Vietnam - Eine andere Welt

Reisezeit: Dezember 2009 - Januar 2010  |  von Hartmut Millarch

Sapa - Der Norden Vietnams / Teil 1: Sapa - Der Norden Vietnams / Teil 2

Sapa 07.01.2010

Im Grunde genommen ist hier jeder Tag von einem Haufen Spass gepraegt. Da muss man nichts so ernst nehmen wie es gesagt wurde. Besonders die nette Dame welche das Hotel hier leitet ist die blanke Ulknudel. Sie hat mir gerade wieder drei meiner schoensten Fotos abgegaunert. Wenn sie mich mit ihrem treuen Hundeblick anguckt kann ich einfach nicht NEIN sagen.

Ist aber kein Problem. Die Nachentwicklung dauert nur eine Stunde und kostet wenige Cent.

In technischer Hinsicht ist Vietnam Sri Lanka haushoch ueberlegen. Ruckzuck bekommt man seine Fotos und in Windeseile auch noch von den entlegensten Ecken aus ins Internet. Ich vermag geschwindigkeitsmaessig keinen Unterschied zu Deutschland festzustellen. Also steht es 3:2 fuer Vietnam. Nun warte ich das die Sonne endlich raus kommt. Die Stadt haengt im Nebel. So recht weiss ich heute noch nicht was ich mit dem Tag anfangen soll. Vielleicht mal ausruhen. Bisher war eigentlich jeder von Aktivitaeten gepraegt. Werd mal ins Touristenbuero gehen und schauen was die fuer Touren anbieten die ich alleine nicht unternehmen kann. Im aeussersten Notfall muss ich eben in den sauren Apfel beissen und die in Anspruch nehmen.

Trotzdem bin ich riesig froh nichts pauschal gebucht zu haben und mich von Tag zu Tag umentscheiden kann. Gestern kam eine Touristengruppe von einem 4-Tage-Trip zurueck. Schon im Heimatland gebucht. Dieser mag gut und gerne pro Person ueber 300 $ gekostet haben. Sie waren auf der anderen Seite des Bergmassivs. Von vier Tagen hat es drei davon nur geregnet und sie waren masslos enttaeuscht. So etwas wird mir nicht passieren. In der Hinsicht liege ich als Individualtourist klar im Vorteil. Vor allem weil mir nicht die Zeit im Nacken sitzt. Mach ichs heut nicht, mach ichs morgen.

Ich habe gerade mal meine viele Post mit den Geburtstagsgruessen auch bei Facebook lesen und beantworten wollen.

Dieses ist jedoch offensichtlich nicht moeglich. Die Seite von Facebook laesst sich hier nicht oeffnen.

Von Sozialismus und dementsprechenden Kontrollmethoden ist hier zwar nichts zu spueren, jedoch gibt es in der Hinsicht offensichtlich schon Einschraenkungen.

Touristen die sich nicht zu benehmen wissen, werden jedoch kontrolliert. Dies konnte ich in Hanoi beobachten. An der Travellerecke wo ich wohnte ist mal eine ganze Horde groehlender Englaender und Australier eingefallen. Das war zum Silvester. Ruckzuck fuhren ein paar Mopeds mit Zivilisten vor, die gar nicht wie Touristen aussahen und haben diese fotografiert. Ich habe zugesehen aus dem Blickwinkel zu kommen um nicht damit in Verbindung gebracht zu werden und mich gegenueber ins Cafe' gesetzt. Ist mir auch gelungen. Nach fuenf weiteren Minuten stand ein Polizeiwagen vor der Tuer.

Alle wurden kontrolliert und mitgenommen. Was mit denen dann passiert ist weiss ich nicht. Kann schon sein das man sie ausgewiesen hat.
Zur Einreise benoetigt man jedenfalls nicht umsonst ein Passfoto. Sie moechten keine Zustaende wie ehemals auf Goa in Indien oder Hikkaduwa auf Sri Lanka.

Da wird gleich ein Riegel vorgeschoben.

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Ich habe eben mal nachgefragt wegen Facebook. Anfangs gab es mal eine Chance das zu knacken. Aber auch diese Luecke wurde gestopft. Naja, dann laesst sich das nicht aendern.

Der Nebel wird immer dichter statt weniger. Heute ist es wirklich sehr kuehl. Die neu angekommenen Touris bekommen fast das heulen. Nun sind sie so einen weiten Weg gefahren und stehen hier in einer Waschkueche wo man keine zwanzig Meter weit sehen kann. Es ist unmoeglich auch nur ein vernuenftiges Foto zu machen. Das schlimme fuer sie ist, das sie nur zwei-drei Tage Zeit haben. So wird Sapa pauschal meistens gebucht. Der Weg, die Zeit und das Geld sind wahrscheinlich jetzt umsonst gewesen.

War gerade wieder auf dem Garkuechenmarkt etwas essen. Es gibt schon riesige Unterschiede in der Qualitaet. Ich mach es jetzt wie die Einheimischen und futter mich dort durch wo es drum herum am dreckigsten aussieht aber die Grillroste und die Vorschau des Esssens einen sauberen Eindruck machen. Das tolle ist das man futtern kann wie ein Schwein. Was Knochen, Graeten und anderes ungeniessbare angeht, fliegt einfach auf die Erde. Je mehr herum liegt, um so mehr wurde dort verspeist und um so mehr freuen sie sich. Das ist ein positives Aushaengeschild. Laut schmatzen wie ruelpsen wird anerkennend nickend und freudestrahlend zur Kenntnis genommen. Dann muss es dem Gast ja schmecken.

Ebenso werden saemtliche Flaschen, Glaeser, Geschirr und sonstiges grundsaetzlich stehen gelassen bis der Gast bezahlt. Da koenen sich bei einer Familie ganz schoene Berge tuermen. Langsam verbessert sich meine Technik im Staebchen essen. Das klappt schon ganz gut. Fuer drei verschiedene gegrillte Spiesse mit Fleisch und Fisch sowie einer Cola habe ich 50 000 Dong bezahlt und bin pappensatt. Das sind keine zwei Euro.

Danach hab ich geschaut ob es nicht noch was zu shoppen gibt. Erstaunlich ist die Auswahl an Silberschmuck. Auf Sri Lanka ist es gar nicht mal so einfach etwas in der Richtung zu finden. Hier tuermen sich die Berge. Ringe, Ketten, Ohrgehaenge, Armbaender.... alles da. Goldschmuck wird hier eher weniger verkauft. In Hanoi ist es so halbe - halbe. Mit neuer Reisetasche, Rucksack, Regen,- wie auch kombinierbarer Winterjacke, allesamt von (gefaktem ?) The North Face habe ich mich bereits in Hanoi eingedeckt. Ist mir egal ob das Zeug echt ist. Die Qualitaet ist jedenfalls Super.

Viel laesst sich heute mit dem Tag wahrhaftig nicht mehr anfangen. Werde mich mal nebenan ins hoteleigene Restaurant an den knisternden Kamin setzen und das erste mal in diesem Urlaub ein paar Seiten lesen. Dazu bin ich bisher noch gar nicht gekommen.

Nun hat sich der Nebel wohl schon auf 10 Meter Sichtweite verdichtet.

So was hab ich ja noch nie gesehen. Eine einzige Geisterlandschaft.

Sapa 08.01.2010

Nun muss ich Sri Lanka doch auch mal wieder einen Punkt zugestehen der fuer einen Ausgleich zum 3:3 sorgt. Es sind die Sprachkenntnisse. Die Reisefuehrer loben zwar in hoechsten Toenen englische wie auch franzoesische Sprachkenntnisse der Vietnamesen, aber das ist nur bedingt richtig.

In der Hinsicht geht man offensichtlich nur vom Personal in gehobenen Hotels oder Restaurants aus. Allenfalls noch von den relativ guten auf Maerkten und Basaren. Sonst sind diese jedoch kaum oder gar nicht vorhanden. Sogar eingefleischte Englaender und Australier haben alle Muehe deren Aussprache zu verstehen. Also liegt es doch nicht nur an mir.

Was gibt es neues zu berichten? Gestern gabs nicht mehr viel fuer mich zu tun. Hab mir entgegen aller Gewohnheit einfach mal eine Flasche vietnamesischen Weines vor dem waermenden Kamin gegoennt und war angenehm ueberrascht. Er war zwar mit 15 Euronen nicht gerade das was man als guenstig bezeichnen kann, aber total legger. Die Tradition des Weinanbaus haben sie von den Franzosen gelernt. Das ist zu merken. Spitzenmaessig !!!

Heute ist das Wetter etwas besser, wenn auch immer noch nebelverhangen. Vor Mittag muss ich nicht vor die Tuer gehen. Habe, nachdem ich die Wetterprognosen der naechsten Tage studierte einen Entschluss getroffen. Morgen und Sonntag soll sich ja die Sonne wieder blicken lassen. Ab Montag bitterkalt mit Schneeregen und Temperaturen um 5 Grad werden. Also hab ich ganz fix fuer den Sonntag und 10 $ noch eine Tour zum Bac Ha Markt (etwa 120 km von hier entfernt) gebucht und von dort aus gleich nach Lao Cai zurueck. Der Bac Ha Markt ist der wohl mit Abstand bunteste ganz Vietnams und findet nur Sonntags statt. Das waere doch ein schoener Ausklang vom Norden des Landes. Von Lao Cai gehts dann nach Hanoi in mein erstes Hotel zurueck. Hab gerade angefragt ob sie mich vom Bahnhof abholen. Das zweite was ich nach Sapa unbedingt sehen wollte war die Halong Bucht. Alles was dann noch kommt ist fuer mich ein Bonus. Weiter hatte ich vorab ja nichts geplant.

Aber wie gesagt: Ich richte mich nur nach dem Wetter. Dem pass ich mich an.

Hab heute beim Fruehstueck hier im Hotel das erste mal zwei Deutsche getroffen. Sie haben dummerweise ebenfalls vorab eine Zwei-Tagestour gebucht. Nun stehen sie im Nebel.

Sapa 09.01.2010

Nun ist wohl doch mein letzter Abend hier angebrochen. Mit zwei weinenden und keinem lachenden Auge muss ich mich gleich verabschieden. Es war trotz zwei Regentagen eine wunderschoene Woche gewesen.

Morgen frueh fahre ich nach Bac Ha, zum wohl schoensten und buntesten Markt Vietnams, von dort aus nach Lao Cai und mit dem Nachtzug nach Hanoi zurueck. Dort kenn ich mich ja wieder aus. Dieser Tag hat sich heute mit stahlendem Wetter von mir verabschiedet, wo es doch gestern so bitterkalt war. Hab heute nur kleine Spaziergaenge gemacht und all meine vielen Fotos auf CD-Rom gerettet. Nun sind es fast 300. Das ist endlich gelungen.

Meine Kamera pfeift auf dem letzten Loch. Die macht nicht mehr lange. So viel bekam sie wohl noch nie in so kurzer Zeit zu tun.

Noch eine kleine Anekdote: Viele Reisefuehrer warnen davor, keine Handarbeiten die hier als solche auf dem Markt angeboten werden zu kaufen. Es koennten Faelschungen, industriell hergestellt, aus Hanoi sein.

Gestern habe ich das Original gesehen. An den Haenden eines Berliners, der ebenso wie ich als Tourist hier in Sapa vor Ort ist. Hat sich ein Hemd mit wunderschoenem Stickmuster gekauft. Da kam Freude auf. Er hat es sich angezogen und alles was darunter und darueber war hat sich blau verfaerbt. Nicht einmal das Waschbecken war mehr sauber zu bekommen. Seine Haende sahen aus wie der Totenhalle entstiegen. Er bekommt es die naechsten Tage nicht mehr weg. Das ist wirklich echt !!!!

Ich konnte ihm zumindest sagen das er es von den Hmong gekauft hat. Nicht von den Red Daos. Diese benutzen mehr gelb, rot und zum Teil auch gruene Farbe. Helfen wirds ihm jetzt auch nicht mehr. Das bleibt vorerst so.

Vor wenigen Tagen habe ich meine liebste kleine Touristenfuehrein der Red Dao gefragt warum sie so gelbe Haende hat. Es kommt vom Garn, der Stickerei und der Naturfarbe die aus Pflanzen gewonnen wird.

All das verschweigen Reisefuehrer.

Sapa/ Bac Ha 11.01.2010

Seit einer Stunde bin ich wieder im altbekannten "Hanoi Legend Hotel". Es ist gerade mal 7 Uhr. Checkin - Zeit erst um 12 Uhr, aber solange kann ich wenigstens den Rechner hier benutzen, die Akkus neu laden und einen kleinen Spaziergang machen.

Gestern frueh ging es mit einem Reisebus nach Bac Ha zum sonntaeglichen Wochenmarkt. Fahrzeit drei Stunden, doch hat sich der Weg absolut gelohnt. Woooow, war das alles schoen bunt. Da wurden all meine Erwartungen uebertroffen. Im Gegensatz zu kleineren Maerkten ist es dort kein Problem auch ungefragt Fotos zu machen. Die Menschen dort haben sich daran gewoehnt und achten schon gar nicht mehr drauf wenn sie fotografiert werden.

Neben vielen Handarbeitssachen gibt es auch einen Kuhmarkt, einen Schweinemarkt und einen Hundemarkt zu besichtigen. Ob letztere ebenfalls im Kochtopf landen kann ich nicht sagen. Angeboten werden ueberwiegend Welpen.

Hinterher war mit im Programm die Besichtigung eines Dorfes der Hmong bei Bac Ha. Da wurde mir wieder einmal mehr bewusst warum ich keine Pauschaltouren und dem mittrotten in der Reisegruppe mag. Es war wie vorher schon geahnt eine Vorzeigehuette die uns praesentiert wurde und hatte mit der Realitaet kaum etwas zu tun. Ich kannte das wenige Tage vorher ganz anders und bin um so gluecklicher mir diese wunderschoene Tour alleine organisiert zu haben.

Alle paar Minuten karrte dort ein Reisebus vor, spuckte jede Menge Touristen aus, die eine Runde durchs Dorf gehetzt wurden und danach wieder abgeduest sind. Leider musste ich mich dem anschliessen, sonst haette ich den Markt nicht sehen koennen. In der Hinsicht werde ich noch oefter in den sauren Apfel beissen muessen.

Eines war jedoch am Ende der Tour kurz vor Lao Cai dann doch wieder interessant. Da gab es einen kleinen Zwischenstopp direkt an der Grenze zu China. Ein Fluss markiert diese. Darueber fuehrt die sogenannte Freundschaftsbruecke. So konnte ich doch sogar noch ein paar Fotos mit Gebaeuden aus China machen. Fuer Touristen ist eine direkte Einreise dort jedoch nicht moeglich.

Der Nachtzug von Lao Cai nach Hanoi war wieder ueberpuenktlich. In der Hinsicht kann man hier nicht meckern. Nur muss solch eine Fahrt immer etwa eine Stunde vorher bestaetigt werden. Es ist dort wie am Flughafen. Erst dann bekommt man seinen Waggon und das Abteil zugewiesen. Geteilt habe ich mir das mit einem franzoesischen Paerchen die sehr gut deutsch sprachen und einem Vietnamesen.

So schoen wie im Hotel schlaeft sichs natuerlich nicht, aber erfuellt den Zweck. Die geschaeftstuechtige Managerin in Sapa bat mich mein schoenes Zimmer doch schon einen Tag eher zu raeumen und bot mir in ihrem anderen Hotel ein paar Haeuser weiter ein minderwertigeres an. Klar verdient es sich mit zwei Leuten Belegung fuer weitere Tage dann besser als nur mit mir alleine. Dafuer musste ich aber fuer den billigen Ersatz nichts bezahlen und bekam das Fruehstueck auch noch umsonst.

Also die letzten beiden Tage Geld fuer die Unterkunft gespart.

© Hartmut Millarch, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nun ist es bald so weit. Nach vielen Ländern im asiatischen Raum möchte ich jetzt endlich auch mal Vietnam entdecken. In den letzten Jahren war ich sehr oft auf der schönen Insel Sri Lanka. Leider spielen ausgerechnet in diesem, wo ich mich schon so riesig auf meinen 50. Geburtstag dort gefreut habe die Preise völlig verrückt. Entgegen dem wurden Flüge nach Vietnam um so günstiger. Also auf nach Vietnam !!!
Details:
Aufbruch: 29.12.2009
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 28.01.2010
Reiseziele: Vietnam
Der Autor
 
Hartmut Millarch berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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