USA 2008 - Südwesten

Reisezeit: Mai / Juni 2008  |  von Uschi Agboka

2./3. Juni 2008 - Arizona/Utah

Moran Point - Blick auf den Colorado River im Grand Canyon

Moran Point - Blick auf den Colorado River im Grand Canyon

Montag, 2. Juni 08 20. Tag Lees Ferry Lodge, Arizona

Heute sind wir schon um 5.30 Uhr aufgestanden. Es gab keinen Kaffee im Zimmer (defekte Maschine) und Frühstück erst ab 7 Uhr. So haben wir erst das Motorrad geladen. Nein, Rolf lädt das immer allein. Er macht das ratz-fatz. Dann das "Frühstück": warmes Wasser, braun gefärbt und Schokoladenteilchen. Ich hab die Brühe verschmäht, Rolf hat Milch dazu genommen und unser gutes Brot getunkt. So ging es. Dann sind los, Richtung Grand Canyon, Süd Rim. Der Grand Canyon: Gigantisch, gewaltig. 1.600 m tief. Seine Entste-hung ist weiterhin ein Rätsel. Die Fahrt durch das nette Örtchen William war nochmals sehr schön, urige kleine Lokale, nette Hotels mit Gärten zum Draußensitzen. Auch die weitere Strecke zum Grand Canyon war wunderschön. Da es früh am Morgen war, gab es wenig Verkehr. Unser erst Halt war am Mother Point, eine atemberaubende Aussicht. Dort gibt es auch ein Visitor Center, welches viele anschauliche Informationen über den Grand Canyon bietet. Und es gibt dort Massen von Menschen. Also verlassen wir diesen Platz und fahren zum Grandview Point. Auch dort die Sicht atemberaubend. Der Grand Canyon ist einfach gigantisch. Und ich habe meine tierischen Highlights des Tages: Am Himmel einen stolzen Adler und einen Falken, der im Sturzflug auf seine Beute kommt. Für mich ist das immer wieder ein beeindruckendes Erlebnis, diese Tiere in ihrer natürlichen Umge-bung zu sehen und nicht im Zoo. Dann geht es weiter zum Moran Point. Hier kommen nicht so viele Menschen hin. Man hat einen phantastischen Ausblick auf den Colorado River, der in der Sonne grün glitzert. Das ist überraschend, denn wir kannten ihn nur braun. Wir sind hier 2.182 m hoch, aber es ist sehr heiß. Wir sitzen auf den Steinen und genießen den schönen Ausblick. Als Busse kommen mit Massen von Menschen, verlassen wir diesen schönen Ort, wir kennen den Grand Canyon. Rolf ist vor vielen Jahren hier auch schon zum Colorado hinunter gewandert. Die Fahrt geht durch eine weiterhin schöne Landschaft: bizarre farbige Felsformationen. Als Mensch fühlt man sich klein in dieser gigantischen Landschaft.

Coronado, nach dem u. a. Gebirge, Wälder benannt wurden, startete im Februar 1540 in Mexiko City mit 300 Soldaten, vielen Indianern die Suche nach der Goldenen Stadt Cibo-la. Coronado fand diese Stadt nicht, aber er erkundete viel unerforschtes Land im Westen und war als 1.Europäer im Grand Canyon.
Um 13.30 Uhr erreichen wir die Navajo-Bridge. Wir machen dort in der Nähe des Visitor Centers Mittagspicknick: Tee, Wasser, kaltes Huhn, Oliven. Es ist einfach nur schön. Aber sehr heiß, bestimmt 40 Grad, wenn nicht mehr, in der Sonne. Weiter geht es durch den Marble Canyon. Wir finden die Lees Ferry Lodge, wo wir vor Jahren waren und es uns so gut gefallen hat, völlig einsam, mit Blick auf die Vermillion Cliffs, ein Traum. Da es uns hier so gut gefällt, entschließen wir uns, hier zu übernachten und nicht wie geplant in Kanab. So romantisch findet man selten etwas. Ich kann zwei Zimmer anschauen, eines schöner als das andere. Liebevoll eingerichtet mit alten Möbeln, schöner Bettwäsche und Handtüchern. Bänke, Sessel zum Draußensitzen, mit Blick ins Unendliche. Schon vor Jah-ren, als wir das erste Mal hier waren, dachte ich, das ist ein Platz, um die Seele baumeln zu lassen. Kein Luxus-Hotel kann da mithalten. Wir trinken gemütlich Kaffee, Rolf lädt ab, duschen, Haare waschen und dann sitzen wir draußen. Es berührt einen im Innern, in einer solchen Landschaft zu sein. Rolf liest, genießt sein Zigarillo, ich schreibe und langsam sehen wir die Dämmerung kommen. Für mich ist das ein Stück Paradies hier. Unser heutiges Abendessen besteht aus Fisch, Baguette, Oliven, Tomaten. Und dann erleben wir einen traumhaften Sonnenuntergang. Solche Tage in einer solchen Landschaft sind wertvoll und wir genießen sie bewusst und dankbar, dass wir das erleben dürfen. Lange am Abend sitzen wir draußen, Rolf genießt sein Bier, ich einen Sherry. Eine Deutsche, die auch hier übernachtet, gesellt sich zu uns und wir reden ein bisschen. Die beiden Hunde der Hotelbesitzerin, Toak und Peak, liegen bei uns. Wir gehen spät schlafen. Ein unvergesslicher Tag. 188 Meilen (303 km).

Ein bisschen Historie zu Lees Ferry:

Vor dem Bau der Navajo Bridge verkehrten Fähren über den Colorado bei Lees Ferry, dem einzige Ort im Umkreis von Hunderten von Meilen, an dem der Colorado von beiden Seiten aus leicht zugänglich ist. John Doyle Lee wurde hierher geschickt, um beim Aufbau einer Fährverbindung für mormonische Missionare auf dem Weg nach Arizona zu helfen. Lee befand sich nach dem Mountain Meadows Massaker (1857) auf der Flucht: Das Hochgebirgstal Mountain Meadows war Schauplatz eines der schrecklichsten Ereignisse in der Geschichte des amerikanischen Westens. Im Sommer 1857 erreichten die Spannungen zwischen dem mormonischen Königreich Gottes und den übrigen United States ihren Hö-hepunkt. Nachdem US-Soldaten auf Utah zumarschierten, schien der erwartete Mormonenkrieg unausweichlich. Als ein Planwagen mit Siedlern (die Fanchergruppe) aus Arkan-sas und Missouri auf dem Weg nach Kalifornien Anfang August 1857 Salt Lake City erreichte, weigerten sich die Einwohner, den Siedlern von ihren Wintervorräten zu verkau-fen. Daraufhin plünderten die Siedler mormonische Farmen und drohten, sie würden mit Verstärkung zurückkommen. Anschließend zog die Fancher-Siedler-Gruppe nach Süden Richtung Mountain Meadows, eine fruchtbare wasserreiche Stelle am Old Spanish Trail, wo Reisende oft Halt machten, um sich für die letzte Etappe durch die Wüste zu stärken. Nach ein paar Tagen wurde die Siedlergruppe von Kriegern angegriffen, die wie Indianer verkleidet waren. Viele Gruppenmitglieder wurden getötet, nur wenige konnten sich hinter einem Erdwall in Sicherheit bringen. Vieles über diesen Zwischenfall ist unklar. Fest steht aber, dass das mormonische Militär des südlichen Utah in dem aggressiven Wagentrupp der Siedler eine Gefahr sah, die es zu eliminieren galt. Ihr Kommandeur, John D. Lee, ritt am 11. September 1857 zu den belagerten Christen hoch und verkündete, er habe mit "den Indianern" einen Handel geschlossen, dass die Gruppe unbehelligt nach Westen weiterziehen könne, sofern sie ihre Waffen niederlegten. Die Siedler, die kaum noch Munition hatten, willigten ein. Jeder bekam einen Mormonen als Begleitperson zugeteilt und so machten sie sich auf den Weg nach Westen. Nachdem sie eine Meile zurückgelegt hatten, gab Lee den Befehl: "Halt! Tut Eure Pflicht!", worauf die mormonischen Soldaten fast die ganze Gruppe Siedler töteten, insgesamt 120 unbewaffnete Männer, Frauen und Kinder. Die einzigen Überlebenden, 17 Kinder, wurden zunächst von Mormonen adoptiert, später aber ihren Verwandten zurückgegeben. Als sich die Nachricht von dem Massaker im Land verbreitete, glaubte man, es sei auf Anordnung von Brigham Young geschehen. Doch es fand nie eine gerichtliche Untersuchung statt, denn die Machthaber im südlichen Utah waren mit Sicherheit an dem Komplott beteiligt und die US-Regierung war zu sehr mit dem Bürgerkrieg beschäftigt, um der Sache nachzugehen. Die meisten Täter zogen sich in abgelegene Außenposten in der Wüste zurück. John D. Lee richtete den Fährbetrieb über den Colorado ein. Doch 1870 beugte sich Brigham Young dem landesweiten Druck und übergab 1874 Lee dem Gericht. Dieser wurde 1877 standesrechtlich erschossen. Für manche Mormonen ist er bis heute ein Held. 1990 wurde am höchsten Punkt des Highway 18 ein Mahnmal zur Erinnerung an das Massaker errichtet. Jedes der Opfer ist namentlich erwähnt, doch auf der Inschrift steht nur, die Gruppe sei "angegriffen" worden. Von einer Beteiligung der Mormonen ist nicht die Rede.

Dienstag, 3. Juni 08 21. Tag Hurricane, Utah

Kurz vor 5.30 Uhr stehen wir auf und gehen nach draußen: Ein phantastischer Sonnenaufgang in einer unwirklichen Landschaft. Man muss es erleben, um es zu verstehen.
Anschließend relaxen wir noch ein bisschen, ehe wir um 7 Uhr frühstücken: guten Kaffee, Eier, Kartoffeln, Toast. Rolf genießt noch eine Zigarillo, bevor wir diesen schönen Ort verlassen. Die Straße führt uns am Jakob Lake durch das Gebirge nach Fredonia. Ein hübsches kleines Städtchen. Wir fahren in die Paiute Indianer Reservation hinein, bis zum Pipe Spring National Monument. Paiute haben sich hierher in die Wüste zurückgezogen, um vor den Spaniern sicher zu sein. Später entdeckten Mormonen diesen Platz, wo es sehr gutes Wasser gab (in den späten 1850 Jahren) für ihre Viehzucht. Die Mormonen besetzten die wenigen Wasserstellen in dem Wüstenland und vertrieben die Indianer. Es folgten vie-le Kriege zwischen den Mormonen und den Indianern. 1868 wurde ein kleines Fort in Pipe Spring von den Mormonen errichtet, um vor den Indianern besser geschützt zu sein. Es wurde nach Perry Windsor, der beim Bau half, benannt. Pipe Spring wurde am 31.05.1923 zum National Monument erklärt. Es gibt ein beeindruckendes Visitor Center und ein freundlicher älterer Indianer-Ranger erklärt mir Vieles. Dieser Ort ist sehr abgelegen und wird daher - leider - nur von wenigen Menschen besucht. Wir fahren zurück, um 12 Uhr überqueren wir die Grenze nach Utah, die Uhr wird eine Stunde vorgestellt. Bald sind wir in Kanab, ein schönes, aber teures Touristenörtchen. Unser Weg geht über den Mount Carmel Pass, bevor wir in den Zion National Park fahren. An Eingang begrüßen uns friedlich weidende Büffel. Diese großen Tiere sind immer wieder ein schöner Anblick. Die Straße ist schmal, kurvig, aber mit phantastischen Ausblicken auf die Berge. Ein Traum. Wir bewundern Checkerboard Mesa, eine versteinerte Düne, mit einem Muster, das wie ein Schachbrett aussieht. Dann folgen 2 Tunnel, einer sehr lang und dunkel, aber die Aus-sichten sind immer wieder traumhaft schön. Grüne Canyons, rote Felsen,, blauer Himmel, blühende Wiesen, am Himmel stolze Adler - der Zion ist wunderschön und eine einzige grüne Oase. Der Zion Canyon wurde ca. 500 n. Chr. Von den Virgin Anasazi, nomadische Jägern und Sammler, bevölkert. 1250 wurden sie durch Trockenheit aus dem Canyon vertrieben. Die einzigen Spuren sind Felsmalereien an den Wänden der Schlucht. Später zogen Paiute Indianer durch den Canyon. Allerdings galt bei ihnen der Zion als das Reich Wai-No-Pits, dem Bösen, der Krankheiten bringt. Isaac Behunin, der 1862 eine Hütte baute, wo heute die Zion Lodge steht, taufte den Canyon "Little Zion", in der Hoffnung, das würde eine Zuflucht für die verfolgten Mormonen. Aber die schwierige Landschaft erwies sich als ungeeignet für jede Art von Landwirtschaft. Um 14.30 Uhr machen wir auf einer schattigen Wiese Picknick: Salami, Erdnüsse, Tee, Saft. Es weht ein leichter Wind, so ist die hier herrschende Hitze zum Aushalten und wir rasten fast eine Stunde. Dann geht es weiter. Gegen 16.15 Uhr erreichen wir das mondäne, teure Springdale, mit großen Hotels und schönen Villen, umrahmt von Blumengärten. Um 17.30 Uhr sind wir in Hurricane und finden ein schönes großes Zimmer im Rodeway Inn. Baden, Duschen, ein kühles alkohol-freies Bier mit Eis und schon fühlt man sich wie neugeboren, nach 171 Meilen (275 km) in der Hitze. Heute Abend gibt es Lachs, Gurken, Baguette, Tomaten. Wir sitzen draußen im Garten und lassen den schönen Tag ausklingen.

Weitere Bilder zu diesem Reisebericht unter www.harley-rolf.de

Blick von der Lees Ferry Lodge auf die Vermillion Cliffs

Blick von der Lees Ferry Lodge auf die Vermillion Cliffs

Sonnenaufgang über den Vermillion Cliffs

Sonnenaufgang über den Vermillion Cliffs

Checkerboard Mesa - eine versteinerte Düne im Zion Nationalpark, die ein Schachbrettmuster aufweist

Checkerboard Mesa - eine versteinerte Düne im Zion Nationalpark, die ein Schachbrettmuster aufweist

© Uschi Agboka, 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
4-wöchige Motorradtour durch Colorado, Texas, New Mexiko, Arizona, Kalifornien, Nevada, Utah von Mitte Mai bis Mitte Juni 2008
Details:
Aufbruch: 14.05.2008
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 12.06.2008
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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