Guatemala - Land des ewigen Frühlings

Reisezeit: April 2019  |  von Beatrice Feldbauer

Antigua

Wir treffen uns zum Frühstück. Zu Bohnenmus und Scrambled Egg. Bestimmt werden wir das noch vermissen. Auf jeden Fall werden wir den frischen Früchten noch nachtrauern. Den Ananas, Papayas, Melonen und Mangos, die fast auf jedem Frühstücksbuffets sind. Oder den Pancakes mit süssem Honig. Etwas weniger Anklang finden bei uns die allgegenwärtigen Tortillas, die überall frisch gemacht werden. Am Frühstücksbuffet und auch sonst in jedem Restaurant des Landes.

Tortillas und Bohnen sind das absolute Standardmenu der guatemaltekischen Familie. Bohnen und Tortillas zum Frühstück, zum Mittagessen und zum Nachtessen. Unvorstellbar, Die einseitige Nahrung ist bestimmt zu einem grossen Teil auch der Grund, dass die Menschen hier zu klein gewachsen sind.

Man sieht es gut, Internet gibt es nur in der Lobby, darum hängen hier alle am Handy

Man sieht es gut, Internet gibt es nur in der Lobby, darum hängen hier alle am Handy

Nach dem Frühstück ziehe ich mich zurück, bin in Gedanken noch in den Ruinen von Acuateca, bin noch in der Lodge an der Petexbatun Lodge. Will unbedingt am Blog weiter arbeiten.

Die anderen gehen auf die City Tour mit René. Bei der Franziskanerkirche begegnen ihnen ein paar alte Römer in Brustpanzer und Helmen. Und ein paar violett gekleidete Männer. Und dann fängt sie an, die Prozession. Eine schwere hölzerne Lade, oder soll man es Altar nennen? wird durch die Strassen getragen. Schwer schleppen die Männer, es müssen gegen 40 auf jeder Seite sein. Sie schreiten langsam schwankend über das Kopfsteinpflaster. Auf der Lade ist Jesus mit dem Kreuz. Wunderbar vornehm bekleidet und umgeben von verschiedenen Figuren. Hunter der Lade folgen die Musikanten, mit grossen Pauken und einer Blaskapelle.

Nach den Männern folgen die Frauen. Auch sie tragen eine schwere Bahre. Allerdings thront hier die trauernde Jungfrau Maria. Auch sie werden von Musikanten und vielen Zuschauern begleitet.

Hinter dem ganzen Tross folgen die Süssigkeiten-Verkäufer mit ihren tragbaren Ständen, mit Zuckerwatte in Plastiksäcken, mit kleinen Eiswagen an denen die Glöcklein bimmeln, wenn sie über das grobe Pflaster gestossen werden.

Nach der Prozession kann René die spezielle Architektur der Franziskanerkirche mit dem niedrigen Turm erklären. Dass die Kirche keinen hohen Turm hat, liegt an der Gefahr durch Erdbeben, die hier jederzeit auftreten können. Die Schäden, die die Erdbeben schon angerichtet haben, kann man sehr gut in der Kathedralel am Hauptplatz sehen. Von der einst riesigen Kirche kann heute nur noch eine kleine Seitenkapelle als Sakralraum benutzt werden.

Weiter geht es zur Merced, wo morgen früh die erste Karfreitagsprozession starten wird. Heute werden davor Essensstände aufgebaut.

Der grosse Brunnen, der im Hof des dazugehörenden Klosters steht, galt früher als die grösste Brunnenanalge Zentralamerikas. Darin hatten Mönche Fische gezüchtet.

Die Merced

Die Merced

In der Nähe der Merced entsteht ein ganz ungewöhnlicher Teppich. Das zum Teil farbige Sägemehl wird ergänzt mit geschnitzten Früchten und Gemüsen. Fantasievolle Tiere werden gestaltet man kann sehen, mit welcher Hingabe die Leute ihre Kreation schon seit Tagen geplant hatten.

Den Abschluss findet Renés Stadtführung in meinem Lieblingscafe, dem Condessa gleich beim Hauptplatz.

Hier geselle auch ich mich wieder dazu, denn ein Capuccino ist jetzt genau das Richtige

Brunnenalage im Hof der Merced.

Brunnenalage im Hof der Merced.

Ich habe wieder ein Kapitel des Blogs abgeschlossen und gehe stauend durch die Stadt. Sie ist gefüllt mit Menschen. Menschen aus allen Teilen des Landes. Die Frauen erkennt man an ihren farbigen Kleidern. Wenn man sich etwas besser auskennen würde, könnte man fast jede einem Gebiet zuordnen. Ich kann mit Sicherheit nur die blau gekleideten Frauen mit den dicken Turbanen von Santa Catarina zuordnen.

Überall sitzen die Frauen auf den Strassen und verkaufen ihre Waren. Viel Handarbeiten für die Touristen, viel Tand und all die witzigen technischen Neuigkeiten für jeden, der ein paar Quetzales übrig hat. Seifenblasen, Laserpointer, Stressbälle, beleuchtete Ballone, die Auswahl ist riesig.

Jeder, der etwas zu verkaufen hat, ist jetzt auf der Strasse. Das Angebot ist bunt gemischt von Gemälden, dekorativen Schmiedearbeiten, Kleidern, Schmuck von Silber bis Kitsch, Uhren, Steine, Holzschnitzereien und natürlich alles, was es zu essen gibt. Da gibt es die fixen Strassenküchen mit frittiertem Fleisch oder Bananenchips, gegrillte Hühner, Pommes, frische Früchte, Nüsse und jede Art Süssigkeiten, die man sich überhaupt nur vorstellen kann.

Nachos - allgegenwärtig

Nachos - allgegenwärtig

Ich gehe zur Merced, Seit Jahren sitzt hier Luis Arturo, der Schuhputzer vor der Kirche. So auch heute. Gerade hat er sich an einem der Stände etwas zu Essen geholt. Eine Hühnerkeule mit Reis.

Er erkennt mich sofort, ich hatte ihn schon letzten Oktober besucht. Ich setzte mich zu ihm ans Strassenbord und möchte wissen, wie es ihm geht. Normal, meint er. Nein, einfacher ist es nicht, auch wenn heute viele Menschen in der Stadt sind, es sind alle mit Turnschuhen unterwegs. Kaum mehr jemand trägt Schuhe, die man polieren kann. Die normalen Kunden, die unter der Woche unterwegs sind und sich gelegentlich die Schuhe putzen lassen, sind heute nicht hier. Ich fange an, auf die Schuhe der Leute zu sehen. Sandalen, FlipFlops, Turnschuhe, Sneaker. Keine Lederschuhe.

Hast du trotzdem schon etwas verdient heute? Es ist früher Nachmittag. Ja, 25 Quetzales, lächelt er. Hat grad fürs Mittagessen gereicht.

Und dabei hatte ihn seine Mutter heute morgen gebeten, Bohnen und Reis nach Hause zu bringen. Luis lebt mit seiner betagten Mutter. Er ist Epileptiker und braucht seine Medikamente, damit er nicht irgendwo umkippt. Weil das schon ein paar mal passiert ist und dann im Bus niemand wusste, wohin er gehört, hat er von einem Passanten zwei einfache Handys bekommen. Nur die Nummer seiner Mutter ist gespeichert. So kann er hoffen, dass man ihr anrufen würde, wenn es wieder einmal unverhofft passiert.

Ich habe schon einmal von Luis Arturo im Facebook erzählt und jetzt hat mir eine FB-Freundin Geld mitgegeben, das ich ihm übergeben soll. Es scheint, dass es der richtige Zeitpunkt ist.

Er strahlt über das ganze Gesicht. Sage ihr, dass ich mich sehr freue, sag ihr ein ganz herzliches Dankeschön, sagt er. Die Hand kann er mir nicht geben, sie ist brandschwarz.

Geht diese Farbe auch wieder weg, will ich wissen. Nein, sie geht nicht mehr ganz weg, Ein bisschen schon, ich werde auch noch Seife kaufen, denn ich muss meine beiden Hemden waschen, sie sind schmutzig und das macht sich nicht gut. Die Schuhcreme ist tief in die Haut eingedrungen, in alle Poren, denn wie die meisten Schuheputzer verteilt er die Creme nicht nur mit Lappen und Bürsten, sondern meistens mit blossen Händen. Es wird dann schöner, meint er.

Happy Luis Arturo

Happy Luis Arturo

Zufällig kommen jetzt Bruno und Silvana bei der Merced vorbei. Sie wollen die gute Beleuchtung für eine gute Foto der Zuckerguss-Kirche benutzen. So komme ich zu einer Foto mit Luis Arturo. Das nächste Mal werde ich sie ihm mitbringen. Disket hate ich ihm das Geld zugesteckt, damit es niemand sieht und er nicht noch ausgeraubt wird. Wir verabschieden uns mit einer Umarmung. Seine Ostern sind gerettet.

Ich schlendere weiter. Bei einem Handarbeitsstand kaufe ich eine kleine handgemachte Puppe. Ob sie gute Geschäfte mache heute, wo die Stadt doch voller Menschen ist, will ich von ihr wissen.

Nein, lächelt sie, das ist der erste Verkauf des Tages. Es sind eben vor allem einheimische Menschen unterwegs, die sind an meinen Sachen nicht sehr interessiert.

Auch das Mädchen, dem ich später einen witzigen Stressball abkaufe, erklärt, dass das jetzt grad ihr erster Verkauf sei. Darauf verzichte ich auf die 5 Quetzales Rückgeld, denn sie müsste es erst irgendwo organisieren. Sie hatte heute noch keine Einnahmen und also auch kein Kleingeld.

Inzwischen ist es dunkel geworden und ich bin zum Hauptplatz zurück gekehrt. Auch hier ist alles voller Menschen. Unter den Arkaden sitzen Leute und plaudern, bieten ihre Handarbeiten an. Es sind ganze Familien mit kleinen Kindern, mit Babys, mit Omis und Opas. Die einen sitzen da um die nächste Prozession zu beobachten, andere werden wohl auch hier übernachten.

Im Park blinken die Luftballons, schweben Seifenblasen, schwirren grüne Laserpointer. Alle Bänke sind besetzt, Das Gedränge ist riesig und wird zunehmend dichter. Denn dort von der Avenida nähert sich eine Prozession. Beobachtet von Drohnen, die über den Platz und die Menschen fliegen, kommt sie langsam näher. Schwankend unter der schwere Last schleppen die Männer den grossen Schrein.

Weihrauchkessel werden geschwenkt, die Stadt versinkt im Rauch. Die grossen Pauken schlagen einen eigenartigen Takt. Gerade werden die Träger gewechselt. Am Strassenrand steht schon die Ablösung bereit. Ruhig und fast unmerklich werden die Plätze unter dem schweren Holz gewechselt. Ein paar Schritte rückwärts, dann ist der Takt wieder gefunden, die Christusfigur mit dem schweren Holzkreuz zieht schwankend vorbei.

Und wieder kommen dahinter die Frauen. Gekleidet in schwarze Röcke mit weissen Strickjäcklein, die Haare mit weissen Tüchern bedeckt. Einige wischen sich die Tränen aus dem geschminkten Gesicht, andere weinen ungehemmt.

Die Prozession zieht weiter, zieht rund um den Hauptplatz, kommt zur Kathedrale und geht weiter. Sie wird noch lange weiter ziehen.

Auch für mich ist es jetzt Zeit, weiter zu gehen. Meine Kamera und meine Augen quellen über vor lauter neuen Eindrücken. Ich habe Hunger und gehe in der Nähe in die Posada de Don Rodrigo.

Was für eine Überraschung, die ganze Gruppe ist bereits da. Unabhängig voneinander haben sich alle hier eingefunden. René hatte das Hotel am Morgen beim Stadtrundgang empfohlen und jetzt sind alle da. Es wird ein fröhlicher Abend, und später treten noch ein paar traditionelle Tänzer auf. Es sind wilde Tänze mit Marimbaklängen und später ist die Tanzfläche gefüllt von tanzenden Paaren, unter die sich auch ein paar unserer Gruppe mischen.

Bevor es endgültig auf den Heimweg ins Hotel geht, besuche ich noch einmal die Merced. In wenigen Stunden wird hier die erste Prozession des Karfreitags starten. Sie erstrahlt in der eigenartigen Beleuchtung und noch immer ist eine Menschenmenge davor unterwegs.

Die Fotos von der Stadtführung, bei der ich nicht dabei war, verdanke ich René

Fladi und Listo

Wie hätte es anders sein können, Listo war bei der Stadtführung natürlich auch dabei. Inzwischen bekomme ich ihn kaum mehr zu sehen, er wechselt seine Begleiter fast stündlich.

Als die Gruppe bei einem Teppich vorbei kam, der für die Prozession vorbereitet wurde, wollte er natürlich sofort mithelfen. Er fand dass er das schönste Schmuckstück wäre. Erst als man ihm erklärte, dass die Prozession über die Teppiche gehen würde und sie dabei zerstöre, liess er sich davon abbringen zu bleiben.

Auch beim Nachtessen in der Posada war er natürlich wieder dabei und genoss es, Mittelpunkt zu sein.

Sogar bei den Tänzen wollte er mitmachen, musste aber aufgeben, als die Tänze immer wilder wurden.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Knapp drei Wochen werde ich auch dieses Jahr wieder mit ein paar Freunden durch Guatemala reisen. Farbige Märkte, fröhliche Menschen, Vulkane, Maya-Pyramiden im Dschungel zwei Ozeane und noch vieles mehr steht auf dem Programm. Reisen Sie mit uns ins Land des ewigen Frühlings.
Details:
Aufbruch: 04.04.2019
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 21.04.2019
Reiseziele: Guatemala
Honduras
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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