Portugal - Auffrischung von Ersteindrücken

Reisezeit: Mai 2019  |  von Herbert S.

Coimbra I

Coimbra

Die Geschichte Coimbras reicht bis in die Römerzeit zurück; die Stadt hieß damals 'Aeminium'. Der Name der Stadt leitet sich von der römischen Bezeichnung für eine Siedlung in der Nähe ab. Der römische Ort Conimbriga lag nur wenige Kilometer entfernt vom heutigen Coimbra. Das Ruinenfled der röm. Stadt besuchen wir jedoch nicht.
Coimbra war lange Zeit kultureller Mittelpunkt Portugals und mehr als zwei Jahrhunderte, von 1138 bis 1383, auch Residenz der Könige von Portugal. Heute noch ist Coimbra eine Stadt des geistigen Lebens und der Künste.
Geistiger Mittelpunkt der Stadt ist seit alters die Universität, eine der wenigen heute noch existierenden Institutionen dieser Art aus der Zeit des Mittelalters. Die wegen ihres Alters und ihrer einzigartigen Sammlungen weltbekannte Hochschule - die Velha Universidade - war bis zum Jahre 1911 die einzige Portugals. 1290 in Lissabon gegründet, wurde sie 1308 nach Coimbra verlegt.

Coimbra am Ufer des Mondego

Coimbra am Ufer des Mondego

Hoch auf dem Berg liegt die Universität, in der nur die Juristen in dem repräsentativen Gebäude unterrichten werden. Für die anderen Fakultäten gibt es eher schmucklose Bauten, die wir natürlich auch nicht besichtigen.

Der Gebäudekomplex nimmt den Platz des Palastes ein, in dem die ersten Könige Portugals lebten, die sogar die Hauptstadt des Königreiches hierhin verlegten.

Auf dem Platz führt an der Nordseite eine elegante Freitreppe zu den Arkaden der sogenannten Via Latina, die dem Palast im 18. Jahrhundert angefügt wurde. Die Aula war ursprünglich der Festsaal des Palastes, er wurde im 16. Jahrhundert neu geschaffen und im 18. Jahrhundert unter João V. umgestaltet. Der große Uhrturm am Ende des Säulenganges in der Nordwestecke des Platzes, ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert, ist ein schönes Beispiel für den spätbarocken Joanino-Stil aus der Zeit João V.

Via Latina

Via Latina

den Turm des Palastes nennen die Studenten die 'Ziege', da sie sie auch heute noch mit einer Art Meckern aus dem Schlaf holen soll. Tatsächlich klingen etwas später die Glocken und die Geräusche könnten wirklich von Ziegen stammen.

den Turm des Palastes nennen die Studenten die 'Ziege', da sie sie auch heute noch mit einer Art Meckern aus dem Schlaf holen soll. Tatsächlich klingen etwas später die Glocken und die Geräusche könnten wirklich von Ziegen stammen.

Da in der Kapelle in Kürze ein Gottesdienst stattfinden soll, werden wir im Schnellverfahren durch die Kapelle geschleust, links rein – rechts raus. Trotzdem kann man mit etwas Geschick noch einige Eindrücke festhalten.

Capela de São Miguel

Capela de São Miguel

weltberühmte Barockorgel

weltberühmte Barockorgel

Die Bibliothek ist leider inzwischen nicht mehr zu jeder Zeit zugänglich, da man durch Terminvergabe die Luftfeuchtigkeit regeln möchte. Da sich gerade die Tür öffnet, versuche ich einen Blick hineinzuwerfen, dies gelingt mir allerdings nur marginal, denn die Aufsicht deutet mir unmissverständlich an, dass dies nur der Ausgang sei.

Biblioteca Joanina

Biblioteca Joanina

Die Bibliothek Biblioteca Joanina besitzt mehr als dreihunderttausend Werke, meist aus der Zeit zwischen dem sechzehnten und achtzehnten Jahrhundert. Viele stehen in edelsten, mit Goldschnitzereien verzierten Regalen.

'Leihbild' aus Wikimedia

'Leihbild' aus Wikimedia

Es folgt ein Rundgang durch den Palast, dessen wichtigster Saal, der Sala dos Capelos (Kapellensaal) ist. In ihm fanden die wichtigsten Feierlichkeiten statt.
Der Sala dos Capelos war der alte Thronsaal, aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. Dieser hervorragende Raum wurde von Meister António Tavares geplant. Hervorzuheben ist die Holzdecke mit grotesken Bildern von Jacinto da Costa, Teppich–Stil Fliesen und den Porträts der Könige gemalt von verschiedenen Künstlern.
Die jungen Doctores empfangen hier aus der Hand des Rektors ihr Diplom.

Sala dos Capelos

Sala dos Capelos

Wundervoll ist die Kassettendecke mit ihren gleichmäßigen, vertieften Feldern aus dem 17. Jahrhundert, ein Werk von Jacinto Pereira da Costa. Unterstrichen wird die Würde des Saales durch die großformatigen Herrschergemälde

Der berühmteste Sakralbau Coimbras ist die Alte Kathedrale, die Se Velha
In ihrer Monumentalität erinnert sie fast an eine Festung. Das wuchtige, von Zinnen abgeschlossene Bauwerk gehört zu den großartigsten und zugleich besterhaltenen Zeugnissen romanischer Baukunst auf der Iberischen Halbinsel. Ihre Grundsteinlegung erfolgte um 1170. Als Baumeister gelten die Franzosen Bernard und Robert, denen auch die Kathedrale von Lissabon zugeschrieben wird. Im Jahr 1147, also nur 23 Jahre zuvor, hatte Afonso I. Henrique Lissabon erobert und zur Hauptstadt des Landes bestimmt.
Von ihr kann man nur einen schnellen Blick aus dem Fenster des Palastes erhaschen, denn nachdem wir wieder an den Fluß gebracht worden sind , ist der Weg zu ihr zu weit

Zur Sala dos Capelos führt ein mit ionischen Säulen geschmückter Wandelgang, die Via Latina, an deren Ende sich der 'Claustro dos Gerais' befindet, ein Kreuzgang, dessen Wände mit wertvollen, in Coimbra hergestellten Azulejos aus dem 17. Jahrhundert geschmückt sind.

nach Abschluß des Rundganges durch den Palast blicken wir erstaunlicherweise auf einen fast leeren Platz mit der monumentalen Figur Joahnn III.

nach Abschluß des Rundganges durch den Palast blicken wir erstaunlicherweise auf einen fast leeren Platz mit der monumentalen Figur Joahnn III.

Johann III., genannt „der Fromme“ bzw. „der Kolonialherr“ (* 6. Juni 1502 in Lissabon; † 11. Juni 1557 ebenda) war der fünfzehnte König von Portugal

Johann III., genannt „der Fromme“ bzw. „der Kolonialherr“ (* 6. Juni 1502 in Lissabon; † 11. Juni 1557 ebenda) war der fünfzehnte König von Portugal

Von dem großen Platz hat man einen guten Überblick über die Stadt Coimbra; beim Studium des Reiseführers fiel mir auf, dass es auf der anderen Seite des Mondego noch ein altes Kloster geben muß: Santa Clara. Dieses ist von hier in der Ferne auszumachen

Kloster Mosteiro de Santa Clara a Velha

Kloster Mosteiro de Santa Clara a Velha

Interessant ist die Tracht der Professoren und der Studenten: Schwarze Talare, >capa< und >batina< genannt, die einem Frack ähneln. Die >capas< der Professoren reichen fast bis zu den Füßen. Bei feierlichen Universitätsanlässen werden sie durch den Ornat ergänzt, der je nach Fakultät in der Farbe verschieden ist.
Neben der eigentümlichen Tracht der Studenten fallen die breiten und schmalen Bänder auf, aus deren Farben die Zugehörigkeit zur jeweiligen Fakultät deutlich wird: Die Philosophiestudenten tragen dunkelblaue, die Juristen rote, die Naturwissenschaftler hellblaue, die Mediziner gelbe und die Pharmazeuten violette Bänder.

© Herbert S., 2019
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ob wir noch etwas wieder erkennen, was wir 1978 mit unserem VW-Campingbus besucht haben? Nach mehr als 40 Jahren werden dies wohl nur die großen Bauwerke sein. Vor sieben Jahren haben wir einen Städttrip nach Lissabon gemacht - daher kommt diese Stadt hier eindeutig zu kurz.
Details:
Aufbruch: Mai 2019
Dauer: unbekannt
Heimkehr: Mai 2019
Reiseziele: Portugal
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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