Acht Wochen in Ghana

Reisezeit: Juli - September 2003  |  von Baris Yildirim

Erlebnisse mit Freunden

15. Eintrag:

Erlebnisse mit Freunden

Wir nahmen den ersten Bus zurück nach Tamale. Abdallah war über die gesamte Busfahrt in einer Art Schockzustand. Auch ich hatte ständig das ungute Gefühl, die Polizei könnte uns in Yendi aus dem Bus herauskommandieren und verhaften. Vollkommen irreal, aber dennoch beängstigend!

Um 10:00 Uhr waren wir schon wieder in Tamale. Abdallah legte sich sofort schlafen. Meine Gedanken kreisten um eine Dusche und ein Frühstück.

Yendi - diese Stadt ist vom Fluch des Thronnachfolgestreits gefangen. Sie ist mir in negativer Erinnerung geblieben. Vielleicht wäre Yendi ohne den Chiefsitz eine schöne Stadt. Der Ort ist nicht besonders groß, es gibt eine geteerte Straße, ein paar Geschäfte, Wohnhäuser und eben den Königspalast samt traditioneller Hof- und Dienerschaft.

An diesem Tag gönnte ich mir einen Mittagsschlaf. Das Wetter war angenehm, nicht zu heiß, aber doch schön warm. Ich genoss es sehr im Bett zu liegen, zu ruhen und einfach "da" zu sein.

Am Nachmittag besuchte ich Dr. Richard Opoku. Er hatte sich gerade die Zusammenfassung eines Fußballspiels angesehen. Wir unterhielten uns lange und spielten sogar eine Runde Monopoly. Jawohl, Monopoly! Die halbe Familie hat am Spiel teilgenommen und die 11 jährige Tochter von Richard hat gewonnen. Dr. Richard hat drei Kinder. Zwei Töchter und einen Sohn. Zur Familie gehören noch seine Frau Gifty, eine Adoptivtochter und ein Haushälter.

Als ich gegen 20:00 Uhr zu Hause ankam, beschlossen wir, die Volontäre, gemeinsam zur Bar zu gehen. Es war sehr schön. Abdallah war zwar schon nach Hause gegangen, aber Mechthild und Magdalena waren noch da. Ich habe mich an diesem Abend wieder sehr lange mit Magdalena unterhalten.. Um 1:30 Uhr siegte schließlich doch die Müdigkeit.

Am 8. September machten Suale, Magdalena und ich zusammen Patientenbesuche. Die Kranken leben in kleinen runden Hütten die aus Lehm gebaut sind und Dächer aus Stroh haben. Die Patienten müssen sich alle Einrichtungsgegenstände selbst mitbringen. Viele Patienten schlafen auf dem Boden, auf einer Decke, oder einem Teppich. Einige leben zusammen mit ihrer Familie dort. Bei Patienten mit weniger gefährlichen Krankheiten haben wir bloß den Blutdruck gemessen . Ein paar Patienten hatten Malaria, oder andere schwerere Krankheiten. Suale gab ihnen ihre Medikamente und einige bekamen eine Spritze. Eine Patientin war so dünn, dass man ihre Knochen sehen konnte. Sie hatte AIDS und war dem Tod schon nahe. Wir konnten ihr nicht medizinisch helfen. Trotzdem besuchten wir sie bei jedem Rundgang.

Am Abend wollten wir alle zusammen Magdalenas Abschied feiern. Wir hatten uns ein Lokal in der Mitte von Tamale ausgesucht. Es war geplant, dass sich alle Volontäre um 18:30 Uhr dort treffen. Das Restaurant ist sehr schön, es besteht aus einer mehretagigen Terrassenlandschaft.
Da Abdallah und ich Magdalena dort nicht antrafen, beschlossen wir, zurück zur Klinik zu fahren. Magdalena war gerade erst mit ihren Rastas fertig geworden. Sie hatte insgesamt sechs Stunden beim Frisör gesessen.

Am Dienstag, den 9. September, liefen Magdalena und ich mit Bonbontüten über das Klinikgelände. Wir verteilten sie an die Kinder. Einige Kinder versuchten doppelt so viel zu bekommen, sie stellten sich mehrfach an und lachten, wenn wir ihre List bemerkten

Nach der Teepause besuchten wir Dr. David. Der Arzt war wieder gesunder. Man merkte ihm an, dass er bald wieder in den Klinikbetrieb einsteigen wollte.

Am frühen Abend reiste Magdalena nach Accra ab. Die letzte Stunde vor ihrer Abfahrt war ziemlich traurig. Als sie schließlich davon fuhr, wurde ich schlagartig sehr müde. Jetzt registrierte ich die Müdigkeit, die sich in mir die gesamte Woche lang angesammelt hatte in ihrer ganzen Ausprägung.
Ich stand eine Weile einsam an der Bushaltestelle herum, bis mich ein Freund von Abdallah bemerkte und zu seinem Haus führte. Es stellte sich heraus, dass Abdallah nach uns gesucht hatte, aber meine Angabe von der Busstation war leider nicht korrekt. Deshalb hatte er auf der falschen Seite der Bushaltestelle gewartet. Obwohl wir als Weiße sehr auffällig sind konnte er uns nicht finden. Der Busbahnhof von Tamale ist ziemlich groß und unübersichtlich. An die Busstation ist zusätzlich noch ein Taxistand angegliedert. Zwischen den Reisewilligen bieten viele fliegende Händler ihre Waren an, auch Bettler versuchen ein paar Cedis zu bekommen.

Der folgende Tag schwer für mich.
Ich arbeitete viele Stunden in der Apotheke zusammen mit der depressiven Miriam. Mir sind viele Tabletten heruntergefallen. Miriam mochte nicht länger in der Klinik arbeiten. Sie fühlte sich von den anderen hintergangen. Sie wollte das Krankenhaus so bald wie möglich verlassen.

Ich merkte, dass sich auch meine Zeit in der Klinik langsam dem Ende zuneigte. Als ich am Mittag durch die leeren Räume ging, fühlte ich mich ganz einsam. Es war das erste Mal, dass ich mich in Ghana einsam fühlte.

Nach einer halben Stunde hielt ich es im Haus nicht mehr aus und ich ging zu Sandras Wohnung hinüber. Zum Glück war sie da. So konnte ich mich ein wenig beim Medikamente sortieren ablenken. Außerdem hatten wir uns ja auch einige Zeit lang nicht mehr unterhalten.

Am Nachmittag holte ich mir von Majid den Schlüsse für den Essensraum. In diesem Raum steht das einzige Telefon der Klinik und meine Mutter hatte vor mich am Abend anrufen. Majid war gerade dabei Besuchern die Arbeit in der Klinik zu erklären. Unter den Besuchern waren Simon und - Charles. Charles aus Bunkpurugu!
Ich unterhielt mich ein wenig mit ihnen und wir verabredeten uns für den folgenden Abend

© Baris Yildirim, 2004
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Dieser Bericht umfasst eine Reise durch zahlreiche Regionen des Landes Ghana. Meine Aufenthaltsorte waren: Accra, Akosombo, Cape Coast, Kumasi, Tamale (Shekhinah-Klinik), Bunkpurugu, Yendi, Mole- Nationalpark und Hohoe.
Details:
Aufbruch: 31.07.2003
Dauer: 8 Wochen
Heimkehr: 26.09.2003
Reiseziele: Ghana
Der Autor
 
Baris Yildirim berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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