Das erste Mal nach Vietnam

Reisezeit: März 2011  |  von Beate Böttner

17.03.11 - My Son und Hoi An

17.03.11 - My Son

17.03.11 - My Son

Um 08:00 Uhr wurden wir heute abgeholt. Der Blick nach draußen verhieß nichts Gutes. Auf dem Swimmingpool zeichneten sich reichlich Regentropfen ab. Also packten wir uns warm ein und nahmen die Schirme mit.
Unsere heutige Tourbegleiterin heißt Duyen. Und da sich die vietnamesischen Namen für die Mehrheit der ausländischen Touristen wahrscheinlich schwer merken lassen, erzählte sie uns, dass sie zu Hause sehr viele Kinder waren. Sie sei "number 9" und könne so auch angesprochen werden. Wir zogen es vor, sie bei ihrem richtigen Namen zu nennen. Sie lächelte. Duyen wohnt in Da Nang, ist 34 Jahre alt, verheiratet und hat eine 3 ½ Jahre alte Tochter. Ihr Mann hat mal bei Coca Cola gearbeitet, jetzt ist er bei einer Speiseölfirma beschäftigt. Sie muss Öl zum Kochen nicht mehr kaufen. Während früher sehr viele Kinder in einer Familie geboren wurden, ist es heute eher üblich nur 1-2 Kinder zu haben. Duyen findet eins ausreichend. Ihr Vater machte sich schon Gedanken, ob sie denn gar nicht die Absicht habe zu heiraten. Da war sie Mitte 20. Mit Ende 20 hat sie dann ihren Mann kennen gelernt und ihre Familie gegründet.

17.03.11 - My Son

17.03.11 - My Son

Mit Duyen unternehmen wir eine Fahrt in die alte Tempelstadt der Cham-Könige - My Son (sprich Mi-i, niemals das englische mei).
Die Cham sind heute eine der 54 ethnischen Minderheiten in Vietnam. Zwischen 75.000 - 100.000 Cham sollen heute noch in den südlichen Landesteilen leben. Sie haben eine viel dunklere Haut als die Viet Kinh.
Die Cham pflegten hinduistische Glaubensvorstellungen. Sie verehrten den Gott Shiva, was sich in zahlreichen Reliefdarstellungen ausdrückt.
Aus Champa, dem Reich der Cham, sind in My Son mehr als 70 Tempel erhalten geblieben. Diese Stätte war die heiligste Stätte der Cham. Die noch zu sehenden steinernen Inschriften sind uns unerklärlich geblieben. Es ist wohl eine dem Sanskrit ähnliche Sprache. Unserem Reiseführer nach zu urteilen, geht aus ihnen aber beispielsweise hervor, dass zwischen dem 2. und 6. Jahrhundert Holzhäuser erbaut wurden, von denen keines die Zeit überdauert hat. Ab dem 7. Jahrhundert bauten die Cham ihre Heiligtümer aus Ziegeln, die sie mit einem speziellen Baumharz versiegelt haben.

17.03.11 - My Son

17.03.11 - My Son

Die Bauaktivitäten erreichten ihren Höhepunkt im 10. Jahrhundert, das zugleich als Blütezeit dieser Hochkultur gilt.
Nachdem der Dschungel die Anlage fast völlig überwuchert hatte, entdeckten Ende des 19. Jahrhunderts französische Truppen die Ruinen. 1901 begann ein französischer Archäologe (Henri Permentier) sie freizulegen. Die Mehrzahl der Bauwerke ist jedoch durch die Bombardements amerikanischer Flugzeuge Ende der 60er Jahre beschädigt oder zerstört worden. Riesige Bombenkrater sind zu sehen. In einem der Gebäude sind zwei amerikanische Bomben ausgestellt, die hier gefunden wurden. Und noch heute ist nicht klar, ob nicht noch etliche scharfe Bomben in diesem Gebiet liegen. Es sind also Wege angelegt und Wachleute achten akribisch darauf, dass die Besucher diese nicht verlassen. Ebenso finden sich andere Ausgrabungsfunde. My Son ist 1999 zum Weltkulturerbe der UNESCO erklärt worden. Die meisten Fundstücke befinden sich jedoch im Cham Museum in Da Nang, für dessen Besuch uns die Zeit nicht ausreichte.

17.03.11 - My Son

17.03.11 - My Son

17.03.11 - My Son - der heilige Berg

17.03.11 - My Son - der heilige Berg

Der Rundgang war sehr schön, die Wege gesäumt von hohen Bäumen. Blühende Pflanzen taten ihr Übriges es uns gefallen zu lassen.
Wir hatten uns an diesem Morgen entschieden zu warm angezogen. Der Regen hatte alsbald aufgehört. Eine gewisse Wärme ließ uns schnell die Hüllen bis auf's T-Shirt fallen. Duyen trug geduldig die ganze Zeit über unsere Schirme, damit wir die Hände für unsere Fotoapparate frei hatten. Am Ende unseres Besichtigungsprogrammes luden wir Duyen noch auf ein Erfrischungsgetränk ein und stärkten uns selbst mit einem Kaffee.
Zurück ging die Fahrt durch die Dörfer bis nach Hoi An. Wir haben die Strecke heute Morgen in etwa 1,5 Stunden zurückgelegt. Jetzt haben wir nur 45 Minuten gebraucht.
Unterwegs fragte Duyen uns, ob wir in Hoi an noch auf den Markt wollten oder etwas essen gehen möchten. Wir lehnten dankend ab und redeten uns mit einer notwendigen Siesta heraus. Mit dem Fahrer haben wir allerdings noch ausmachen können, dass er uns morgen zum Festpreis von 350.000 Dong zum Flughafen fahren wird. Pünktlich um 11:30 Uhr wollte er uns abholen. Na bitte, war das also schon mal geklärt.

17.03.11 - My Son - von hohen Bäumen gesäumte Wege

17.03.11 - My Son - von hohen Bäumen gesäumte Wege

Als wir gegen 13:00 Uhr wieder im Hotel waren, entschieden wir uns, um 14:55 Uhr den kostenlosen Shuttle-Bus nach Hoi An in Anspruch zu nehmen, um noch ein wenig diese Stadt zu erkunden und zu Abend zu essen. Der letzte Shuttle-Bus fuhr um 21:20 Uhr aus Hoi An zurück. Das versprach genug Zeit für einen Stadtspaziergang.
Tom legte sich dann tatsächlich ein wenig hin. Ich lieh mir derweil ein Fahrrad und erkundete ein wenig das Dorf, in dem sich unser Hotel befand. Kurz vor dem Dorf war ein Friedhof. Das war mein eigentliches Ziel. Es fasziniert mich in anderen Ländern immer wieder, Begräbnisstätten zu entdecken. Abgesehen von den Gräbern in fast allen Reisfeldern, sind auch die zentralen Friedhöfe einer Stadt oder eines Dorfes ausgesprochen farbenfroh. Viele Gräber gleichen kleinen Kunstwerken, mit tempelähnlichen Aufsätzen. Oft ist ein Bild der Ahnen auf dem Grabstein. Manchmal war lediglich das Geburtsjahr Desjenigen auf dem Stein vermerkt. Der genaue Todestag war graviert - meist auch das Alter dazu. Keine Seltenheit, dass Rinder auf dem Friedhof angepflockt sind.

17.03.11 - Friedhof bei Hoi An

17.03.11 - Friedhof bei Hoi An

Die Ahnen werden auch heute noch fünf Generationen lang geehrt. Jeder Haushalt hat einen kleineren oder größeren Ahnenaltar - ob nun im Garten oder in der Wohnung oder auch im Geschäft, das oftmals vor der eigentlichen Wohnung liegt. Räucherstäbchen und Opfergaben (Obst, Gemüse, Spielzeug, Papiergeld-Spielgeld usw.) werden den Ahnen dargebracht. Wenn ein Familienmitglied stirbt, wird eine neue Tafel auf dem Altar aufgestellt. 100 Tage nach der Beisetzung kehren die Ahnen zurück ins Haus und bewohnen den Ahnenaltar.
Der Ahnenkult ist Teil des Geisterglaubens, der auch heute noch, unabhängig der jeweiligen Religionszugehörigkeit, das Alltagsleben bestimmt.

17.03.11 - Friedhof bei Hoi An

17.03.11 - Friedhof bei Hoi An

Ich kam auf meinem Rückweg an einem Haus vorbei, an dem gerade eine Hochzeitsfeier abgehalten wurde. Zu erkennen an dem riesigen Foto des Hochzeitspaares, einer großen Menschenmenge und einer reichen Pink-roten Dekoration. Ich bog mal in diesen und jenen Weg ein und fand eine ganze Reihe recht hübsch anzusehender Häuschen. Ganz im Gegensatz zu denen am Wegesrand anderer Dörfer, die wir bereits durchfahren hatten. Doch auch hier wurde von nahezu jedem dritten Anwesen irgendetwas verkauft. Meist Getränke, Zigaretten und Haushaltsartikel. Die Menschen wirkten entspannt.

17.,03.11 - im Dorf vor Hoi An, wo unser Hotel war

17.,03.11 - im Dorf vor Hoi An, wo unser Hotel war

Kurz vor Abfahrt des Busses erreichte ich das Hotel. Tom war kurz zuvor erwacht und so starteten wir nach Hoi An.
Wir schlenderten dort die Straßen entlang, sahen hier und da den Handwerkern an ihren Ständen auf die Finger. Einer schlug Drahtstäbe mit dem Hammer in Form, die eine Frau dann nebenan zu Körben und anderen Gestellen verflocht. Ich kaufte ein paar Ansichtskarten, dann tranken wir einen Kaffee in einem der unzähligen Straßenrestaurants oder wie immer man die auch nennen möchte.
Es gebot sich selbstverständlich ein Bummel über den Markt. Auch hier konnte eine Ordnung nach "Gewerken" ausgemacht werden. Kleidung in dieser Reihe, Gemüse in jener, dann wieder eine ganze Reihe Fisch und anderes Meeresgetier, Schuhe, Schalen, Souvenirs usw. Wir haben uns in Ruhe umgeschaut ohne etwas zu kaufen. Wir sind auch kurz an den Lampenständen auf der anderen Flussseite vorbei - fanden aber nichts, was in unsere Wohnung passen könnte. Dennoch war es ein schöner bunter Anblick.

17.03.11 - Handwerk in Hoi An

17.03.11 - Handwerk in Hoi An

Die besonderen Sehenswürdigkeiten von Hoi An haben wir nicht besichtigt. Zu kompliziert das Ticketsystem, zu kurz die verfügbare Zeit. Hoi an ist bekannt für seine alten Häuser und Versammlungshallen. Die Häuser bestehen seit Jahrhunderten und sind auch noch bewohnt. Sie entstanden zu Zeiten, da Hoi An aufstrebende Handelsstadt wurde. Bereits die Cham nutzten Hoi An vom 4. bis 10. Jahrhundert als Hafen. 1600 wurde der Hafen für den Außenhandel geöffnet. Chinesische und japanische Händler ließen sich nieder. Viele von ihnen bauten Häuser nach dem Vorbild der Häuser in ihren Heimatländern.

17.03.11 - Handwerk in Hoi An, Schritt 2

17.03.11 - Handwerk in Hoi An, Schritt 2

Wir beließen es beim Bestaunen der Japanischen Brücke. Sie ist 18 m lang und ist eigentlich ein Tempel. Der Bau wurde im Jahr des Affen 1593 begonnen und im Jahr des Hundes 1595 beendet. Diese Tempelbrücke verband seinerzeit das chinesische mit dem japanischen Viertel. Der Gott auf dem Altar ist der Beschützer vor Hochwasser. Wir haben keines trotz des morgendlichen Regens erlebt, doch so manche Ansichtskarte zeigt die Stadt, in der Menschen knietief durchs Wasser waten.
Wir suchten eines der zahllosen Restaurants am Flussufer auf und aßen sehr gut zu Abend. Ich das erste Mal eine Pho -die Suppe, die Vietnamesen schon zum Frühstück löffeln, gegessen.
Mit dem Rechnen klappt es auch hier nicht immer. Wir hatten drei Tonic à 20.000 Dong. Die standen so auch ordentlich auf der Rechnung, jedoch waren als Gesamtsumme hier 80.000 Dong aufgeschrieben. Wir machten die junge Frau in astreiner Landessprache darauf aufmerksam und sie wirkte wirklich peinlich berührt.
In dieser Woche ist internationales Chorfestival in Hoi An. Wir sahen noch einigen Künstlern bei ihren Darbietungen zu. Tanz oder Gesang - also keine Chöre.
Auf dem Fluss zogen einige Papierlaternen ihren Weg.

17.03.11 - Handwerk in Hoi An - fertiges Produkt

17.03.11 - Handwerk in Hoi An - fertiges Produkt

Nun war es noch mehr als eine Stunde hin, ehe der Bus fahren sollte. Wir schlenderten noch ein wenig durch die Schneiderei-Gassen. Hier kann man sich Maßkleidung jeglicher denkbarer Machart und Stoffqualität schneidern lassen. Meist von einem auf den anderen Tag und das zu beispiellosen Preisen. Aber wir hatten keinen entsprechenden Plan.

17.03.11 - Hoi An

17.03.11 - Hoi An

Kurzerhand entschieden wir uns für ein Taxi. Ein grünes stand vor einer Reihe von anders farbigen Taxen. Das wollten wir nehmen, denn es stand ja schließlich in der ersten Reihe. Aber nein, nein, lud man uns in ein anderes Taxi ein. Ich fragte warum nicht dieses. Alle lachten, auch der Fahrer des grünen Taxis selbst. Nein, es sein nicht gut, alt... Die Frage nach dem Preis wurde mit Verweis auf das Taxameter beantwortet. Einen weiteren Lacher ernteten wir, als wir den Hotel Namen angaben. Die Erfahrung vom Ankunftstag, dass es ja eines ähnlichen namens in der Stadt selbst gab, ließ uns sofort ausdrücklich betonen, dass wir ins River und nicht ins Resort wollten. Das Resort wäre vermutlich nur hinter der nächsten Straßenecke gewesen.
Nun wurden wir aber an den korrekten Ort kutschiert.

17.03.11 - Hoi An

17.03.11 - Hoi An

Wir haben für uns festgestellt, dass es uns gefallen hätte, hier ein paar mehr Tage zu verbringen. Es soll auch schöne Strände in unmittelbarer Nähe geben, die leicht mit dem Rad zu erreichen sind. Gut - dafür hätte uns der Regen ohnehin einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber auch ansonsten lohnt sich ein mehrtägiges Verweilen in Hoi An.

17.03.11 - Hoi An -Tempelbrücke

17.03.11 - Hoi An -Tempelbrücke

Da es noch relativ früh am Abend war, haben wir den Plan, in der steinernen Wanne zu baden, in die Tat umgesetzt. Erstaunlich, wie viel Wärme diese Steine aufgenommen und gespeichert haben, waren sie erst einmal mit warmem Wasser bedeckt.
Wir ließen es uns gut gehen und freuten uns, dass morgen kein früher Wecker klingeln würde.

17.03.11 - Hoi An -Tempelbrücke

17.03.11 - Hoi An -Tempelbrücke

© Beate Böttner, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Vietnam von Nord nach Süd in 3 Wochen. Hanoi und Umgebung, SaPa, Hue, Hoi An, Saigon, Mekong-Delta und die Insel Phu Quoc.
Details:
Aufbruch: 04.03.2011
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 26.03.2011
Reiseziele: Vietnam
Der Autor
 
Beate Böttner berichtet seit 13 Jahren auf umdiewelt.
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