Ein Frosch auf Reisen

Reisezeit: März - Mai 2011  |  von Kristina Beatrice Holler-Bouldin

Zurück in die Zukunft

Am 10. Oktober waren wir wieder in Burlington, also zwei Tage eher, als geplant. Gegen 22 Uhr kamen wir an und hatten es von der Busstation zum Glück nicht weit bis zu dem Haus, in dem Ellery wohnte. Dieser lag schon im Bett und war im Reich der Träume versunken, als wir mit einem breiten Grinsen im Gesicht das Schlafzimmer betraten. Er brauchte einen Moment um zu verstehen, was vor sich ging, nahm dann aber Kris freudestrahlend in seine starken Arme, da ihn diese gelungene Überraschung sehr glücklich machte.

Die verbleibenden zwei Wochen bis zum Rückflug nach Deutschland verbrachten wir in Burlington, wo es von Tag zu Tag kälter wurde. Ende Oktober war es dann an der Zeit Abschied zu nehmen und nach New York zu fahren, von wo aus wir nach Deutschland aufbrachen. Ellery lieh sich das Auto seines Nachbarn und wir verließen Burlington in den frühen Morgenstunden. An diesem Tag sah ich zum ersten Mal Schnee!

Die zwei Liebenden taten sich schwer sich zu verabschieden, aber da die Einwanderungsbehörden in den USA für so etwas kein Verständnis haben musste Kris das Land verlassen, da ihr 3-Monatsvisum abgelaufen war.

Dann stieg ich das erste Mal in meinem noch sehr jungen Froschleben in ein Flugzeug! Ich sag euch, das war spannend! Nach einigen Stunden landeten wir dann erst in Düsseldorf, wo ich dann gleich zum zweiten Mal fliegen durfte, nämlich nach München. Zu Hause angekommen war die Wiedersehensfreude bei Kris mit Freunden und Familie groß und auch ich wurde herzlich aufgenommen.

Von zu Hause versuchte Kris auch gleich ihren Prinzen anzurufen, was jedoch nicht erfolgreich war. Vielleicht war er aber auch einfach gerade beschäftigt. Am nächsten und am übernächsten Tag versuchte sie es wieder und wieder und nie nahm jemand ab. Nach drei oder vier Tagen bekam sie endlich eine Antwort. Ellery hatte auf dem Rückweg von New York einen Autounfall! Ihm war ein Reh vor das Auto gelaufen, welches natürlich anschließend Schrott war. Ellery war aber zum Glück bis auf 6 geprellte Rippen und den damit verbundenen Schmerzen nichts weiter passiert.

Da Kris einige Monate zuvor ihr Abitur gemacht hatte, aber sich noch Zeit lassen wollte mit dem Studienbeginn überlegte sie hin und her, was sie tun könnte. Schwer verliebt zu sein ist natürlich bei solchen Entscheidungen auch oft richtungsweisend. Sie entschloss sich also nach wenigen Tagen dazu, noch einmal für 3 Monate in die Staaten zu reisen. Ich freute mich schon, denn es macht mir sehr viel Spaß auf Reisen zu gehen - das habt Ihr euch ja sicher schon gedacht. Sie buchte also den Flug und drei Tage später waren wir wieder auf dem Weg über den Atlantik. Wieder einmal wollte sie Ellery überraschen und sagte ihm, sie könne an dem Wochenende nicht mit ihm telefonieren, weil sie bei einer Freundin zu Besuch sei anstatt zu Hause.

Unser Flugzeug landete dann mit etwas Verspätung in Philadelphia, das war aber gar nicht weiter schlimm, denn wir hatten etwa 4 Stunden Zeit bis das Flugzeug nach Burlington starten würde. Einen problemlosen Ablauf dieser 4 Stunden kann man das, was uns passiert dann ist, aber nicht nennen. Es waren ja nur noch 3 ½ Stunden Zeit als wir das Flugzeug endlich verlassen konnten und noch gut gelaunt und voller Vorfreude zur Einreisekontrolle schlenderten. Dort freuten wir uns dann erstmal, dass vor uns keine lange Schlange stand, wir also die Einreiseformalitäten schnell hinter uns bringen würden. Falsch gedacht! Wir kamen zwar schnell an die Reihe, was dann aber geschah war anders als alles, was wir uns vorher jemals gedacht hatten.

Die Beamtin sah in Kris Reisepass, dass wir ja erst wenige Tage zuvor aus den Staaten ausgereist waren und stellte Kris viel mehr Fragen als sonst. Nach ein paar Minuten sagte sie uns dann, dass wir in einen Nebenraum gehen müssten um dort weitere Fragen zu beantworten. Da machten wir erstmal große Augen, taten dann aber, wie uns geheißen. Wir gingen also mit unseren Unterlagen in den Nebenraum, wo uns schon ein paar griesgrämig drein guckende Herren erwarteten. Einer davon fühlte sich dann für uns zuständig und sagte uns, wir müssten erstmal das Gepäck holen bevor er uns seine Fragen stellen könnte Also auf zur Gepäckausgabe (welche ja eigentlich schon nach der Einreisekontrolle liegt, an deren Ausgang aber der Reisepass nochmals kontrolliert worden wäre, hätte also nichts gebracht einfach weiter zu laufen). Normalerweise hätte das Gepäck schon längst entladen sein sollen und ausgegeben werden, aber das Förderband bewegte sich nicht und mehrere hundert Fluggäste stand wartend herum. Wir warteten und warteten und warteten. Irgendwann gab es eine Durchsage, dass wir noch länger warten müssten, weil es irgendwelche Probleme gab. Also warteten wir und warteten. Nach über einer dreiviertel Stunde kam dann endlich Kris Gepäck (denn ich als kleiner Frosch brauche ja nicht so viel) aus den Untiefen des Flughafenförderbandes und wir gingen zurück in den Raum. Noch 2 Stunden bis Abflug.

Dort wartete der Beamte schon auf uns und wies Kris an, ihren Koffer und alles, was sie dabei hatte, auf dem Tisch auszupacken. Er durchsuchte wirklich jede kleinste Kleinigkeit, sah sich sogar jeden einzelnen Zettel, den Kris im Geldbeutel mit sich trug, aufs Genaueste an und stellte derweil immer wieder die gleichen Fragen: Was machen Sie hier, wie finanzieren Sie Ihren Aufenthalt hier, sind Sie sich sicher, dass Sie nicht in den Staaten illegal arbeiten um sich den Aufenthalt zu finanzieren, wen besuchen Sie hier, wer ist das, was macht er, wo haben Sie ihn kennengelernt??? Fragen über Fragen. Immer wieder dieselben Fragen, nur anders formuliert. Dabei wollte doch Kris einfach nur zu Ellery. 1 Stunde bis Abflug.

Kris hatte schon befürchtet, ihr könne die Einreise verweigert werden, aus welchen Gründen auch immer, denn sie hatte sich nichts vorzuwerfen. Wir haben nicht erfahren, warum Kris so genau überprüft wurde, wir nehmen aber an, da es an der Dauer ihrer Aufenthalte lag, denn man darf nur 180 Tage im Jahr ohne Visum in den USA verbringen. Und da sie ja schon 90 Tage dort verbracht hatte und plante, noch weitere 90 Tage dort zu verbringen, waren die Beamten wohl neugierig geworden. Ist aber alles nur Spekulation. 30 Minuten bis Abflug.

Letztendlich ließ der Beamte uns dann gewähren und drückte seinen Stempel in ihren Reisepass. Wie wir allerdings später feststellten war ihr Visum dann nicht 90 Tage, sondern nur 85 Tage gültig. Ob er das mit Absicht oder aus Versehen machte, das wissen wir auch bis heute nicht, allerdings hatte das ganze seinen Preis, denn Kris musste demzufolge ihren Flug umbuchen und das Land einige Tage früher verlassen. Darüber konnten wir uns aber in dem Moment noch gar keine Gedanken machen, denn wir hatten ja noch einen Flug zu erwischen, bevor Kris endlich ihren Ellery wiedersehen würde. Also auf zum nächsten Flugsteig, wieder durch ein paar Sicherheitskontrollen, Ausweiskontrollen, Bordkartenkontrollen, etc. Am Gate angekommen waren es noch etwa 20 Minuten bis zum Abflug. Oder hätten es sein sollen Das Flugzeug hatte Verspätung. Puh!

Es war gegen 21 Uhr und Kris wusste, dass Ellery schon Feierabend hatte, daher rief sie bei dem Taxiunternehmen, für das er arbeitete, an um sich ein Taxi für die Fahrt vom Flughafen zu seiner Wohnung zu organisieren. Don, Ellerys Kollege, der am anderen Ende der Leitung ihren Anruf entgegen nahm war nicht überrascht, als sie das Taxi bestellte. Er sagte, er würde ja Ellery um 22 Uhr zum Flughafen fahren um Kris abzuholen. Da war Kris erstmal einen Moment lang sprachlos, denn eigentlich dürfte er ja gar nicht Bescheid wissen, dass sie auf dem Weg zu ihm war. Sie fand auch nur zwei mögliche Erklärungen dafür: Entweder hätten die Einreisebeamten seine Daten überprüft um festzustellen, ob Kris die Wahrheit sagte, oder aber er hätte bei Kris zu Hause angerufen, was aber das erste Mal gewesen wäre. Das bereitete Kris natürlich einiges an Kopfzerbrechen, während wir im Flugzeug saßen.

Mit Tränen in den Augen und sein Glück kaum fassend stand Ellery dann auch wirklich am Flughafen. So war beiden eine große Überraschung gelungen und sie fielen sich in die Arme, als hätten sie sich eine Ewigkeit nicht mehr gesehen und nicht nur 3 Wochen...

Am 27. November war dann Thanksgiving und wir waren zum Thanksgiving Dinner bei Charlie, Ellerys Chef, und Lizzie, dessen Verlobten eingeladen. Da Ellery an dem Tag nicht arbeiten musste, konnten wir alle ausschlafen, denn sonst stand er immer ganz früh auf um arbeiten zu gehen. Er und Kris hatten sich schon öfter darüber unterhalten, wie es möglich wäre, eine dauerhafte Beziehung mit so großer Entfernung und Visaproblemen zu führen. Als Kris dann aus der Dusche kam, in Handtücher gewickelt, machte Ellery ihr einen Heiratsantrag, den sie mit den Worten annahm: "Yes, for I won't know unless I give it a go!" (naja, so hat sie es nicht gesagt, aber so ähnlich. Sie sagte nämlich: "Klar, sehr gerne! Warum auch nicht! Wenn wir es nicht machen, dann würden wir uns vielleicht immer fragen, was wäre gewesen wenn.. Wenn es nicht klappt, dann können wir uns ja auch wieder scheiden lassen."

Beim Abendessen konnten Kris und Ellery sich dann natürlich nicht zurückhalten die Neuigkeiten preiszugeben. Der Abend war sowieso ganz toll, denn es gab viel zu Essen (natürlich einen riesigen Truthahn) und zu trinken und wir spielten auf der Wii verschiedene Sportspiele wie Tennis, Golf oder Bowling.

Der Dezember ging dann auch schnell vorbei, es kam Weihnachten und Neujahr und es verlief alles fast ohne Zwischenfälle, abgesehen von einem brennenden Herd. Außer dass der Herd anschließend natürlich nicht mehr zu gebrauchen war ist auch hier sonst nichts weiter passiert. Und zwei Tage später hatten wir auch schon einen neuen gebrauchten Herd besorgt.

Der Winter in Vermont war für mich ganz toll, denn es gab genug Schnee in dem ich kleiner Frosch spielen konnte, auch wenn ich dazu immer ganz dick eingepackt sein musste, denn die Temperaturen lagen teilweise bei -20°C! Anders als in Deutschland schien hier aber auch fast immer die Sonne, was diese tiefen Temperaturen dann doch um einiges erträglicher machte. Und Vermont im Winter ist fast so schön wie Vermont im Herbst, denn da leuchten alle Bäume ganz bunt. Im Winter sind sie dann halt alle ganz weiß vom vielen Schnee.

An einem Samstag Ende Januar (24.01.2009) beschlossen Ellery und Kris dann den Schritt vor den Traualtar, der in dem Fall ein DJ Pult war, zu wagen und organisierten ihre Spontanhochzeit für den nächsten Abend. Ein Freund von Ellery, Demus, der als Reggae DJ arbeitet ist nämlich auch Reverend und darf Trauungen vollziehen und hatte am nächsten Abend zusammen mit seinem Kumpel Big Dog seine regelmäßige Reggaeparty im Nectar's. Dem Samstag und Sonntag verbrachten die künftige Braut und ihr Bräutigam damit, allen möglichen Leuten Bescheid zu geben, wann und wo die Trauung stattfinden würde. Eine Braut braucht ja auch etwas zum anziehen, und so verbrachte Kris den halben Sonntagnachmittag in ihrem Lieblingssecondhandladen "Battery Street Jeans" und fand ein sehr hübsches schwarzes Kleid, dazu rote Schuhe. In der Nacht des 25. auf den 26. Januar traten die beiden dann auf die Bühne, wo sie vor den Partygästen getraut wurden und anschließend gingen die frisch Vermählten mit ihren Freunden noch in den Finnegan's Pub zum Whiskey trinken.

Die verbleibenden drei Wochen vergingen viel zu schnell und wieder mussten Kris und ich uns verabschieden. Diesmal konnten wir aber nicht so schnell wieder ins Land einreisen, damit müssten wir bis mindestens August warten. Daher war ausgemacht, dass Ellery bald nach Deutschland kommen sollte, weil es dort mit dem Visum viel einfacher werden würde als in den Staaten. Außerdem wollte Kris bald mit dem Studium beginnen, was in Deutschland auch um einiges billiger ist als in den USA.

Anfang Mai gab es dann das große Wiedersehen, als Ellery endlich in Nürnberg landete. Der Plan war, dass er erstmal drei Monate im Land bleiben sollte, die beiden alle Visaformalitäten erledigen würden und er anschließend Ende Juli wieder in die USA fliegen würde um letzte Kleinigkeiten zu klären um dann endgültig nach Deutschland zu kommen. Kris arbeitete seit kurzem als Lehrbeauftragte in Neumarkt und Nürnberg, ab und zu blieb aber auch Zeit für kleine Ausflüge, unter anderem nach München und zum Starnberger See. Einen Tag vor seinem Rückflug bekam Ellery auch endlich sein Visum mit Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis ausgestellt, trotzdem flog er wie geplant zurück und wollte nach ein paar Wochen wieder zu seiner Frau kommen.

Leider ist nicht immer alles so, wie man denkt, und so musste Kris bald feststellen, dass ihr Gatte ihre Anrufe nicht beantwortete und sich nicht meldete. Sie hatte zwar von Freunden aus Burlington gehört, dass er wieder dort war, ihm also nichts passiert war, sie aber aber auch nicht wüssten, warum er sich nicht meldet. So vergingen dann die Tage, Wochen und Monate, ohne dass Kris von ihrem Ellery gehört hätte. Am Morgen ging die Sonne auf und am Abend wieder unter. Der Sommer war immer weiter fortgeschritten und es wurde Herbst. Im Oktober zog Kris von Nürnberg nach Eichstätt und begann ihr Studium. Das Jahr nahm ein Ende und es war 2010. In den Semesterferien fuhren wir unter anderem in die Schweiz, nach Amsterdam und nach Hamburg und das zweite Semester begann. Den August verbrachten wir in Nürnberg, wo Kris wieder einen Monat lang arbeitete und anschließend ging es für 2 Wochen nach Ägypten. Die Pyramiden sind ja so wunderschön! Im Oktober flogen wir dann erneut für 2 Wochen wieder nach Kairo, weil Kris nicht so lange im kalten Eichstätt rumsitzen wollte, sondern lieber nochmal etwas Energie tanken wollte. Bald war wieder Weihnachten und Kris und ich verbrachten einen ganzen Monat in Kairo, kurz bevor die Demonstrationen begannen. Was wir da alles erlebt haben, das findet Ihr in Kris Reisebericht Ägypten, wieder einmal! Im Februar und März 2011 verbrachten wir dann 3 Wochen in China (Träume werden wahr...) und sind jetzt nach über zwei Jahren wieder auf dem Weg in die USA, wo wir einige alte Bekannte besuchen werden und auch Ellery treffen werden, mit dem Kris im Februar endlich mal gesprochen hatte und einige E-Mails ausgetauscht hatte.

Wie Ihr seht bin ich in meinem kurzen Froschleben schon ziemlich weit herum gekommen und habe bereits 4 Kontinente bereist! Jetzt bin ich wieder auf dem Weg dorthin, wo ich meine ersten Wochen und Monate in Freiheit verbracht habe und bin gespannt, was auf unserer Reise so alles geschieht. Jetzt wisst Ihr, was bisher passiert ist und in den kommenden Kapiteln könnt Ihr dann erfahren, was wir so alles erleben!

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Worum geht's?:
Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Frosch. Kermit der Frosch. Geboren wurde ich vor einigen Jahren in China, mein genaues Geburtsdatum weiß ich leider nicht. Auch meine Vergangenheit liegt im Dunkeln, denn ich wurde in eine Kiste verpackt und als ich wieder etwas sehen konnte befand ich mich mit vielen anderen Fröschen, Hasen, Schweinen und Tigern in einem großen Glaskasten, in dem oben ein Greifarm schwebte, der immer wieder einen meiner Mitinsassen entführte, im Oktober 2008 auch mich.
Details:
Aufbruch: 28.03.2011
Dauer: 8 Wochen
Heimkehr: 20.05.2011
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Großbritannien
Der Autor