Al Sur

Reisezeit: Oktober 2009 - Oktober 2010  |  von Dirk Weisenstein

Unterwegs in Chile: Die Lama Lodge, oder Valle El Melado

So, nachdem ich die Sachen in Talca gewaschen hatte, und ein wenig eingekauft hatte, hatten wir beschlossen zusammen zur Lama Lodge zu fahren. Wir das waren ein deutscher, der in Italien lebt mit seinen VW Bulli, zwei Schweitzerinen, ind ich. Und für einen Tag wollte noch ein Schweizer mitkommen, der mußte aber am nächsten Tag wieder zurück, zum Arbeiten. Also kauften wir Männer ein. geplant waren eigentlich zwei Tage. Der Einkaufswagen war voll, und ich hatte so meine Bedenken, wie wir das alles in zwei Tagen auffuttern sollten. Fleisch aus Paraguay in der handlichen 2,9 kg Portion, aber auch Salat, Grünzeug, etc. Es war ein ganz schöner Berg. Wie gut das jemand ein Auto hat. Ich hätte es nicht alles mitbekommen, aber ich hätte für mich auch anders eingekauft.
Morgens ging es los. Hoch in die Berge hinein. An einen Stausee entlang. Die Straße führte zwischen zwei Wällen, die dicht mit gelb blühenden Ginster bewachsen waren. Ein Fest für die Augen und für die Nase. Es duftete herrlich, und das Intensive Gelb sah einfach nur geil aus. Immer weiter ging es hinein ins Landesinnere, und dann zweigte ein kleiner Fahrweg von der Asphaltstraße ab. Der Weg ins Valle El Melado. Mit tiefen Pfützen übersäht, und von hohen Pappeln bestanden führte der Weg an fruchtbaren Weiden auf denen Kühe grasten entlang. Auf einer Brücke ging es über den kleinen Rio Melado, und dann hoch zum Pass. Dieser Teil der Piste war mit tiefen Löchern und tiefen Schotter übersäht. Wir mußten beide vorsichtig fahren. DAnn nach der Paßhöhe ging es steil bergab, und als sich der Wald lichtete, war die Lama Lodge erreicht. Der Wald sah hier fast wie zu HAuse aus. Viele Roble Bäume, die von den Blätter her auch als Buchen durchgehen könnten, aber mit einer viel raueren Rinde. Und natürlich ging es hier nicht so sauber und geordnet zu, wie in unseren deutschen Wirtschaftswald. Hier standen noch abgestorbene BAumstümpfe herum, und es lag viel Totholz auf den Boden. Ein gesunder Wald. Die Bewohner dürfen sich Holz für Feuer nehmen, aber nur trockenes und abgestorbenes Holz. Und da hier nicht so viele Leute Leben hat sich der Wald sein natürlichers Antlitz erhalten. Gut für die Tiere, und schön für mich anzusehen.

Als allererstes schauten natürlich die beiden Lamas. Neuigierig, und mit einen Gesichtsausdruck, wie es nur ein Kleinkamel haben kann. Herrlich. Es gab zwei Lamas. Und ein Schaf. Da der Gefährte des Schafes weggestorben ist, haben die Lamas das Schaf adoptiert. Sobald Gefahr im Verzuge ist, flüchtet sich das Schaf zu seinen Spielkameraden, die es dann auch in die Mitte nehmen. Was die Tiere wohl denken. "Hm, das ist aber ein bedauernswertes Lama. Es hat ja viel zu kurze Beine. Und dann das schwarze Gesicht. TS Ts" Und wenn das Schaf schräg nach oben schaut, scheint es zu denken: "Werde ich auch mal so groß?" Weiterhin gab es noch ein Huhn, zwei Hähne, zwei Hunde, und vier Pferde nebst einen Fohlen. Und dann war da noch Jaime, der Caretaker. Hier aufgewachsen, und das ganze Jahr hier lebend, kennt er natürlich alle Leute im Tal, und der Rest sind seine Verwandten. Wir schleppten erst einmal alle Lebensmittel in das Häuschen, und richteten uns häuslich ein.
Dann gingen wir ein wenig spazieren. Hinunter zum Fluß. Es war ein schöner Tag, die Sonne schien, und die Bäume hatten noch das intensive und weiche Frühlingsgrün.
Und Abens kam das Fleisch auf den Grill. 2,9 kg am Stück. Ein bisschen Salz drauf, und warten. Währeddessen kamen Folienkartoffeln in die Glut, und Jaime backte Brot, auf einen selbstgebastelten Ofen. Ein großer Blechbehälter, der aud die Glut gestellt wird. Und oben auf den Deckel kommt dann auch noch einmal etwas Glut. Damit hat der Ofen Ober und Unterhitze. Lecker Futter. Warmes Brot. Dazu Fleisch, und Gemüse. Wir saßen am Feuer, und über uns waren die Sterne aufgegangen. Durch die Tallage waren viele Sterne nicht zu sehen. Von da her war es schwierig die Sternbilder zu erkennen. Aber die Milchstraße funkelte am Himmel, und das Kreuz des Südens. Das Feuer wärmte uns. Denn es war kalt geworden in der Nacht. Lange saßen wir noch zusammen und redeten. Erst spät gingen wir ins Bett.

Am Morgen wurden wir vom Hahnenschrei geweckt. Das blöde Mistvieh hatte seinen Lieblingsplatz genau vor unseren Fenster.
Es war kalt. Lausig kalt. Die Hütte lag noch im Schatten. Reif war auf den Gras. Wir machten Frühstück, und hatten dann jede Menge Zeit zum Nichtstun. Erst am Nachmittag wollten wir einen kleinen Ausritt starten.
So bekam dann jeder sein Pferd. Meines war so Temperamentvoll, dass es im stehen zu schlafen schien. Ich versuchte es zu motivieren, aber ohne jeglichen Erfolg. Während ich meine Hacken in seine Seite bohrte, und mir einen Knoten in die Zunge schnalzte, die Zügel schwang, drehte das Pferd seinen Kopf zu mir, und schaute mich an. Und ich sah genau was es dachte. "Beauty. Ein Tourist. Ein Ahnungsloser. Was willst du denn?" So mußte Jaime mein Pfred immer mit antreiben. Irgendwie scheint der Zosse auf Schmerzen zu stehen. Ein SM Pferd. Dabei heißt sein NAme doch übersetzt in etwa wie "Der Tänzer" weil es sich so leichtfüßig und elegant bewegt. Nun, nicht mit mir. Es spürte genau, dass ich keine Ahnung hatte, und das nutzte es gnadenlos aus. Ich war immer der letzte, und alle anderen lachten schon über mich. Wir ritten in etwa den Weg, den wir gestern gegangen waren. Mit einigen steileren Variationen. Wenigstens war das Pferd sehr trittsicher.
Hm. Morgen sollte es eine richtige Reittour werden, obwohl mit den Pferd habe ich ja eigentlich überhaupt keine Lust. Aber egal. Es sollte noch einmal eine Chance bekommen.
Es nutzte seine Chance. Es bestätigte voll den ersten Eindruck, den ich von ihn gewonnen hatte. Während alle anderen Pferde wach und neugierig die Umgebung anschauten, ließ mein Pferd den Kopf ein wenig hängen, und ich möchte wetten, dass es die meiste Zeit die Augen geschlossen hatte, und friedlich am schlummern war. Leider kann man das ja als Reiter, wenn man auf den Pferd sitzt nicht erkennen. Vielleicht war ja etwas Valium im Futter. Oftmals blieb es einfach stehen, und dann ging gar nichts mehr. Ich war schon nah dran einfach abzusteigen, und zu fuß weiter zu laufen. Mein Gemütszustand näherte sich der Raserei. So entschloß sich dann Jaime direkt hinter mir zu reiten, und alle paar Sekunden mit einer Holzrute auf das Hinterteil des Pferdes zu schlagen. So bewegten wir uns dann durch wunderschöne Roblewälder einen ziemlich steilen Berghang hinauf. An einer stelle mußten wir absteigen, damit die Pferde alleine, und ohne unser Gewicht den Hang hinaufgehen konnten. Die Sicht würde immer schöner. Dann kamen wir aus den Wald hinaus, und ritten über Steppenartige Vegetation den Hang weiter hinauf. An einer kleinen Anhöhe blieben wir stehen, und machten eine Rast. Den Pferden wurden die Vorderläufe zusammengebunden, und mit einen Hinterlauf verbunden. So dass sie sich nur noch sehr langsam in einer sehr komisch aussehenden Hüpferei fortbewegen konnten. Alle Pferde? Nun ja, meines stand immer noch ziemlich apahatisch auf der Wiese. Während alle anderen Pferde sich ein schönes Fleckchen mit saftigen Gras, oder einigen Blumen suchten, stand mein Pferd mit hängenden Kopf einfach nur so herum.

Und das schlimmste ist. Es ist keine Übertreibung. Es ist wirklich so gewesen. Bergab Reiten ging dann ziemlich auf die Knie und Beine. Und als wir endlich unten im Tal waren, schmerzten mir die Beine, und Muskeln taten weh, von denen ich noch nie etwas gehört hatte, geschweige denn gespürt. Die letzten 15 Minuten mit zwei völlig verkrampften Beinen. Dann Absteigen, und kraftlos umhertaumeln, bis einen die Füße wieder tragen. Auch jetzt keine Emotion von meinen Pferd. Völlig Teilnahmslos stand es da, und leiß sich den Sattel und das Zaunzeug abnehmen.
Ich weiß schon, warum ich Motorrad fahre. 50 PS Normalbenzin, Doppelzündung und Einspritzanlage vs 1 PS Hafermotor mit Peitschenzündung und Nebenkopfvergaser, sowie Biokat. Allerdings auch 4 Foot Drive, und eine ganz schöne Bauchfreiheit. Trittsicher und Geländegängig. Und ich habe mich nicht einen Moment lang unsicher gefühlt. DAfür war es auch einfach zu langsam.
Aber der Ausflug war schön, und von dort oben hatten wir eine schöne Aussicht auf die umliegenden Berge und tief eingeschnittenen Täler.
Wir sahen einige Kondore über uns kreisen.
Wieder ein Lagerfeuer zum Brotbacken am Abend. Morgen wollte ein Teil wandern gehen und Rainer wollte noch einmal in die Stadt fahren. Zum Einkaufen. Eigentlich hatten wir für zwei Tage geplant, die M<enge an Sachen, die wir eingekauft hatten reichte für 4 Tage, aber wir wollten noch gar nicht weg von hier. Das Wetter war super. Strahlendblauer Himmel, und in der Sonne auch schön warm. Doch zu bestimmten Tageszeiten kam ein eisiger Wind das Tal hinauf gefegt, der uns auskühlte. Und dann war auch ziemlich spät erst Sonne da, und sie verschwand auch schon ziemlich früh. Dafür war es ein ruhiges und gemütlich abgelegenes Tal. Die paar Autos, die an der Hütte vorbei fuhren kannten wir schon am zweiten Tag auswendig. Es waren vielleicht 5 Autos, die im ganzen 10 bis 15 mal an der Starße an der Hütte vorbei fuhren. Mehr nicht. Nachmittags bis früher Abend ist Rushhour. Dann fahren alle Leute die im Tal arbeiten raus, in die Dörfer und Städte. Und dann wird es ruhig. Und die Nächte sind klar. Keione Lichtverrschmutzung. Es sind tausende von Sternen zu sehen. Eine friedliche Idylle.
Und unsere Truppe war gut. Es war eine entspannte und sehr schöne Zeit. Ich habe mich sehr sehr wohl gefühlt. Danke dafür!

© Dirk Weisenstein, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
1 Jahr Südamerika. Mein Moped und ich!
Details:
Aufbruch: 08.10.2009
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: 07.10.2010
Reiseziele: Chile
Argentinien
Südgeorgien und die Südlichen Sandwichinseln
Großbritannien
Brasilien
Der Autor
 
Dirk Weisenstein berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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