Red Rock Crazy - Abenteuer im Südweste der USA

Reisezeit: April / Mai 2006  |  von Markus Keune

26.04. Wahweap Hoodoos - Alstrom Point

Heute klingelt der Wecker um 5:30. Ihr merkt schon: Es wird von Tag zu Tag später. Heute versuche ich erstmals die Taktik "tun wir mal so, als ob wir den Wecker nicht gehört haben" Für die ersten 5 Minuten funktioniert das auch, aber Horst ist da unnachsichtig. Für seine Hoodoos tut er einfach alles.
Als wir endlich losmarschieren, ist der Himmel bereits so hell, dass keine Sterne mehr zu sehen sind. In Windeseile steigen wir über den Stacheldrahtzaun, bedenken dabei die weitere Familienplanung und erreichen noch mehr als rechtzeitig die erste Gruppe Hoodoos.
Horst ist voll in seinem Element. Stativ hierhin stellen, dort ein Foto, hier ein paar Sekunden Film und als er sich so richtig ausgetobt hat, meint er "und wenn jetzt die Sonne hervorkommt und die Dinger anfangen zu leuchten, wird das noch besser. Das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht." Besonders letzterer Satz leuchtet mir ein, denn immerhin haben wir es hier mit Tag und Nacht zu tun. Ersterer hingegen bedeutet, dass das Spielchen in ein paar Minuten von vorne beginnt. Stativ hierhin stellen, dort ein Foto, hier ein paar Minuten Film (hat irgendwer den Unterschied bemerkt? Also bitte etwas aufmerksamer lesen).

vor Sonnenaufgang

vor Sonnenaufgang

nach Sonnenaufgang

nach Sonnenaufgang

Als nächstes ist die mittlere Gruppe Steinmännchen mit Hut dran. Jeder geht auf seine eigene Entdeckertour und von weitem hört man nur Rufe "du musst mal unbedingt hierhin kommen, von hier ist auch eine gute Aufnahme möglich." Weil Horst noch ein paar Minuten mehr braucht, schlage ich mich durch die Büsche auch noch zur letzten, zur südlichsten Gruppe der Hoodoos durch, doch diese heben sich nicht sonderlich vom Hintergrund ab und geben nicht wirklich viel her. Aber ich bin immerhin einmal hier gewesen. An dieser Stelle führt der Creek sogar noch einen Rest von Wasser. Ein Glück, dass wir heute Nacht nicht weggeschwemmt wurden.

Dass wir uns auf dem Rückweg zu unserem Auto verlaufen würden, das bezweifeln wir. Wir brauchen ja eigentlich nur dem Creek nordwärts zu folgen. Einziges Problem ist eine immer höher werdende Wand, von der wir noch absteigen müssen. Hin sind wir einen kleinen Umweg gelaufen, den wir zurück jetzt gerne sparen wollen. Hoffen wir, dass wir nicht am falschen Ende den Rotstift ansetzen. Mein bestes Argument ist noch immer: "Da sind Reifenspuren und sofern Autos noch nicht fliegen können, muss es hier einen Weg runter geben." Als die Reifenspuren aber von einem Wendemanöver herrühren, fällt meine schöne Theorie wie ein Kartenhaus zusammen. Wir finden aber doch einen Weg nach unten, wenn es sein muss, auch auf dem Hosenboden.

Zurück am Chevy verwandeln wir unser Hotel zuerst in ein Restaurant, danach weiter zu einem Auto. Wozu ein Trailblazer doch alles gut ist. Heute bin ich an der Reihe, mich für den gestrigen Fahrstil zu bedanken (hehe). Horst sitzt auf dem Beifahrersitz und nickt nur unentwegt - mir scheinbar zustimmend.
Wir parken den Wagen auf einem riesigen Parkplatz genannt Wiese. Zur Sicherheit speichert Horst die GPS Daten, damit wir uns nicht verlaufen. Eine ungeheure nützliche Sache, denn hier auf dem weiten Feld, wo nichts die Sicht behindert und auch sonst niemand aus Boshaftigkeit 100 weiße Autos versteckt hat, könnten wir ja auf einmal nicht mehr zurückfinden. Ich weiß, das GPS ist eine feine Sache und wird uns in diesem Urlaub auch noch mal absolut nützlich werden auf der Suche nach unserem Auto, aber an dieser Stelle muss ich mich einfach darüber amüsieren. Ich lasse keine Gelegenheit aus, Horst zuzurufen "Ich kann noch unser Auto sehen, wie es in der Sonne schimmert." Apropos Sonne: Obwohl ich kleidungsmäßig inzwischen auf Sommerzeit umgestellt habe, macht mir die aufkommende Hitze doch schon etwas zu schaffen.

Wir umrunden ein wunderschönes Tal, das man als Chimney Rock Canyon bezeichnet und sehen dahinter den Chimney Rock, sozusagen das Markenzeichen dieser Region. Wir sind auf der Suche nach ein paar schönen dicken Steinen, die auf wackligen Untergrund balancieren. Wir haben ein Farbausdruck dabei und die GPS Daten, doch wo uns das kleine Teilchen hinschickt, sieht nichts wirklich dem Foto ähnlich. Übrigens: "Ich kann noch immer unser Auto sehen."
Etwas leicht enttäuscht wenden wir uns dem eigentlichen White Valley zu. Also wieder zurück (Huhu, unser Auto) und einen Abstieg ins Tal gesucht. Leider stellt sich dieses Unterfangen etwas schwerer raus als zuerst angenommen. Einen letzten Versuch wollen wir von gegenüber dem Sidestep Canyon wagen, wo wir jetzt hinfahren werden. Ich kann noch immer unser Auto sehen, aber wer holt es jetzt mal näher? Es ist so weit weg.

Mit reichlich Durst erreichen wir unser Auto und wenig später links den Sidestep Canyon und erhoffen uns hier, rechts der Straße einen Weg ins Tal zu finden. Anfangs klappt es auch sehr gut. Über kleinere Grade des Coloured Canyon tasten wir uns immer weiter vor, bis wir einen Wash erreichen, der durch absolut weißes Gestein führt. Wo ist meine Sonnenbrille? Kurz nachgedacht - natürlich im Auto. Wir folgen dem Wash um mehrere Schleifen und siehe da - wir stehen vor dem nächsten steilen Abhang. Das Schicksal und die Sonne sind gegen uns, worauf wir dieses Vorhaben nun abbrechen. Vielleicht ein andermal.

Über die Sand Wash- und Teile der Cottonwood Canyon Road fahren wir zurück zur 89 und vorbei an der schönen Ranger Station mit dem roten Dächlein, in dem es diese heiß begehrten Wave-Permits gibt - was für eine Verlockung - Ruhe, ich schweife ab! Also daran vorbei fahren wir jetzt zur Old Paria, wo es einige sehr schöne bunte Berge und zwei verlassen Saloons zu bestaunen gibt. Auch die Kombination aus Saloon und farbigem Hintergrund ist ein lohnendes Motiv.
Ein kleines Picknick am Rande soll uns die Lebensgeister wieder bringen. Nur ein Biss in unsere wunderschönen mit Verstand gekauften grünen Bananen erfreut wohl nur jeden Kieferorthopäden. Die Dinger sind noch steinhart und längst nicht ausgereift. Denen verpassen wir erst einmal einen Crashkurs im Bräunen. Wenn die Sonne das mit uns schafft, dann schafft sie das auch mit unseren Bananen. Und ab sofort haben wir ein neues Wiedererkennungsmerkmal für unser Auto: Wir fahren das mit den Bananen hinter der Windschutzscheibe.

Als großes Highlight des Tages wartet der Alstrom Point auf uns, von dem man runter auf den Lake Powell blicken kann. Das Licht soll hier abends am schönsten sein, also wird unsere Rückkehr sehr spät sein. Daher suchen wir vorher in Page noch ein gemütliches Zimmer für die Nacht. In der Straße der kleinen Motels machen nur noch wenige Häuser einen Eindruck, als ob hier überhaupt noch ein Zimmer vermietet werden würde und diese sind dann auch direkt noch belegt.
Vorne an der Hauptstraße werden wir dagegen direkt fündig im Empire House Motel, wobei ich in diesem Motel schon einmal übernachtet hatte und dem Komplex die Note "Mangelhaft - dieses Hotel sieht mich nie wieder" verliehen hatte. Aber seit James Bond wissen wir ja alle, niemals nie zu sagen.

Die Anfahrt zum Alstrom Point ist leicht gefunden. Immer wieder halten wir für kleinere Fotosessions, denn wir liegen gut in der Zeit. Die letzten 2 Meilen bis zum Aussichtspunkt sollen über Felskanten führen und ich bastle insgeheim schon an einer Rede, wie ich Horst davon überzeugen kann, die letzten Meter zu Fuß zurückzulegen. Und da tauchen sie auf, die Felsen. Horst steigt aus und lotst mich über die Kanten, die es auf meinen Unterboden abgesehen haben. Drüber! War doch gar nicht so schlimm.

Am Ende angekommen, staunen wir nicht schlecht. Der Lake Powell liegt in tiefem Blau vor uns, umrahmt von den leuchtenden braunen Bergen. Ein weiteres Auto steht auf dem Parkplatz mit geöffneter Tür und in einiger Entfernung hockt eine Frau auf einem Felsen. Loreley des Lake Powell?
Dann erscheinen drei Personen auf dem Parkplatz, darunter die Frau aus der Ferne mit riesigen Stativen und noch größeren Kameras. Sind unterhalten sich angestrengt, wahrscheinlich über die besten Motive. Wir werden fast gar nicht wahrgenommen. Nicht mal ein typisches "Hi there, how are you" bekommen wir zu hören. Und mit solchen Leuten teilen wir einen der schönsten Aussichtspunkte des Südwestens.
Man hört Autotüren zuschlagen und zwei Personen fahren von dannen. Halt, denke ich. Ihr habt noch jemanden vergessen. In der Ferne biegt der Wagen ab und wird auf einem Felsvorsprung etwas unterhalb geparkt. Ach so! Die wollen nur ihr Auto schön ins Bild stellen.

Als die drei nun komplett weg sind, tun wir es ihnen gleich. Was die können, können wir schon lange. Und so muss auch unser Auto für einige schöne Aufnahmen herhalten. Schade, dass es kein neues Modell ist und wir die Fotos keiner Werbeagentur anbieten können. Höchstens für mehr Sicherheit könnten wir werben: "Drive till you dive" Dafür müssten wir aber effektvoll unser Auto im Lake Powell versenken, aber nee, den Wagen brauchen wir noch. Sind ja doch noch einige Meilen zurück nach Page.

Ausblick vom Alstrom Point auf den Lake Powell
Bitte hier klicken, um das Bild zu vergrößern

Ausblick vom Alstrom Point auf den Lake Powell
Bitte hier klicken, um das Bild zu vergrößern

Nach einem leckeren Abendpicknick, wobei wir glatt den Weggang der Sonne verpassen, fahren wir durch die aufkommende Nacht zurück nach Page. Huiuiui! Schon mal eine Gravelroad bei Dunkelheit gefahren? Abblendlicht ist blöd, weil man wegen fehlender Markierung und fehlenden reflektierenden Gegenständen den Straßenverlauf nicht immer auf Anhieb erkennt und Fernlicht ist doof, weil es über die Bodenwellen direkt vorm Auto hinwegleuchtet. Ich weiß einfach nie, wie tief eine Bodenwelle ist. Kann es nur an Horst's Sprunghöhe reziprok zurückrechnen.
Schön wäre eine Kombination aus Nebelscheinwerfer und Fernlicht gewesen, aber dieser wunderschöne Wagen scheint keine Nebelscheinwerfer zu haben. Was lernen wir daraus: Fahre nie mit einem Trailblazer nach San Francisco.

Übernachtung: Empire House Motel

Bewertung: durchschnittlich

© Markus Keune, 2006
Du bist hier : Startseite Amerika USA 26.04. Wahweap Hoodoos - Alstrom Point
Die Reise
 
Worum geht's?:
Für viele ist das Größte am Südwesten der USA der Grand Canyon, das Monument Valley oder die aufregende Stadt Las Vegas. All das haben wir auf unserer diesjährigen Tour mehr oder weniger links liegen gelassen. Wir wollten die kleineren Sehenswürdigkeiten erforschen, die unbekannten Highlights. Der Weg dorthin war nicht immer einfach und so kam zum Entdeckergeist auch eine gehörige Portion Abenteuer hinzu. Täglich waren wir auch abseits der Straßen unterwegs.
Details:
Aufbruch: 24.04.2006
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 11.05.2006
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Markus Keune berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors