Lima, Peru und wer weiss, wo sonst noch...

Reisezeit: Januar - März 2005  |  von Lydia P.

Karneval in Puno und der Rueckweg nach Lima

Mit zwei netten Schweizerinnen unterwegs, verbrachte ich 3 Tage in Puno. Dort begann am Sonntag die "Fiesta de la Candelaria", die dem Karneval vorrausgeht. Wir hatten uns Karten fuer die Eroeffnungsfeier im Stadion gekauft, wo sich alle 67 Tanzgruppen mit einem Tanz vorstellten. Da das Spektakel um 7 Uhr anfangen sollte und um 6 Einlass war, standen wir um 5 auf um Schlange zu stehen. Muede war ich bald durchgefroren - eine gute Gelegenheit, das heisse, dickfluessige, gruenliche Getreide-Getraenk zu probieren, dass die Frauen an der Strasse verkauften. Und Ueberraschung: Es schmeckte wirklich lecker!
Als wir schliesslich nach einigem Gerenne von einem Eingang zum naechsten ins Stadium gelassen wurden, stellten wir fest, dass die meisten Peruaner Langschlaefer sind und sich die Zuschauerplaetze erst im Laufe des Vormittags fuellten. Die Tanzgruppen waren beeindruckend: Traditionelle Musikgruppen mit Panfloeten und Trommeln; laute Blechblaeserkapellen aus einigen hundert Mitgliedern; lange, bunte traditionelle Roecke; schwere, verzierte Teufelskostueme; riesige Baeren;... Sie tanzten verschiedene Formationen.
Nach 25 Gruppen hatte ich dennoch genug und zog meine Bett vor um meinen Schlaf nachzuholen. Meine Freundinnen harrten immerhin bis zur 50 Gruppe aus.
Am naechsten Tag zogen dann die Gruppen durch die Strassen und es wurde unmoeglich, von einem Ort zum anderen zu kommen, ohne von oben bis unten mit Schaum besprueht zu werden. Da konnte ich nicht wiederstehen und kaufte mir schliesslich auch eine Spruedose, um mir Schaumschlachten mit den peruanischen Kindern und Erwachsenen zu liefern.

Insgesamt lief das ganze wie wohl bei jeder Karnevalfeier dann auf ein riesiges Saufgelage hinaus. Da das nicht so mein Ding war, verkroch ich mich wieder in mein Bett und hatte einen wunderbaren Schlaf.

Dann ging es weiter mit dem Bus nach Arequipa, eine recht schoene Stadt, immer noch in den Bergen, doch nicht mehr ganz so hoch und dementsprechend auch nicht so kalt.
Ich geniesse die Busfahrten durch die Landschaft immer sehr. Ich kann Stunden nur aus dem Fenster schauen, mit dem Blick den Verlauf der Berge verfolgen, die verschiedenen Farben der Felsen bewundern und die Einheimischen beobachten, ohne dass mir langweilig wird. Eine Pinkelpause auf einer Hochebene war sehr beeindruckend: Soweit das Auge reicht, menschenleere Huegel, kein Laut und die Sonne so intensiv, dass ich einen Sonnenbrand bekommen haette, wenn ich 10 Minuten dort geblieben waere.

In Arequipa blieben wir eine Nacht. Als ich am Morgen des naechsten Tages die Werbung "Climbing" im Hostel sah, packte mich die Kletterlust - seit 3 Wochen in den Bergen und nicht einmal geklettert! Ich machte mich also auf dem Suche durch die Reisebueros und fand schliesslich nach einigem Verhandeln einen netten und einigermassen guenstigen Guide. Wir fuehren mit dem Bus zu den Felswaenden, eine karge Gegend nur mit einigen Kakteen und viel Muell. Mein Partner war vertrauenswuerdig und vorsichtig. So starteten wir schliesslich eine 50m Wand. Gluecklich oben angekommen fragte ich, wer denn die Klettergebiete pflegen wuerde und fand heraus, dass er mit einem Freund die Route angelegt hatte. Musste dann doch ein wenig schlucken.

Alleine reiste ich ueber Nacht weiter an die Kueste in eine kleine Stadt namens Pisco. Nachdem ich einige Zeit in den Bergen verbracht hatte, stach mir jetzt der Unterschied in der Mentalitaet der Einheimischen ins Auge. Waehrend die Menschen der Sierra recht distanziert auf mich reagiert hatten, werde ich hier als europaeische Frau wieder von den Maenner angestarrt und mir wird ueberall hinterher gerufen. Recht genervt kaufte ich Fruechte auf dem Markt, als ich etwas an meinem Rucksack bemerkte. Ein Junge versuchte mir meine Uhr, die daran befestigt war, zu klauen. Als ich mich umdrehte, lief er weg. Nachdem ich den Marktstand verlassen hatte und einige Meter Richtung Hostel gelaufen war, riefen mich schliesslich eine Gruppe Menschen zurueck: "Es ist gefaehrlich hier, Du solltest nicht alleine unterweg sein!" Und die Marktfrauen beauftragten ihre Maenner, mich zum Hostel zurueckzubegleiten. Wieder einmal machte ich die Erfahrung, dass es weitaus mehr Menschen gibt, die mir helfen moechte, da sie denken, es ist zu gefaehrlich fuer eine Frau alleine, als Personen, die mir etwas antun wollen.

Dann wollte ich einen Nationalpark besuchen. Die Touranbieter erzaehlten mir, dass es verboten sei, alleine dorthin zu gehen "wegen dem Wind". Mein Reisefuehrer sagte etwas anderes und so gelang es mir schliesslich, ohne Guide zum Eingang zu kommen. Im Park hatte ich wieder Glueck (oder Frauenbonus) und wurde auf allen Wegen von Autos oder LKW mitgenommen. In einer wunderschoenen Bucht badete ich zum ersten Mal hier in Peru im Meer.
Am naechsten Morgen wollte ich mit einer Tour zu einigen kleinen Inseln im Nationalpark fahren. Die Touranbieter erinnerten sich an mich vom Vortag und daran, dass ich ihren Service verweigert hatte. Daraufhin veranstalteten sie eine richtige Show mit mir. Ich bekam ein Angebot, ploetzlich waren dann aber die Plaetze doch wieder voll. Als ich zu einem anderen Anbieter ging, stellte ich fest, dass sie sich abgesprochen hatten. Der Peruaner hielt mir einen Vortrag ueber mein unglaubliches Verhalten: "Hier gibt es Regeln, die Du akzeptieren solltest! Wenn ich in Deinem Land waere, dann wuerde ich auch die Regeln akzeptieren!"
Ploetzlich gab es dann doch wieder einen Platz, allerdings nur fuer 5 Soles mehr.
Die Menschen im Tourismus luegen, wo sie nur koennen um an das Geld zu kommen. Die Regeln der Kultur in Peru befolge ich gerne, jedoch nicht die eines Touranbieters, der sie willkuerlich aufstellt und der mich beluegt.
Ich bemerke, dass es hier klar vorgegebene Wege fuer Touristen gibt. Sobald man diese jedoch verlassen moechte, stoesst man auf einigen, teilweise recht agressiven Widerstand - die Reisebueros kommen dann nicht an mein Geld.

Die Tour zu den Inseln war dennoch wunderschoen. Ich sah zu ersten Mal in meinem Leben Pinguine, die als Kind immer zu meinen Lieblingstieren gezaehlt hatten. Die Seeloewen machen unglaublich interessante Geraeusche, ein riesiger, aber schoen Klang der vielen Tiere vor einer Bank. Und es macht Spass, sie zu beobachten, wie sie voellig entspannt auf einem Felsen liegen und sich mit der Hinterflosse kratzen.
Ich war sehr sehr gluecklich und traeumte davon, einige Stunden gemuetlich mit einem Ruderboot um die Inseln zu schippern, ohne die Tiere und mich mit dem lauten Motor des Schnellbootes zu stoeren.

Mit zwei lustigen franzoesischen Zwillingsbruedern ging es weiter nach Lima, wo ich mich jetzt befinde. Unsere Plaene, eine Tauchschule an der Kueste zu eroeffnen, wo ich als Sekretaerin haette anfangen koennen, zerschlugen sich mangels Startkapital schnell wieder. Trotzdem fiel es uns schwer, den schoenen Ort zu verlassen.
Hier in Lima kamen wir wieder bei meiner Freundin Erika unter, die uns herzlich aufnahm.
Wie beim ersten Mal fuehle ich mich auch jetzt wieder verloren in der riesigen, lauten, stinkenden Stadt und merke, wie sie mich anstrengt und meine Laune sinkt. Ich bin froh, dass ich schon morgen weiter reisen werde.

© Lydia P., 2005
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Mit akutem Fernweh fing es vor einem Monat an. Nachdem ich eine Woche lang nicht still sitzen konnte, in jeder freien Minute im Atlas geblaettert hatte, ausschliesslich exotische Tee getrunken und auf Reise-Homepages im Internet gesurft hatte, war klar: Ich muss reisen gehen!
Details:
Aufbruch: 11.01.2005
Dauer: 10 Wochen
Heimkehr: 23.03.2005
Reiseziele: Peru
Der Autor
 
Lydia P. berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.