Red Rock Crazy - Abenteuer im Südweste der USA

Reisezeit: April / Mai 2006  |  von Markus Keune

28.04. Watson Lake - Little Painted Desert

Die müden Krieger bewegen heute gegen 6 Uhr ihre müden Knochen aus dem Bett und freuen sich auf den nächsten Tag. Beim Kofferpacken habe ich noch frohen Mut. Das Wasser an der Scheibe rührt sicher vom Morgentau oder weil ich mal wieder zu heiß geduscht habe, doch als Horst vom Parkplatz zurückkehrt die enttäuschende Meldung: Es regnet.
Wir wollen trotzdem versuchen, das Beste aus der Lage zu machen und einige Aussichtspunkte anfahren. Wer weiß, vielleicht ergeben die Wolken zwischen den Bergen ein geeignetes Motiv. Ein wenig Erfolg haben wir zumindest auf der Schnebly Hill Road, einer kleinen Geröllstraße, die Sedona mit der weiter östlich verlaufenden Interstate 17 verbindet. Wir können leider nur erahnen, wie schön die Landschaft im Sonnenschein aussehen mag.

Im Wetterbericht heißt es, gegen Mittag würden die Schauer aufhören und nach und nach die Wolken weiter Richtung Westen getrieben werden. Bis es soweit ist, würden wir gerne die Zeit in einem Internet-Café überbrücken. Horst hatte auch diesen Fall bedacht und entsprechende Lokalitäten ausgedruckt. Nur wo ist dieser dumme Zettel jetzt nur wieder hingekommen?
Wir fahren zweimal die Hauptstraße von Sedona ab - nichts. Nur soundsoviele Einrichtungen, wo man sein Bewusstsein erweitern kann und eventuell Kontakt zu Elvis aufnehmen kann. An der Tankstelle fragen wir mal nach, doch die Kassiererin kann scheinbar Internet nicht einmal buchstabieren. Ein freundlicher Packpacker gibt uns da schon etwas mehr Auskunft und schickt uns zu einem großen Einkaufszentrum, wo wir mal eben den Personalcomputer aufhängen - aber noch immer kein Internetzugang.

Einen letzten Versuch starten wir am Visitor Center, wo wir schon gestern unseren Red Rock Pass erworben haben. Mann, ist das eine Prozedur gewesen. Obwohl ich glaube, wir haben recht deutlich und in einigermaßen gutem Englisch unser Anliegen vorgetragen, wollte uns die nette Dame des höheren Semesters unbedingt mehr Pässe als nötig verkaufen. Wir wollten zwei Pässe für zwei Tage. Sie verstand daraus jeder von uns braucht zwei Pässe. Wir gaben zu verstehen, wir sind beide alleine unterwegs und fahren im selben Auto. Sie war erstaunt: "und warum braucht ihr dann zwei Autos?"
Gut, dass heute jemand anderes Dienst hat und weiß, worum es sich beim World-Wide-Web handelt.

Nachdem jeder seine halbe Stunde Internet versurft hat, versuchen wir uns an der Red Rock Loop Road. Die Straße ist eigentlich gar nicht so schlecht, nur die Wolken am Himmel spielen nicht ganz mit. Es hat sich noch weiter zugezogen statt endlich mal aufzureißen. Am Red Rock Crossing wollen wir nur mal kurz aussteigen, doch hier verlangen sie 7$ Tagesgebühr. Das ist uns für ein paar Regentropfen aus einer anderen Perspektive doch etwas viel.
Wir verlassen Sedona und schon wird das Wetter besser. Ich glaube, diesen Entschluss hätten wir wirklich eher treffen sollen. Keiner von uns hat bisher größere positive Erfahrungen mit Sedona gesammelt und scheinbar ist eine höhere Macht darauf aus, dass es auch so bleibt. Vielleicht sind wir einfach nur die Ungläubigen unter den ganzen Esoterikern.

Ein sehr interessantes Örtchen ist Jerome. Statt unten im Tal zu bauen, hängt der gesamte Ort mit seinen teilweise schönen Villen regelrecht am Hang. Für amerikanische Verhältnisse ist alles ungewohnt eng. Die Hauptstraße findet zwischen den Häusern nur wenig Platz, als sie sich serpentinenartig durch den Ort windet und Fußwege sind meist Treppen, die Abkürzungen zwischen den verschiedenen Ebenen herstellen.
Hinter dem Ortsausgang ist die Kletterei noch lange nicht vorbei. Wir passieren einen gut besuchten Aussichtspunkt mit großem Parkplatz, doch der weitaus schönere Blick eröffnet sich von der nächst höher gelegenen Schleife, wo wir mal kurz anhalten und es zulassen, dass sich ein Texaner mit unheimlich viel Zeit im Gepäck vor uns setzt.

Durch die Kurven ist an ein Überholmanöver kaum zu denken. Auf der einzigen geraden Strecke verschlafe ich fast meine Gelegenheit, hole dann aber noch einmal alles aus unserem Chevy heraus. Ausruhen kann er sich jenseits des Höhepunkts, wenn es ins Prescott Valley hinab geht.

Eine Baustelle verhindert, dass wir sofort die Einfahrt zum Watson Lake finden. Auch in Amerika ist man inzwischen dahinter gekommen, wie nützlich Kreisverkehre sind. Diese tauchen nun auch immer häufiger auf der Bildfläche auf. Von der Straße hatten wir bereits einen kleinen See gesehen, aber ernsthaft gezweifelt oder viel mehr gehofft, dass das nicht alles gewesen ist.
Wir zahlen 2$ Tagesgebühr am Eingang zum Watson Lake und beginnen eine kleine Wanderung entlang dem See in der inzwischen wieder heißen Sonne. Horst ist zwar der Ansicht, die Temperaturen seien gerade richtig, aber mich schwitzt es schon wieder. Ich schiebe diese unterschiedliche Auffassung von Hitze mal auf seine Erkältung.
Im Internet war zu lesen, einen richtigen Trail gibt's hier zwar nicht, aber einen inoffiziellen Pfad entlang dem Ufer, der ab und zu über ein paar Felsen geht. Nach dieser Tour zum Staudamm und zurück sind wir aber absolut der Meinung, es handelt sich eher um ein größeres Gekraxel über Felsplatten, das ab und zu über ein paar Meter Weg führt.

Wo wollen wir heute übernachten? Vorgesehen war Flagstaff, aber der Tag hat noch ein paar Stunden Tageslicht, vielleicht schaffen wir es ja noch bis Winslow und auch noch die nördlich davon gelegene Little Painted Desert. Dann hätten wir morgen etwas mehr Zeit für andere Dinge und könnten zum Beispiel noch den Petrified Forest mitnehmen, ein Plan, der mir besonders gut gefällt, denn wer weiß, wann ich noch mal in diese Gegend komme und die versteinerten Wälder hätte ich doch gerne gesehen.

Wir tun uns nicht noch einmal die sehenswerte, aber zeitraubende Straße über Jerome an, sondern rasen über die Interstates 17 und 40 Richtung Winslow. An letzterer schlägt mein Herz höher. Ich liebe diese Autobahn, denn sie führt parallel zur Eisenbahnstrecke Los Angeles - Albuquerque, die ziemlich dicht befahren wird. Meine Kameras sind bereit und selbst meine Videokamera, die ich längst abgeschrieben habe, wird ihren letzten Strom dafür verwenden müssen. Doch es kommt kein Zug. Dafür muss sich Horst einen kleinen Vortrag über transkontinentale Eisenbahnverbindungen anhören.

Die Little Painted Desert ist einfach zu finden und schon sehen wir die länger werdenden Schatten der Abendsonne in einem kleinen Canyon. Der Anblick ist einfach nur sagenhaft, ich weiß kaum ihn zu beschreiben. Ausgeschilderte Wege gibt es keine, aber zahlreiche Fußspuren deuten daraufhin, dass hier schon einige die farbigen Sanddünen hinuntergelaufen sind, denen wir nun folgen werden.

Abschließend fahren wir über die abgesperrte Straße entlang dem Rim und versuchen uns an Türsurfen. Auf einmal ist ein unheimlich starker Wind aufgekommen, so dass wir kaum die Autotüren aufbekommen. Aussteigen dürfen wir eh nur noch nacheinander, damit unsere Papiersammlung nicht durch Durchzug weggeweht wird. Im Spaß vermuten wir, das sei der Grund, warum diese Straße gesperrt ist, denn eine andere Begründung finden wir einfach nicht.

Zurück nach Winslow passieren wir den Homolovi Ruins State Park ein zweites Mal und werden neugierig, was es hier zu sehen gibt. Eigentlich alles - eine Rangerstation, ein Visitor Center, jede Menge Schautafeln, ein nutzloser Briefkasten mitten in der Wüste - nur keine Ruinen.

Das Farbspiel am Himmel kündigt einen wunderschönen Sonnenuntergang an, für den wir uns an der Route 66 in Winslow Zeit nehmen werden. Ich habe für meine Fotoreihe den Bahnhof auserkoren. Gegen 19:20 werden die Signale auf grün gestellt, fünf Minuten später höre ich den nächsten Zug in der Ferne tuten und um 20:00 fährt er dann endlich vor. Ich sehe schon. Amerika und Züge - hier muss man viel Zeit mitbringen.

Wir fahren weiter nach Holbrook und quartieren uns im Holbrook Inn ein, einem richtigen Roadside Motel an der Route 66. Kitschige Reklame, surrende Neonröhren und ein Cowboy an der Rezeption. Die Übernachtung kostet uns nur 26$, damit das günstigste Motel unserer Reise. Die Zimmer sind absolut tadellos eingerichtet und sauber, aber nun hören wir, warum das Zimmer so günstig zu haben ist: In einiger Entfernung befindet sich ein Bahnübergang und davor machen sich die Züge lautstark bemerkbar. Mit dieser in meinen Ohren wunderschönen Musik schlafen wir ein.

Übernachtung: Holbrook Inn - Holbrook, AZ
Bewertung: durchschnittlich (gut, wem der Bahnlärm nicht stört)

© Markus Keune, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Für viele ist das Größte am Südwesten der USA der Grand Canyon, das Monument Valley oder die aufregende Stadt Las Vegas. All das haben wir auf unserer diesjährigen Tour mehr oder weniger links liegen gelassen. Wir wollten die kleineren Sehenswürdigkeiten erforschen, die unbekannten Highlights. Der Weg dorthin war nicht immer einfach und so kam zum Entdeckergeist auch eine gehörige Portion Abenteuer hinzu. Täglich waren wir auch abseits der Straßen unterwegs.
Details:
Aufbruch: 24.04.2006
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 11.05.2006
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Markus Keune berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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