Same Same? Mai Pen Rai ...

Reisezeit: März / April 2014  |  von Susi & Dominik Lempeare

Miezekatzen

Vierter und letzter Tag in Chiang Mai. Heute Abend werden wir mit einem gemütlichen Nachtzug Richtung Bangkok schaukeln, zuvor aber gönnt sich jeder einen privaten Tag - in Marians Fall bedeutet das den Besuch eines Kochkurses und André durchstreift derweil die kleinen bunten Lädchen der Altstadt.

... Frühstück über alles ...

... Frühstück über alles ...

... Spielkind ...

... Spielkind ...

... frauliches Frühstück ...

... frauliches Frühstück ...

... herrliches Frühstück ...

... herrliches Frühstück ...

Susi und ich werden uns hingegen auf moralisch äußerst dünnes Eis begeben und eine Tigerfarm nördlich von Chiang Mai besuchen. Wir wollen uns ein Bild davon machen, wie die Tiere dort gehalten werden. Tigerfarmen werden in Thailand immer populärer - gleichzeitig steigen aber auch die Berichte über Einrichtungen, die ihre Tiere permanent unter Drogen setzen. Nach unseren gestrigen Erfahrungen im Zoo, fahren wir mit durchaus gemischten Gefühlen los...

Das Tiger Kingdom liegt gut 20 Minuten nördlich von Chiang Mai. Die Anlange wirkt neu und gepflegt und der Zutritt ist kostenlos. Von einem großen u-förmigen Gebäude aus kann man die Wildkatzen beobachten. Wer dabei gerne Essen möchte, kann das bunte Buffet testen, für durchaus moderate 200 Baht / 4,50 € gibt es ein buntes Potpourri aus asiatischen und europäischen Speisen.

Wer mit den Tigern in direkten Kontakt treten will, muss sich am Informationstresen anmelden. Es gibt vier Alterklassen, im Wortlaut übersetzt: klein, mittel, halbwüchsig und groß. Die Kosten für ein 15 minütiges Tête-à-Tête betragen in allen Fällen etwas über 400 Baht / also knapp 10,- €.

Wir entscheiden uns für die großen Jungs - wenn schon, denn schon
Aber zuerst schlendern wir durch den hinteren Teil der Anlage und entdecken dabei die Tiere, die gerade "frei" haben. In durchaus großen Gehegen - groß genug wäre freilich nur die freie Wildbahn - lungern Tiger aller Alterklassen in schattigen Plätzchen. Es sind auch weiße Tiger und ein Löwe dabei.

... Futter ? ...

... Futter ? ...

Im Gegensatz zum Zoo gestern machen die Tiere einen fitten und gepflegten Eindruck. Alle haben auch Zugang zu kleinen Pools, wovon die Großkatzen auch reichlich Gebrauch machen.

In einem großen Seitengebäude ist sowas wie der Kindergarten der Anlage untergebracht. Zwar haben wir nur ein Rendezvous mit den großen Jungs gebucht, aber sich umsehen und reinschauen darf man überall.

Jedem Tiger im Tiger Kingdom ist laut Broschüre von Geburt an ein persönlicher Betreuer zugeteilt - und tatsächlich sehen wir pro Tier auch einen Pfleger. Große Stöcke, Stromhalsbänder oder Ähnliches gibt es nicht, lediglich einen kleinen, fingerdünnen 20 cm langen Bambusstab, der aber, soweit wir das sehen konnten, nur zur Gabe von kleinen Fleischstückchen genutzt wird.

Auch die Kleinen haben ein separiertes Freigehege, der Kontakt Mensch-Tier findet aber nur in dieser offenen Halle statt. Die Jungtiere sind natürlich äußerst beliebt, der Andrang bei ihnen war groß, was aber nicht in der Überfüllung des Geheges mündete - nach einem Besuch bekamen die Tiger immer wieder "frei", konnten spielen, dösen, etc... - die Besucher mussten einfach (lange) warten.

Das sieht bei den Großen ganz anders aus, weder Andrang noch Wartezeit - und apropos, wir sind jetzt dran und werden auch schon genauestens inspiziert.

... der Portier ...

... der Portier ...

Im Freigehege der großen Jungs sind bei unserem Besuch sieben Tiger zugegen, zeitgleich aber nur fünf Gruppen die jeweils aus ein oder zwei Personen bestehen. Entweder man stellt sich also mit dem Rücken zur Wand oder man hat zwangsläufig immer ein paar Miezen im Rücken... Ein Pfleger nimmt uns bei der Hand und führt uns Glückspilze auch gleich zum größten Brocken im hintersten Eck - na ja, gut so - abhauen wäre eh sinnlos und der große Shir Khan macht es hoffentlich wenigsten kurz und schmerzlos.

... auf Schmusekurs ...

... auf Schmusekurs ...

PS: irgendwie spinnt unsere Kamera, beachtet mal den Unterschied zwischen obigem und unterem Bild - trotz Manual-Modus stellt sie zwischen kalt und warm um - na gut, sie hat mittlerweile auch 23.000 Bilder runter und diese mehrheitlich unter kameraunwürdigen Bedingungen - Sand, Hitze, Regen, Dschungel - und pfleglich sind wir mit ihr bei Leibe nicht...

Zurück zu den Tigern - so ein schlafender Koloss könnte ja nun die Berichte über betäubte Katzen in solchen Einrichtungen unterstützen, jedoch entschied sich "unser" Tiger alsbald sein mittägliches Sonnenbad aufzugeben und stattdessen eine Runde plantschen zu gehen - angeregt durch einen langen Bambusstab samt einem Büschel Gras wurde der Senior ruckzuck munter, sehr munter...

... von 0 ...

... von 0 ...

... auf 100 ...

... auf 100 ...

... in 3 Sekunden ...

... in 3 Sekunden ...

Katzen sind doch alle gleich - der Tiger jagt dem Büschel Gras in selbigem blinden Eifer hinterher wie unsere beiden Stubentiger einer Feder. Wir (plus Kamera mal wieder) werden ordentlich nass. Nach gut 5 Minuten hat er dann aber den Grasbüschel komplett zerlegt und labt sich an seiner Beute.

Nach dieser Einlage sei dem Alpha eine Pause gegönnt, wir ziehen weiter zu einer kleineren Dame - das mit dem Kraulen funktioniert bei den Großen übrigens genauso gut wie bei unseren handelsüblichen Samtpfoten - man(n) muss sich nur zupacken trauen ...

... Dau - ...

... Dau - ...

... - men - ...

... - men - ...

... - ki - ...

... - ki - ...

... - no ...

... - no ...

Aus unseren gebuchten 15 Minuten werden am Ende knappe 30, wie gesagt, die Erwachsenen erfreuen sich eines geringeren Andrangs.


Aber wie fällt nun unser Fazit aus? Das Tiger keine Kuscheltiere sind ist klar, was also soll man von so einem Streichelzoo halten?
Fakt ist, Tiger sind vom Aussterben bedroht - und zwar viel mehr, als man es vielleicht glauben möchte. Weltweit gibt es kaum mehr 3.000 in freier Wildbahn lebende Tiger. In den letzten 100 Jahren verloren sie 97% ihres natürlichen Verbreitungsgebiets. In China, einst absolutes Tigerland, wurde in den 1960er der letzte wilde Tiger gesichtet - und aus China stammt zugleich ihr größter Feind - die TCM, die traditionelle chinesische Medizin - sie erfreut sich weltweit stark steigender Nachfrage.

Tiger finden sich dabei in vielen ihrer Produkte wieder, gemahlene Tigerknochen helfen laut TCM gegen Alles - von Rheuma bis hin zur Wiedererstarkung der männlichen Libido. Nebenbei erfreut sich auch Pelz die letzten Jahre wieder steigender Akzeptanz und ein Tigerfell als Läufer ist wohl erstmalig seit Dinner-for-One (<-- klick mich für Nostalgie) wieder salonfähig.

All diese Faktoren führen dazu, dass die mittlerweile zumeist illegale Bejagung dennoch ständig fortgeführt wird. In China sprießen bereits Tigercamps aus dem Boden, wo Tiger nur zu einem Zweck, nämlich als lebende Apotheken, gezüchtet werden - doch die Nachfrage übersteigt das Angebot bei Weitem.

Wir schließen daher, dass Tigerfarmen wie das Tiger Kingdom, die mit ihren Tieren ordentlich umgehen - artgerecht ist freilich anders - durchaus sinnvoll sind. Sie schaffen eine Ebene der Begegnung zwischen Mensch und Tier und können so vielleicht helfen, ein größeres Verständnis für ihre Art zu etablieren - hoffentlich vor allem bei unseren asiatischen Mitmenschen, die bei Natur- und Umweltschutz durchaus noch etwas die Schulbank drücken müssen...
Oder anders gesagt: wenn nur ein einziger Anhänger der traditionellen chinesischen Medizin kapiert, dass Tiger kein Viagra sind, dann hat sich das Tiger Kingdom aus unserer Sicht schon gelohnt.

... ein Eis für die Dompteurin ...

... ein Eis für die Dompteurin ...

Gefährlich ist's, den Leu zu wecken
Verderblich ist des Tigers Zahn
Jedoch der schrecklichste der Schrecken
Das ist der Mensch in seinem Wahn


Friedrich Schiller, Das Lied von der Glocke

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Mit 8 Augen durch Thailand
Details:
Aufbruch: 11.03.2014
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 11.04.2014
Reiseziele: Thailand
Der Autor
 
Susi & Dominik Lempeare berichtet seit 12 Jahren auf umdiewelt.
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