Red Rock Crazy - Abenteuer im Südweste der USA

Reisezeit: April / Mai 2006  |  von Markus Keune

04.05. San Raphael Swell

Heute steht kein Sonnenaufgang auf dem Programm und so können wir es uns erlauben, den Tag erst um 7:15 beginnen zu lassen. Wir verlassen das Kaff Green River und fahren auf die I-70, der Ausfahrt 129 entgegen. Diese Ausfahrt wird heute eine besondere Bedeutung für uns haben. Zunächst wollen wir hier Richtung Norden abfahren, um zum Wedge Overlook im Nordteil der San Raphael Swell zu gelangen.
Wir passieren Ausfahrt Nummer 131, wo es schon zu ähnlichen Zielen geht, aber unsere Abfahrt kann das ja noch nicht sein. Der Großteil unserer Literatur gibt Ausfahrt 129 als die Richtige an. Und die werden sich wohl kaum irren, oder?
Wir fahren also zwei Meilen weiter, 3 Meilen weiter und passieren bereits Milemarker 128. Und hier soll noch Ausfahrt 129 kommen? Ich bin mir ziemlich sicher, keine Ausfahrt verpasst zu haben. Hat hier etwa auch eine Umnummerierung statt gefunden? Aber warum stimmen alle anderen Nummern? Oder wurde die Ausfahrt verlegt? Hat man für eine primitive Dirt Road Abfahrt etwa die alten Brücken abgerissen und neue für viel Geld erbaut? Auch sehr unwahrscheinlich. Die beste Erklärung ist noch immer die, dass einer vom Fehler des anderen abgeschrieben hat und uns braven, korrekten Autofahrern damit einen 34 Meilen Umweg zur nächsten Abfahrt und zurück einbringt.

Die anschließende Staubstraße durch die Swell ist sehr gut befahrbar. Im Schnitt legen wir 45-70 Meilen pro Stunde zurück. Es herrscht wenig Verkehr und auch die Landschaft gefällt uns wesentlich besser als entlang der Potash Road. Einzig das Wetter könnte etwas besser werden. Es sieht wieder verdammt nach Regen aus, als wir den Wedge Overlook erreichen, der uns zuerst mal nicht vom Hocker reißt. Erst, als wir die Rim Road zu beiden Richtungen etwas abfahren, verbessert sich die Aussicht. Meiner Meinung nach hat es sich absolut gelohnt, hier herauszufahren. Schon die Anfahrt hat Spaß gemacht und auch der Zick-Zack-Kurs entlang dem Rand. Die plötzlichen Lenkbewegungen veranlassen unsere Tüte Salzstangen, ihren Inhalt über das Armaturenbrett zu verteilen und die kleinen länglichen Gebäckstücke in die Lüftung fallen zu lassen. Die meisten können wir zwar noch vor dem Untergang bewahren, aber die Klimaanlage wird auf Lebenszeiten den zarten Duft gesalzener Leckereien verströmen.
Unser Auto ist inzwischen wohl etwas abgehärtet, was schwierige Passagen angeht (siehe gestern), so unterlassen wir es schon demonstrativ, die Antenne abzuschrauben und sie so vor den zu nah an der Straße angebrachten Büschen zu schützen. Andere Zeitgenossen würden das zwar als Vergesslichkeit bezeichnen, aber das hört sich in meinen Ohren immer so negativ an.

Nach der Westseite folgt logischerweise auch der Besuch der Ostseite, wo der San Raphael River in schön geschwungenen Schleifen ein paar ältere Mäander umschlängelt. Besser kann ich es nicht beschreiben.
Folgt man der Straße weiter, so führt sie zurück zur Hauptstraße, wo wir uns in Richtung Castle Dale in Bewegung setzen.
Der Ort an der SR 10 überrascht mich sehr. Er ist größer als ich es erwartet hätte, aber noch ziemlich altmodisch. An der hiesigen Tankstelle muss man noch ganz herkömmlich nach dem Tanken zum Kassierer ins Häuschen zum Bezahlen.
Gut gefüllt geht es weiter. Wir sind froh, noch getankt zu haben, denn wer weiß, wo wir jemals wieder auf eine Zapfsäule treffen werden. Durch den gut gepflegten Ort Ferron und der Ortschaft Moore, letztere nicht mehr als ein bisschen Fliegendreck in der Landschaft, erreichen wir nach relativ kurzer Fahrtzeit wieder die Interstate und die uns schon vertraute Abfahrt 114, wo wir heute früh gewendet haben. Noch geht es aber nicht zurück auf die Autobahn, sondern unser Ziel heißt Eagle Arch. Um dahin zukommen, müssen wir etwas umständlich fahren. Zuerst parallel zur Autobahn, dann diese unterqueren, auf der anderen Seite weit ausholen und die Autobahn ein zweites Mal unterqueren. Ausfahrten gibt es leider nicht in der Nähe des Eagle Arch.

Die erste Autobahnunterführung hat es gleich in sich. Auf der Karte als 4WD-Underpass angegeben, ist es nicht viel mehr als ein etwas breiter Abwasserkanal. Wir klappen die Spiegel ein und schaffen es mit etwa 10cm Abstand zur Mauer durch den Tunnel. Auf der anderen Seite erwartet uns eine nette kleine Dirt Road, die mit der Zeit immer netter wird. So nett, dass sich unser Unterboden lautstark bedankt, dass man ihm auch mal gehörig auf die Schulter klopft. Nee, so geht das nicht weiter. Und wir sind noch lange nicht an der zweiten Unterführung und noch längst nicht am Arch. Ein weiteres Problem ist, dass dieser Trail wohl nur von Enduro-Maschinen und Quads befahren wird, so dass die Spuren auf der Straße nicht zu unserer breiten Spur passen. Irgendeinen Stein erwischen wir so immer.

Also zurück zu unserem kleinen Tunnel, liebevoll zugige Garage genannt. Die Durchfahrt müssen wir unbedingt festhalten und so bauen wir das Stativ usw. auf. Ich starte die Kamera und winke Horst herbei. Gerade noch im letzten Moment sehe ich, dass er seine schlechte Angewohnheit, immer die Autotüren offen stehen zu lassen, auch hier nicht verlernt hat und kann das Rendezvous Autotür/Betontunnel noch absagen.

Eieiei, was für ein Abenteuer. Aber so leicht geben wir nicht auf. Wir fahren über die Autobahn zur Ausfahrt 131 und versuchen unser Glück von der anderen Seite, doch hier bremst uns schon die Autobahnunterquerung. Der Betontunnel und die Straße haben etwa 50cm Höhenabstand voneinander und dazwischen liegt nur ein wackliger Steinhaufen. Wenn es nicht anders gehen würde, hätten wir es versucht, aber wir haben ja noch ein paar Optionen.

Irgendwie müsste man die Autobahn zwischen den Ausfahrten 131 und 114 verlassen können - das wäre schön. Wir könnten so viele Meilen auf den Staubstraßen umfahren. Und da kommt uns unser Umweg von heute früh wieder ins Gedächtnis. Wir meinen beide, eine unbeschilderte Abfahrt gesehen zu haben und fahren daher die Autobahn ein drittes Mal ab, doch leider ohne Erfolg. (Psst, nicht weitersagen: Um nicht wieder 34 Meilen Umweg zu fahren, wenden wir auf einen dieser mittleren Verbindungsstücke.)

Um zwischen all den Versuchen auch noch etwas Programm zu schaffen, nehmen wir uns zuerst den Red Canyon Loop vor. Endlich mal eine Straße, die wir anhand unserer sehr genauen Karte auf traditionelle Weise ohne großen technischen Schnickschnack und ohne große Fahrkünste erreichen. Das leichte Vibrieren der Querrinnen ist schon eine richtige wohltuende Massage gegenüber den anderen Schüttelshakestrecken.

Wie überall in der Swell ist hier so wenig los, dass man ohne Probleme einfach so mitten auf der Straße anhalten kann, um einfach mal auszusteigen, so dass man die Landschaft nicht immer nur durch die getönte Autoscheibe in sich aufzunehmen muss.
Die Straße gleicht einer kleinen Passstrecke, natürlich mit allen damit verbundenen Vorteilen: große Aha-Effekte, wenn man über Kuppen kommt, malerisch angelegte Abschnitte entlang der Hänge, kurvenreiche Streckenführung, um jeden Felsen auch von allen Seiten zu Gesicht zu bekommen. Wir sind begeistert.

Kommen wir zurück zum Problemkind Eagle Arch. Eine Straße ist noch übrig, die wir jetzt ausprobieren wollen und zwar vorbei an Swazey Cabin. Immerhin ist die Hütte ausgeschildert, also erwarten wir eine ordentliche Straße. Bis auf eine Stolperstelle an einer Abzweigung, die wir mal als Ausnahme werten, lässt sich die Straße auch noch gut mit einem SUV befahren. Hinter der Cabin, die nicht mehr als eine leere Holzhütte ist, wird die Straße sofort schlechter, als ob uns wirklich jemand mit allen Mitteln vom Steinbogen fern halten will. Immer wieder müssen wir aussteigen, um einen guten Weg über die nicht enden wollende Steinstrecke zu finden. Inzwischen fängt es sogar leicht an zu regnen.
Irgendwann reicht es mir einfach und ich veranlasse, dass wir den Wagen stehen lassen. Das Ausprobieren, Vor- und Zurücklaufen, nimmt meiner Meinung nach genau so viel Zeit in Anspruch wie wenn wir direkt zu Fuß laufen. Laut GPS sind es Luftlinie nur 2,4km, was durch die kurvige Straßenführung zwar etwa 4km ergibt, aber wir haben es uns in unseren Dickkopf gesetzt, den Arch zu besuchen.

Auf den letzten Metern kommt sogar die Sonne wieder heraus und je länger wir hier warten, desto blauer wird der Hintergrund. Wir sind froh, dass wir es doch irgendwie geschafft haben.
Wo wir schon in der Nähe sind, fahren wir auch noch zum Dutchman Arch und zu den Felszeichnungen am Ende der Straße. Beides sind zwar nicht die Top-Highlights, aber wir waren wenigstens mal da.

Um einen 17 Meilen Umweg zu ersparen, fädeln wir uns auf der Interstate über eine illegale Zufahrt ein, für die wir erst noch einen Stacheldrahtzaun öffnen müssen. Es gibt sie also doch, die unbeschilderte Abfahrt, die wir heute Nachmittag gesucht haben. Stolz und befreit, nun wirklich alles gefunden zu haben, fahren wir Richtung Fremont Junction, wo wir uns ein Motelzimmer nehmen wollen. Unsere Strategie: Orte an der Interstate haben eine höhere Moteldichte und durch die Konkurrenz niedrigere Preise. Schöne Theorie, nur gibt es weit und breit keinen Ort Fremont Junction. Vielleicht wohnen hier aber auch nur Frühaufsteher, die jetzt schon schlafen und das Licht ausgeknipst haben, so dass wir den Ort in der Dunkelheit nicht finden können. Dabei ist er genauso groß eingezeichnet wie Green River.
Uns bleibt also nichts anderes übrig, als bis nach Loa durchzufahren, der Ort, in dem es alles gibt, aber nur genau einmal. Also übernachten wir in dem Hotel, das gar nicht mal so schlecht ist.
Schön dekorierter Flur mit Kamin, bequeme Zimmer - alles im Stil eines alten Landhauses gehalten.

Übernachtung: The Snuggle Inn - Loa, UT
Bewertung: gut

© Markus Keune, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Für viele ist das Größte am Südwesten der USA der Grand Canyon, das Monument Valley oder die aufregende Stadt Las Vegas. All das haben wir auf unserer diesjährigen Tour mehr oder weniger links liegen gelassen. Wir wollten die kleineren Sehenswürdigkeiten erforschen, die unbekannten Highlights. Der Weg dorthin war nicht immer einfach und so kam zum Entdeckergeist auch eine gehörige Portion Abenteuer hinzu. Täglich waren wir auch abseits der Straßen unterwegs.
Details:
Aufbruch: 24.04.2006
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 11.05.2006
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Markus Keune berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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