Trekkingtour durch Andalusien

Reisezeit: September 2008  |  von Matthes Jansen

15.+16 Tag: Rodalquilar bis Las Negras

Am nächsten Morgen ging es zunächst wieder auf der Straße weiter in Richtung Norden. Dann kamen wir jedoch an eine Abzweigung, das Schild zeigte weiter geradeaus, wir entschlossen uns aber rechts abzubiegen, weil auf meiner Karte vermerkt war, dass es sich beim dortigen Strand um einen sehenswerten Punkt handelt. Nun, kurz gesagt: Die Karte hatte nicht gelogen, und die nächste Stunde war landschaftlich das mit Abstand Spektakulärste des gesamten Nationalparks Gabo de Gata (Explizit war das hier die Küstenlinie zwischen Camping "La Caleta" im Norden und dem Berg Cerrico Romero im Süden).

Nach dem Aufbau der Zelte am Campingplatz machte jeder was er wollte. Weil ich Lust hatte Zeitung zu lesen ging ich nach Las Negras um dort eine zu kaufen. Die Stadt ist vom Campingplatz durch einen kleinen Berg getrennt, trotzdem beträgt die Gehzeit nicht mehr als 10 Minuten. Oben auf dem Berg angekommen sah ich dann bei einem Blick auf den Strand, dass sich hier das Verhältnis zwischen spärlich Bekleideten und Splitternackten massiv zu Gunsten letzterer verschoben hatte. Tatsächlich ist das dann aber auch nicht weiter verwunderlich, denn direkt über Las Negras liegt San Pedro, DER Wahlfahrtsort für "Hippies" alter Schule, Aussteiger, Esoteriker. Trotz einiger Versuche seitens der Polizei die Leute durch Razzien zu vertreiben besteht ein harter Kern ununterbrochen fort, um den sich immer mehr Zuzöglinge gruppieren.
Ich kaufte ein wenig ein, entgegen meiner Erwartungen erstand ich sogar eine deutsche Zeitung und ging anschließend wieder zum Campingplatz zurück.
Am Campingplatz angekommen ging's dann los, Übelkeit bis fast zum Brechreiz, etwas Kopfschmerzen. Da ich nichts Schlechtes gegessen hatte am Morgen - nämlich gar nichts - konnte es entweder nur an dem "Trinkwasser" am Campingplatz liegen, das so nach Chlor schmeckte, als wäre es direkt aus dem Pool in der Nähe abgepumpt worden, oder es war ein Hitzschlag. Und weil es bisher, obwohl ich jeden Trinkwasserhahn zwischen Lanjaron und Juviles ausprobiert hatte, nie Probleme mit dem Magen gegeben hatte, tippte ich, trotz permanentem Sonnenschutz in Form von Hemd und Hut, auf den Hitzeschlag, insbesondere da ich am Morgen fast nichts getrunken hatte. Also kaufte ich mir im Supermarkt eine Flasche Wasser, entledigte mich noch schnell auf der Toilette des Brechreizes, trank dann 1/2 Liter weg und legte mich in den Schatten hin.

Nach 2,3 Stündchen war der Spuk vorüber und weil mir der Küstenabschnitt kurz vor dem Campingplatz nicht mehr aus dem Kopf ging, gingen ich und Eduard dort noch ein Mal hin zum Schnorcheln. Prädikat: Empfehlenswert.
Als wir zurück kamen waren Tobi und Les nicht da, wir hatten gewusst dass die beiden in die Stadt gehen wollten. Fast wäre aber auch Les Zelt nicht mehr da gewesen, weil der plötzlich aufgezogene Sturm es bereits auf die Seite gelegt hatte, auch bei den anderen Zelten waren schon viele Heringe fast herausgezogen. Zudem hatten wir nun alle eine mehr oder weniger dicke Sandschicht in unseren Zelten, egal, ob der Eingang Wind abgewandt aufgebaut worden war oder nicht. Durch die Moskitonetze war er so oder so durchgekommen. Wir klopften alle Heringe fest und folgten den beiden anderen dann in die Stadt. Zufällig sahen wir sie in einer, von außen eher unauffälligen, Kneipe an der Theke sitzen, dem "Cerro Negro". Doch als wir eintraten klärten die beiden uns über den Schuppen auf, sie hatten ihn bereits seit 3 Stunden inspiziert. Das Cerro Negro war so etwas, wie DER innerstädtische Treffpunkt der Jungs und Mädels von San Pedro. Hier kam jedes Alter bei jeder Uhrzeit zusammen, um sich auszutauschen über, was auch sonst, San Pedro. Unheimlich nett das ganze, sehr offen, Tapas zum Bier, nach Sympathie wohlgemerkt. Also wer neben dem saufen auch was essen will sollt sich schnell Freunde machen.
Im Dunkeln gingen wir gegen 22Uhr zurück zum Campingplatz. Nun wollten wir noch etwas Karten spielen, draußen raste aber immer noch der Sturm, und da wir alle mehr oder weniger voll waren und in diesem Urlaub eh schon neben so ziemlich allem geschlafen hatten, dachten wir tut es der Sache nun auch keinen Abbruch mehr, wenn wir unser Pokerspiel ins Toilettenhäuschen verlagern. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Gegen 1 Uhr kehrte schließlich auch auf dem Toilettenhäuschen wieder Nachtruhe ein.
Am nächsten Tag verlief die Zeit bis 18 Uhr irgendwie zwischen Schnorcheln und Schattensuche. Dann packten wir unserer Sachen und machten uns auf nach Las Negras, die letzte Nacht sollte noch ein Mal draußen verbracht werden. Erst ging's noch ein Mal ins Cerro Negro auf einen Rum-Cola und 1,2 Bierchen bevor wir uns dann mit einigen Flaschen Bier an den Strand setzten.

Spätestens jetzt fand ich's schade, dass das der letzte Abend am Gabo de Gata war, aber es war Donnerstag und der erste Bus nach dem morgigen fuhr erst wieder in 3 Tagen. Als es dunkel war suchten wir uns einen Platz zum schlafen. Tobi und Les blieben an einem vorher ausgeguckten Spielplatz. Da es mir und Eduard dort zu laut war suchten wir uns am Strand, im Windschatten einiger Fischerboten, eine ruhigere Ecke zum schlafen.
Um 3 Uhr nachts wurde ich wach. Es hörte sich an, als wäre ich in Lloret de Mar aufgewacht. Lautes Geschrei irgendwelcher jungen Gänse und dazwischen coole Sprüche ihrer Typen, sie sprachen allesamt englisch, britischer Akzent. Wenn man mit 16 Jahren nun einen Partyurlaub machen will kann man das ja gerne tun, doch wieso fährt man dann nach Las Negras? Wieso um Himmels willen eine Stunde Busfahrt durch die Wüste auf sich nehmen für 4 Kneipen und einen Supermarkt? Während ich darüber nachdachte sprang 15. Meter vor mir eine kreischende Göre auf den Strand, zog sich die Klamotten aus - während eine zweite das Spektakel aus 2 Metern Höhe von der Promenade aus fotografierte - und rannte ins Wasser, wo 2 weitere bereits eine Menge Spaß zu haben schienen. Ich konnte es im ersten Moment nicht glauben, kam mir vor wie auf dem Ballermann. Dann jedoch dachte ich mir, dass sich die beiden Nudisten an der Playa de los Gneoveses genauso gefühlt haben müssen, als wir für eine Nacht ihr kleines Paradies belagert hatten. Doch das Beste zum Schluss: Nach 45 Minuten Gekreische, unbestimmbarer Geräusche jeglicher Art und einem Fotoblitz pro Minute merkte ich plötzlich, wie sich jemand der anderen Seite des Bootes näherte, an dem wir schliefen. Außerdem sah ich 2 Schatten an einer Wand neben mir, die zeigten dass sich eine Person klein machte. Ich dachte nun, dass sie uns erspäht hatten und nun gucken wollten, ob's da was zu holen gab. Doch als ich mich in den Sitz aufrichtete sah ich nicht etwa einem Dieb in die Augen sondern einer jungen Blondine, die einen Meter von mir entfernt auf der anderen Seite des Bootes hockte und in den Sand pieselte. Was sagt man zu einer Frau, die man gerade aus dem Dunkeln heraus beim Pinkeln erschrocken hat? "Oh,Perdona" kam mir nur über die Lippen, in ihrem Gesicht spiegelte sich blanke Panik. Ich legte mich sofort wieder hin und hörte nur noch, wie sie ihr Geschäft zu Ende verrichtete, dann behutsam alles anzog und schließlich mit einer Mischung aus Lach- und Weinkrampf schreiend quer über den Strand weglief. Nach weiteren 30 Minuten kehrte endlich Ruhe ein. Kurz gab es noch eine kurze Unterbrechung der Nachtruhe, als eine ebenfalls ziemlich junge Frau quer über den Strand torkelte und sich bei der Treppe hoch zur Promenade mit Krawumm auf die Nase legte. Doch bevor ich aufstehen konnte um ihr auf zu helfen hatte sie sich wieder hingesetzt und rauchte sich nun erst ein Mal eine Zigarette, auch sie sah uns nicht obwohl wir wieder nur 15 Meter von ihr entfernt waren. Im Großen und Ganzen war das eine ziemlich kranke Nacht, wenn auch alles andere als unwitzig.

© Matthes Jansen, 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Alpujarras – Mulhacen - Gabo de Gata - Almeria...alles in drei Wochen zu Fuß!
Details:
Aufbruch: September 2008
Dauer: unbekannt
Heimkehr: September 2008
Reiseziele: Spanien
Der Autor
 
Matthes Jansen berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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