Nach nur einem Jahr zurück in Peru!!!

Reisezeit: März / April 2008  |  von Stefan Frei

Anekdoten

Verkehr

Wer der Meinung ist, dass die Italiener oder Spanier unvernünftig Auto fahren, ist wohl kein Peruaner...

- Kaum ein Peruaner hat Führerschein oder Auto. Dafür fahren hier unzählige Taxis durch die Gegend auf der Suche nach Fahrgästen, die sie wild hupend und schreiend auf ihr Beförderungsangebot aufmerksam machen wollen. Eine Fahrt innerhalb der Stadt kostet auch nur 3 Sol (75 Cent).

- Auf einer zweispurigen Straße, die kaum breiter sind als die deutschen, passen im Übrigen locker 3 Autos nebeneinander, d.h. Überholen ist auch bei Gegenverkehr kein Problem. Schwierig wirds nur, wenn auf beiden Fahrspuren überholt wird. Aber irgendwie geht das dann schon auch.

- In einem Taxi in Größe eines Familienautos haben neben dem Fahrer locker 5, wenn nicht sogar 6 Passagiere Platz. 3-4 auf der Rückbank, 2 auf dem Beifahrersitz, wobei einer davon so halb auf den Sitz, halb auf eine kleine Erhöhung dort, wo sich normal die Handbremse befindet, passt. Gerade noch so, dass der Fahrer irgendwie an den Schaltknüppel kommt. Dreimal dürft ihr raten, welcher Platz für mich übrig blieb. Ich bin schon bequemer gereist...

- Zebrastreifen gibt es zwar, allerdings wohl eher zur Dekoration als für die Fußgänger. Die Straßen werden unabhängig von ihnen überquert, da in der Regel eh kein Auto daran denkt, anzuhalten.

- Die normale Reaktion eines Fahrers, der einen Fußgänger vor sich erblickt, ist kräftiges Hupen, damit dieser sich in Sicherheit bringen kann. An Bremsen oder gar anhalten wird nur im äußersten Notfall gedacht.

- Um eine Straße zu überqueren, muss man also entweder warten, warten, warten, bis die Straße ausnahmsweise frei ist oder an einer der Ampelkreuzungen bis die Ampel der Autos auf Rot schaltet. Schaltet sie während der Überquerung der Straße auf Grün, ist abermals Eile angesagt.

Gleich wirds grün...

Gleich wirds grün...

Essen und Trinken

- Wer wie ich gerne scharf ist, ist zunächst auf jeden Fall mal richtig hier. Allerdings wurde mir bis jetzt auch noch nichts serviert, was wirklich zu scharf war. Wer nicht gerne scharf ist, der wird aber schon bei "un poquitito picante" ins Schwitzen kommen.

- Ansonsten kommen Hühnchenfreunde hier voll auf ihre Kosten: Pollo con arroz (Reis), Pollo con papas (Kartoffeln), Pollo con papas fritas (Pommes), Pollo con papas y arroz, Sopa de pollo, Sandwich de pollo, Tallarines (Nudeln) con pollo... Ich konnts schon nach 2 Wochen nicht mehr sehn,...

- Mal abgesehen von den nobleren Restaurants, gehört Toilettenpapier hier nicht zur Standardausstattung einer Toilette. In normalen Restaurants gibts zwar auf Nachfrage zumindest Servietten, allerdings oft auch sehr sparsam bemessen. Also: besser nie ohne Klopapier aus dem Haus!

Religion

Sehr interessant waren die Hochzeit und der evangelische Gottesdienst, die ich bei einem weiteren Ausflug nach Chimbote dieses Wochenende erlebt habe.

- Die Hochzeitszeremonie fand nicht in der Kirche, sondern in einem Restaurant statt. Außer dass der Pastor besonders oft erwähnte, dass nur Gott die beiden für einander auserwählt hatte und die Frau geloben musste, sie würde ihrem Mann für immer dienen und gehorchen, verlief die Zeremonie selbst nicht besonders anders als ich das gewohnt war.

- Überraschter war ich da schon von der nicht enden wollenden Rede des Bräutigams (von Beruf Anwalt...), in der nur mal kurz beiläufig erwähnt wurde, dass er denn auch eine tolle Frau heiratet. Ansonsten handelte sie ausschließlich davon, welche Zeichen ihm Gott gegeben habe, dass dies seine Auserwählte sei und wie dankbar er für diese ist.

- Zwischendurch spielte eine meiner Meinung nach wenig romantische christliche Rockband, die teilweise eher an ein Rockkonzert als eine Hochzeit erinnerte. Und zu meinem Entsetzen wurde am ganzen Abend nicht ein Tropfen Alkohol ausgeschenkt...

- Noch deutlich krasser war der 4-stündige evangelische Gottesdienst am Sonntagnachmittag, der zum Großteil aus einer über 3stündigen Predigt bestand. Allerdings verstand es der Pastor derart emotional zu reden, dass kaum Langeweile aufkam. Zeitweise schrie er nur so ins Mikrofon, lief quer über die "Bühne", holte Zuhörer zu sich, um sein Beispiel der Hindernisse und des Wegs ins Reich Gottes zu veranschaulichen. Diese durften dann auch bestimmt die halbe Zeit der Predigt in ihrer Position als Hindernisse verharren. Unterbrochen wurde die Rede nur von einer der vielzahligen Aufforderungen zu "Aplaus al señor!", selbigem ohne Aufforderung oder einem zustimmenden "Amén!" aus der Gemeinde.

- Ein Großteil der Gemeinde in der fast vollen Kirche hatte einen Notizblock mitgebracht, um die wichtigen Verhaltensregeln mitschreiben und sich als eine Art Hausaufgabe zu notieren, an welchen Bibelstellen man dies nachlesen kann. Überhaupt wurde die Bibel sehr wörtlich genommen. So las der Pastor beispielsweise auch eine Stelle, an der jeglicher Alkoholkonsum verurteilt wurde.

- Am Ende der Predigt wurden die Sünder nach vorne gebeten und für diese geweint. Ehe der Pastor abermals das Wort ergriff und unter neuerlichen Tränenausbrüchen über die Entwicklung der heutigen Welt trauerte und vor allem das böse Fernsehen verurteilte. Dieses sei unter anderem drauf und dran das Reich Gottes zu zerstören, war zumindest seine Befürchtung.

- Vor und nach der Predigt spielte eine profesionelle Band christlichen Pop und Salsa. Wie in amerikanischen Filmen wurde dazu wie wild getanzt und gesungen. Unterbrochen nur durch weiteren "Aplaus al señor".

- Perú ist allgemein ein sehr christliches Land, die große Mehrheit allerdings katholisch. Und soweit ich das bisher erlebt habe, sind viele wirklich streng gläubig und vor allem unter den strengeren evangelischen halten sich z.B. viele daran keinen Tropfen Alkohol zu trinken. Übrigens werden Gruppierungen wie die Zeugen Jehovas oder die Siebenten-Tages-Adventisten als normale Untergruppierungen der evangelischen Kirche angesehen.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass man wenn man angibt Christ zu sein, nochmal deutlich herzlicher empfangen wird. Vielleicht ist ja dieser strenge Glaube mit ein Grund für die allgemeine Lebensfreude der Peruaner...

© Stefan Frei, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nach meinem Auslandssemester 2006/07 in Trujillo bot sich kurzfristig wieder die Möglichkeit dorthin zu reisen. Meine Reise führte mich nach einiger Zeit im Hause meiner Freundin in den Norden des Landes und nach Ecuador. Ein Monat Südamerika - im Nachhinein zu kurz, um sich wirklich wieder an das Leben dort zu gewöhnen. Schön wars trotzdem!
Details:
Aufbruch: 04.03.2008
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 04.04.2008
Reiseziele: Peru
Lambayeque
Bolivien
Der Autor
 
Stefan Frei berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.