Ajurveda- Ausbildung in Südindien Kerala 2006

Reisezeit: April 2006  |  von Arunima Neumann

Eine Wahrheit nach der anderen

Es ist soweit: ich habe den ersten Behandlungstermin von und mit einer Frau. Genauer gesagt von Jodie. Sie streicht meine Schmerzen aus Nacken und Schultern fort, die sich seit Monaten fest in meinem Rücken eingenistet haben. Selbst die klassische Massage daheim konnte das nicht ändern. 10 Minuten Ajurveda schon......ich weine, weil ein ungeahnter Höllenschmerz mich durchfährt, während Jodie mitleidend ihre Arbeit tut. Dankbar bin ich allemal. Es ist gegangen. Einfach so sind die festgebissenen, alten Verspannungen weg. Fix und alle wanke ich nach der Behandlung davon, im roten Bademantel, nach Sesamöl riechend, schwitzend. Wir wollen vielleicht noch eine Stempelmassegae machen, aber ich bin zu erledigt. Also lümmle ich ohne den kleinsten Anflug schlechten Gewissens in der Hängematte rum. Wir sind alle geplättet.

Übers Essen habe ich euch noch gar nichts erzählt. Wir speisen alle zusammen im Institut. Eine Hausfrau aus Kerala Chandrika, kocht für uns alle. Es gibt natürlich Reis und dann ganz viel Gemüse in Sößle. Z.B. Okraschoten (ladyfingers), die ich auf indische Art nicht so toll finde, da sehr herb, Drumsticks (Bohnenart), Eier in scharfem Dip, Joghurt, Naanbrot in Öl ausgebacken, Kokosgemüse mit Senfsamen gewürzt und ab und zu ein Glas Mangojuice frisch püriert. Obligatorisch ist ein Glas lauwarmes Wasser mit Kümmelsamen gewürzt, welches die Verdauung (das Agni, das Körperfeuer) anregen soll, ohne den Körper zu überhitzen.

Meine "Roßkur" geht in den folgenden 3 Tagen in die Vollen. Ich muß Ghee trinken (geklärte Butter=gehärtet ist das wie Butterschmalz) um die Fettlöslichen Toxine aus meinem Körper zu befreien. Die Prozedur verlangt von mir alles ab, was ich an Disziplin aufbringen kann. Ich darf gerade mal morgens einen Tee schlürfen, dann ruft mich Jodie. Susannes Blick spricht Bände, sie bedauert mich und will nicht vor mir frühstücken, aus Angst, ich wäre vielleicht nachtragend - Blödsinn. Sie meint es aber gut und ich beruhige sie da schnell.

Dann muß ich in Doctor´s room im Institut auf einem Stuhl Platz nehmen. Jodie zündet ein Räucherstäbchen an, welches Rosenduft verströmt. Sie betet kurz, reicht mir ein Wasserglas mit Ghee (!Bäh, Igitt)halb voll (sterb, röchel) und wedelt mit dem Rosenduft unter meiner Nase herum. Währenddessen versuche ich nicht zu speien und dieses Zeug auf einmal an meinen Geschmacksnerven vorbei runterzuschütten. Geht aber nicht. Ist nämlich klebrig zähflüssig, will nicht schnell abrutschen durch den Rachen in die Speiseröhre. Jodie streicht über meinen Hals um das Abrutschen zu beschleunigen. Mir wirds ganz ganz komisch. Ich will hier raus. Hinterher schütte ich einen Liter Wasser in mich hinein um den Geschmack und noch viel ekeliger, das Gefühl zu betäuben. Ich war zuhause schon dabei mir Ghee selber abzukochen für die Küche. Es soll sehr gute und gesunde Eigenschaften haben. Jetzt weiß ich, das weder Sesamöl noch Ghee jemals Bestandteil meiner Küche sein können. Nur noch reine Butter oder Olivenöl. Ende. Nichts weiter.

Zu Mittag darf ich nur Reis mit Okraschoten essen. Susanne hat ca. 10 verschiedende Sößle, ich eins und das schmeckt wie ein Blatt roter Lollo Rosso Salat pur. Grauenhaft bitter.
Nachmittag ist gar nirgends was zu essen zu finden. Ich habe Hunger. Den ganzen Tag und mir fällt ein, das ich ja noch eine Toblerone (KALORIEN OHNE SINN LECKER)in Dubai gekauft habe. Leider kann ich die nicht auf einmal essen, daher mampfen die heimischen Ameisen mit. .... und die Toblerone ist nach 3 Tagen ungenießbarer Ameisenmatsch.
Ach ja, das Stichwort. 3 Tage mache ich die Prozedur mit. Am Abend gibts ja immerhin noch Ananas für mich, am Tag 4 will ich nur noch essen. Aber nanu! Mein Magen ist auf Centgröße geschmolzen, ein Löffel Porridge und ich fühle mich gestopft wie eine Weihnachtsgans. Kann das denn sein?

Zwischenzeitlich reisen unsere Damen Hilda und Claudia ab, Susanne und ich vertreten fortan die Gästeliste, die jetzt auf 2 ganze Damen geschrumpft ist. Wir unternehmen kleinere Ausflüge zu den angrenzenden Shops. Mit mir muß man handeln beim Einkaufen, ich kann sagen, keiner hat eine Chance mir den 1.genannten Preis abzuknöpfen. Ich habe ja Zeit. Natürlich muß die Familie ernährt werden und sicherlich komme ich aus einem reichen Land. Vielleicht kann man mir ja die Moneten aus der Tasche ziehen, wenn man ganz auf Mitleid macht?
Da mein Partner und ich letztes Jahr die Medina in Marrakesch (Marokko) innerhalb einer Woche ganz alleine kennengelernt und erforscht haben und auch sonst durch das ganze Land von Nord nach Süd gefahren sind, weiß ich wie Regeln des Feilschens funktionieren.
Da macht auch eine von Schweizer und Deutschen Gästen überaus verwöhnte Inderin mit ihrem Shop keine Ausnahme. Folgende Regel finde ich die Wichtigste- jeder muß das selber herausfinden, aber hier mal was wir denken:
Nie hektisch und respektlos sein. Mit zäher Geduld und Spaß am Aushandeln von Preisen macht es beiden Seiten Freude und ein gutes Geschäft kann zustande kommen. Beide Seiten müssen hinterher sagen: " Ja, das hat sich gelohnt!" Nicht nur eine Seite darf sich freuen.

Nun, ich schreibe bald weiter, Adios, Freunde, bis Bald!

© Arunima Neumann, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ich habe das Glück ein Stück indischer Tradition zu erlernen. Ajurveda ist viele tausende Jahre alt und eine ganzheitliche (Körper/Geist/Seele) Lebensweise. Wenn wir im Einklang mit allem sind, dann sollten wir auch gesund sein. Ich bin gespannt, welche Erkenntnisse auf mich zukommen werden :-)...
Details:
Aufbruch: 02.04.2006
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 30.04.2006
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
Arunima Neumann berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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