Nepal - Annapurna Trek

Reisezeit: Oktober / November 2007  |  von Annette Panic

Nachdem wir lange davon geträumt haben, einmal nach Nepal und in die Berge des Himalaya zu kommen, geht es im Oktober endlich los - 4 Wochen trekking ...

Von Delhi nach Pokhara

Wir fliegen am 1. Oktober gegen Mittag los, das Wetter könnte nicht schöner sein und auch sonst läuft alles irgendwie besser als sonst. Zuerst geht es Richtung Istanbul, wo wir doch tatsächlich einen alten Freund treffen, den wir schon seit 10 Jahren nicht mehr gesehen haben! Im Flugzeug haben wir dann sogar die Plätze nebeneinander und können ihn den ganzen Flug lang über Nepal ausfragen, denn er war schon einmal dort!

Die Ankunft in Indien ist ein Schock, eine andere Welt voller komischer Gerüche, man kann sich nicht entscheiden, ob sie nun gut oder schlecht sind. Wahrscheinlich ist es eine Mischung von beidem und es ist wohl immer der erste Eindruck den man von Indien bekommt. Vor acht Jahren waren wir schon mal hier, reisten damals zwei Monate quer durchs Land, einen Monat durch Südindien, was uns entschieden besser gefiel, dann noch einen Monat durch Nordindien. Doch egal wie oft oder wie lange man schon hier war, der Schock, den man gleich am Flughafen bekommt bleibt nicht aus.

Es ist tiefste Nacht und gleichzeitig ist es drückend heiß. Für ein paar Minuten stehen wir einfach da und versuchen den Wirrwarr, die vielen Menschen und sonstigen Eindrücke zu akzeptieren. Nachdem wir uns erfolglos wegen einem Anschlußflug nach Kathmandu erkundigen, beschließen wir, erstmal in einem Hotel zu übernachten und uns dann morgen ein Zugticket nach Gorakhpur zu besorgen, was an der Grenze zu Nepal liegt. Viele Touristen nehmen diese Strecke und von Gorakhpur soll es gute Busverbindungen geben.

Als wir dann mit dem Taxi durch die erdrückend heiße und staubige Luft Delhis fahren, staunen wir über die vielen Autos und LKWs, die um diese Zeit unterwegs sind. "Die LKWs dürfen in Delhi nur Nachts fahren", klärt uns der Taxi-Fahrer auf. Die Fahrt bis Connought Place kostet 300 Rupies, der Kurs steht bei 55 Rupies für ein Euro. Wir versuchen in eins der Hotels zu kommen, die in der Nähe des Bahnhofs liegen und so landen wir hier. Mit 20 Euro pro Nacht ist es gar nicht billig, aber uns bleibt nicht viel übrig und es ist auch nur für eine Nacht.

Das Hotel selbst ist eine echte indische Absteige, im Eingang sitzt ein komischer alter Mann, der die ganze Zeit seine Diener herumkommandiert, von denen manche nicht mehr als 10 Jahre alt sind. Es gibt viel Marmor an den Wänden und auch der Boden und die Treppenstufen wollen unbedingt auf ein teures Hotel hinweisen, leider nur ist alles ziemlich verwarlost, wie es eben so ist, in einer nordindischen Großstadt. Das Zimmer selbst ist aber sauber und hat sogar AirConditon und so versuchen wir wenigstens ein paar Stunden in den viel zu kurzen Betten zu schlafen.

Zum Frühstück gibt es Kekse, die wir uns mitgebracht haben, um uns nicht gleich am ersten Tag in Indien den Magen zu verderben. Wir packen alles wieder zusammen und mieten uns zwei Fahrad-Riksas, mit denen wir uns bis zum Bahnhof fahren lassen. Es geht quer durch die bunte Einkaufsstraße im Paharganj und sowohl wir als auch unsere Fahrer haben Spaß dabei, denn sie werden fotografiert und sind mächtig stolz darauf.

Als wir am Bahnhof ankommen ist es heiß, staubig und voller Lärm. Die Kulis laufen hinter uns her und nerven uns, als wäre die Situation nicht schon anstrengend genug. Mit unseren schweren Taschen kämpfen wir uns durch die Menschenmassen und suchen verzweifelt nach dem Tourist Ticket Schalter.

Mit Fragen kommt man hier nicht viel weiter, denn ein jeder will einen reinlegen und dabei gutes Geld verdienen. Nach einer Weile sind wir zu müde und zu erschöpft und lassen uns auf so einen Typen ein, der uns "behilflich" sein will. Mit viel Eifer bringt er uns in sein kleines Büro und handelt mit uns einen Preis für die Tickets aus. Nach einer Weile sind beide Seiten einverstanden, er will alles besorgen und arrangiert sogar noch ein Hotelzimmer, in dem wir bleiben können, bis der Zug am Abend losfährt.

Ich bin mir nicht sicher, ob wir wirklich das Erste-Klasse-Abteil im Zug bekommen, denn als wir endlich an den Gleisen warten, sehe ich nur arme Leute überall herumliegen, nicht ein Tourist weit und breit. Als dann auch noch der alte rostige Zug mit seinen Gitterstäben als Fenster angerollt kommt, ist mir zum Weinen zumute, doch wie ein Wunder finden wir unseren Erste-Klasse-Wagon und das Leben ist wieder in Ordnung. Wir haben jeder eine Schlafliege und alles ist einigermaßen sauber.

Irgendwann am frühen Vormittag kommen wir in Gorakhpur an und obwohl ich geglaubt hatte, es gäbe nichts Schlimmeres als Paharganj in Delhi, hier ist es: Railway Station in Gorakhpur. Ich will die Hippies mit ihren großen Rucksäcken ansprechen, die im gegenüberliegenden Abteil übernachtet hatten und fragen, wie sie denn nach Nepal kommen, aber dann lasse ich es bleiben und entscheide mich später auf dem Bahngleis eine Gruppe älterer Leute, auch mit Rucksäcken, anzusprechen und das ist die perfekte Arrangierung. Es sind Bergsteiger aus der Tschechei und wollen auch direkt nach Pokhara. Außerdem haben sie einen Nepalesen dabei, den sie im Zug kennengelernt haben und der sehr freundlich ist. Sein Name ist Krischna, wie wir später herausfinden und er arrangiert alles für uns.

Auf diese Weise bekommen wir ein Jeep-Taxi, was wir vom Preis durch Sieben teilen können und zahlen so pro Person 200 Rupies, knapp 4 Euro bis zur Grenze. Das ist nicht viel teurer als der Bus, macht aber einen wesentlichen Unterschied was die Zeit und Bequemlichkeit betrifft. Bis wir allerdings losfahren gibt es nochmal chaotische Szenen, die Fahrer fangen an zu streiten, die Bahnhofsmafia muß bezahlt werden, dann fangen sie an, an dem Taxi herumzureparieren, bis plötzlich der gesamte Kupplungshebel auf dem Beifahrersitz liegt.

Ich weiß nicht ob es Strategie ist, ob sie den Preis nochmal erhöhen wollen oder was, jedenfalls machen wir ihnen klar, das wir, wenn es nicht gleich losgeht, wir ein anderes Taxi nehmen. Als das die anderen mitbekommen, stehen gleich rechts und links zwei andere Jeep-Taxis neben uns und zerrten an unseren Rucksäcken, um sie auf ihre Dächer zu verladen. Schließlich kommt die Polizei dazu, wieder gibt es Streitereien, wir stehen irgendwie hilflos und fassungslos daneben, bei mindestens 40 Grad im Schatten, nur das es weit und breit keinen Schatten gibt!

Nach unendlichen Diskussionen und bösen Blicken fahren wir endlich mitten in der Mittagshitze los, es ist bereits halb eins. Aber unsere Hippie-Nachbarn aus dem Zug haben es noch viel schwerer, denn wir sehen sie durchgeschwitzt und entnervt am Busbahnhof, inmitten hunderter wartender Leute stehen, um auf einen Bus zu warten, der im Durchschnitt immer ein paar Stunden Verspätung hat, wie wir von unserem freundlichen nepalesischen Reisebegleiter erfahren.

Mit den Tschechen unterhalten wir uns nur wenig, sie sprechen nur gebrochen englisch und genauso gebrochen deutsch. Aber für eine kleine Verständigung reicht es und so erfahren wir, dass sie das erste Mal nach Asien kommen und auf diese Weise einen gehörigen Schock erleben. Aber die Abenteuerlust siegt in solchen Unternehmungen immer und so ist man in diesen Umständen bereit fast alles in Kauf zu nehmen. Aber sie sind viel unvorbereiteter als wir und haben rein gar nichts zu essen dabei, weshalb wir unsere übrigen Kekse mit ihnen teilten.

Die Fahrt geht erstmal mitten durch die Stadt Gorakhpur - die reine Hölle - dann durch Platanenwälder, Reisplantagen, vorbei an Kühen, Wasserbüffeln, Ziegen und Affen, wir zahlen nochmal "Zoll" an die Straßenmafia und kommen schließlich an die Grenze, ohne auch nur einen einzigen Berg gesehen zu haben. Bevor das Taxi hält, macht uns unser Reisebegleiter darauf aufmerksam, daß an der Grenze gleich unzählige Kulis auf uns zustürmen werden, die wir aber so gut wie möglich ignorieren sollen, denn sie verlangen für das Tragen unseres Gepäcks auf dem halben Kilometer Fußmarsch reine Wucherpreise.

Und so reißen wir unser Gepäck an uns und stemmten uns unbeirrt bei mittlerweile gefühlten 45 Grad durch die Menschenmassen. Es ist eine reine Tortour durch den staubigen Verkehr zu laufen und in nur zehn Minuten sind wir alle schweißgebadet und von oben bis unten eingestaubt. Es gibt einen Immigration-Stand auf indischer Seite und einen auf nepalesischer Seite, bei beiden müssen wir Papiere ausfüllen, Geld und Paßbilder abgeben und schließlich bekommen wir unser Visa und bezahlen für beide zusammen für 60 Tage umgerechnet 50 Euro.

Unser freundlicher Reisebegleiter verlässt uns hier, nicht ohne uns jedoch in sein Dorf einzuladen, was ganz in der Nähe des Geburtsortes Buddhas liegt. Ich bin nicht abgeneigt und überlege direkt ein wenig das Angebot anzunehmen. Aber von unserer kleinen Reisegruppe hat sonst niemand Interesse dazu und wir beschliessen weiter zusammen zu reisen, denn wir können dann wieder so ein Jeep-Taxi nehmen. So wünscht er uns noch eine gute Reise und macht uns noch mit seinem Freund Arjuna bekannt, der uns hier in Nepal weiterhelfen wird.

Wir sind echt überrascht und gleichzeitig schockiert über diesen krassen Gegensatz zwischen Indien und Nepal. Wollte man uns eben noch mit aller Gewalt übers Ohr hauen, strahlte uns hier plötzlich die reinste Gastfreundschaft entgegen. Nur ein paar Meter und wir fühlen uns wie in einer anderen Welt, voller friedlicher und freundlicher Leute.

Arjuna ist mindestens genauso nett wie Krischna und arrangiert ein neues Jeep-Taxi für uns, was uns noch heute bis nach Pokhara bringen soll. Wie wir erfahren, würde ein Bus erst morgen abfahren und so sind wir mehr als froh, das wir diese Arrangierung gefunden haben. Bis das Taxi kommt lädt er uns in ein kleines Restaurant ein, in dem die Tschechen, wie es sich eben für Tschechen gehört, erstmal ein Bier trinken. Wir bleiben bei Cola und sind mehr als dankbar für das kühle Getränk.

Mittlerweile hoffe ich, endlich doch wenigstens mal einen Hauch von Himalaya zu sehen, denn bis jetzt, ich weiß nicht woran es liegt, gab es nur Flachland. Entweder ist die Luft so staubverschmutzt oder sind wir einfach nur in der falschen Richtung unterwegs? Es wird langsam Nachmittag und ich weiß, hier ist es punkt sechs Uhr auch wieder dunkel. Bis wir endlich alle Sachen auf dem schicken neuen Jeep verstaut haben und losfahren ist es schon halb fünf Uhr Abends.

Dieser Arjuna hat übrigens nicht nur dieses Taxi für uns besorgt, sondern auch gleich ein Hotelzimmer in Pokhara, zumindest für die erste Nacht, damit wir, wenn wir Nachts dort ankommen nicht suchen müssen. Entspannt lehnen wir uns zurück und genießen die Fahrt. Unser Fahrer ist noch ein junger Kerl und sieht ziemlich patent aus, wir fühlen uns endlich wieder sicher und geborgen und haben alle zusammen ein kribbeliges Gefühl im Magen, unserem Ziel endlich so nahe zu sein.

Erst nach einer Stunde Fahrt sieht man endlich etwas von den Bergen, allerdings noch keinen weißen Gipfel, sondern nur plötzlich wie aus dem Nichts auftauchende graubraune Wände, auf die wir direkt zufahren. Mitten in der Wand erscheint ein Spalt in den wir hineinfahren und dann sind wir mitten in einem Canyon, der sich durch felsige Wände schlängelt. Bevor es ganz dunkel wird, erhasche ich noch ein paar Blicke, steil hinunter neben unserer unbefestigten Straße und bin dann ganz froh, daß ich davon nicht mehr so viel sehen muß.

Was folgt, sind tausende Kurven, die ganze Fahrt besteht praktisch aus Kurven und einmal mehr sind wir froh doch nicht im Bus sitzen zu müssen. Durch das Scheinwerferlicht unseres Taxis und auch der entgegenkommenden Autos sehen wir oft Bergrutsche, Erde und Steine, die nur notdürftig von der Straße wieder weggeräumt sind und um die wir öfters einen gefährlichen Bogen Richtung Abgrund fahren müssen. In einem Dorf sehen wir riesige Felsblöcke halb auf der Straße liegen, sie sind vielleicht 3 oder 4 Meter hoch und es scheint als wären sie einfach so aus dem Himmel hier heruntergefallen. Es ist sehr respekteinflößend mit welcher Macht die Natur hier offensichtlich spielt.

Wieder Nachts gegen halb 12 kommen wir endlich an, wir sind ganz schön fertig von der Reise, die tausenden Kurven haben uns mächtig durchgeschüttelt und etwas genervt versuchen wir die kreischend laute nepalesische Volksmusik in unserem Taxi zu tolerieren. Wenigstens wird er so nicht am Steuer einschlafen, denken wir uns. Unser Hotel heißt Dharma Inn, liegt direkt am See in Pokhara und alles ist sehr sauber, soweit wir es um die Uhrzeit noch beurteilen können. Wir haben ein schönes Badezimmer, einen kleinen Balkon und sogar einen Fernseher!

© Annette Panic, 2010
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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: Oktober 2007
Dauer: circa 5 Wochen
Heimkehr: November 2007
Reiseziele: Nepal
Der Autor
 
Annette Panic berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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