Teil 1 - Pyrenäen 2012 (Frankreich/Spanien)

Reisezeit: September / Oktober 2012  |  von Uschi Agboka

Souvigny–Vichy -St-Pourcain

6. Tag - Prieuré clunisien de Souvigny - Vichy - St-Pourcain-sur-Sioule

7. September 2012 - Freitag - 6. Tag
Chatel de Neuvre, Auvergne (Frankreich) -
Prieuré clunisien de Souvigny - Vichy - St-Pourcain-sur-Sioule
Fahrzeit: 6 1/2 Stunden, 123 km

Morgens wecken uns zwei Vögel mit ihrem Gesang. Heute lassen wir es langsam angehen, denn es steht nur der Besuch der Stadt Vichy auf dem Programm. Morgen wollen wir dann weiterfahren. Um 9.30 Uhr starten wir, zunächst über kleine Landstraßen nach Souvigny, zur Abteikirche - Prieuré clunisien de Souvigny.

915 schenkte der Bourbone Aymard I. die Kirche St-Pierre in Souvigny dem Kloster von Cluny. So siedelten sich hier Mönche an. Der Ort wurde die erste Hauptstadt des Bourbonnais, bevor der Herzogsitz nach Moulins verlegt wurde. 994 starb der heilige Majolus, der 4. Grossabt von Cluny, in Souvigny; das Grab der in seiner Zeit sehr berühmten Persönlichkeit wurde zum Anziehungspunkt vieler Pilger, für die man die erste, dreischiffige romanische Kirche baute. 1008 entstand ein Priorat, eine der "Fünf Töchter" von Cluny. 1049 starb hier auch der heilige Odilon. In der Folge nahm die Zahl der Pilger zum Grab der beiden Heiligen noch zu, zumal Souvigny auf der Strecke des deutschen Jakobus-Pilgerweges nach Santiago de Compostela lag. Zwei weitere Kirchenschiffe wurden angebaut. Als die Bourbonen Souvigny zu ihrer Begräb-nisstätte machten, kam 1448 eine Kapelle, die Chapelle Neuve, hinzu. 1792 zogen die Mönche aus Souvigny ab, der mittlere Turm wurde zerstört. Während der französischen Revolution wurden die meisten Statuen der Kirche stark beschädigt und alles, was auf die Bourbonen als Herrscher hinwies, beseitigt. Die Kirche blieb aber als Bauwerk erhalten, weil sie anstelle der Kirche Saint-Marc, die man aufgab, zur Pfarrkirche erhoben wurde. Vom romanischen Kirchenbau sind heute nur noch der Chor und Teile des Langhauses äußerlich erkennbar. Die romanische Kirche St-Pierre et st-Paul ist sehr schön restauriert, doch leider sind die Beschreibungen nur in Französisch vorhanden. Doch wir haben ja den deutschen Michelin-Führer dabei, so dass wir nicht unwissend bleiben, was mir ein Graus ist.

In der Chapelle Vielle finden wir das Grabmal von Louis II. und seiner Gemahlin, Anne d'Auvergne. Die beiden liegenden Figuren wirken trotz Beschädigung sehr realistisch. Heute hat die Johannesgemeinschaft (La communauté Saint Jean) das Kloster inne.

Nach der Besichtigung und vielen Bildern fahren wir in den ehemals feudalen Kurort Vichy. Schon den Römern waren die heilenden Quellen bekannt, die im 17. Jh. wiederentdeckt wurden. Wir schauen uns das Kurhaus und die Trinkhallen mit den verschiedenen Quellen an, wandeln durch den schmiedeeisernen Wandelgang hin bis zum Grand Casino Theatre. Ein schattiger Park lädt zur Siesta ein. Viele prächtige, neubarocke Hotels umgeben die Kuranlagen. Leider sind sowohl die Kuranlagen als auch der Park etc. sehr ungepflegt. Alles verfällt, was eine Schande ist. Und es gibt eine regelrechte Taubenplage. Rolf holt eine kleine Kanne aus dem Motorrad und füllt sie mit Heilwasser "Source des Celestins", 21,5 Grad warm. Er glaubt, wenn er das trinkt, bleibt er gesund. Zweimal holt er Nachschub! Ich verzichte! Es ist ein herrlich warmer Tag.

Vichy
Ein dunkles Kapitel der Geschichte - das Vichy Regime. Von Anfang Juli 1940 bis zum 20. August 1944 war Vichy Sitz der französischen Regierung. Am 10. Juli 1940 wurden Marschall Petain im Grand Casino von Vichy die Generalvollmachten übergeben. Sämtliche großen Hotels wurden von Regierungsmitglieder und höheren Beamten bewohnt. Diese zur Größe der Stadt in krassem Gegensatz stehende Machtkonzent-ration war bezeichnend für das angeblich "freie" Vichy-Regime, das die demokratischen Grundrechte mit Füssen trat. Vichy wurde zum Zentrum eines Überwachungsstaates, die Polizei war allgegenwärtig und ein Klima lähmender Angst legte sich über die früher so vergnügte Stadt. Nach dem Sturz des Regimes am 20. Aug. 1944 nahmen die Deutschen die noch in der Stadt verbliebenen Vertreter der Regierung auf ihrem Rückzug mit. 6 Tage später wurden die aus der Resistance hervorgegangenen Truppen FFI - Front Fran-cais d'Interieur - begeistert von der Bevölkerung Vichys empfangen.

Wir verlassen den einstmals sicher schönen Ort und fahren nach St-Pourcain-sur-Sioule. Die kleine Stadt verdankt ihren Namen dem Heiligen Portian - Pourcain, um 532 verstorben, einem befreiten Sklaven, der Mönch wurde und sich für die geplagte Bevölkerung einsetzte, als Clodwigs Sohn, der Merowingerkönig Theoderich I. die Auvergne verwüstete. Hier findet sich auch eines der ältesten Weinanbaugebiete Frankreichs. Wir schauen uns die Sainte-Croix-Kirche an, die zwischen dem 11. und 15. Jh. in mehreren Bau-etappen entstand. Auch ein Spaziergang über den Rathausplatz mit Blick auf den schönen Uhrturm (1480), Monument historique, ist angesagt.

In einem Feinkostladen erstehe ich einige Köstlichkeiten für Zuhause, Walnuss-Öl, Haselnuss-Öl, Cassis-Senf. Rolf verstaut alles gut im Motorrad und später im Bus, so dass es heil Zuhause ankommt. Gegen 16 Uhr sind wir zurück auf dem Campingplatz, nach 123 km und 6 ½ Std. Rolf lädt den Hänger, d. h., er fährt das Motorrad hinauf, die Motorradklamotten werden verstaut, denn Morgen fahren wir voraussichtlich bis Millau. Dort wollen wir evtl. eine Nacht bleiben, ehe wir in die Pyrenäen fahren. Dort sind unsere Hauptziele. Wir hatten bis jetzt herrliches Wetter und haben schon viel gesehen. Das ländliche Frankreich ist ein ideales Reiseziel in der Nachsaion, die Menschen sind gastfreundlich, hilfsbereit und die Landschaft, ein Traum.

© Uschi Agboka, 2012
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es handelt sich um eine 42-tägige Tour von Niederbayern nach Frankreich, in die Auvergne, weiter in die französischen und spanischen Pyrenäen.
Details:
Aufbruch: 02.09.2012
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 13.10.2012
Reiseziele: Frankreich
Spanien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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