Große Amazonasreise

Reisezeit: Mai - September 2008  |  von Jochen Hofmann

Auf der Mutter aller Ströme 1: Schiffsfahrt bis Manaos

Die erste Fährfahrt - Belem bis Manaos

Donnerstag, 29.05.
Am Vormittag biegen wir in die Kanaele und Seitenarme ein, die den Rio Para (und den Rio Toncantins) mit dem Amazonas verbinden und so die riesige Flussinsel Ilha de Marajo (ungefaehr so gross wie die Schweiz) formen. Teilweise sind die Wasserwege jetzt kaum 100 Meter breit. Immer wieder kommen Kanus mit einheimischen von beiden Seiten auf das Schiff zugepaddelt. Die meisten hoffen nur auf Lebensmittelspenden (die oft auch - in Plastiksaecke verpackt - von den Passagieren fuer sie in den Fluss geworfen werden), manche machen aber auch in teilweise haarstraeubenden Manoevern an dem in voller Fahrt vorbeirauschenden Schiff fest und kommen an Bord um Waren zu tauschen oder zu verkaufen. Teilweise sind das Kinder von vielleicht 8-10 Jahren.

Freitag, 30.05.
In der Nacht (so ca ½ 1) gab es den ersten kurzen Stop in Gurupa - schon an einem der Haupt-Muendungsarme des Amazonas. Um ca ½ 7 gestern Abend sind wir aus den schmalen Kanaelen auf die "Mutter aller Stroeme" eingebogen. Heute morgen dann nach dem Fruehstueck der naechste Halt in Almeirim, direct am jetzt mehrere Kilometer breiten Amazonas gelegen. Aber auch dieser Stop war zu kurz fuer einen Landgang. Ausserdem haben wir festgestellt, dass wir unsere zweite Kamera, die Stoss- Wetter- und Wasserfeste kleine Olympus, entweder auf Blue Song vergessen oder irgendwie "verlegt" haben  - hoffentlich haelt die Lumix durch. Am spaeten Nachmittag, das Wetter hat sich gebessert und die Sonne knallt heiss aufs Schiff, der naechste kurze Halt in Prainha. Waehrend des Aufenthalts sehen wir auf der Flussseite doch tatsaechlich zwei Suesswasserdelphine (es gibt sie also tatsaechlich noch) und kurz danach noch ein "Riesenvieh" im Wasser. Ob das nun ein sehr grosser Fisch oder sogar eine Seekuh war, koennen wir aber beide nicht sagen. Wir hoffen also jetzt morgen in Santarem noch einen Ausflug nach Alter do Cha omit seinen weissen Flussstraenden am glasklaren Wasser des Rio Tapajos machen zu koennen.

Samstag, 31.05.
Nach einem weiteren kurzen Stop in Monte Alegre (spaetabends) erreichen wir um ca ½ 8 Uhr frueh Santarem, die groesste Stadt zwischen Belem und Manaus mit ca 300.000 Einwohnern. Im Hafen liegt ein Containerschiff namens Austria mit gut und gern 10.000 BRT. Es regent in Stroemen  ! Spaeter wird der Regen zwar schwaecher, es hoert aber nicht auf, so dass der Ausflug nach Alter do Chao buchstaeblich ins Wasser faellt... Abfahrt um 12 Uhr mittags. Die Stadt wirkt nicht sehr reizvoll, aber welche Stadt ist das schon bei tief haengenden Woliken und Regen. Ausserdem liegt das Schiff gut 2 km vom Zentrum entfernt und wir beschliessen daher an Bord zu bleiben. Wie wir spaeter feststellen, wurden hier tatsaechlich die Borduhren eine Stunde zurueckgestellt, und ausserdem faehrt das Schiff mit einer guten Stunde Verspaetung weiter, sodas wir insgesamt gut 6 Stunden Aufenthalt haben. Danach hoert es auf zu regnen und die Sonne kommt heraus (grrrrr....). Spaetabends erreichen wir das Staedtchen Obidos. Der Amazonas ist hier mit weniger als 2 km am schmalsten, aber dafuer bis zu 130m (!) tief.

Sonntag, 01.06.
Juruti, das wir vor dem Fruehstueck anlaufen, ist ein schaebiges Nest, ueber dem unzaehlige Geier kreisen und in dem ich nicht unbedingt an Land gehen wuerde, aber es ist der erste Halt im Staat Amazonas - hoffentlich sieht es da nicht ueberall so aus...
Mittags sind wir in Parintins und der Eindruck ist schon sehr viel besser: Gepflegte Promenade und Uferanlagen, ein richtiger Hafen... Der Regen, der morgens wieder eingesetzt hat, haelt uns allerdings auch hier davon ab an Land zu gehen. Dabei sollte die Regenzeit hier doch seit gestern zu Ende sein !!

Montag, 02.06.
Nach dem Fruehstueck ein kurzer Halt in Itacoatiara, ca 190km vor Manaus. Das Wetter ist viel schoener geworden und wir koennen das wunderschoene Morgenlicht auf dem "Sonnendeck" geniessen. Am Ufer wechselt unzerstoerter Galeriewald mit Farmland, es gibt enorm viele verschiedene Vogelarten zu sehen - so etwas wie Langeweile kam auf der ganzen Fahrt nie auf! Heute Abend um 22:00 sollten wir Manaus erreichen. Gut fuenf Tage also fuer die Fahrt, die uns pro Nase umgerechnet ca 240€ gekostet hat. Per Haengematte faehrt man zwar fuer einen Bruchteil des Preises (ca 80€), muss aber ausser dem fehlenden Comfort auch ein erhoehtes Diebstahlrisiko (speziell in den Haefen, in denen alle moeglichen Leute unkontrolliert an und von Bord gehen) in Kauf nehmen.
Tatsaechlich sind wir schon bald nach Einbruch der Dunkelheit an den ersten (Industrie-)Auslaeufern von Manaus. Gegen 6 passieren wir den Ueberseehafen und die - mindestens 5 - dort auf Reede liegenden Seeschiffe. Nur vom "Encontro das Aguas", dem Zusammentreffen des hellen Wassers des Solimoes (wie der Amazonas ab hier heisst) und des dunklen, fast schwarzen Wassers des Rio Negro, kriegen wir mangels Tageslichts leider gar nichts mit.
Noch im Hafen wollen sich Fahrer mit grossen Pickups als Taxi anbieten, aber die geforderten 40 Reals fassen wir dann doch eher als schlechten Witz auf, nachdem das bestellte Zimmer in unmittelbarer Naehe liegt und man fuer den Preis in Brasilien 20-40km weit fahren kann. Das "normale" Taxi, in das wir dann vor dem Hafengelaende steigen, wird zunaechst fuer 20 Reals angeboten, wir bestehen aber darauf, dass der Fahrer die Uhr einschaltet. Daraufhin verliert dieser allerdings ploetzlich seine gesamte Ortskenntnis von Manaus und weiss nicht mehr, wo die angegebene Adresse ist. Ziellos faehrt er durch die Gegend, auch nachdem ich ihm androhe, ohne Bezahlung auszusteigen. Irgendwann wird e suns zu bunt, wir machen genau das und gehen dann (muessen nur einmal fragen) zu Fuss zum "Hotel". Die Manaussuites(.com) sind tatsaechlich in einem ehemaligen, Pleite gegangenen Hotel, dessen Zimmer jetzt fuer alles Moegliche - Geschaefte, Wohnungen, Bueros und eben auch als Gaestezimmer - vermietet werden.
Unser Zimmer hoert sich von der Geraeuschkulisse so an, als waere es mitten auf der Strasse und die LKWs fuehren mittendurch und auch sonst ist es reichlich schaebig. Nun - nicht alle Internet-Funde sind perfekt und 50 Reals sind fuer Manaus nun wirklich spottbillig, wir haben ja auch nur fuer zwei Naechte reserviert und notfalls (wahrscheinlich) ziehen wir schon nach der ersten um

© Jochen Hofmann, 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Per Rucksack mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Belem im Mündungsdelta bis nach Machu Picchu am oberen Urubamba und ins heilige Tal der Inka, dann über Bolivien, das Pantanal, Paraguay, Iguacu und Brasilia zurück zu unserem Boot. Natürlich ist der Bericht sechs Jahre alt (wir sind erst kürzlich über diese Website gestolpert), aber es geht heute noch genau so und wird nur selten versucht... PS: Bilder folgen, schaut mal wieder rein.
Details:
Aufbruch: 22.05.2008
Dauer: 4 Monate
Heimkehr: 16.09.2008
Reiseziele: Brasilien
Der Autor
 
Jochen Hofmann berichtet seit 10 Jahren auf umdiewelt.