Iran - 2014

Reisezeit: April - Juni 2014  |  von Uschi Agboka

Iran - Juni 2014: Teil 2 - Dogubayazit, Türkei / Maku, Iran

Blick aus unserem Hotel auf den Ararat - Dogubayazit

Blick aus unserem Hotel auf den Ararat - Dogubayazit

Auf dem Weg zur iranischen Grenze

Auf dem Weg zur iranischen Grenze

Dogubayazit, Türkei / Maku (West-Aserbaidschan), Iran

3. Mai 2014 9. Tag
Dogubayazit, Türkei / Maku (West-Aserbaidschan), Iran 60 km
Einreise über den Grenzort Bazargan -
Dauer der Formalitäten 1 Std.
Weiterfahrt nach Maku
Tourist Inn - 28,00 Euro mit Frühstück

Der Wecker klingelt um 6 Uhr. Um 7 Uhr gibt es Frühstück, doch leider nicht mehr in dem schönen Dach-Restaurant, wo man einen phantastischen Blick auf den Berg Ararat hat. Gestern war der Ararat von Wolken verhüllt, doch heute Morgen zeigt er sich in seiner ganzen Schönheit.

Ararat
Der 5.137 m hohe Vulkan erhebt sich im Osten der Türkei, ganz in der Nähe zu Armenien, Aserbaidschan und Iran. Für die Armenier ist er "Mutter Erde", für die Kurden "der Berg des Bösen" und auf Türkisch heißt der "Schmerzensberg". Der Ararat ist das Nationalsymbol der Armenier. Der Völkermord an den Armeniern wurde Anfang des 20. Jahrhunderts begangen, als im Zusammenhang mit armenischen Unabhängigkeitsbestrebungen und dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) eine große Zahl von Armeniern im Osmanischen Reich, aus dem die heutige Republik Türkei entstand, getötet wurde. Im engeren Sinn versteht man unter diesem Begriff die Massaker in den Jahren von 1915 bis 1917. Bei den größten Massakern und auf den Todesmärschen kamen etwa bis zu über 1,5 Millionen Armenier um. Während viele Armenier die Vertreibungen und Massaker als ungesühntes Unrecht empfinden und seit Jahrzehnten eine angemessene Erinnerung fordern, gelten die Deportationen nach der offiziellen türkischen Sichtweise als "kriegsbedingte Sicherheitsmaßnahme". Bis heute fand keine Wiedergutmachung, geschweige denn eine Aufarbeitung der Vorgänge statt. Die türkische Leugnung des Genozid bedeutet nicht die grundsätzliche Leugnung der Toten. Seit 1965 haben 22 Staaten die durch den osmanischen Staat begangenen Deportationen und Massaker der Jahre 1915-1917 offiziell als Genozid entsprechend der UN-Völkermordkonvention von 1948 anerkannt (u. a. Argentinien, Belgien, Griechenland, Italien, Kanada, Libanon, die Niederlande, Russland, Schweden, die Schweiz, die Slowakei, Uruguay und Zypern). In einer Anfrage vom 10. Februar 2010 wurde die Bundesregierung von der Fraktion Die Linke um eine klare Stellungnahme gebeten, ob die Bundesregierung die Auffassung vertrete, dass es sich bei den Massakern an den Armeniern 1915/16 um einen Völkermord im Sinne der UN-Konvention von 1948 handele. Die deutsche Bundesregierung antwortete am 25. Februar 2010: "Die Bundesregierung begrüßt alle Initiativen, die der weiteren Aufarbeitung der geschichtlichen Ereignisse von 1915/16 dienen. Eine Bewertung der Ergebnisse dieser Forschungen sollte Wissenschaftlern vorbehalten bleiben. Dabei ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Aufarbeitung der tragischen Ereignisse von 1915/16 in erster Linie Sache der betroffenen Länder Türkei und Armenien ist. Das Europäische Parlament hat mit den Beschlüssen vom 18. Juni 1987 und 15. November 2001 die Anerkennung des Völkermordes durch den heutigen türkischen Staat zu einer Voraussetzung des EU-Beitritts der Türkei erklärt und am 28. Februar 2002 in einer weiteren Beschlussfassung die Türkei zur Einhaltung dieser Vorgabe gemahnt. Nicht einmal ansatzweise kann der kulturelle Verlust beziffert werden, der mit der Vertreibung und Ermordung der Armenier einherging. Ich persönlich bin der Auffassung, wenn man ein Land bereist, muss man sich auch mit dessen Schattenseiten vertraut machen. Und die heutige Türkei hat meiner Ansicht nach, viel wieder gut zumachen.

Der hebräische Name "Ararat" hat seinen Ursprung im Reich der Uratäer (9-7 Jahrh. v. Chr.). 1840 war der Vulkan zuletzt aktiv - 2.000 Menschen verloren ihr Leben, ein Dorf wurde total vernichtet. Um den Berg Ararat ranken sich viele Legenden, u. a. die der Arche Noah, die während der Sintflut hier gelandet sein soll. Viele wollen Spuren von ihr entdeckt haben, doch den Beweis blieben sie schuldig. Viele Jahre war der Ararat aus Sicherheitsgründen gesperrt, doch heute tummeln sich auf ihm nicht nur Archensucher, sondern jede Menge Gipfelstürmer - mehr als 15.000/Jahr! Aber man sollte dem Berg Respekt zollen - jedes Jahr verunglücken hier einige der Bergsteiger.

Nach dem Frühstück schnell geladen und um 8.30 Uhr sind wir nach 23 Meilen (37 km) an der iranischen Grenze. Wir müssen die Uhren 1 ½ Stunden vor stellen, also Ortszeit 10 Uhr. Mal sehen, wie lange die Aus- und Einreiseprozedur dauert.

Die türkische Kontrolle geht flott, es öffnet sich das türkische Tor. Ein Türke spricht uns an. Er macht einen seriösen Eindruck und sagt Rolf, wir bekämen Schwierigkeiten, wenn wir nicht schon an der Grenze Euro in Rials tauschen würden. Rolf will eigentlich nur 100 Euro tauschen, doch er schwätzt solange auf uns ein, bis wir 300 Euro tauschen. Da ich alle Kurse ausgedruckt habe, glauben wir, dass der Bankkurs, den er uns bietet gut ist. Für 300 Euro erhalten wir knapp 11.000.000 Rials. Erst später erfahren wir, dass dieser Kurs sehr schlecht ist und wir fast 90 Euro verschenkt haben.

Wichtig zu wissen ist, dass man für den gesamten Aufenthalt im Iran ausreichend Bargeld mitnehmen muss. Im Iran funktionieren keine ausländischen Kredit- und andere Karten, d. h., bei den Banken kann man kein Geld abheben. Das ist schon unangenehm, da man so viel Bargeld mit sich herum trägt.

An der Grenze sind Menschenmassen, die alle zu Fuß unterwegs sind. Es ist ziemlich warm und wir sind froh, als sich auch das iranische Tor öffnet. Rolf und ich müssen zur Passkontrolle, doch wir können uns keinen Weg durch die Menschen bahnen, die alle bepackt sind mit riesigen Kleiderbündeln, gekauft in der Türkei. Wir sind eingekesselt von den Menschen, dick angezogen mit unseren Ledersachen und ich denke, ich bekomme einen Hitzschlag, wenn das Stunden dauert.
Doch zwei nette ältere Türken weisen uns den Weg in das Büro von Mrs. Hasanzadeh, eine bildschöne junge Frau, die perfekt Englisch spricht. Sie entschuldigt sich für die vielen Menschen und schnell hat sie notiert, was sie wissen muss. Ruckzuck ist bei ihr alles erledigt. Sie weist Rolf darauf hin, dass er keinen "Helfer" (diese verlangen Geld und nicht zu knapp) für die Zollformalitäten benötige. Sie gibt uns den Tages-Kurs der offiziellen Geldwechsler - Sarafi. Dadurch stellen wir fest, dass wir ca. 90 Euro verschenkt haben. Sie weist ausdrücklich darauf hin, dass wir nicht bei staatlichen Banken unser Geld umtauschen sollen, sondern bei den Sarafi. Jeder in den Städten wisse, wo diese zu finden seien. Dann gibt sie uns noch ihre Visitenkarte. Wenn wir Schwierigkeiten bekommen sollten, sollen wir sofort mit ihr Kontakt aufnehmen. Sie begleitet uns durch die Menschenmassen, die großen Respekt vor ihr haben (auch die Männer!) zu den Zollbeamten, erklärt dort Einiges. Ich verspreche ihr, wenn ich Zu-hause bin, ihr von unseren Erlebnissen im Iran zu berichten. Einige lästige Helfer wollen Rolf bei den Zollbeamten helfen, außerdem wollen sie ihm eine Haftpflicht-Versicherung (100 Euro) aufschwatzen. Das Motorrad hat jedoch eine grüne Versicherungskarte, die auch im Iran gilt. Rolf wimmelt die lästigen Menschen ab, besonders einen, Hossein Ravaniyar vom Orumiyeh See, vor dem schon in div. Internet-foren gewarnt wird. Er ist wirklich unverschämt aufdringlich. Schnell hat Rolf allein alles erledigt, wir bekommen anstandslos die nötigen Stempel und einen weißen Schein, den wir nochmals bei der äußeren Grenze vorweisen müssen und dann öffnet sich der Schlagbaum und wir sind im Iran - es ist 11 Uhr, d. h., in einer Stunde haben wir alles allein geschafft.

Gegen 12 Uhr sind wir in Maku, wo uns ein freundlicher Iraner (Tankstellenbesitzer) den Weg zum Tourist Inn Hotel zeigt, welches etwas versteckt liegt. Als erstes fragen wir, ob das Zimmer auch eine Wes-tern-Toilette (Sitztoilette) hat, für mich wichtig. Gott sei Dank wird dies bejaht und wir laden ab. Der Manager erlaubt Rolf, das Motorrad in der Lobby zu parken. Er und einige Gäste bestaunen die Harley von vorne bis hinten. Im Iran sind große Motorräder (über 200 ccm) für die Einheimischen verboten, d. h., es dürfen nur kleine Mopeds gefahren werden. Die meisten Motorradfahrer, die im Iran unterwegs sind, haben große BMW-Reisemotorräder, die jedoch nicht so gut ausschauen wie eine Harley. Bitte nicht als Kritik an BMW- oder anderen Motorrädern auffassen!

Die kleine Stadt Maku (West-Aserbaidschan) liegt in einer malerischen Schlucht auf 1.634 m Höhe und wird von dem Fluss Zangmar durchflossen, der in den umliegenden Bergen entspringt. Die Ruinen eines alten Forts sind an den Rändern der Schlucht zu sehen.
Aserbaidschaner und Kurden beanspruchen die Stadt für sich und auch die Armenier melden Ansprüche an, liegt doch in ca. 20 km Entfernung das ehemals armenische Kloster Sankt Thaddäus, UNES-CO-Welt-Kulturerbe. In der Antike gehörte die Region zum Mederreich und danach zum Perserreich.

Nachdem wir uns im Zimmer eingerichtet haben, fahren wir zum Thaddäus-Kloster. In dem kleinen Ort Shot - prächtig hier der Boulevard - erkundigen wir uns nach dem Weg und erhalten von 5 - 6 freundlichen Männern die richtige Richtung gewiesen. Sobald man hält, eilen gleich einige Menschen herbei, um zu helfen. Rolf schaut besorgt zum Himmel, das Wetter sieht nicht gut aus und die Fahrt geht über eine kurvige enge Straße durch das Gebirge. Ein älterer Herr schließt uns das Tor zu der Klosteranlage auf und wir begeben uns auf Besichtigungstour. Rolf und ich sind begeistert, alles ist sehr gut erhalten und so wird ein Foto nach dem anderen geschossen.

Kloster Sankt Thaddäus
Es handelt sich um ein ehemaliges armenisches Kloster. Bekannt ist es für die "Schwarze Kirche", eine Abteikirche. Die Gegend in der das Kloster liegt, gehörte einst zum alten Königreich von Armenien.
Nach Überzeugung der armenischen Christen wurden das Kloster und die Kirche im Jahr 66 von Judas Thaddäus als erste Kirche der Welt gegründet. Thaddäus erlitt einen Märtyrertod und wurde in seiner eigenen Kirche beigesetzt. Ein Erdbeben im Jahre 1319 zerstörte das Klos-ter fast vollständig. Die Gebäude wurden zwischen 1319 und 1329 wieder aufgebaut. Aus dieser Phase erhalten sind im östlichen Teil der Kirche der Altar- und der Hauptraum, sowie das Baptisterium. Der in diesen Bau- und Renovierungsabschnitt fallende Zeitraum gab der Kirche den Namen, denn es wurde dunkler Stein verarbeitet. 1490 wurde die Kirche erneut renoviert. Anfang des 19. Jahrhunderts ließ der Kadscha-re Abbas Mirza das Kloster nochmals renovieren. Die älteren Bausteine des Klosters sind schwarz und weiß, während die neuen aus gelblichem Sandstein sind. Die Kirche ist von hohen Mauern umgeben. Die Wohn- und Versorgungsräume wurden entlang der Mauer gebaut. Ein Wirtschaftshof, mehrere Küchen, eine Mühle und eine Ölpresse sind vorhanden.
Wie viele armenische Kirchen, weist auch die Qara Kelisa Flachreliefs auf, mit denen die Außenwände geschmückt sind. Sie stellen verschiedene Heilige dar. Besonders fällt ein lebhafter Fries mit Weinranken und Tieren am neueren Gebäude auf. Diverse Häuserruinen im Inneren der Befestigungsmauer, welche an die Westmauer anschließt, legen Zeugnis ab vom klösterlichen Leben in der Vergangenheit.

Das Grab des heiligen Thaddäus liegt rechts neben dem Altar in einer Nische der Thaddäus-Kirche. Ein Einsiedler soll seine Gebeine gefunden haben und in die Kirche überführt haben. Einmal im Jahr, am Tag des heiligen Thaddäus, findet eine Messe statt, die von Armeniern aus allen Teilen des Iran besucht wird. Seit der Islamischen Revolution 1979 ist es nur Christen erlaubt, diese Messe zu besuchen. 2008 wurde das Kloster zusammen mit anderen armenischen Klöstern, wie dem Kloster Sankt Stephanos im Iran von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt.

Nach der Besichtigung lege ich mein Kopftuch wieder ab und will den Helm aufziehen. Doch eine kurdische Familie, die ebenfalls das Kloster besichtigt hat, will Fotos mit mir machen. Die beiden Frauen reißen sich ihre Kopftücher vom Kopf und der Ehemann muss fotografieren. Wir sind total verblüfft. Leider haben wir nicht die Zeit, uns länger mit der netten Familie zu unter-halten, denn es fängt an zu tröpfeln und Rolf will zurück, ehe ein Unwetter los geht. Also machen wir uns auf den Rückweg durch eine wirklich sehr schöne, aber einsame Berglandschaft.

Gegen 16.15 Uhr sind wir zurück im Hotel, Motorrad wird wieder in die Lobby gefahren, wo es sicher untergebracht ist. Insgesamt sind wir heute nur 123 Meilen (198 km) gefahren und haben doch schon viel Schönes gesehen.

Um 20.30 Uhr gehen wir im Hotel zum Essen. Rolf: Fleischspieß, Suppe, Salat. Uschi: Forelle, Butterreis, dazu 1 große Flasche Wasser, Kosten ca. 13 Euro. Alles sehr lecker und gut. Wir gehen früh schlafen.

West-Aserbaidschan ist eine der 31 Provinzen des Iran, Hauptstadt Urmia, ca. 3 Millionen Einwohner, davon 60 % Kurden. Sie leben in der südlichen Hälfte der Provinz und in den grenznahen Gebieten zum Irak und der Türkei.
Simko, ein berüchtigter Kurdenführer, schuf 1919 ein autonomes Gebiet, das sich von Mahabad bis Maku erstreckte, aber 1922 seine Unab-hängigkeit wieder verlor.
Turksprachige Azeris stellen etwa 40 % der Bevölkerung, sie sind Nachfahren der Seldschuken, die im 11. Jh. in diese Gegend kamen und von später angesiedelten Turk-Afsharen. Auch eine Minderheit von assyrischen Christen ist in der Provinz zu finden.

Bilder unter www.harley-rolf.de oder auf meiner Facebookseite, Uschi & Rolf - Iran - Eine Tour der Besonderen Art.

St. Thaddäus-Kloster - UNESCO Weltkulturerbe, Nähe Maku, Iran

St. Thaddäus-Kloster - UNESCO Weltkulturerbe, Nähe Maku, Iran

Im Hotel in Maku durften wir das Motorrad in er Lobby parken.

Im Hotel in Maku durften wir das Motorrad in er Lobby parken.

© Uschi Agboka, 2014
Du bist hier : Startseite Asien Iran Teil 2 - Dogubayazit, Türkei / Maku, Iran
Die Reise
 
Worum geht's?:
Als Rolf in der Schule von Kyros, Darius und Xerxes hörte, entstand in ihm der Wunsch, einmal die Wirkungsstätten dieser großen Herrscher zu sehen. 2014 wurde dieser Traum Wirklichkeit und für uns beide wird diese Reise unvergesslich bleiben.
Details:
Aufbruch: 25.04.2014
Dauer: 7 Wochen
Heimkehr: 15.06.2014
Reiseziele: Iran
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors