koestlichkeiten aus der Schweiz, auf die ich mich freue, wenn ich zurueckkomme. Zum Beispiel:

- frisches, knuspriges Brot und Zopf
- Papa-Aprikosen-Marmelade *mmmmmh*
- knackige Aepfel (und keine "Granny Smith")
- gute Joghurts
- gemischter Salat mit wuerziger Sauce
- trinkbares Wasser aus dem Hahn
- und natuerlich... Wie koennte es anders sein?! SCHWIIZER SCHOGGI!!!

Jaenu... Man kann nicht immer alles habe, das ist klar!

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Zürich über Madrid nach San José, Quito und Buenos Aires! Für 6 1/2 Monate mittel- & südamerikanische Luft schnuppern und Erfahrungen machen, die das Leben prägen...
Details:
Aufbruch: 28.02.2007
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: 15.09.2007
Reiseziele: Costa Rica
Nicaragua
Quito
Peru
Bolivien
Argentinien
Der Autor
 
Stefania Wunderli berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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