Red Rock Crazy - Abenteuer im Südweste der USA

Reisezeit: April / Mai 2006  |  von Markus Keune

29.04. Petriefied Forest - Canyon de Chelly

Ein Motel neben der Bahnlinie - ein Alptraum für so manchen, für mich ein Paradies. Bereits um 4:50 verlasse ich mein warmes Bett, um in den ersten Sonnenstrahlen des Tages ein paar Fotos von den Zügen auf der nahen Bahnstrecke zu knipsen.

Als ich das Bett verlasse, höre ich gerade einen Zug vorbei donnern, unter der Dusche höre ich den nächsten, als ich das Motel gegen 5:10 verlasse, sehe ich noch die letzten Waggons des inzwischen dritten Zuges. Ich stelle mich an der Bahnlinie in Position und ratet mal: Es kommt kein Zug.
Nach einiger Zeit kommt der Sheriff vorbei und ermahnt mich, nicht auf die Gleise zu gehen. Auch ein paar Native Americans sprechen mich etwas schief von der Seite an. Angeblich wollen sie wissen, ob ich gesehen hätte, wie ihre Freundin verhaftet wurde, weil sie sie einfach nicht finden können. Mein Geld wollen sie aber scheinbar nicht. Mit der Weile werde ich etwas unruhig, wenn ein Auto in diese abgelegene Straße einbiegt. Was will z.B. dieser heruntergekommene weiße Chevy dahinter wieder? Entwarnung, ist nur Horst. Während ich mir die Beine in den Bauch stehe, ist er inzwischen auch gemütlich aufgestanden und wird jetzt zur Tankstelle fahren, seinen üblichen Kaffee holen und danach vielleicht noch das Wigwam-Motel fotografieren. Interessante Sache: Alle Zimmer des Hotels sehen aus wie Zelte.

Gegen 6:10 kehrt Horst zurück, um mich einzusammeln, denn eigentlich wollten wir schon um 6 Uhr los. Wir haben heute viel vor. Da endlich, sehe ich einen Zug kommen. Nach 55 Minuten Wartezeit. Und kaum sitze ich im Auto, da kommt auch schon der nächste. Solltet ihr euch also jemals ein Motel neben einer Bahnlinie nehmen und wollt eure Ruhe haben, hier das perfekte Mittel: Stellt mich an die Bahnlinie. Ich garantiere euch, es wird kein Zug euren Schlaf stören.

Kurz nach halb sieben erreichen wir den Petrified Forest Nationalpark und sehen, dass unsere Eile völlig umsonst war, denn der Park öffnet erst um 7 Uhr. Horst murmelt noch so etwas wie "Das passiert, wenn man etwas spontan macht" und ich mache mir derweil Gedanken, wie man die Zeit überbrücken könnte. Es wäre sicherlich ein schöner Filmgag, wenn ich mich hinter das Tor stellen würde und praktisch darum flehen würde, noch hinausgelassen zu werden. Leider können wir diese Szene nicht drehen, da sie das Tor gerade öffnen.

Viele Aussichtspunkte fahren wir nicht an, was mir zuerst etwas Leid tut, denn ich würde gerne mehr über diesen Park erfahren, doch nördlich der Interstate gibt's eigentlich nichts, was wir nicht schon gestern in der Little Painted Desert gesehen hätten. Südlich der Autobahn wird die Landschaft zwar reizvoller, doch ich will nichts gesagt haben, als wir die Blue Mesa erreichen. Vergesst alle Punkte, wo man sonst im Park seine Zeit vergeuden könnte, denn die Blue Mesa ist einfach der Hit.

Verschlungen um farbiges Wüstengestein führt ein kleiner Weg hinunter zum versteinerten Holz. Eine perfekte Mischung aus Badlands und Woodlands liegt in der Morgensonne still und friedlich vor uns. Der kalte Wind, der uns eben noch bei diversen Aussichtspunkten um die Nase gepfiffen hat, ist nun auch schon Holz äh Schnee von gestern.
Ich hatte schon einmal versteinertes Holz im Escalante Petrified Wood SP gesehen und war davon tief beeindruckt gewesen, doch die Auswahl an Holz in diesem Park stellt das natürlich alles in den Schatten.

Auf unserem Rundgang hören wir in der Ferne wieder einige Züge und als wir den Weg zum Parkplatz herauf gehen, sehen wir auch schon wieder welche, aber in so weiter Entfernung, dass sich Fotografieren kaum lohnt.
An der Brücke über die Gleise wirft mich Horst raus und sieht sich in der Zwischenzeit das Puerco Pueblo an. Ich sehe meine große Chance gekommen. In beide Richtungen kann ich die Gleise kilometerweit überblicken. Was für ein Anblick, wenn hier jetzt ein Zug käme, den man in voller Länge im besten Fotolicht ablichten könnte. Aber ratet mal: Genau, ich bin die Wunderwaffe gegen Züge.

Zum Canyon de Chelly gelangen wir über die recht öde 191. Schnurgerade führt diese Straße durch langweiliges Buschland. Die 4:50 in der früh waren wohl doch etwas hoch gegriffen, so dass ich jetzt ein paar Minuten Schlaf nachhole.
Nachdem wir uns am Visitor Center mit den üblichen Landkarten eingedeckt haben, klappern wir zunächst alle Viewpoints auf der nördlichen Parkstraße ab. An jedem Aussichtspunkt nun das gleiche Spielchen: Aussteigen, ein paar Meter laufen, gucken, staunen, die Angebote der indianischen Händler abwimmeln, weiter staunen, zurück zum Auto und zum nächsten Punkt fahren.

Zu sehen und zu entdecken gibt es einiges, sozusagen lebendige Geschichte. Auf dem Grund des Canyons leben noch heute Menschen. Wir sehen Jeeps zu einsamen Hütten fahren, Kinder, wie sie auf einem abgegrenzten Platz Basketball spielen und wenn man sich nur die nötige Mühe gibt, kann man in vielen Felsnischen alte Siedlungen erkennen.
Über die Staubpisten fahren zahlreiche Geländewagen. Sicher sind das nicht alles Bewohner des Canyons, der teilweise richtig breit ist. Offenbar werden für eine Hand voll Dollar auch Touristen da unten herumgefahren. Wie man Geschäfte macht, scheinen sie mehr als begriffen zu haben.

Auf der südlichen Parkstraße ist spürbar mehr los, führt diese doch zum berühmten Spider Rock. An jedem Parkplatz treffen wir auf dieselben Gesichter. Zwischen den Aussichtspunkten sehen wir immer die gleichen Heckklappen. Würde man uns alle per Bus hier durch die Gegend karren, es würde keinen Unterschied machen.
Ein Ende setzen wir dem erst, als wir am White House in die Tiefe hinabsteigen. Die ersten Meter sind angenehm, verlaufen sie doch noch im Schatten, den der Südhang wirft. Doch schon bald führt der Weg hinaus in die Sonne. Der Sonnenbrand auf meinen Armen hat sich inzwischen wieder beruhigt, aber der in meinem Nacken fängt jetzt erst wieder so richtig an zu schmerzen, als ununterbrochen Sonne darauf fällt. Dazu ist mir noch ungeheuer heiß und ich nutze jede Pause, in irgendeinen Schatten zu flüchten.

Etwas anteilnahmslos stehe ich neben Horst vor den White House Ruins auf dem Grund des Canyons, wo natürlich die nächsten Händler anzutreffen sind. Echt schade, dass sie keine eisgekühlten Getränke in ihrem Sortiment führen. Ich werde jetzt sicher keine Steine oder Bilder kaufen. Dann muss ich ja noch mehr den Berg hinauftragen. Ich finde aber, sie könnten hier im Tal mal langsam die Heizung abdrehen.

Wie zu erwarten war, zieht sich der Rückweg. Zwar werden die Schatten Gott sei Dank spürbar länger, so dass ich nicht mehr so lange in der Sonne laufen muss, aber dafür geht es bergauf. Horst ist schon in weiter Ferne verschwunden. Kein Wunder, der kommt ja aus Bayern und kann täglich trainieren. Und was soll ich Flachländer sagen? Ich kann doch nicht immer fragen "und wo ist der nächste Aufzug?"
Ziemlich geschafft komme ich oben an und beschließe, den Grand Canyon nur an bewölkten Tagen zu besteigen. Dieser Canyon war für mich schon recht "Grand".

Nach dem Sliding House Overlook bleibt nur noch der Spider Rock übrig. Ich kämpfe noch immer mit meinem Nacken, mache aber gute Miene zum bösen Spiel. Wirklich faszinierend, was sich die Natur dabei gedacht haben mag, mitten im Canyon einen zweigeteilten Felsen stehen zu lassen. Ein wirklich schöner Abschluss des Besuchs. Man kann sagen, wir haben alles gesehen, was der Canyon de Chelly zu bieten hat.

Was der Südwesten aber alles für Dirt Roads zu bieten hat, da haben wir wohl noch lange nicht alles gesehen. Südlich des Parks wartet ein ganz besonderes Stück Arbeit auf uns. Die Straße ist recht stark befahren und es haben sich erhebliche Spurrillen gebildet. Egal, wie man auch versucht, dagegen zu steuern, man landet immer wieder in diesen Rillen und fährt damit wie auf Schienen. Bodenwellen oder Schlaglöchern auszuweichen ist damit unmöglich.

Unser Tankinhalt neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu. Wirklich wunderschön, wenn einem so etwas auf einer Staubstraße auffällt. Wir haben keine Ahnung, wie lange diese Straße noch ist. Wir fahren hier jetzt sicher schon eine halbe Stunde und haben noch keinen ernst zu nehmenden Abzweig entdeckt. Natürlich gehen alle paar Meter irgendwelche Buckelpisten ab, aber sind wir hier noch richtig? Ein mulmiges Gefühl. Weiterfahren und wer weiß wo raus kommen? Oder umdrehen, dabei viel Zeit verlieren und nicht wissen, ob man es noch bis zur nächsten Tankstelle schafft? Eine schwierige Wahl. Wir hoffen noch immer auf das beste und tatsächlich, nach weiteren 10 Minuten ist die Straße urplötzlich wieder asphaltiert und führt in eine Ansammlung von Häusern, von Optimisten auch als Ort bezeichnet. Das sollte Sawmill sein, laut Karte, doch leider keine Tankstelle. Inzwischen sind wir aber zuversichtlich, dass es im nächsten Ort, Fort Defiance, eine Tankstelle gibt. Wir sollen Recht behalten.

Im nächsten Ort Window Rock, soll es auch noch einen natürlichen Steinbogen geben, eben den Window Rock. Leider können wir diesen nicht auf Anhieb finden und fragen an der nächsten Tankstelle nach. "blinde Touristen" müssen die wohl auch gedacht haben, denn hinter der Tankstelle sieht man das Loch schon im Felsen auf der rechten Seite und aus dieser Richtung ist der Parkplatz auch ausgeschildert. So langsam denke ich, wir hätten die Tour besser in umgekehrter Richtung befahren.

Die Nacht verbringen wir in Gallup. Wir wohnen wieder an der Bahnlinie, doch hier befindet sich kein Bahnübergang in der Nähe, also schlafen wir auch ruhiger. Morgen werde ich nicht noch einmal so zeitig aufstehen. Nachdem mich die Eisenbahn heute so geärgert hat, gebe ich ihr morgen keine weitere Chance dazu.

Übernachtung: Colonial Motel - Gallup, NM
Bewertung: durchschnittlich

© Markus Keune, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Für viele ist das Größte am Südwesten der USA der Grand Canyon, das Monument Valley oder die aufregende Stadt Las Vegas. All das haben wir auf unserer diesjährigen Tour mehr oder weniger links liegen gelassen. Wir wollten die kleineren Sehenswürdigkeiten erforschen, die unbekannten Highlights. Der Weg dorthin war nicht immer einfach und so kam zum Entdeckergeist auch eine gehörige Portion Abenteuer hinzu. Täglich waren wir auch abseits der Straßen unterwegs.
Details:
Aufbruch: 24.04.2006
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 11.05.2006
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Markus Keune berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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