Zwischen Seealpen und Côte d`Azur

Reisezeit: September / Oktober 2015  |  von Ralf Beelitz

trevaux, Gorges de Daluis und der Col de Cayolle

Im Städtchen Entrevaux ("zwischen den Tälern"), das wie ein Wespennest an einem steilen Felsgrat über dem Fluss Var klebt, machen wir einen Stopp. Drei mächtige Stadttore und massive Festungsmauern umgeben den Ort. Während unserer Touren in der Haute-Provence und den Seealpen habe ich diesem sehenswerten Örtchen schon öfters einen EntrevauxBesuch abgestattet, doch selten war er so leer wie diesmal. Verlassen ist der mittelalterliche Ortskern; die meisten Lokale haben geschlossen; die Touristensaison ist vorbei. Ein Baguette bekommen wir schließlich im Bistro du Pont Levis. Bierseidel stehen in den Regalen. Der Inhaber ist ein „französischer Bayer“. 7 Jahre in München prägen eben.
Nach wenigen Kilometern geht es dann in die „Rote Schlucht“. Zwischen Daluis und Guillaumes bildet das Tal der Var einen tief eingeschnittenen Canyon - die „Gorges de Daluis“. Knapp 12 atemberaubende Kilometer, teilweise auf überhängenden Trassen, zieht sich die schmale Route am Felsrand entlang. Steil fallen die rostroten Felsen in den Schlund der Schlucht, auf deren Grund die Fluten der Var tosen. Der Blick in den Abgrund und die Schwindel erregenden Serpentinen entlang minimalistischer Begrenzungsmäuerchen erzeugen reichlich Adrenalinstösse - besonders bei der besten Sozia der Welt. Jetzt, in den späten Nachmittagsstunden, ist das intensive Dunkelrot des Schiefers, gesprenkelt von wenigen grünen Farbtupfern, von besonderer Schönheit. Der azurblaue Himmel der Provence tut das seine dazu bei, dass wir zahlreiche Fotostopps machen und den Anblick dieses Naturwunders einfach nur genießen. Spätestens jetzt wissen wir, warum wir nach Südfrankreich wollten.

Es geht das immer enger werdende Tal hinauf bis nach Entraunes, einem recht unscheinbaren Örtchen. Dann verschlingt uns der 230 Meter lange, unbeleuchtete „Tunnel de Bramus“; mit Sonnenbrille unter dem Helm ein Genuss der zweifelhaften Art. Es folgen erste Serpentinen. Zwei kurze Tunnel, eine Brücke und einige weitere Kehren lockern den weiteren Anstieg auf. Hinter Estenc zieht sich die kleine Straße durch ein idyllisches Hochtal, eingerahmt von Nadelwald und umgeben von hohen Felsen. Am Ende des Tals bleiben die Almwiesen bald unter uns zurück. Mit der Aussicht auf die letzten zwei- oder dreihundert serpentinenartigen Höhenmeter geht es nun hart am Abgrund entlang bis zur Passhöhe des Col de la Cayolle (2.326 m). Die unspektakuläre Passhöhe bietet lediglich einen kleinen
Richtungsstein und einen Parkplatz. Bei nur 3 Grad ist das heute kein Ort zum Verweilen. Der Weg nach unten kommt weniger spritzig daher als die Auffahrt über die Südrampe. Das Teerband schlängelt sich auf vielen Kehren und Kurven gemächlich durch die Bergwelt. Die Strasse schrumpft jedoch gelegentlich für mehrere Kilometer auf nur eine Fahrspur zusammen. Rechts reicht dann die Felswand bis an die Strasse, links schützt uns nur eine winzige Mauer oder eine wackelige Leitplanke vor dem Abgrund. Das schmale Sträßchen kann sich gerade so zwischen den Felswänden und unter Respekt einflössenden Felsüberhängen hindurchzwängen und reduziert so ganz nebenbei das Tempo. Schließlich weitet sich die Schlucht wieder; die letzten Kilometer bis ins Tal werden von langen Geraden dominiert und die Zivilisation rückt merklich näher, bis wir in Barcelonnette das Ende der Abfahrt erreicht haben.

© Ralf Beelitz, 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Tief eingeschnittene Täler und Schluchten wechseln sich in der Haute-Provence mit einsamen Hochebenen und steilen Berggipfeln ab. Hier läuft manches beschaulicher; der Massentourismus hat das Hinterland der Provence noch nicht erreicht. Vor allem in der Nachsaison ist in den zahlreichen Dörfern der Haute-Provence kaum etwas los. Dazu ein beständiges, sonniges Klima; beste Voraussetzungen also für interessante Touren durch eine faszinierende Landschaft.
Details:
Aufbruch: 19.09.2015
Dauer: 15 Tage
Heimkehr: 03.10.2015
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Ralf Beelitz berichtet seit 12 Jahren auf umdiewelt.
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