Reise um die Welt

Reisezeit: September 2018 - September 2019  |  von Sabine C

Weiter bis Tandil

Hier beginnt das Nichts

Es gibt noch einen Radtag bis General Belgrano. 50 km geradeaus ohne Pause. In etwas mehr als 3 Stunden bin ich da. Eigentlich ist die Gegend hier schön. Es gibt viel Wasser und viele Lagunen. Nur die Entfernungen sind zu groß. An der Straße gibt es über viele Kilometer nicht mal die Möglichkeit kurz stehen zu bleiben. Keine Tankstelle. Keine Möglichkeit Pause zu machen. Beim nächsten Abschnitt wären es 80 km durch Nichts und die Ungewissheit nach 80 km nicht noch eine längere Schotterstrecke zu haben. Nicht sehr verlockend. Und die nächste Etappe wäre dann mehr als 100 km lang. An Trampen mit dem Fahrrad habe ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht gedacht. Das wurde mir später empfohlen.
Also entschließe ich mich ab General Belgrano mit dem Bus weiterzufahren. Ich habe den ganzen Nachmittag Zeit, mich darum zu kümmern. Aus dem Internet weiß ich, dass Busse nach Tandil fahren. Schnell wird klar, dass das Fahrrad in eine Kiste muss. Ich suche einen Fahrradladen und vereinbare einen Termin für den nächsten Morgen.
General Belgrano ist ein kleiner Ort mit einem kleinen Freizeitgelände an einem Fluss oder Kanal. Zum Glück bin ich nicht auf dem menschenleeren Campingplatz am Fluss, sondern in einem netten kleinen Hotel. Die Mücken fressen mich tagsüber schon auf. Die Mitarbeiterinnen bemühen sich, mir bei allem behilflich zu sein, was die Busfahrt betrifft. Das Hotel liegt im barrio parque, dessen Schönheit ich erst beim zweiten Blick erkenne. Sandstraßen mit kleinen Häusern und Gärten. Kleine Alleen.

Am nächsten Morgen wird es aus meiner Sicht dramatisch. Damit das Fahrrad in die Kiste passt, müssen Lenker, Sattel, Pedale, Vorderlicht und Schutzblech ab. Und nun habe ich eine große Kiste und fünf Gepäckstücke. Ich habe Tränen in den Augen. Mein Fahrrad ist bis hierhin wirklich super gelaufen, war perfekt eingestellt und ich frage mich, ob ich das wieder hinbekomme. Der Mann vom Fahrradladen bringt mich mit der Kiste ins Hotel zurück. Zum Glück kann ich dort warten, denn es fängt an zu regnen. Mir wird ein Taxi bestellt. Als das Taxi kommt, weigert sich der Taxifahrer, die Kiste mitzunehmen. Inzwischen regnet es in Strömen. Ich zeige dem Taxifahrer, wie man die Rückbank umklappt. Sage dass das in Deutschland funktioniert und stopfe mit ihm die Kiste in den Kofferraum. Sie passt nicht ganz, aber die 500 m bis zum Busbahnhof geht es. Am Busbahnhof kaufe ich noch ein Ticket für das Rad in der Kiste. Durch den Regen fängt die Pappe langsam an, sich aufzulösen. Es gibt schon ein kleines Loch. Der Bus kommt und ich mache dem Busfahrer und seinem Kollegen klar, dass der Kasten mit dem Rad und 5 Gepäckstücke in den Bus müssen. Mir wird erst später bewusst, dass ich Glück hatte. Sie müssen nur ein Gepäckstück pro Person mitnehmen.

Nach diesen Erfahrungen überfällt mich die Sorge, wie es am Busbahnhof in Tandil weitergeht. Vielleicht kann ich das Rad in einer Gepäckaufbewahrung lassen? Ich möchte nur 3 Tage in Tandil bleiben, dann mit dem Bus weiter nach Pinamar und erst dort wieder aufs Rad. Tatsächlich kann ich das Rad am Terminal lassen.

Für Tandil, das mir als sehr schön beschrieben wurde, fehlt mir der Sinn. Schön ist hier sowieso gar nichts. Am nächsten Morgen habe ich nur einen Gedanken: Wie bekomme ich das Rad in Pinamar vom Terminal zu einem Radgeschäft und welches Geschäft baut mir das Rad dort zusammen. Ich versuche mit einer Bicicleteria Kontakt aufzunehmen. Der Mann von der Rezeption telefoniert für mich. Es findet sich ein Radgeschäft, aber keine Transportmöglichkeit. Langsam bricht bei mir Panik aus.

Mit einem Taxi fahre ich zum Terminal, um mir eine Fahrkarte nach Pinamar zu kaufen. Fahrkarte für mich kann ich kaufen. Das Fahrrad muss mit dem Cargodienst transportiert werden. Auch jetzt hilft mir ein Mann, der hinter mir in der Schlange gestanden hat, den Cargodienst zu finden. Der Mitarbeiter vom Cargodienst umwickelt die sich auflösende Kiste komplett mit Plastik. Eine Sorge habe ich nun weniger: Nämlich, dass die Kiste den nächsten Transport nicht überlebt und mein Rad in Teilen umherfliegt. Ich bekomme eine Nummer, mit der ich tracken kann, wo sich das Rad befindet. Langsam beruhige ich mich ein bisschen. Auf Nachfrage bekomme ich noch die Auskunft, dass Fahrräder in
Fahrradtaschen nicht akzeptiert werden, nur in Kisten. Und nachdem ich gesehen habe, wie die Radkiste in den Bus gewürgt wurde, glaube ich auch, dass das Rad sehr leiden würde.

Im Internet lese ich in einem Radforum noch ein bisschen über Radtransport in Argentinien. Ich bin in guter Gesellschaft mit meinen Erfahrungen. Und langsam schwant mir, dass mein Rad eventuell nach mir in Pinamar ankommt. Vielleicht versuche ich es dann selbst zusammenbauen. Ohne weiteres Gepäck kann ich mir das vorstellen, wenn ich mir genug Zeit nehme. Werkzeug habe ich ja dabei. Wenn ich das kann, fühle ich mich auch nicht so abhängig und ausgeliefert. Mindestens einmal muss ich diese Prozedur noch mitmachen, wenn ich in die Anden fahre.

Die Landschaft wird karger

Die Landschaft wird karger

Barrio Parque in General Belgrano

Barrio Parque in General Belgrano

Am Busbahnhof in General Belgrano

Am Busbahnhof in General Belgrano

© Sabine C, 2018
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Die Verkehrsmittel werden Fahrrad, Schiff, Zug und Bus sein. Es ist ein langgehegter Traum von mir, die Welt zu umrunden und dabei kein Flugzeug zu benutzen.
Details:
Aufbruch: 30.09.2018
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: September 2019
Reiseziele: Deutschland
Frankreich
Spanien
Marokko
Brasilien
Argentinien
Uruguay
Chile
Peru
Ecuador
Mexiko
Japan
Südkorea
Russland / Russische Föderation
Estland
Lettland
Schweden
Polen
Der Autor
 
Sabine C berichtet seit 6 Jahren auf umdiewelt.
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