Iran - 2014

Reisezeit: April - Juni 2014  |  von Uschi Agboka

Iran - Juni 2014: Teil 2 - Chalus / Qazvin (Qazvin)

Vom Kaspischen Meer durch das Elbursgebirge

Vom Kaspischen Meer durch das Elbursgebirge

Elbursgebirge

Elbursgebirge

Elbursgebirge

Elbursgebirge

Chalus / Qazvin (Qazvin)

26. Mai 2014 32. Tag
Chalus / Qazvin (Qazvin) 6 ½ Std. / 287 km
Mar Mar Hotel - 34,87 Euro mit Frühstück

Schon sehr früh werde ich wach. Die extrem harten Kopfkissen machen mir Kopfweh. Wir sind nun sicher, in einem Nuttentreff gelandet zu sein. Die extrem aufgetackelten Frauen, Wasserpfeife und anderes rauchend, die Männer in schweren teuren Autos und das ganze Verhalten der Menschen lassen darauf schließen. Keinen anderen Gast haben wir gesehen, keine Familie nichts, das ist nicht normal in einem iranischen Hotel. Alles sehr sehr merkwürdig.

Rolf fängt um 7.30 Uhr an, das Motorrad zu laden. Um 8 Uhr gibt es Frühstück. Doch das dauert, bis der junge Mann etwas bringt, wir sind, wie gesagt, die einzigen Gäste. Und auch heute Morgen, er versteht nur Bahnhof oder will nichts verstehen, das wissen wir nicht so genau.

Und dann der Hammer: Die Rezeption ist unbesetzt, die Pässe also nicht unter Aufsicht. Man muss die Pässe beim Einchecken abgeben und erhält sie bei Abreise zurück. Passdiebstahl ist leider im Iran weit verbreitet und würde für uns zu einem großen Problem werden.
Ein junger Mann sagt uns, wir sollen mal warten, bis jemand kommt, der uns die Pässe dann geben kann. Aber wir haben eine schwierige Bergtour vor uns und keine Zeit zu warten. Wir sagen dem jungen Mann, er solle seinen Boss anrufen, wir wollen unsere Pässe und zwar sofort, ansonsten würden wir uns an die Polizei wenden. Das kapiert er, er telefoniert und wenige Minuten später kommt die Rezeptionistin mit dem Taxi angefahren. Sie meint, wir würden ja wohl früh los fahren. Ich erkläre ihr, dass das Hotel Malek das schlechteste Hotel sei, welches wir im Iran besucht haben und dass ich das auch im Internet veröffentlichen werde. Sie schaut ziemlich verdutzt, aber was wahr ist, muss wahr bleiben.

Während ich draußen vor dem Hotel warte, spricht mich ein älterer Herr mit seinem Sohn an. Er fragt, ob wir in dem Malek übernachtet haben. Als ich es bejahe, ist er entsetzt und bestätigt unsere Vermutung, dass das Hotel eine Absteige ist.

Außerdem hat jemand in der Nacht unsere "Angel Bell", die unten am Motorrad befestigt war, gestohlen und eine Halterung für das Navi entfernt. Zwar brauchen wir das Navi nicht, aber das ist doch wohl die Höhe. Da das Motorrad auf dem abgeschlossenen Parkplatz des Hotels stand, kann es nur einer der kiffenden jungen Leute gewesen sein, die sich auch schon vorher an dem Motorrad zu schaffen gemacht haben, wie wir sehen konnten.

Um 8.30 Uhr starten wir, unser heutiges Ziel ist Qazvin. Die Fahrt geht durch das Elburs-Gebirge, eine herrliche Strecke, es dürfen dort nur LKWs fahren, die am Ausbau der Autobahn beteiligt sind.

Das Elburs (Alborz) Gebirge ist ein Hochgebirge zwischen dem Kaspischen Meer und dem Persischen Hochland, das bis zu 5.671 m hoch aufragt - höchster Gipfel ist der Vulkan Damavand, nahe der persischen Hauptstadt Teheran, die unmittelbar an die Südhänge des Elburs-Gebirges angrenzt.
Das Elburs-Gebirge besteht aus mehreren parallel zueinander verlaufenden Ketten und bildet die Südumrahmung des Kaspischen Meeres, zu dem es steil abfällt. Das Gebirge ist Teil des asiatischen Gebirgssystems. Innerhalb dieses fast 3.000 km langen Gebirgssystems nimmt das Elburgs-Gebirge eine Länge von 600 Kilometern ein, es erreicht eine Breite zwischen 60 und 130 Kilometern.

Wir sind froh, aus der lärmenden Stadt und der verpesteten Luft heraus zu kommen. Rolf hat im Internet gesehen, dass die ganze Woche schönes Wetter am Kaspischen Meer sein soll und so scheinen alle Teheraner unterwegs zu sein, eine richtige Autolawine kommt uns entgegen. Doch Rolf muss sehr aufpassen, sie fahren "niederbayrisch", d. h., sie benutzen die ganze Straßenbreite. Es gibt enorm viele Polizeikontrollen, doch uns winken sie immer freundlich weiter.

Wir halten einige Male, um die traumhaft schöne Landschaft zu fotografieren. Doch mir gibt es hier zu viele Teestuben und Restaurants und zu viele Leuchtreklamen. Man merkt, dass hier die Hauptverbindung von Teheran zum Kaspischen Meer ist. Die ganze natürliche Schönheit der Schlucht wird hier verschandelt.

Einmal geht ein großer Hund auf uns los. Dank Rolfs schweren Motorradstiefel, durch die er nicht beißen kann, können wir ihn abwehren. Um 11 Uhr machen wir Teepause. Rolf bekommt so eine Art gelben Kandiszucker am Stil für seinen Tee, sieht schön aus und Rolf schmeckt er.
Hier ist zu erwähnen, dass Rolf heute "verpestet" ist durch den eingelegten Knoblauch, den er gestern mengenweise gegessen hat. Kaugummis helfen nur wenig, leider.

Kurz vor Karaj kommen wir an einem riesigen Stausee vorbei. Karadsch (Karaj) selbst ist eine Großstadt mit ca. 1,5 Mio. Einwohnern. Die Stadt liegt auf 1.300 m Höhe am Fuß des Elburs-Gebirges, ca. 40 km westlich von Teheran. Sie ist Hauptort der Provinz Alborz. Der Verkehr in der Stadt ist ätzend und die Beschilderung chaotisch. Es dauert, bis wir den Einstieg in die Autobahn nach Qazvin finden.
Auf der Autobahn dann ein schwerer Unfall, das Auto ist total zerstört. Der Rettungswagen kommt nicht durch, da man statt 3-spurig plötzlich 6-spurig fährt. Eine Rettungsgasse kann so nicht gebildet werden. Chaos pur. Ob niemand daran denkt, dass so Menschen sterben, weil die Hilfe zu spät kommt?
Von den Abgasen der Autos habe ich starke Kopfschmerzen und bin froh, als wir um 15 Uhr in Qazvin ankommen, nach 178 Meilen = 287 km.

Zunächst ist Siesta angesagt, dann Duschen. Wir fahren nun mit einem Taxi in die Stadt, zu einem Sarafi - Geldwechsler. Obgleich wir die Anschrift auf einem Zettel stehen haben - kann der Taxifahrer das überhaupt lesen? - weiß der Taxifahrer nicht, wo das ist. Doch er ist sehr hilfsbereit, hält, fragt sich durch und so erreichen wir unser Ziel. Der Sarafi macht unser für unsere Dollar eine gute Rate und so können wir uns nun gemütlich aufmachen, zur Stadtbesichtigung. Auch in Qazvin herrscht ein ungeheurer Verkehr. Nur unter Lebensgefahr kann man als Fußgänger die Straßen überqueren.

Zunächst schauen wir uns den Chehel Sotun Palast an, der von einem schönen Garten mit schattigen Bänken umgeben ist.

Der Kakh-e Chehel Sotun im Zentrum der Stadt in ein schöner zweistöckiger, von Arkadengängen umgebener Gartenpalast aus der ersten Hälfte des 16 Jh.. Da er früher ein spitzes Dach hatte, was ihm das Aussehen eines Huts verlieh, wird er im Volksmund noch immer "Kolah-ye Farangi", was Hut der Franken oder Hut der Europäer bedeutet, genannt. Der Palast besitzt Portale an den vier gegenüberliegenden Außenseiten und eine den ersten Stock von außen umlaufende Galerie. Von dieser Galerie aus stützen 32 schlanke Holzsäulen das Dach. Der Chehel Sotun Palast besitzt eindrucksvolle Holzrahmen-Fenster, von denen das Größte mit vielen bunten Glasscheiben den Hauptraum im ersten Stock in ein Farbenmeer taucht. Dort ist heute ein Kalligraphie-Museum untergebracht.
Im Erdgeschoss befindet sich eine Halle, die sparsam, wie die anderen Gebäudeteile auch, mit Fliesenmosaiken verziert ist. Shah Abbas I. soll in diesem Palast im Jahr 1588 zum König gekrönt worden sein.

Dann laufen wir weiter durch die Straßen, bis wir zum Ali-Qapu Torbau gelangen. Rolf schafft es, ohne Überfahren zu werden, auf eine kleine Verkehrsinsel zu gelangen, um besser fotografieren zu können.

Ali Qapu Torbau - dieser 17 m hohe Torbau - Emarat-e Ali Qapu - stammt aus der Mitte des 16. Jh. Er diente als repräsentativer Hauptzugang zu den safawidischen Regierungs- und Palastanlagen. Er besteht aus einem Kuppelraum mit vorgelagertem hohen Eingangs-Iwan, an den zwei offene doppelstöckige Seitenflügel anschließen, in deren oberen Stockwerken früher zu bedeutenden Anlässen mit Pauken musiziert wurde.

Besondere Aufmerksamkeit verdient die im Inneren des Iwans auf halber Höhe angebrachte Thult-Flieseninschrift auf strahlend blauem Hintergrund. Sie wurde von dem berühmten Kalligraphen Ali Reza Abbasi ausgeführt.

In einer kleinen Seitengasse schauen wir uns Imamzadeh Ismail an. Viele tief verschleierte Frauen besuchen es.

Imamzadeh Ismail, aus dem 19. Jh. stammend, liegt ganz in der Nähe des Ali Qapu Torbaus. Im Innern wird das Grab Ismails, eines Sohnes von Imam Sadeh, verehrt. Die Innenausstattung entspricht den qajarischen barockisierenden Stil mit flachem floralem Stuckdekor.

Uns gefallen die Basargassen, die wir nun durchwandern, sehr gut, alles ist geordnet, Preise sind zu sehen und dann wird gehandelt.

Der Basar,zu dem die Al-Nabi Moschee gehört, vermittelt noch heute die große Bedeutung Qazvins als Umschlagsplatz der sich hier kreuzenden Handelsrouten (Seidenstraße). Auffällig ist der große Anteil an Lagerhäusern, ehemaligen Karawansereien und Markthallen.
Wichtige Bestandteile des Basar sind der Komplex Saad ol-Saltaneh, den der Gouverneur Bagher Khan Saad ol-Saltaneh zwischen 1888 und 1896 nordöstlich der Al-Nabi Moschee bauen ließ und die Qeysariye-Anlage (die "Kaiserliche"), mit riesigem Innenhof aus dem 16. Jh. Diese liegt direkt an der Südseite der Al-Nabi Moschee angrenzenden Basargassen mit den Teppichhändlern.

So kommen wir zum Mausoleum der vier Propheten, welches besonderes prächtig ist. Auch hier werden viele Bilder gemacht.

Peighambariye oder auch Mausoleum der vier Propheten - Aramgah-e Chahar Anbia - Es wurde im 17. Jh. zu Ehren von vier Juden errichtet, der der Legende nach kurz nach Jesu Geburt in diese Region gereist sein sollen, um über die Ankunft des Propheten Jesu zu berichten.

Die Eingangsseite des Heiligtums mit verspiegelter Vorhalle, zwei Säulenpaaren und den Seitenflügeln entspricht in kleinerem Maßstab dem Aufbau des Imamzadeh Hoseyn. Im Innern befindet sich ein Sarkophag, der von einer mit Silber- und Goldschmuck versehenen Gitterkonstruktion geschützt wird. Das Gebäude wird von einer blauen zwiebelförmigen Kuppel überragt.

Nachdem wir die Stadt erkundet haben, überquert Rolf unter Lebensgefahr eine 6-spurige Straße, um in einem kleinen Lädchen etwas zu Trinken einzukaufen. Ich kann gar nicht hinsehen, mir wird ganz flau, wenn ich sehe, wie man hier fährt und auf Fußgänger keine Rücksicht nimmt. Doch Rolf kommt heil zu mir zurück. Wir suchen uns ein Taxi und fahren zum Hotel zurück, welches von Außen eine prächtige Fassade aufweist. Auch dieses schöne Hotel hat schon mal bessere Zeiten gesehen.

Es ist 19.15 Uhr und wir müssen uns erst einmal ausruhen, etwas trinken. Ich bin schon halb verdurstet. Heute konnte ich tagsüber mal wieder nichts trinken, weil es in den Teehäusern keine Sitztoiletten gab. Im Fernsehen sehen wir viel Hetze gegen Israel und die USA. Heute ist ein Feiertag im Iran - ein Todestag eines Imam. Darum sind sehr viele Menschen unterwegs.

Nach 20 Uhr gehen wir ins Hotelrestaurant essen, 2 x Lammfilet, 2 Wasser, 7,30 Euro. Wir gehen früh schlafen, denn das viele Anschauen macht müde.

Was uns schon die ganze Zeit im Iran aufgefallen ist, dass sich an den Schnellstraßen und Autobahnen etc. alle paar Kilometer eine Station des iranischen roten Kreuzes - Roter Halbmond - befindet, meist mit bis zu 5 Fahrzeugen ausgestattet. Und es gibt viele Polizeistationen entlang dieser Straßen, abgesehen von denen, die sich an den Ein- und Ausfahrten der Städte befinden und die Auto- und Busfahrer streng kontrollieren.

Wir durften heute übrigens mal wieder kostenlos die Autobahn benutzen, da es uns ja offiziell im Iran nicht gibt. Motorräder über 150 cc sind für Iraner verboten. Nur die Polizei darf diese fahren.

Die Provinz Qazvin grenzt im Westen an die Provinz Teheran. Sie zählt zu den kleineren Provinzen Irans. Ihre Hauptstadt Qazvin liegt an den südlichen Ausläufern des Elburs-Gebirges auf 1.300 m Höhe und ist ca. 145 km von Teheran entfernt.

Die Stadt Qazvin hat ca. 380.000 Einwohner und ist bekannt für seine Textilindustrie (Baumwolle, Seide, Samt, Leder) und landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Getreide, Weintrauben und Obst. Die Stadt besitzt eines der größten Kraftwerke des Iran, das "Shahid Rajai-Kraftwerk".

Quazvin soll um 250 n. Chr. durch den sassanidischen König Shapur I. gegründet worden sein. In frühislamischer Zeit war Qazvin Basis für die Islamierung der umliegenden Regionen und wurde im 8. Jh. von Harun al-Raschid stark befestigt. Mit den im Elburs-Gebirge lebenden Dalaimiten-Stämmen und später mit den Ismailis war der Ort in langwierige Auseinandersetzungen verwickelt. Die kriegstüchtigen Dalaimiten konnten von den arabisch-muslimischen Herren, die bekanntlich bis zum Indus und zur Loire vordrangen, nicht bezwungen werden. So dauerte es sehr lange, bis sich hier der Islam durchsetzte.
Qazvin wurde von den Mongolen im 13 Jh. gleich zweimal heimgesucht, was zu einer längeren Zeit der Bedeutungslosigkeit führte.

Mitte des 16. Jh., in der Zeit des Shah Tahmasps I., wurde Qazvin zur Hauptstadt des safawidischen Reiches bestimmt. Aus dieser Zeit sind noch einige Gebäude erhalten, u. a. der Pavillion Chehel Sotun und der Ali Qapu Torbau. Im Jahr 1598 verlegte Shah Abbas I. die Hauptstadt nach Esfahan.
Qazvin erlitt weitere Rückschläge durch Erdbeben in den Jahren 1608 und 1808, behielt aber seine Bedeutung als Knotenpunkt auf den Ost-West und Nord-Süd-Handelsrouten. Qazvins Lage auf der Strecke zwischen Teheran und Täbriz spielte eine wichtige Rolle. Zudem führte von Qazvin auch die einzige im Winter meist schneefreie Strecke zum Kaspischen Meer. Qavin verbindet das Hochland des Iran mit dem Kaspischen Meer und Kleinasien.

Reisende bezeichneten daher um 1840 den Basar von Qazvin als besser und eleganter als den von Istanbul. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg wurde Qazvin von russsischen bzw. sowjetischen Truppen besetzt.
1921 führte Reza Shah Pahlavi eine Kavallerieeinheit von Qazvin zum Putsch nach Teheran und begründete die Pahlavi-Dynastie.

Qazvin besitzte als ehemalige Hauptstadt der Safawiden mehr als 2.000 architektonische und archäologische sehenswerte Plätze. Funde weisen auf eine Besiedlung seit 9.000 Jahren hin. Qazvin soll sich von "Cas" ableiten. Die Chasaren waren das Volk, das dem Kaspischen Meer seinen Namen gab. Es wäre wünschenswert, wenn die Behörden mehr unternehmen würden, um das safawidische Erbe zu erschliessen und besonders die alten Basarbauten zu erhalten.

Bilder auf meiner Facebookseite, Uschi & Rolf - Iran - Eine Tour der Besonderen Art und www.harley-rolf.de

Kleine Tresore - für die Spenden in den Moscheen

Kleine Tresore - für die Spenden in den Moscheen

Wir kommen nach Qazvin - wunderschönes Monument - Minoodar (Tor des Himmels)

Wir kommen nach Qazvin - wunderschönes Monument - Minoodar (Tor des Himmels)

© Uschi Agboka, 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Als Rolf in der Schule von Kyros, Darius und Xerxes hörte, entstand in ihm der Wunsch, einmal die Wirkungsstätten dieser großen Herrscher zu sehen. 2014 wurde dieser Traum Wirklichkeit und für uns beide wird diese Reise unvergesslich bleiben.
Details:
Aufbruch: 25.04.2014
Dauer: 7 Wochen
Heimkehr: 15.06.2014
Reiseziele: Iran
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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