Red Rock Crazy - Abenteuer im Südweste der USA

Reisezeit: April / Mai 2006  |  von Markus Keune

01.05. Bicentennial Highway (SR95) - Goblin V

Wir verfallen wieder zurück in unser altes Muster und quälen uns recht früh aus dem Bett. Nicht später als 5:45 zeigt die Uhr. Horst wandelt noch im Reich der Träume, als ich mit der Dusche zu kämpfen beginne. Ich stelle mich am liebsten erst drunter, wenn die richtige Wassertemperatur eingestellt ist, doch dieses ämliche Modell sich nicht von außen regeln. Von all dem Lärm, den Flüchen und Schreien bei meinem Schockgefrieren bekommt Horst nichts mit, so dass ich ihn noch regelrecht aus dem Bett werfen muss. Wie immer haben wir viel vor.

Im besonders schönen Morgenlicht steuere ich den Wagen auf der jungen SR 95 recht schnell wieder runter vom Asphalt, hinein in den Arch Canyon. Über 20 Flussdurchquerungen warten auf uns, aber bei aller Vernunft, Nummer 4 ist schon heftig, aber Nummer 5 ist schier unmöglich. Dicke Steine im Bach, über die wir vorsichtig fahren müssten und dahinter direkt ein steiler Berg, wo man viel Schwung braucht. Ne, da geben wir lieber hier auf als bei Überquerung 19, wo wir dann mehr gearbeitet hätten, ohne das Ziel zu erreichen.

Auf einmal haben wir alle Zeit der Welt, doch zu trödeln fangen wir gar nicht erst an, auch wenn dieser eintönige Highway gerade dazu einlädt. Ich habe es auf dem Tacho verfolgt: 40 Meilen lang fahren wir, ohne dass uns ein einziger Wagen begegnet.
Bei Hite überqueren wir mal wieder den Colorado River. Diese Überquerung nehmen wir zum Anlass, unser beider Videokameras heraus zu nehmen und die Fahrt zu filmen. Wenn uns jetzt jemand entgegen kommen würde. Stellt euch doch bitte mal dieses Bild vor: Ihr seht Fahrer und Beifahrer und beide halten eine Videokamera auf euch gerichtet.

Einen Viewpoint haben sie auch auf der westlichen Seite auf halber Höhe des Berges eingerichtet, von wo man die Ausläufer von Lake Powell sehen kann. Viel interessanter ist aber die Straße, die sich hier malerisch zwischen die Felsen schlängelt. Horst bringt seine Kamera in Position und ich soll nun mit dem Auto daran vorbeifahren. Ich laufe also die 50m zurück zum Wagen und schon sieht mich Horst die nächsten Minuten nicht mehr. Ich bin abgetaucht. Nein, ich habe mich nicht aus dem Staub gemacht, sondern ich suche meinen Autoschlüssel. Viele haben ja die Angewohnheit, ihre Schlüssel auf die Sonnenblende zu legen. Ich weiß ein besseres Versteck, absolut diebstahlsicher: Werft den Schlüssel einfach zwischen Mittelkonsole und Fahrersitz. Ihr werdet einige Zeit brauchen, den Schlüssel da wieder heraus zu bekommen, selbst wenn ihr wisst, dass er dort liegt.

Horst's Erkältung scheint endlich etwas besser zu werden, denn auch er klagt zum ersten Mal über Hitze, als wir in der Nähe von Hog Springs einen Bach überqueren und ein paar Felszeichnungen in einer riesigen Höhle besichtigen. Kein Wunder, dass ihm heiß ist. Hier fehlt der Wind, der die Luft bewegt. Die Zeichnung selbst ist zwar einmalig groß, aber es gibt nicht besonders viele. Interessant ist eher die Geräuschkulisse. Jedes vorbeifahrende Auto hört sich an wie ein tief fliegender Jet.

Nächster Halt: Leprechaun Canyon. Zuerst sucht man sich seinen Weg durch oder neben einem Wash und wenn man mit jemanden noch eine Rechnung offen haben sollte, dann geht selbst vor. Die zurückschlagenden Büsche, die ihr erfolgreich aus dem Weg geräumt habt, werden ihr übriges tun.
Bald stehen wir vor unserer ersten sportlichen Herausforderung. Der Weg führt durch einen unheimlich engen Slot Canyon. Man muss sich schon ein wenig verbiegen und bekommt eine Menge Kontakt mit der Wand. An einer Stelle kommt man echt nur weiter, wenn man zu zweit ist. Es gilt, eine mittlere Stufe zu besteigen, doch an der glatten Wand bietet sich einfach kein Punkt, sich fest zu halten. Also schiebt und zieht man sich gegenseitig weiter. Achtung: Solltet ihr eben mit den Zweigen übertrieben haben, könnte es sich hier rächen.
Alternativ kann man auch einen langweiligen Weg außen rum nehmen, wenn man nicht auf Spaß aus ist.

Nun öffnet sich der Canyon wieder und führt entlang immer höher werdender Wände - ja wohin eigentlich? Keine Ahnung, aber es sieht trotzdem gut aus. Nach ein paar Kurven wird es auch wieder enger und der Schatten kehrt zurück. Soviel Schatten, dass man fast eine Taschenlampe braucht, um durch die dunkle Röhre weiter zu tapsen - oder man tauscht seine Sonnenbrille wieder gegen eine normale.
Irgendwann ist aber endgültig Schluss mit lustig. Selbst die allerschmalsten, wenn sie sich nicht in einen Lizzard verwandeln, werden hier umkehren müssen. Ich will es mir selbst noch beweisen und versuche, soweit wie möglich vorzudringen, doch bald kehre ich freiwillig wegen Erschöpfung um. Der Gang ist nicht mehr aufrecht, sondern leicht schräg, so dass man ständig seinen Oberkörper abstützen darf und das geht tierisch auf die Arme. Und was auch stört, dass der Boden so eng ist, dass man nicht mal seinen Schuh längs des Weges vernünftig abstellen kann. Wie gesagt, hier ist einfach Ende!

Zum Little Egypt führt eine vergleichsweise einfache Schotterstraße. Auch der Spaziergang zwischen den knubbeligen Felsen ist recht einfach. Mich fasziniert die Landschaft ein klein wenig, aber Horst winkt nur ab: Wird im Goblin Valley noch viel besser werden.
Eine gute Akustik hat die Gegend aber. Jeder kennt das Echo von den eigenen "Hallo" Rufen, aber schon mal das Echo einer Kuh gehört? Und Hasen gibt es hier. Nein, keine süßen Häslein, sondern richtige Hasen! Leider sind die Bugs Bunnies immer so schnell abgehauen, bevor man die Chance für ein Foto bekommt.

Etwas anstrengender wird dagegen die Wanderung zum Arsenic Arch. Auf der Anfahrt soll man ihn angeblich schon sehen können, doch dies ist nur der Fall, wenn man genau weiß, wo er ist und wie er aussieht. Dies wissen wir nicht so genau und füttern mal wieder unser GPS, das uns auch geradewegs zum richtigen Ort führt. Nur unangenehmerweise trennen uns noch ein paar Höhenmeter vom Bogen und die Suche nach einem geeigneten Abstieg beginnt. Runter wären wir damit, aber hier kommen wir so leicht nicht mehr hoch. Nach den üblichen Konservierungen der Eindrücke suchen wir daher etwas entfernt nach einem Aufstieg.
Auch hier ist es wieder praktisch, wenn man zu zweit ist und die Schieb-Zieh-Technik anwenden kann, die wir immer weiter perfektionieren. Dass ich zum Dank Horst mit Steine bewerfe, ist zwar nicht nett, war aber auch nicht mit Absicht. Die Dinger sind einfach ins Rutschen gekommen, als ich mich mit Schwung abdrücken wollte.
Ok, Aufstieg geschafft, aber ey Mann, wo ist unser Auto? Jetzt wären die GPS Daten unseres Parkplatzes nützlich, doch der Retter in der Not heißt Sand. Irgendwann treffen wir auf unsere eigenen Fußspuren und da wir eben schnurgerade auf den Bogen zugelaufen sind, muss dies nun der beste Weg zum Auto sein.

Es folgt der Burr Point, nicht zu verwechseln mit dem Burr Trail. 0,2 Meilen bevor wir den Aussichtspunkt erreichen sollten, sehen wir zur linken einen überfüllten Parkplatz, mit anderen Worten, hier steht schon ein Auto. Also fahren wir noch die restlichen Feet und erreichen einen weiteren Viewpoint, der nach späterem Vergleich eindeutig zum schöneren Overlook gewählt wird.
Es ist nichts absolut besonderes, aber wieder eine nette kleine Abend-Location, die nichts kostet, absolute Ruhe garantiert und besser ist als manch überschätzter und überlaufender Park.

Als wir durch Hanksville kommen, tanken wir noch schnell und ich gebe eine meiner unbedeutenden Anekdoten zum Besten. Heute in epischer Breite: Wie und wo ich einmal vor 5 Jahren in Hansville telefoniert habe. Das fatale daran ist nur: Wenn wir uns zu intensiv unterhalten, verlaufen oder verfahren wir uns. Hier in Hanksville haben wir ein Zimmer vorgebucht und graben praktisch das gesamte Örtchen um, bevor wir einsehen, dass unser Motel das Gebäude gleich neben der Tankstelle am Ortseingang ist, wo wir eben Minuten gestanden haben.
Gut, dass wir es uns noch verkniffen haben, an eben dieser Tankstelle nach dem Weg zu fragen. Ein Stempel auf der Stirn "Achtung Volltrottel" wäre Pflicht gewesen.

Den Abend lassen wir wie viele andere Touristen im Goblin Valley ausklingen. Auf der etwas umständlichen Anfahrt hüpft uns nicht nur ein Strauch Sagebrush über die Straße - in vielen Comics ein Zeichen für absolute Einsamkeit. Diese haben wir aber nur so lange, bis wir uns unter die Camper mischen, die auf dem benachbarten Campground übernachten und ebenso wie wir die kleinen Gnome unheimlich toll finden.
Das Goblin Valley ist wie ein großer Spielplatz und scheinbar ideal für Familien. Im Labyrinth zwischen den Gnomen lässt es sich sicher gut verstecken spielen. Die größeren haben ihre Freude an den vielen Motiven, die das Tal zu bieten hat. Hier kann schnell mal eine oder anderthalb Stunden vergehen, ohne dass man wirklich weit gelaufen ist.

Übernachtung: Whispering Sands Motel - Hanksville, UT

Bewertung: gut

© Markus Keune, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Für viele ist das Größte am Südwesten der USA der Grand Canyon, das Monument Valley oder die aufregende Stadt Las Vegas. All das haben wir auf unserer diesjährigen Tour mehr oder weniger links liegen gelassen. Wir wollten die kleineren Sehenswürdigkeiten erforschen, die unbekannten Highlights. Der Weg dorthin war nicht immer einfach und so kam zum Entdeckergeist auch eine gehörige Portion Abenteuer hinzu. Täglich waren wir auch abseits der Straßen unterwegs.
Details:
Aufbruch: 24.04.2006
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 11.05.2006
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Markus Keune berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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