Sommer in Kairo

Reisezeit: Juni / Juli 2008  |  von Christina Schlatter

Men on the floor!

8.6.2008

In Ägypten beginnen die Wochenenden im Gegensatz zu Europa bereits am Freitag. Dies hat leider aber auch die unangenehme Konsequenz, dass wir heute Sonntag bereits wieder zur Uni mussten. Um 8.30 Uhr holte uns der Shuttle vorm Hotel ab und schlängelte sich durch den noch ziemlich harmlosen Morgenverkehr.

Bald daraufhin stellten wir fest, dass der Campus nicht auf einem eigenen abgegrenzten Gebiet liegt, sondern aus vielen einzelnen Gebäuden besteht, die kreuz und quer in Downtown Kairo verstreut sind. Für unsere AUC-Identitätskarten standen wir eine ganze Weile an und lächelten nacheinander angestrengt in die Kamera. Auf der anschliessenden Tour durch den Campus dämmerte uns langsam, dass hier ein ausgezeichneter Orientierungssinn von Nöten sein würde, wenn wir es vermeiden wollte, irgendwo auf den Wegen zwischen den Gebäuden verloren zu gehen.

Der Nachmittag begann mit einem wundervollen Mittagessen im 15. Stock des Law Departments, wo wir auch unsere Kurse absolvieren werden. Geliefert wurde der Eintopf aus Reis, Teigwaren, Zwiebeln, Linsen und Kichererbsen an einer Tomaten-Vinaigrette-Sauce (arabisch: Koshir) von einer kleinen Taverne nebenan, die ihn in kleine Plastikschüsseln verpackt nach oben schickte. Später schlossen wir uns einer Studentin aus Kairo an, die Sally hiess und einen Kaffee trinken wollte. Wir trotteten ihr ahnungslos hinterher durch die staubigen Strassen, als wir plötzlich vor dem Hyatt Kairo standen. Völlig perplex betraten wir das luxuriöse Gebäude und schlürften wenig später umgeben von Zierpflanzen, Marmormosaiken und architektonisch bis ins Detail geplanten Wasserläufen unseren Kaffee. Hierbei stellten wir fest, dass bei den Ägyptern ein "Latte macchiato" und ein "Macchiato" bei weitem nicht dasselbe sind - der Unterschied besteht ungefähr in einem halben Liter Milch.

Das Nachmittagsprogramm bestand aus 3 Lektionen IP (Intellectual Property Law) und hinterliess bei uns das mulmige Gefühl, uns für diese Wochen in Kairo ein wenig zu viel Arbeit aufgehalst zu haben. So zogen sich denn auch angeregte Diskussionen bis in den späten Abend hinein, sodass ich erst um halb 10 dazu kam, mir im Seoudi Market mein Abendessen (eine halbe Wassermelone, ein Vollkornbaguette und Frischkäse sowie Zucchettis) zu beschaffen. Als ich mich ein wenig umsah, erkannte ich, was ich alles unnütz eingepackt hatte: In den Regalen standen Shampoos jeglicher Marken, wie man sie auch bei uns kaufen kann, daneben Zahnpastas, Crèmes, Zahnbürsten, Taschentücher und noch vieles mehr, das ich mir hätte sparen können. Auch punkto medizinische Versorgung bietet Kairo erstaunlich viel: An jeder Ecke befinden sich Apotheken, die meiner Meinung nach durchaus mit schweizerischen Verhältnissen mithalten können.

Zurück im Hotel machte ich mich auf den Weg ins Badezimmer. Davon gibt es auf jedem Stockwerk nur eines, und dummerweise liegt mein Zimmer genau in der gegenüberliegenden Ecke unserer Etage. Unterwegs kam mir plötzlich eine Frau mit Kopftuch entgegen und posaunte mit erhobener Stimme irgendwelche mir unverständlichen Neuigkeiten in den Gang. Verdutzt ging ich weiter und sah zu, wie alle Studentinnen, die zuvor noch schnatternd herumgestanden hatten, hastig hinter ihren Zimmertüren verschwanden. Plötzlich stand ich vor zwei Hotelangestellten, die einer Studentin halfen, ihren Koffer in ihr Zimmer zu tragen, und da begriff ich, was die Frau gerufen hatte: "Men on the floor! Men on the floor!"

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Auf mich warten 6 Wochen Hitze - mein nächster Trip führt mich nämlich für 6 Wochen nach Ägypten, genauer gesagt nach Kairo. Ich werde mit einigen anderen Studenten an der American University Cairo (AUC) die Law Summer School besuchen. Natürlich sehen wir uns auch ausserhalb der Stadt ein wenig um, u.a. auf der Sinai-Halbinsel und bei den Pyramiden. Bin gespannt, was das alte Ägypten zu bieten hat.
Details:
Aufbruch: 06.06.2008
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 16.07.2008
Reiseziele: Ägypten
Der Autor
 
Christina Schlatter berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.
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