Bea rocks Canada

Reisezeit: September / Oktober 2009  |  von Rabea Hohl

Vancouver - zweiter Tag

Der 7 Eleven um die Ecke (eigentlich gibt`s hier um jeder Ecke einen) ist schon jetzt einer meiner favourites. Hier bekommt man alles: Geld, Mineralwasser (Leitungswasser ist gechlort), die aktuelle persoenliche Wettervorhersage, Trockenfleisch, Zahnseide, alles.
Nachdem ich mich heute frueh dort mit einem Teil des oben Genannten versorgt habe, gehe ich ins Cafe Artigiano fruehstuecken. Das Cafe liegt gegenueber der Vancouver Art Gallery und dementsprechend gehen dort viele Kuenstler ein und aus. Es ist gemuetlich eingerichtet und es gibt dort unglaublich guten Kaffee!! Die Auswahl frisch geroesteter Bohnensorten ist umfangreich und wenn man moechte, bekommt man den Kaffee quasi auf sich persoenlich zugeschneidert. Lecker! Ich setze mich an einen kleinen Tisch mit gutem Ueberblick und will gerade meinen Reisefuehrer hervorkramen, um mich auf den Tag einzustimmen, da fragt ein netter Herr neben mir, ob ich seine, im Cafe fuer die Gaeste ausliegende Tageszeitung lesen moechte. Ich nehme dankend an und er fragt, woher aus Deutschland ich komme. Soviel zum angeblich nicht vorhandenen Akzent...
Wir kommen ins Gespraech und ich erfahre, dass Patrick pensionierter Photograph ist und schon seit vielen Jahrzehnten in Vancouver lebt, aber viel gereist ist. Alle paar Minuten kommen Leute an unseren Tisch und gruessen ihn oder er nickt jemandem zu. Ich lerne einen Bildhauer kennen, der die kleine Hundeskulptur gemacht hat, die im Cafe auf dem Tresen steht und einen Richter, der taeglich seinen Kaffee hier trinkt. Patrick und ich unterhalten uns fast zwei Stunden lang und er warnt mich. Warnt mich vor der Reise in den Yukon und den Bewohnern dort. Ich soll das Abenteuer canceln, wenn ich kann. Ausserdem draengt er mich, mir ein cellphone anzuschaffen, was mit dem Netz im Yukon funktioniert und ich soll es auch hier in Vancouver immer bei mir tragen. Auch Vancouver sei nicht ganz so harmlos, wie man es fuer die Besucher aussehen lassen moechte, denn es herrsche ein ziemliches Drogenproblem. Man muesse nur mal genau hinsehen, dann sei es leider ziemlich deutlich erkennbar. Und die Leute oben im Norden moegen vielleicht nett erscheinen, allerdings solle ich, gerade als Frau, niemandem trauen. Als ich Patrick erzaehle, dass ich morgen mit dem Rad in den Stanley Park moechte, raet er mir auch hier eindringlich, das Handy mitzunehmen und staendig griffbereit zu haben. Im Park wohnen Obdachlose, die man normalerweise gar nicht sieht, mit denen es aber auch nciht gerade spassig werden kann.

Ich verabrede mich mit Patrick fuer morgen zum Fruehstueck und lerne noch Marina aus Heidelberg kennen, die in der Gallery irgendetwas Wichtiges macht und ein zum neidisch werden schickes Kostuem traegt.
Als ich nun durch die Strassen gehe, fallen mir in der Tat die vielen Obdachlosen auf, die in den Ecken auf Pappkartons liegen, betteln oder mit Muell gefuellte Einkaufswagen vor sich herschieben. Auch in der Bibliothek halten sich viele merkwuerdige Gestalten auf, die das kostenlose Angebot nutzen und mir wird klar, wieso staendig zwei Sicherheitsleute unauffaellig am Eingang stehen.
Als ich im Hostel frage, ob der Stanley Park fuer mich allein als Frau unsicher ist, bekomme ich die Antwort, dass es prinzipiell ok ist und man ja immer ein wenig Acht geben muss. Super. Natuerlich werde ich meine Reiseplanung nicht aendern, aber ich sehne mich ein bisschen nach gestern zurueck, als sich meine Naivitaet noch voll entfalten konnte.
Das alles gibt mir zu denken und ich werde in ein paar Tagen mit Ken darueber sprechen, was er von Patricks Ansichten haelt.
Nachmittags wollte ich eigentlich in den Lynn Canyon Park oder in den Chinese Garden, da es aber nach Regen aussieht, gehe ich lieber den kurzen Weg nach Gastown. Dieses Viertel konzentriert sich im Grossen und Ganzen auf die Water Street, in der die Steam Clock steht. Um diese scharen sich regelmaessig Reisegruppen, die mit gezueckter Kamera darauf warten, dass die Steam Clock ihnen lauthals eins pfeift.
In Gastown reihen sich die Souvenirshops aneinander und ich komme mir hier irgendwie hops genommen vor. Auch, wenn ich selbst nur ein Touri bin, ist es sehr unterhaltsam, den anderen Touristen dabei zuzusehen, wie sie sich von diesem Comic mitreissen lassen. Vor dem Geschaeft mit dem angeblich echt indianischen Schmuck, in dem ein asiatisch anmutender Verkaeufer seinen Dienst tut (selbst wenn der Schmuck echt ist, hier wuerde ich ihn nicht kaufen), stehen zwei Amerikanerinnen und stossen in kuerzesten Abstaenden kleine Quieker in den hoechsten Toenen aus. Wie im Film! Und alles ist soooo lovely! Das gleiche Bild wiederholt sich beim Geschaeft daneben (Ahornsirupflaschen in hundert verschiedenen Groessen und Formen) und ein drittes Mal vor dem Laden mit den Canada-Pullovern, Canada-T-Shirts, Canada-Caps, usw. Herrlich!

Frueher Blick aus meinem Zimmer im YWCA

Frueher Blick aus meinem Zimmer im YWCA

© Rabea Hohl, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
5 Wochen Freiheit! Von Vancouver bis an die Grenze Alaskas oder: Hoffentlich kommt der Nebel im Yukon nicht von dampfenden Hundehaufen!
Details:
Aufbruch: 12.09.2009
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 17.10.2009
Reiseziele: Kanada
Der Autor
 
Rabea Hohl berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.