Südfrankreich - Alpes de Haute Provence

Reisezeit: August 2010  |  von Ralf Beelitz

Hohe Berge und die Gorges de Daluis

Schon im Ort Barcelonnette weisen uns Schilder auf die umliegenden Pässe hin. Es ist daher nicht sehr schwer auf die D902 in Richtung Col d'Allos (2.247m) zu gelangen. Nach etwa 2 Km zweigt die Zufahrt zum Allos ab und beginnt am Hang entlang Höhe zu gewinnen. Zunächst ist die Strasse noch relativ breit, Autos begegnen uns nur selten. Wir überqueren ein kleines Viadukt und das Asphaltband zwischen Kiefern, Büschen und Felsen verengt sich allmählich auf wenige Meter. Unverhofft biegt die kleine Strasse rechts ab und eröffnet den Blick ins Seitental von Malune, welches vom hellen Felsen des 2.900m hohen Grand Séolane überragt wird. Nachdem wir das ausladende Seitentals durchfahren haben bietet sich uns ein phantastischer Blick auf den tiefen Einschnitt der "Gorges du Bachelard" (Bachelard-Tal). Das Sträßchen zum Allos klettert noch ein wenig weiter den Hang hinauf und der dünner werdende Baumbestand bestätigt: weit kann es nicht mehr sein! Und dann haben wir auch schon die Passhöhe mit ihren Souvenirläden erreicht.
Nach wenigen Kilometern und einigen weiteren engen Kehren erreichen wir La Foux, einen idyllischen kleinen Weiler mit Kirche und einigen wenigen Häusern. Hinter der nächsten Kurve bekommen wir dann das einen völlig anderen Anblick geboten: La Foux d'Allos, ein Retortenort aus Betonbunkern, von denen einer hässlicher als der andere ist. Verstärkt wird dieser Eindruck leider noch durch die zahlreichen Liftanlagen, die sich über die Hänge ziehen. Durch die Örtchen Colmars und Thorame-Haute schwingen wir uns, immer am Fluss Verdon entlang, über die z.T. recht schmale D 908 zum Col de la Colle-Saint-Michel (1.431m) hinauf. Üppige Almwiesen und Kalksteinschluchten prägen diesen Pass. Wir durchfahren das

Vaire-Tal und geniessen den Kontrast zwischen bewaldeten Berghängen und kahlen Felsen.

Mein Tipp: Unbedingt einen Abstecher zum Bergdorf Méailles, am Rande eines imposanten Kalkfelsens über dem linken Ufer der Vaire gelegen, machen. Von der Hauptstrasse führt ein winziges Sträßchen über 4 Kehren zunächst hinunter zum Talboden, windet sich dann zum Dörfchen hinauf und führt anschliessend über weitere 9 Kehren an der Westflanke des Tales wieder zur D 908.

Kurz hinter Annot - keine Touristenattraktion, aber dennoch mit einem sehenswerten alten Ortskern - biegen wir auf die D 2202 nach Daluis ab. Das Tal der Var bildet zwischen Daluis und Guillaumes einen tief eingeschnittenen Canyon - die Schlucht "Gorges de Daluis". Die Route führt auf knapp 12 Kilometern, teilweise auf überhängenden Trassen, durch die Gorges de Daluis und ist atemberaubend. Die Tiefe der Schlucht, die Höhe der
Bergkuppen rings herum sowie der Blick auf schwindelerregende Serpentinen geben reichlich Adrenalinstösse. Besonders jetzt, in den späten Nachmittagsstunden, wenn das Sonnenlicht schräg einfällt, ist das intensive Dunkelrot des Schiefers, gesprenkelt von einigen grünen Farbtupfern, von besonderer Schönheit. Der strahlend blaue Himmel der Provence tut das seine dazu bei, das wir immer wieder herrliche und tiefe Blicke entlang der fast senkrecht abfallenden Felswände in die Schlucht werfen und den Anblick einfach nur geniessen. Spätestens jetzt wissen wir, warum wir nach Südfrankreich wollten.

Von Guillaumes geht es zunächst das immer enger werdende Tal der Var hinauf bis nach Entraunes, einem recht unscheinbaren Örtchen. Nach wenigen Kilometern durchfahren wir den 230 Meter langen, unbeleuchteten "Tunnel de Bramus". Hoffentlich kommt jetzt kein Radler entgegengeschossen! Kurz darauf folgen die ersten Serpentinen. Im Anschluss schlängelt sich die Strasse am Hang entlang oberhalb des mittlerweile recht tief eingeschnittenen Tals weiter empor. Zwei kurze Tunnel, eine Brücke und einige weitere Serpentinen lockern den weiteren Anstieg auf, bis wir schliesslich Estenc erreicht. Durch ein traumhaft idyllisches Hochtal mit blühenden Wiesen, eingerahmt von Nadelwald und umgeben von hohen Felsen zieht sich die kleine Strasse. Glücklicherweise begegnen wir so gut wie keinem Auto, denn bei dem Anblick fällt uns schwer, den Blick auf das schmale Asphaltband vor uns zu lenken. Am Ende des Hochtals, als die blühenden Wiesen hinter uns zurückbleiben, stellt sich unweigerlich die Frage, wie wir aus diesem Bergkessel wieder herauskommen sollen. Die Antwort folgt nach einer Linkskehre und der Durchfahrt durch mehrere kleine Tunnel. Mit der Aussicht auf die letzten zwei- oder dreihundert serpentinenartigen Höhenmeter geht es nun hart am Abgrund entlang bis zur Passhöhe des Col de la Cayolle (2.326 m). Die unspektakuläre Passhöhe bietet lediglich einen kleinen Richtungsstein und einen Parkplatz.

Der Weg nach unten kommt weniger spritzig daher als die Auffahrt über die Südrampe. Die Strasse schlängelt sich auf vielen Kehren und Kurven gemächlich durch die Bergwelt. Die Strassenbreite schrumpft jedoch gelegentlich für mehrere Kilometer auf nur eine Fahrspur zusammen. An der rechten Seite reicht dann die oft senkrechte Felswand bis an die Strasse, auf der linken Seite schützt uns nur eine winzige Mauer oder eine Leitplanke vor dem Abgrund. Mehrere Male unterfahren wir imposante, Respekt einflössende Felsüberhänge. Schliesslich weitet sich die Schlucht wieder; die letzten Kilometer bis ins Tal werden von langen Geraden dominiert und die Zivilisation rückt merklich näher, bis wir in Barcelonnette schliesslich das Ende der Abfahrt erreicht haben. Tourlänge 330 km

Gorges de Daluis

Gorges de Daluis

© Ralf Beelitz, 2011
Du bist hier : Startseite Europa Frankreich Hohe Berge und die Gorges de Daluis
Die Reise
 
Worum geht's?:
Um 17.00 Uhr starte ich mit dem Autoreisezug von Hildesheim in Richtung in Avignon. Wie schon bei früheren Touren geht es wieder einmal mit Verspätung los. Über eine Stunde stehen wir auf dem kleinen Rangierbahnhof, ohne dass sich etwas bewegt. Na, dass kann ja nur besser werden.
Details:
Aufbruch: 20.08.2010
Dauer: 10 Tage
Heimkehr: 29.08.2010
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Ralf Beelitz berichtet seit 12 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors